Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.06.2014 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts im Beschwerdeverfahren wird abgelehnt. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II); insbesondere ist umstritten, ob das Einkommen und Vermögen des Zeugen Jungkunz bei der Berechnung der Leistungshöhe berücksichtigt werden darf.
Die 1961 geborene Antragstellerin erhält Leistungen nach dem SGB II. Der Zeuge mietete zum 01.09.2012 ein Einfamilienhaus in L an. Nach seinen Angaben lebte er dort zunächst mit seiner Lebensgefährtin, die allerdings Anfang 2013 auszog. Die Antragstellerin zog zum 01.05.2013 in das dann gemeinsam bewohnte Haus ein. Zum 01.03.2014 zogen beide zusammen in ein Einfamilienhaus nach L, für das eine Nettokaltmiete i.H.v. 700 EUR und eine Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 80 EUR zzgl. Wasserkosten in Höhe von 70 EUR anfallen. Außerdem sind Heizkostenabschläge von 121 EUR monatlich zu zahlen. Der Zeuge und die Antragstellerin schlossen am 27.02.2014 einen Mietvertrag über ein Zimmer zur alleinigen Nutzung sowie über ein Zimmer, eine Küche, ein Bad, ein WC, einen Flur, eine Terrasse und einen Garten zur gemeinsamen Nutzung zu einer Grundmiete von 220 EUR zzgl. Nebenkosten in Höhe von 130 EUR ab. Der Zeuge erzielt ein Erwerbseinkommen in Höhe von ca. 640 EUR netto monatlich.
Beide beantragten am 01.03.2014 beim Antragsgegner mit separaten Anträgen Leistungen nach dem SGB II. Der Zeuge und die Antragstellerin begründeten den Umzug nach L mit dem Verkauf des vorher bewohnten Hauses. Im Rahmen der Antragstellung erklärten sie, dass sie in Form einer Wohngemeinschaft und nicht in einer Beziehung zusammen lebten.
Mit Bescheid vom 18.03.2014 bewilligte der Antragsgegner dem Zeugen und der Antragstellerin gemeinsam vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von insgesamt 764,07 EUR für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.08.2014. Die Bewilligung erfolge vorläufig bis zur Vorlage der Mietbescheinigung. Außerdem fehle ein Nachweis über den monatlichen Heizkostenabschlag. Aus dem anliegenden Berechnungsbogen geht hervor, dass der Antragstellerin Leistungen i.H.v. 382,03 EUR (152,03 EUR Regelbedarf, 230 EUR Kosten der Unterkunft) und dem Zeugen i.H.v. 382,04 EUR (152,04 EUR Regelbedarf, 230 EUR Kosten der Unterkunft) bewilligt wurden. Dabei wurde das Einkommen des Zeugen zu gleichen Teilen auf den jeweiligen Regelbedarf der Antragstellerin und des Zeugen angerechnet. Am 28.03.2014 legte die Antragstellerin gegen den Bewilligungsbescheid mit der Begründung Widerspruch ein, dass es nicht zutreffend sei, sie und den Zeugen als Einstandsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 a) SGB II zu behandeln. Mit einem weitgehend wortgleichen Schreiben legte auch der Zeuge am selben Tag Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 09.04.2014 teilte der Antragsgegner dem Zeugen mit, dass ab 01.03.2014 monatlich weitere Leistungen i.H.v. 121 EUR als Heizkostenvorauszahlung anerkannt würden.
Am 25.04.2014 hat sich die Antragstellerin mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Sozialgericht Düsseldorf gewandt. Sie hat vorgetragen, dass sie nicht in einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Zeugen lebe. Aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel könne sie ihre Medikamente nicht mehr zahlen. Auch ihr Insolvenzverfahren sei gefährdet.
