Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.05.2001 abgeändert. Die Klage wird insoweit abgewiesen, als der Kläger die Auszahlung der Kleiderverschleißzulage begehrt. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Hälfte der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger während der Zeit dauerhafter Heimpflege die Führzulage (§ 14 Bundesversorgungsgesetz (BVG)) und die Kleiderverschleißpauschale (§ 15 BVG) ohne Anrechnung auf die Versorgungsbezüge auszuzahlen sind.
Bei dem 1911 geborenen Kläger stellte der Beklagte zuletzt Bescheid vom 20.03.1985 als Schädigungsfolgen
"Verlust des rechten Auges; hochgradige Sehschwäche des linken Auges mit Aderhaut-Netzhaut-Narben; Verlust des Geruchssinns" mit einer MdE um 100 v.H. fest. Der Beklagte bewilligte ferner Pflegezulage nach Stufe III, Schwerstbeschädigtenzulage, Ehegattenzuschlag, Ausgleichsrente, Führungszulage und Ersatz für Mehrverschleiß an Kleidern und Wäsche (Bewertungszahl 17).
Seit dem 04.09.1999 ist der Kläger dauernd in einem Pflegeheim untergebracht. Ausweislich des Heimvertrags vom 10.06.1999 hat er Anspruch auf Unterkunft und Versorgung (Verpflegung, regelmäßige Reinigung des Wohnraumes, Bereitstellung von Bettwäsche und Handtüchern, Waschen/Mangeln von Privatwäsche in normalem Umfang), pflegerische Dienste und persönliche Hilfen (u.a. dem Gesundheitszustand entsprechende Pflege sowie Hilfen durch Beratung und Angebote zur Kommunikation und Beschäftigung), weitere Leistungen (u.a. Nutzung der Gemeinschaftsräume, Angebote zur Freizeitgestaltung) und Sonderleistungen gegen Entgelt (u.a. therapeutisch-rehabilative Maßnahmen). Unter dem 08.09.1999 beantragte der Kläger die Übernahme der Heimpflegekosten nach § 35 Abs. 6 BVG mit Maßgabe, die Führzulage und Kleiderverschleißpauschale ohne Anrechnung auf die Versorgungsbezüge weiterhin auszuzahlen. Mit Bescheid vom 30.11.1999 verfügte der Beklagte die Übernahme der Heimpflegekosten unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge sowie die Auszahlung eines Betrags in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten ab 01.09.1999. In den Gründen des Bescheides ist ausgeführt, dass Führzulage und Kleiderverschleißpauschale anzurechnen seien, denn § 35 Abs. 6 BVG bestimme, dass in Fällen der Heimpflege, in denen die Kosten unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen werden, dem Beschädigten zur Bestreitung seiner sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Grundrente zu belassen sei.
In seinem Widerspruch hat der Kläger darauf hingewiesen, dass nach der Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23.06.1998 – L 6 V 61/97 – dem Beschädigten die Führzulage bei nicht nur vorübergehender Heimpflege zu belassen sei. Auch die Kleiderverschleißpauschale sei anrechnungsfrei, denn sie habe schädigungsbedingten Charakter; außerdem würden die hierdurch auszugleichenden Kosten des Kleidungs- und Wäscheverschleißes auch während der Heimunterbringung entstehen. Sie seien durch den Heimvertrag nicht abgedeckt. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 21.01.2000 zurück. Die Regelung des § 35 Abs. 6 BVG sei eindeutig. Danach verbleibe dem Beschädigten von seinen Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten. Soweit die Rechtsprechung hiervon abweiche, werde dem weder vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung noch der Versorgungsverwaltung gefolgt.
In der fristgerecht erhobenen Klage hat der Kläger sein Vorbringen wiederholt und nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei den Leistungen nach §§ 14, 15 BVG um solche der Heilbehandlung und nicht um Versorgungsbezüge handele. Diese Leistungen seien daher anrechnungsfrei.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 30.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2000 zu verurteilen, ihm ab dem 01.09.1999 Beihilfe zu den Aufwendungen für fremde Führung nach § 14 BVG und die Kosten für außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung und Wäsche nach § 15 BVG ohne Anrechnung auf die Versorgungsbezüge zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, nach § 35 Abs. 6 BVG seien die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge zu übernehmen. Dem Beschädigten verbleibe zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten. Hierzu würden auch die Kosten für fremde Führung und eine außergewöhnlicher Kleiderverschleiß rechnen.
Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt (Urteil vom 04.04.2001). Es hat ausgeführt: Beihilfe für fremde Führung und die Kosten für außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung seien nicht auf die Pflegekosten anzurechnen, weil es sich jeweils nicht um Versorgungsleistungen im Sinne des § 35 Abs. 6 BVG handele. Die Rechtsprechung habe zudem mehrfach entschieden, dass die Beihilfe zu den Aufwendungen für fremde Führung auch im Fall dauerhafter Heimpflege ohne Anrechnung auf die Versorgungsbezüge zu gewähren sei. Die beantragten Leistungen seien auch nicht durch den Heimpflegevertrag gedeckt. Aus diesem gehe hervor, dass in den Heimleistungen keine Kosten für Kleidung und Wäsche enthalten seien. Es entspreche auch dem Regelfall, dass die Anstaltspflege keine Bekleidungskosten umfasse. Die Reinigung von Wäsche durch die Pflegeeinrichtung sei ausdrücklich auf ein Normalmaß beschränkt. Ebenso umfasse der Pflegevertrag keine über die notwendige Versorgung hinausgehende Betreuung des Beschädigten. Die Führzulage solle dem Blinden die Möglichkeit erhalten, den häuslichen Bereich selbständig zu verlassen und sich außerhalb des Hauses und unabhängig von fremder Hilfe frei zu bewegen. Die Personalsituation eines Pflegeheimes werde es regelmäßig nicht zulassen, über die notwendige Betreuung hinaus solche Leistungen zu übernehmen, die allein dazu dienen, dem blinden Heimbewohner einen letzten Rest von Selbständigkeit zu belassen. Der außergewöhnliche Kleiderverschleiß und die notwendige Führung eines Blinden würden nicht zu den "sonstigen Bedürfnissen" des Geschädigten zählen, die dieser von dem ihm verbleibenden Betrag in Höhe der Grundrente zu leisten habe. Eine solche gesetzgeberische Absicht könne nicht daraus gefolgert werden, dass der Begriff des "persönlichen Bedürfnisses" in § 35 Abs. 2 BVG alte Fassung durch den Begriff des "sonstigen Bedürfnisses" in § 35 Abs. 6 BVG ersetzt worden sei. Kleiderverschleiß und Blindenführung könnten nach dem Wortlaut sowohl den persönlichen als auch den sonstigen Bedürfnissen zugeordnet werden. Hätte der Gesetzgeber durch die Gesetzesänderung eine andere Regelungsabsicht gehabt, hätte angesichts des Urteils BSGE 26, 292, 293 f. eine ausdrückliche Regelung nahegelegen. Sinn und Zweck der Vorschriften würden dafür sprechen, dass die in § 35 Abs. 6 BVG geregelte "Betreuung einschließlich notwendiger Pflege" neben den Sonderleistungen für besonderen Führaufwand und außergewöhnlichen Kleiderverschleiß stehe. Die Pflegezulage nach § 35 BVG betreffe Aufwendungen für fremde Wartung und Pflege, die die allgemeine Hilflosigkeit bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens beseitigen solle. Die beantragten Leistungen seien Sonderleistungen, die über den allgemeinen Bedarf hinausgehen würden. Blindenbegleitung sei keine Pflegeleistung im Sinne des § 35 BVG. Die bloße Begleitung zur Ersetzung der Sehkraft ohne pflegerische Hilfeleistung werde mit der Zusatzleistung über § 14 BVG ausgeglichen. Die Zulage für fremde Führung solle für bestimmte Lebensvorgänge das verlorene Sehvermögen des blinden Beschädigten ausgleichen und dem Blinden Verrichtungen des täglichen Lebens ermöglichen, zu denen er keiner fremden Pflege und Wartung bedürfe und damit eine selbständige Lebensführung sichern. Ebenso stelle die Kleiderverschleißpauschale eine neben der üblichen Pflegeleistung in § 35 BVG bestehende Beihilfe dar, die einen schädigungsbedingten außergewöhnlichen Verschleiß ausgleiche. Unerheblich sei, ob der Beschädigte bettlägerig sei und deshalb die fremde Führung nicht wahrnehmen könne. Beide Leistungen hätten pauschalierenden Charakter und würden keinen Verwendungsnachweis erfordern. Auch die Systematik des BVG spreche dafür, Führzulage und Kleiderverschleißpauschale neben den Kosten der Heimpflege zu gewähren. Nach § 35 Abs. 6 S. 1 BVG würden die Versorgungsbezüge des Beschädigten auf die Heimkosten angerechnet. Bei den Leistungen nach §§ 14, 15 BVG handele es sich jedoch um besondere Leistungen der Heilbehandlung, die der orthopädischen Versorgung nahe stünden und damit nicht um Versorgungsbezüge im Sinne des § 35 Abs. 6 BVG.
