Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 22. Oktober 2001 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht überzahlte Witwenrente zurückgefordert hat.
Die Klägerin ist die Witwe des am 00.12.1987 gestorbenen und bei der Beklagten versicherten Q M (Versicherter). Sie war vom 1.5.87 bis 18.11.1987 beschäftigt gewesen und hatte am 2.1.1988 erneut eine bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) renten- und bei der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) krankenversicherte Beschäftigung aufgenommen (Einkommen 1998: 80.710 DM). Am 8.1.1988 (sowie unter dem 20.2.1988) beantragte sie für sich und ihre beiden Kinder Hinterbliebenenversorgung. Dabei unterzeichnete sie u. a. die Erklärung, dass sie die Beklagte unverzüglich benachrichtigen werde, "falls oder sobald eine der im Zusatzfragebogen RA 5d genannten Einkommensarten bezogen oder beantragt werde bzw. wenn sich die Höhe dieser bereits bezogenen Einkommensarten ändern werde". Zugleich verneinte die Klägerin die Fragen nach Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen und machte auch in den Feldern zu Beschäftigungsart und Arbeitgeber keine Angaben.
Mit Bescheid vom 10.3.1988 bewilligte die Beklagte der Klägerin Witwenrente (monatlich netto – nach Abzug des Krankenversicherungsbeitrags – 917,85 DM). Auf Seite 3 des Bescheides findet sich u.a. der folgende Hinweis: "Trifft eine Hinterbliebenenrente mit Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen des Berechtigten zusammen, so ruht die Rente in Höhe von 40 v.H. des Betrages, um den das monatliche Einkommen einen dynamischen Freibetrag übersteigt (§ 1281 Abs.1 RVO). Es besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns eine Erhöhung oder das Hinzutreten von Einkommen unverzüglich mitzuteilen."
Am 21.8.1992 teilte die KKH der BfA mit, dass die Klägerin seit 1.1.1990 freiwillig versichert sei. Die BfA leitete dieses Schreiben an die Beklagte weiter, bei deren Sachgebiet Krankenversicherung der Rentner es am 17.6.1993 einging, von wo der Klägerin mitgeteilt wurde, dass die Abführung der Krankenversicherungsbeiträge ab 1.1.90 storniert werde; es könne ein Zuschuss zum freiwilligen Beitrag beantragt werden. Darauf wurde ihr der einbehaltene Eigenanteil in Höhe von 2.396,76 DM antragsgemäß erstattet.
Am 10.1.2000 erging die Warnung 03517: "das Programm hat eine Überzahlung festgestellt."
Durch (später aufgehobenen) Bescheid vom 12.1.2000 änderte die Beklagte wegen des Zusammentreffens der Witwenrente mit Erwerbseinkommen den "Bescheid vom 22.12.1999" ab; die neue Rentenhöhe betrage: 67,77 DM. Für die Zeit vom 1.7.1999 bis 29.2.2000 ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 9.732,16 DM. Die Klägerin widersprach: Sie habe von Beginn an ihre Beschäftigung angezeigt. Mit Schreiben vom 24.2.1988 habe sie mitgeteilt, dass sie bei der Firma I eine Halbtagstätigkeit zu einem Bruttogehalt von monatlich 1500 DM aufgenommen habe. Mit Schreiben vom 18.12.1988 habe sie angezeigt, dass sie nunmehr bei der B Grundstücks AG eine Vollzeitbeschäftigung zu einem Bruttogehalt von 4.125 DM aufgenommen habe. Auf diese Schreiben sei keine Reaktion erfolgt; sie habe damit ihre Verpflichtungen erfüllt. Die Beklagte erteilte sodann unter dem 4.2.2000 einen weiteren Bescheid, mit dem der "Bescheid vom 22.12.1999" nach § 48 Abs.1 S.2 Nr.3 Sozialgesetzbuch, 10 Teil (SGB X) teilweise zurückgenommen und eine Überzahlung in Höhe von 9.732,16 DM zurückgefordert wurde. Die Klägerin widersprach auch diesem Bescheid.
Die Beklagte hörte nunmehr unter dem 17.4.2000 die Klägerin zu der teilweisen Aufhebung des Rentenbescheides vom 10.3.1988 hinsichtlich der Einkommensanrechnung ab 1.1.1989 und der Rückforderung von 111.502,73 DM an.