Der Antragsgegner hat eingewandt, dass davon auszugehen sei, dass der Zeuge und die Antragstellerin in einer Einstehensgemeinschaft lebten und die Leistungshöhe daher zutreffend sei. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft hat er ausgeführt, dass der Umzug aus Kempen in das Haus in Krefeld ohne Zustimmung des Antragsgegners erfolgt sei und dieses Haus mit einer Kaltmiete von 700 EUR unangemessen teuer sei. Daher werde nur die in Krefeld als angemessen anzusehende Kaltmiete von 310 EUR für einen Zweipersonenhaushalt zuzüglich der tatsächlichen Nebenkosten übernommen.
In der nicht-öffentlichen Sitzungen vom 02.06.2014 hat das SG die Antragstellerin befragt und den Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 37 der GA) verwiesen.
Mit Beschluss vom 05.06.2014 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass die Antragstellerin und der Zeuge eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bildeten.
Mit der am 10.07.2014 gegen den ihr am 10.06.2014 zugestellten Beschluss eingelegten Beschwerde macht die Antragstellerin unter Beantragung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres bevollmächtigten Rechtsanwalts geltend, nicht mit dem Zeugen in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu leben. Die Feststellungen des Ermittlungsdienstes des Antragsgegners, der am 13.05.2014 einen Hausbesuch durchgeführt habe, seien insofern eindeutig. Es liege keine Partnerschaft zwischen der Antragstellerin und dem Zeugen vor.
Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.06.2014 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II i.H.v. 741 EUR monatlich zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner hat den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 18.03.2014 mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2014 zurückgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin am 10.07.2014 beim Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners, der Gegenstand der Beratung war, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zahlung höherer Leistungen zu verpflichten.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im summarischen Verfahren (BVerfG v. 29.07.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95, 96). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden. Die grundrechtlichen Belange der Antragsteller sind dabei umfassend in die Abwägung einzustellen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – NVwZ 2005, 927ff).
Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Weder hinsichtlich der Zahlung höherer Leistungen im Bereich des Regelbedarfs, noch hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung ist für den Senat erkennbar, dass ohne die einstweilige Zuerkennung der geltend gemachten Leistungen ein im Hauptsacheverfahren nicht wiedergutzumachender Nachteil droht.
Die Antragstellerin hat mit dem hier streitbefangenen Bescheid vom 18.03.2014 Regelleistungen i.H.v. 152,03 EUR erhalten, so dass eine Differenz zu dem von ihr geltend gemachten Regelbedarf in Höhe von annähernd 240 EUR besteht. Diese rechnerische Differenz bringt aber die tatsächliche Bedarfsunterdeckung der Antragstellerin nicht zutreffend zum Ausdruck. Denn ein erheblicher Teil dieser Differenz, nämlich 200,97 EUR, kommt dadurch zustande, dass das Einkommen des Zeugen zur Hälfte auf den Bedarf der Antragstellerin angerechnet worden ist. Die Restdifferenz i.H.v. 38 EUR ist dem Umstand geschuldet, dass der Antragsgegner bei Annahme einer Bedarfsgemeinschaft den Partner-Regelbedarf i.H.v. 353 EUR und nicht den vollen Regelbedarf i.H.v. 391 EUR angesetzt hat (vgl. § 20 Abs. 2, 4 SGB II i.V.m. der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2014 vom 16. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3857)). Geht man mit der Antragstellerin – und dem Zeugen, der ebenfalls Widerspruch gegen den Leistungsbescheid eingelegt hat – davon aus, dass beide keine Bedarfsgemeinschaft bilden, müsste die Leistung des Zeugen zunächst um diesen Betrag verringert festgesetzt werden. Folgt man dem Antragsgegner, der eine Bedarfsgemeinschaft annimmt, verbleibt die Leistung bei dem Zeugen.