Diese Entscheidung greift der Beklagten mit der fristgerecht eingelegten Berufung an. Er vertritt die Auffassung, bereits aus dem Wortlaut des § 35 Abs. 6 BVG ergebe sich, dass der Beschädigte im Falle einer Heimunterbringung die Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Betreuung und notwendige Pflege, abgesehen von einem Betrag, der der Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten entspreche, mitfinanzieren müsse. § 35 Abs. 6 BVG garantiere dem Beschädigten einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine "Vollbetreuung", bei der sich der zeitliche Umfang und die Inhalte von Betreuung und Pflege jeweils an den persönlichen Bedürfnissen des Betroffenen orientieren müsse. Daraus folge, dass die in § 35 Absatz 6 BVG verwandten Begriffe "Betreuung" und "notwendige Pflege" weit auszulegen seien, damit den individuellen Bedürfnissen des konkreten Einzelfalls Rechnung getragen werden könne. Bei Blindheit umfasse die notwendige Betreuung auch die Führung durch Dritte. Deshalb müsse ein auf diese besonderen Bedürfnisse ausgerichteter Vertrag mit der Pflegeeinrichtung abgeschlossen werden. Eine "weite" Auslegung der in § 35 Absatz 6 BVG genannten Begriffe "Betreuung" und "notwendige Pflege" sei auch angesichts des Rundschreibens des BMA vom 02.10.1996 und der Begründung dieser Vorschrift im KOV-Strukturgesetz 1990 geboten. Hieraus würden sich die vom Gesetzgeber gewollten Rechtsfolgen bei nicht nur vorübergehender Heimpflege herleiten lassen, nämlich Übernahme der Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Betreuung und notwendige Pflege sowie Anrechnung auf sämtliche Versorgungsbezüge und Belassung eines Betrages in Höhe der Grundrente einens erwerbsunfähigen Beschädigten zur Bestreitung aller übrigen Bedürfnisse. Jede andere Auslegung werde dem Charakter der als umfassende Sachleistung zu gewährenden Heimpflegekosten nicht gerecht. Die Leistungen nach § 35 Abs. 6 BVG würden sicherstellen, dass für sämtliche Bedürfnisse des Beschädigten die Kosten übernommen werden (Unterkunft, Nahrung, Betreuung und Pflege) und durch die begrenzte Kostenbeteiligung des Beschädigten an den Heimpflegekosten darüber hinaus ein Betrag in nicht unbeträchtlicher Höhe zur Bestreitung sonstiger Bedürfnisse zur Verfügung stehe. Der Entscheidung des BSG vom 15.07.1992 zu § 14 BVG können nicht gefolgt werden, weil das BSG die Regelungsabsicht des Gesetzgebers nicht hinreichend berücksichtigt habe. Hinsichtlich der Leistungen nach § 15 BVG habe das BSG am 21.09.1983 – 9a RV 28/92 – entschieden, dass es sich hierbei um anzurechnende Versorgungsbezüge im Sinne des früheren § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG handele.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.05.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.05.2001 zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Beklagten an.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist im tenorierten Umfang begründet.