Die Klägerin nahm dazu wie folgt Stellung: Sie sei in den ersten Januartagen 1988 zu dem Versichertenältesten gegangen. Dieser habe den Antrag auf Hinterbliebenenrente für sie ausgefüllt. Hierbei sei auch erörtert worden, dass sie ein Probearbeitsverhältnis aufgenommen habe. Der Versichertenälteste habe seinerzeit geäußert, dass zunächst abgewartet werden sollte, bis die Probezeit abgelaufen sei. Sodann sollte ihm eine entsprechende Mitteilung gemacht werden. Dies habe sie mit Schreiben vom 24.2.1988 getan, welches sie persönlich im Beisein ihrer Tochter O M beim Versichertenältesten abgegeben habe. Dies treffe auch für das Schreiben vom 18.12.1988 zu, mit dem sie angezeigt habe, dass sie nach Aufgabe des Geschäftsbetriebes I von der B-Versicherung übernommen worden sei. Seinerzeit sei sie auch im Hinblick auf diese Mitteilung von Mitarbeitern der Beklagten mehrfach von ihrem Arbeitsplatz angerufen worden, da noch Unterlagen betreffend die Kinder fehlten für die Zahlung der Waisenrente gefehlt hätte. Es habe sich damals um Schulnachweise gehandelt. Für sie habe im Hinblick darauf kein Anlass bestanden zu zweifeln, dass die von ihr überreichten Mitteilungen zu der Rentenakte gelangt seien. Sie habe ihre Verpflichtung entsprechend den Beratungen mit dem Versichertenältesten erfüllt. Sie habe auch keinen Anlass gehabt, an der Zuverlässigkeit des Versichertenältesten zu zweifeln.
Durch Bescheid vom 10.5.2000 hob die Beklagte den Rentenbescheid vom 10.3.1988 über die Gewährung der Witwenrente gemäß § 48 Abs. 1 SGB X mit Wirkung ab 1.1.1989 hinsichtlich der Anwendung der Einkommensanrechung gemäß § 314 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, 6. Teil (SGB VI) i.V.m. § 1281 Reichsversicherungsordnung (RVO), ab 01.01.1992 § 97 SGB VI teilweise auf. Ferner wurden die Bescheide vom 12.01.2000 und vom 04.02.2000 gemäß § 44 SGB X aufgehoben. Die Rente betrage ab 1.3.2000 monatlich netto 62,98 DM. Für die Zeit vom 1.7.90 bis 28.2.2000 sei eine Überzahlung i.H.v. 111.502,73 DM entstanden, die gemäß § 50 Abs. 1 SGB X von der Klägerin zu erstatten sei. Hierzu wurde ausgeführt: Die Klägerin habe nach Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt, das gemäß § 1281 RVO (später § 97 SGB VI) auf die Witwenrente hätte angerechnet werden müssen. Die Anrechnung hätte ab 1.1.1989 zu einer Minderung des Witwenrentenanspruchs geführt, denn gemäß § 314 Abs. 3 SGB VI sei Einkommen – wenn der Versicherte in der Zeit vom 1.1.86 bis zum 31.12.95 verstorben und die Ehe vor dem 1.1.86 geschlossen worden sei – mit der Maßgabe anzurechnen, dass im ersten Jahr nach dem Tode des Versicherten das Einkommen nicht angerechnet werde, im zweiten Jahr nach Abzug der Minderungsbeträge 10 %, im dritten Jahr 20 %, im vierten Jahr 30 % und ab dem fünften Jahr 40 % des den jeweiligen Freibetrag überschreitenden Einkommensbetrag anzurechnen sei. Daher sei zum 1.1.89 die Einkommensanrechnung durchzuführen.
Zu diesem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse habe die Aufhebung des Witwenrentenbescheides gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB Nr. 10 zu erfolgen.
Auch die Voraussetzungen für eine Aufhebung gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X seien gegeben. Die Klägerin habe wissen müssen, dass der Anspruch auf Witwenrente wegen der vorzunehmenden Einkommensanrechnung teilweise entfallen würde. Im Bescheid vom 10.3.1988 sei sie unter "Auflagen und Vorbehalte" auf Seite 3 Abs. 2 ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, dass die gesetzliche Verpflichtung bestehe, dass Hinzutreten von Einkommen unverzüglich mitzuteilen, weil dieses ggf. auf ihre Rente angerechnet werde. Die damalige Angabe, über kein Einkommen zu verfügen, habe nicht der Wahrheit entsprochen. Die von ihr angegebenen Schreiben vom 24.2.88 und 18.12.88 fänden sich nicht in der Akte. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte diese nie erhalten habe. Die Anschuldigung gegenüber dem Versichertenältesten könne nicht nachvollzogen werden. Auch enthalte die Akte keine Vermerke über angebliche Anrufe der Rentensachbearbeitung an den Arbeitsplatz der Klägerin.