Vor diesem Hintergrund hält es das Gericht für zumutbar, einen internen Ausgleich vorzunehmen, d. h. die dem Zeugen schon nach eigenem Verständnis nicht zustehende (Regel-) Leistung an die Antragstellerin weiterzugeben. Das "Wirtschaften aus einem Topf" ist bei Wohngemeinschaften, wenn vielleicht nicht allgemein üblich, so doch leicht herzustellen. Für die Dauer des Hauptsacheverfahrens wäre es auch über eine Listung der Ausgaben leicht möglich, rechnerisch eine getrennte Haushaltsführung aufzumachen, falls dies gewünscht oder erforderlich sein sollte. So könnten ohne großen Aufwand die über eine gemeinsame Haushaltsführung regelmäßig erzielbaren Synergieeffekte realisiert werden, die im Kern den niedrigeren Ansatz des Partner-Regelbedarfs rechtfertigen. Dabei geht der Senat davon aus, dass die konkrete Ausgestaltung des Zusammenlebens der Antragstellerin mit dem ihr zumindest freundschaftlich verbundenen Zeugen als Mitbewohner/Vermieter ohnehin mit der gemeinsamen Nutzung der Wohnräume des Hauses und den darin befindlichen Möbeln und Elektrogeräten auch bei Vorliegen einer Wohngemeinschaft bereits ein beachtliches Einsparpotenzial durch gemeinsames Wirtschaften bietet. Auch die gemeinsame Nutzung nur eines Stromanschlusses, eines Telefonanschlusses und die gemeinsame Anschaffung anderer Verbrauchsgüter (bspw. Tageszeitungen und Zeitschriften) und Haushaltsgegenstände bietet die von Mitgliedern einer Wohngemeinschaft oft angestrebte Kostenersparnis. Soweit darüber hinaus nach den Angaben der Beteiligten ein gemeinsames Wirtschaften nicht erfolgt, so geht der Senat davon aus, dass bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache ein in wirtschaftlicher Hinsicht noch engeres Zusammenleben für die Antragstellerin möglich und zumutbar ist. Bei dieser Sachlage kann der Senat keine Notsituation erkennen, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen würde.
Auch hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung ist nicht erkennbar, dass bei Annahme des von der Antragstellerin geltend gemachten höheren Leistungsanspruchs eine besondere Dringlichkeit für eine Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung bestünde. Zwar leistet der Antragsgegner erheblich weniger als die Antragstellerin laut Untermietvertrag vom 27.02.2014 an den Zeugen zu zahlen hat. In diesem Vertrag wurde eine monatliche Grundmiete i.H.v. 220 EUR zuzüglich Nebenkosten i.H.v. 130 EUR, insgesamt 350 EUR, monatlich vereinbart, ohne dass darin eine Vereinbarung über eine Beteiligung an den Heizkosten enthalten war. Tatsächlich erhält die Antragstellerin an Unterkunftskosten 290,50 EUR, nämlich die mit Bescheid vom 18.03.2014 bewilligten 230 EUR zuzüglich der mit Schreiben vom 09.04.2014 hälftigen Heizkosten von 121 EUR, also 60,50 EUR. Doch auch im Hinblick auf diesen möglichen Differenzbetrag von 59,50 EUR hat die Antragstellerin weder dargetan, noch glaubhaft gemacht, dass ihr durch das Ausbleiben der Leistung in dieser Höhe nicht wiedergutzumachende Nachteile entstehen. Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob er weiterhin daran festhält, dass im Bereich der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung ein Anordnungsgrund nur dann anzunehmen ist, wenn Wohnungslosigkeit unmittelbar droht, was in aller Regel erst bei Erhebung der Räumungsklage der Fall ist (vgl. Beschluss vom 21.02.2011 – L 6 AS 2151/10 B ER -, juris Rn. 18; so auch LSG NRW Beschluss vom 27.11.2008, L 9 B 183/08 AS ER, juris Rn 11). Denn im Falle der Antragstellerin ist noch nicht einmal dargetan, dass es hinsichtlich ihrer Mietzinsverpflichtungen gegenüber dem Zeugen bislang zu Zahlungsrückständen gekommen ist. Darüber hinaus könnte ein Zahlungsverzug, der den Zeugen berechtigt, das Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BGB fristlos zu kündigen, bei einer Differenz von 60 EUR monatlich erst nach Ablauf von zwölf Monaten eintreten.
Aus den vorgenannten Gesichtspunkten kommt mangels Erfolgsaussicht auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht, § 114 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Erstellt am: 18.09.2014
Zuletzt verändert am: 18.09.2014