1.
Der angefochtene Bescheid vom 30.11.1999 leidet unter einem Anhörungsmangel (§ 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch ( SGB X)). Der Mangel ist jedoch geheilt und rechtfertigt nicht allein aus diesem Grund die Aufhebung der angefochtenen Bescheide.
Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
Der Bescheid vom 30.11.1999 greift in die Recht des Klägers ein. Mit Bescheid vom 20.03.1985 hat der Beklagte erstmals Führzulage und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt.
Seit dem 04.04.1999 befindet sich der Kläger im Altenheim. Anläßlich seines Antrags auf Übernahme der Heimkosten hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid Führzulage und Kleiderpauschale auf die übernommenen Heimkosten an gerechnet und nicht mehr ausgezahlt. Dieser Bescheid ist ein Grundlagenbescheid mit Doppelwirkung (hierzu BSG vom 09.06.1999 – B 6 KA 76/97 R – sowie wie vom 29.10.1986 – 6 RKa 19/85 -). Doppelwirkung kann nicht nur dann eintreten, wenn vom Bescheid zwei Personen einerseits belastend und andererseits begünstigend betroffen sind (vgl. Schröder – Printzen, SGB X, 3. Auflage, 1996, § 44 Rdn. 7). Ein Bescheid mit Doppelwirkung liegt auch dann vor, wenn er für denselben Betroffenen begünstigende und belastende Elemente enthält (Schröder-Printzen aaO Rdn. 6). Das ist hier der Fall, denn die Begünstigung (Übernahme der Heimkosten) geht mit einer Belastung (Anrechnung von Führzulage und Kleiderpauschale) einher. Zwar wird der finanzielle Nachteil (Nichtauszahlung von Führzulage und Kleiderpauschale) durch den finanziellen Vorteil (Übernahmen der Heimkosten) aufgewogen. Hierauf kommt es nach der Konzeption des § 24 Abs. 1 SGB X indes nicht an. Maßgebend sind nicht die finanziellen Auswirkungen, entscheidend ist vielmehr, ob und inwieweit in die Rechte des Beteiligten eingegriffen wird. Führzulage und Kleiderpauschale sind jeweils eigenständige Leistungen mit jeweils gesonderten Anspruchsvoraussetzungen. Wird eine dieser Leistungen – wie hier – infolge von Anrechnungsvorschriften nicht ausgezahlt, wird in den Anspruch des Klägers auf diese Leistung eingegriffen.
In einem solchen Fall verpflichtet § 24 Abs. 1 SGB X die Behörde, zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen anzuhören. Was unter einer "erheblichen Tatsache" zu verstehen ist, richtet sich nach Art und Inhalt des Verwaltungsaktes, dessen Erlaß beabsichtigt ist (BSG SozR 1300 § 24 Nr. 2; BSG SozR 3-1300 § 24 Nr. 13), sowie den Umständen des Einzelfalles und den jeweils anzuwendenden Vorschriften (BSG vom 28.04.1999 – B 9 SB 5/98 R -). Entscheidungserheblich sind hiernach alle (Haupt-)Tatsachen, auf welche die Behörde den Verfügungssatz zumindest auch gestützt hat oder auf die es nach ihrer materiell-rechtlichen Ansicht objektiv ankommt (BSG SozR 3 – 1300 § 24 Nr. 4). Ausgehend hiervon ist entscheidungserhebliche "Haupttatsache" die Auffassung des Beklagten, § 35 Abs. 6 BVG regele eindeutig, dass Führzulage und Kleiderpauschale auf die Heimkosten anzurechnen seien und nicht mehr ausgezahlt werden könnten. Streng genommen handelt es sich dabei nicht um eine Tatsache, also um ein dem Beweis zugängliches Geschehen, vielmehr um die rechtliche Auslegung einer bestimmten Vorschrift. Dies kann dahinstehen, denn angesichts des mit der Anhörungen verfolgten Zwecks (hierzu BSG vom 15.05.1985 5b RJ 40/84 – sowie BSG vom 19.09.2000 B 9 SB 1/00 R -) kann dies keinen Unterschied machen. Auch zu geänderten Rechtsauffassungen ist der Beteiligte nach § 24 Abs. 1 SGB X anzuhören. Im übrigen kann auch der Umstand, dass der Beklagte nunmehr eine andere Rechtsmeinung vertritt, als Tatsache im Sinn des § 24 Abs. 1 SGB X angesehen werden.