Die Aufhebung sei auch innerhalb der vom Gesetz dafür vorgesehenen Fristen erfolgt. Eine Ermessensabwägung habe nach der Rechtsprechung nicht stattzufinden, da es sich um einen Fall typischer Leistungsüberzahlung handele. Ein grob fahrlässiger Verwaltungsfehler, der eine atypische Fallgestaltung hätte begründen können, sei nicht erkennbar, da die Beklagte ohne ihr Verschulden keine Erkenntnisse von dem erzielten Einkommen gehabt habe. Die insgesamt entstandene Zahlung sei gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein, bezog sich auf ihr bisheriges Vorbringen und legte zu dessen Ergänzung je ein Schreiben der KKH vom 19.8.1992 und einer Mitteilung der Beklagten vom 22.10.1992 sowie eine Kopie einer "Eidesstattlichen Versicherung" ihrer Tochter O vom 26.2.2002 vor
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 24.08.2000 als unbegründet zurück.
Mit der am 7.9.2000 zum Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.
Sie hat ihr Vorbringen wiederholt und betont: Unabhängig von ihren schriftlichen Mitteilungen an den Versichertenältesten sei der Beklagten ihre Berufstätigkeit deshalb bekannt gewesen, weil in den Waisenrentenverfahren ihrer Kinder wiederholt Mitarbeiter der Beklagten sie an ihrem Arbeitsplatz angerufen hätten. Das Beschäftigungsverhältnis sei auch durch die zuständige Krankenkasse KKH bekannt gewesen. Insoweit existiere Schriftverkehr zwischen der KKH und der Beklagten. Unter anderem sei der Beklagten mitgeteilt worden, dass ab 1.5.1989 ein Beschäftigungsverhältnis über der Beitragsbemessungsgrenze vorliege. Sie selbst habe ihrerseits zu keinem Zeitpunkt die Anzeigepflicht verletzt. Es liege offensichtlich ein grob fahrlässiger Verwaltungsfehler vor, der für sie nicht erkennbar gewesen sei. Die Klägerin hat Kopien ihrer Schreiben vom 24.02.1988 und 18.12.1988 vorgelegt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.5.2000 und den Widerspruchsbescheid vom 24.8.2000 aufzuheben soweit in ihm eine Rückforderung enthalten ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat ausgeführt: Die Klägerin habe anlässlich der Rentenantragstellung am 7.1.1988 – unrichtig – angegeben, vom Monat des Todes des Versicherten an weder Arbeitsentgelt aus einer abhängigen Beschäftigung noch Arbeitseinkommen aus einer selbständigen Tätigkeit zu erhalten. Die von ihr jetzt vorgelegten Schreiben befänden sich nicht in den vollständig erhaltenen Verwaltungsakten. Entgegen den Angaben der Klägerin sei ihr auch nicht durch die KKH die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mitgeteilt worden. Die KKH habe erstmals mit Schreiben vom 20.8.1992 mitgeteilt, dass die Klägerin seit 1.1.90 freiwillig versichert sei. Aus dieser Mitteilung ergäben sich keinerlei Rückschlüsse auf das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses. Dieses Schreiben sei auch nicht zur Rentensachbearbeitung sondern zum Büro Krankenversicherung der Rentner gelangt, dessen Zuständigkeit hinsichtlich der Erstattung der Eigenanteile zur Krankenversicherung gegeben gewesen sei. Die Rentensachbearbeitung und damit der für den Rentenanspruch zuständige Rentensachbearbeiter habe erstmals durch das am 10.1.2000 ausgedruckte Protokoll Kenntnis davon erhalten, dass die Klägerin anrechnungsfähiges Einkommen erziele. Auch im Rahmen des Schriftwechsels hinsichtlich der Waisenrente sei die von der Klägerin ausgeübte Beschäftigung nicht bekannt geworden. Die Klägerin sei ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen, so dass die Voraussetzungen des §§ 48 Abs. 1 Ziffer 2 bis 4 SGB X erfüllt seien.
Durch Urteil vom 22.10.2001 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 10.5.2000 und den Widerspruchsbescheid vom 24.8.2000 antragsgemäß aufgehoben, soweit in ihnen eine Rückforderung enthalten ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe den Witwenrentenbescheid vom 10.3.1988 zu spät aufgehoben. Sie habe die Handlungsfrist des § 48 SGB X nicht eingehalten; die für den Beginn dieser Frist maßgebliche Kenntnis habe sie bereits 1992 erlangt.