Sonach hat der Beklagte bei Erlaß des Bescheides vom 30.11.1999 gegen § 24 Abs. 1 SGB X verstoßen. Ein Anspruch auf Aufhebung des Bescheides folgt hier aus dennoch nicht, denn der Anhörungsfehler ist geheilt. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Anhörungsfehler durch Mitteilung der entscheidungserheblichen Haupttatsachen, auf die es nach der Rechtsansicht der Behörde für den Verfügungssatz objektiv ankommt, in den Gründen des Ausgangsbescheides geheilt werden (BSG vom 29.01.1991 – 4 RK 4/91 -; BSG vom 05.11.1997 – 9 RV 21/96 -; BSG vom 14.07.1994 – 7 RAr 104/93 -). Diesen Anforderungen genügt der Bescheid vom 30.11.1999. Hierin wird die Rechtsauffassung des Beklagten kurz, aber nachvollziehbar begründet. Mehr ist nicht erforderlich, denn der Beklagte muss – wie hier – nur darlegen, welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe ihn zu seiner Entscheidung bewogen haben (§ 35 Abs. 1 SGB X).
2.
In der Sache hat die Berufung des Beklagten teilweise Erfolg. Das SG hat den Beklagten zu Unrecht verurteilt, die Kleiderverschleißpauschale (§ 15 BVG) nach Übernahme der Heimunterbringungskosten weiter auszuzahlen. Im übrigen ist die Berufung des Beklagten allerdings unbegründet.
Die Kleiderverschleißpauschale ist auf die Kosten der Heimunterbringung nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG anzurechnen. Die Führzulage (§ 14 BVG) bleibt hingegen anrechnungsfrei. Der 7. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen hat hierzu im Urteil vom 16.05.2002 – L 7 V 27/01 – ausgeführt:
"§ 35 Abs. 2 BVG i.d.F. bis zum 31.03.1990 (a.F.) sah vor, dass die Kosten der nicht nur vorübergehenden Anstaltspflege eines Beschädigten vom Beklagten unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen werden. Unter dem in § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG a.F. verwandten Begriff "Versorgungsbezüge" sind nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21.09.1983, 9a RV 28/92) alle Ansprüche, die ein Beschädigter ohne die Anstaltspflege nach dem BVG realisieren kann, zu verstehen. Dazu gehören u.a. die Grundrente, die Schwerstbeschädigtenzulage, die Pflegezulage, die Ausgleichsrente und der Berufsschadensausgleich. Gemeinsames Merkmal der vom BSG aufgezählten Leistungen ist, dass es sich um wiederkehrende Geldleistungen i.S.v. § 11 Sozialgesetzbuch 1. Buch (SGB I) handelt, die an der jährlichen Anpassung nach § 56 BVG teilnehmen, wobei sich die Zielsetzung der Leistungen zumindest teilweise unterscheiden und mit der der Pflegezulage nach § 35 BVG nicht deckungsgleich sind. Die Kleiderverschleißpauschale ist nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21.09.1983, 9a Rvi 2/82; Urteil vom 21.09.1983, 9 RV 28/92; Urteil vom 08.10.1987, 9a Rvi 5/85) als Teil der Versorgungsbezüge i.S.v. § 35 Abs. 2 BVG a.F. auf die Kosten der Anstaltspflege anzurechnen. Dies hat das BSG u.a. mit dem Gesichtspunkt "Ausschluss der Doppelversorgung" begründet, da der Zweck der Kleiderverschleißpauschale – pauschale Abgeltung des durch die anerkannten Schädigungsfolgen verursachten außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung und Wäsche – und die Zielrichtung der Anstaltspflege – Sicherstellung aller menschlichen Grundbedürfnisse, einschließlich der Stellung von Kleidung und Wäsche – eine Deckungsgleichheit besteht. Mit der Änderung des § 35 BVG durch das KOV-Struktur G 1990 (BGBl. I S. 582) ist nach Auffassung des Senates keine Änderung der Rechtslage hinsichtlich der Anrechenbarkeit der Kleiderverschleißpauschale eingetreten. Zwar ist durch die Neuregelung der übernahmefähigen Kosten einer Heimpflege in § 35 Abs. 7 Satz 1 BVG i.d.F. vom 01.04.1990 (n.F.) bzw. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. der Gesichtspunkt "Ausschluss der Doppelversorgung" entfallen. Denn in § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. sind die übernahmefähigen Kosten einer Heimpflege auf die Aufwendungen zur Unterkunft, Verpflegung und Betreuung, einschließlich der notwendigen Kosten für eine Pflege, beschränkt worden. Die Definition der übernahmefähigen Heimkosten entspricht dem Begriff der Unterbringung i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Heimgesetz n.F., gültig ab dem 01.08.1990, wonach eine Unterbringung in einem Heim neben der Überlassung der Unterkunft die Gewährung oder Vorhaltung von Verpflegung und Betreuung umfasst (BT-Drucksache 11/5831 S. 15). Der Umfang der Betreuung nach dem Heimgesetz, welche die Pflege als gesteigerte Form der Betreuung mitumfasst, ergibt sich aus dem vertraglichen Leistungsangebot wobei aus der besonderen Zielgruppe, die der Heimträger mit der Einrichtung erreichen will. Aufwendungen für Bekleidung, Wäsche und Schuhwerk gehören nicht mehr zu den Kosten der Heimpflege i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F … Alle übrigen Bedürfnisse, die nicht zu den übernahmefähigen Kosten i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. zählen, sind "sonstige Bedürfnisse" i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 2 BVG n.F., zu deren Deckung einem Beschädigten als Selbstbehalt ein Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten von den ihm zustehenden Versorgungsbezügen belassen wird.
Die Kleiderverschleißpauschale unterfällt aber weiterhin dem in § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. verwandten Begriff der "Versorgungsbezüge". Der in § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG a.F. verwendete Begriff "Versorgungsbezüge", d.h. alle wiederkehrenden Geldleistungen i.S.v. § 11 SGB I, die ein Beschädigter als Anspruch nach dem BVG realisieren kann, ist inhaltlich in die Neuregelung des § 35 BVG betreffend die Heimpflege übernommen worden. Weder aus der Gesetzesbegründung noch aus der Konzeption des § 35 Abs. 6 BVG n.F. ist ein Wille des Gesetzgebers zur inhaltlichen Änderung des Begriffes erkennbar. Daher sind nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. in der Regel alle nach dem BVG an den Beschädigten auszuzahlenden wiederkehrenden Geldleistungen i.S.v. § 11 SGB I auf die als wiederkehrende generalisierte Sachleistung gewährte Heimpflege anzurechnen. Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung nach § 10 ff. BVG einschließlich der Leistungen der orthopädischen Versorgung nach § 13 BVG, die grundsätzlich als Sachleistung erbracht werden, bleiben im Falle der Heimpflege anrechnungsfrei. Bei der Kleiderverschleißpauschale nach § 15 BVG handelt es sich nicht um Leistungen einer Kranken- oder Heilbehandlung, sondern diese Leistung stellt eine besondere Leistung dar, die denen der Heil- und Krankenbehandlung nahesteht (BT-Drucksache V/1216 S. 3). Die Kleiderverschleißpauschale gilt pauschal einem konkreten materiellen schädigungsbedingten Mehrbedarf ab, der insbesondere durch die Folgen der orthopädischen Versorgung mit Hilfsmitteln entsteht. Sie bezweckt die Abgeltung des durch die anerkannten Schädigungsfolgen verursachten außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung und Wäsche. Sie soll eine Bedarfslage abdecken, die sich nicht an dem gesamten Leidenszustand orientiert, sondern funktionsbezogen den durch die Schädigungsfolgen bedingten Verschleiß umfasst, insbesondere den durch das Tragen von orthopädischen Hilfsmitteln nach § 13 BVG verursachten. Die Kleiderverschleißpauschale ist keine Sachleistung wie der Leistungen der Kranken- und Heilbehandlung, sondern es handelt sich um eine wiederkehrende Geldleistung, die "rentenähnlichen Charakter" hat und an den jährlichen Anpassungen nach § 56 BVG teilnimmt. Die Inkongruenz der Leistungen der Heimpflege nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. und der Kleiderverschleißpauschale nach § 15 BVG spricht nicht gegen eine Zurechnung der Kleiderverschleißpauschale zu den "Versorgungsbezügen". Die Art der Leistungen – Gewährung der Heimpflege als generalisierte Sachleistung sowie der anrechenbaren Versorgungsbezüge als Geldleistungen – ist nicht deckungsgleich. Ebenso ist die Zielsetzung anderer Versorgungsbezüge i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. wie z.B. die Grundrente und der Berufsschadensausgleich, zumindest teilweise mit dem der Heimpflege nicht kongruent. Während die Leistungen nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. die Sicherstellung des durch die anerkannten Schädigungsfolgen mitverursachten erhöhten Pflegeaufwandes in Form der Heimpflege durch die Übernahme der Aufwendungen für Unterkunft, Verpflegung und Betreuung bezweckt, dient die Grundrente nicht nur zur Deckung des materiellen schädigungsbedingten Mehrbedarfes, sondern auch als immaterielle Entschädigung; der Berufsschadensausgleich bezweckt den Ausgleich eines beruflichen Schadens. Den Bestimmungen des BVG kann auch nicht der allgemeine Grundgedanke entnommen werden, das geldwerte Ansprüche, die zur Befriedigung eines konkreten schädigungsbedingten Mehrbedarfes eines Beschädigten dienen, von der Anrechnung nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. ausgenommen bleiben. Nach der Konzeption des § 35 Abs. 6 BVG n.F. soll einem Beschädigten von den Versorgungsbezügen, also den wiederkehrenden geldwerten Leistungen nach dem BVG, ein Selbstbehalt in Höhe des Betrages einer Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten, d.h. nach einer MdE um 100 v.H., zur Deckung seiner sonstigen Bedürfnisse verbleiben, unabhängig davon, welche geldwerten Leistungen aus welchem Grund ihm zustehen. Dabei unterfallen dem Begriff "sonstige Bedürfnisse" i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 2 BVG n.F. nach dem Willen des Gesetzgebers alle Bedürfnisse eines Beschädigten (BT-Drucksache XI/5831 S. 15), also auch der schädigungsbedingte Mehrbedarf. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Kleiderverschleißpauschale wegen ihres Charakters als wiederkehrende Geldleistung i.S.v. § 11 SGB I, einen Versorgungsbezug i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. darstellt.
Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen ist die Führzulage nach § 14 BVG nicht auf die Kosten einer Heimpflege nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG anzurechnen. Zwar handelt es sich bei der Führzulage ebenso wie bei der Kleiderverschleißpauschale um eine der Heil- und Krankenbehandlung nahestehende, wiederkehrende Geldleistung i.S.v. § 11 SGB I, die einen konkreten materiellen schädigungsbedingten Mehrbedarf abdeckt und an der jährlichen Anpassung nach § 56 BVG teilnimmt. Die Führzulage bezweckt pauschal die Abdeckung der Kosten des Unterhalts eines Führhundes, der im Rahmen der orthopädischen Versorgung nach § 13 BVG einem Blinden gestellt wird. Sie dient alternativ auch der pauschalen Abgeltung des im Einzelnen nicht feststellbaren Aufwandes für die Führung durch fremde Personen. Der Blinde soll durch die fremde Führung die Möglichkeit erhalten, seinen häuslichen Bereich selbstständig zu verlassen und sich außerhalb seines Hauses verhältnismäßig frei zu bewegen, wobei der Führhund oder die Führungshilfe als "quasi-orthopädisches Hilfsmittel" als teilweiser Ausgleich des verlorenen Sehvermögens anzusehen ist. Die fremde Führung gleicht zeitweise und für bestimmte Lebensvorgänge das verlorene Sehvermögen aus. Die Führung ergänzt die Pflege insoweit, als die Pfegekraft nach § 35 BVG von der ständigen Notwendigkeit, einen Blinden zu begleiten, entlastet wird. Die Führzulage ermöglicht erst das Bewegen außerhalb des Pflegebereichs und sichert eine Selbstständigkeit des Blinden bei solchen Verrichtungen des täglichen Lebens, zu denen fremde Hilfe, Pflege und Wartung i.S.v. § 35 BVG nicht benötigt werden, wie z.B. Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen, Ferienaufenthalten, Teilnahme an Fortbildungen oder Kuren (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.1973, 10 RV 69/73; Urteil vom 15.07.1992, 9a RV 9/91). Dabei ist der Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 14 BVG auf diejenigen Beschädigten beschränkt, bei denen eine Blindheit als Folge einer Schädigung anerkannt ist, also der Verlust des Sehvermögens in Gesamtheit durch Schädigungsfolgen verursacht worden ist. Bei anderen Beschädigten, die für die Aufnahme von Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben ebenfalls wie Blinde i.S.v. § 14 BVG auf die Führung durch fremde Personen im Einzelfall angewiesen sind, wie z.B. Blinde, deren Blindheit durch den schädigungsunabhängigen Verlust des Sehvermögens auf einem Auge mitverursacht worden ist, geistig Behinderte, Hirnverletzte oder Amputierte, sind die Aufwendungen für die Führung durch fremde Personen nach dem Willen des Gesetzgebers durch die übrigen Leistungen nach dem BVG, insbesondere durch die Grundrente, die Schwerstbeschädigtenzulage und die Pflegezulage nach § 35 BVG abgedeckt, auch wenn das Erfordernis einer Begleitperson ebenso wie bei Blinden nach § 14 BVG auf Schädigungsfolgen beruht. Im Fall der Heimpflege nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F.müssen Beschädigte, die nicht zum Kreis der Blinden i.S.v. § 14 BVG gehören, die Aufwendungen für die Führung durch fremde Personen aus dem Selbstbehalt nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. bestreiten. Bei der Führzulage nach § 14 BVG handelt es sich um eine Privilegierung einer bestimmten Gruppe von Beschädigten, die auf Grund einer gesetzgeberischen Entscheidung bessergestellt sind als andere Beschädigte. Wegen des Charakters der Führzulage nach § 14 BVG als gesetzgeberische gewollte Privilegierung einer bestimmten Gruppe von Beschädigten unterfällt die Führungszulage nicht dem Begriff "Versorgungsbezüge" i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG und bleibt damit auf die Kosten der Heimpflege anrechnungsfrei (vgl. LSG NW, Urteil vom 21.06.1995, L 10 V 53/94; BSG, Beschluss vom 06.03.1996, 9 BV 115/95; LSG NW, Urteil vom 23.06.1998, L 6 V 61/97)."
Den Beteiligten ist diese Entscheidung bekannt. Der Senat tritt dem nach eigener Überprüfung und Überzeugung bei.
Die Anpassungsbescheide vom 15.12.2000, 11.01.2001, 24.07.2001, 11.01.2002 sowie der Umstellungsbescheid vom 09.11.2001 sind Folgebescheide zum Grundlagenbescheid vom 30.11.1999, soweit in ihnen die Anrechnung der Versorgungsbezüge auf die Kosten der Heimpflege nach § 35 BVG und die Beschränkung des an den Kläger auszuzahlenden Betrags auf den Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten mitgeregelt ist. Sie haben insoweit keinen eigenständigen Regelungsgehalt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 19.08.2003
Zuletzt verändert am: 19.08.2003