Gegen das am 10.12.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14.12.2001 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus: Das Sozialgericht habe seine Entscheidung zu Unrecht darauf gestützt, dass ihr bereits in den Jahren 1992/1993 durch die KKH mitgeteilt worden sei, dass die Klägerin seit dem 1.1.1990 bei dieser Kasse freiwillig versichert sei und die Klägerin in dem Antrag auf Gewährung eines Beitragszuschusses gemäß § 106 SGB VI vom 8.9.1993 angegeben habe, als kaufmännische Angestellte tätig zu sein. Diese Tatbestände seien nämlich nicht geeignet, die Entscheidung des Sozialgerichts zu stützen. Im Anwendungsbereich des § 48 Abs. 2 SGB X beginne die Frist des einen Jahres zu laufen, wenn der für die Korrektur-Entscheidung zuständigen Behörde alle Umstände bekannt seien, die materiell nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 – 4 SGB X eine rückwirkende Aufhebung zuließen. Als Behörde in diesem Sinne sei die nach der internen Geschäftsverteilung maßgebende Stelle anzusehen, die zur Korrekturentscheidung berufen sei. Im Bereich der Beklagten sei dies die Rentensachbearbeitung, nicht aber das "Büro Krankenversicherung der Rentner" (Hinweis auf Bundessozialgericht – BSG – vom 22.3.1995 – 10 RKg 10/89, Breithaupt 1995, 998, 995). Gefordert sei aber die positive Kenntnis des maßgeblichen Mitarbeiters innerhalb der Behörde nicht nur ein "kennen müssen" (Hinweis auf BSG vom 8.2.96 – 13 RJ 35/94 – SGB 1997, 177, 180). Die für den Rentenantrag als solchen und für die Aufhebungsentscheidung zuständigen Rentensachbearbeitung habe keine Kenntnis über den Eingang des Schreibens bzw. den Antrag auf Gewährung eines Beitragszuschusses erhalten. Die Rentensachbearbeitung habe erst mit Eingang des von der BfA am 14.2.2000 übersandten Kontospiegels Kenntnis von allen entscheidungserheblichen Tatbeständen erhalten, so dass auch erst am 17.2.2000 die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 SGB X begonnen habe. Innerhalb dieser Frist sei auch der Bescheid erteilt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 22.10.2001 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie habe keine Kenntnis von der innerbetrieblichen Organisation der Beklagten bekommen. Sie sei jedoch sicher, dass sie von Beginn an alle wichtigen Angaben gemacht habe. Sie habe daher auch davon ausgehen können, dass bei der Beklagten die entsprechende Bearbeitung erfolge. Die Beklagte habe die Handlungsfrist von einem Jahr nicht eingehalten. Unabhängig davon sei es in jedem Fall ermessensfehlerhaft, sie wegen der mangelhaften Bearbeitung im Hause der Beklagten rückwirkend mit der Zahlung zu belasten. Sie habe die Gelder für die Erziehung und den Unterhalt der Kinder sowie den eigenen Unterhalt ausgegeben und verfüge über keine Rücklagen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat die angefochtenen Bescheide zu Unrecht (teilweise) aufgehoben, denn diese sind auch insoweit rechtmäßig, als mit ihnen der Bescheid vom 10.3.1988 mit Wirkung vom 1.1.1989 teilweise aufgehoben und überzahlte Witwenrente in Höhe vom 111.502,73 DM zurückgefordert worden ist.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten, den Bescheid über die Bewilligung von Witwenrente rückwirkend teilweise zurückzunehmen und die sich danach als überzahlt erweisende Witwenrente zurückzufordern, ist § 48 SGB X. Diese Vorschrift, nicht etwa § 45 SGB X ist einschlägig, weil der Bescheid vom 10.3.1988 im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe und im ersten Jahr nach dem Tode des Versicherten rechtmäßig gewesen ist. Die Klägerin hatte zwar bei Erteilung des Bescheides vom 10.3.1988 Erwerbseinkommen erzielt, dieses war aber gemäß Art. 2 § 23 b des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) in der ab 1.1.1986 geltenden Fassung (BGBL. I S.1450) i.V.m. § 1281 der Reichsversicherungsordnung (RVO) noch nicht anzurechnen.
Gegenüber den Verhältnissen, die bei Erlass des Verwaltungs-aktes vom 10.3.1988 vorgelegen haben, war ab 1.1.1989 eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten, als das von der Klägerin ab diesem Zeitpunkt erzielte Einkommen für die ersten fünf Jahre nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des Art. 2 § 23 b ArVNG, anschließend gemäß § 1281 RVO zum teilweisen Ruhen der Witwenrente führte.
Weil die Witwenrente entgegen den genannten Vorschriften ungemindert weitergewährt worden ist, ist der Bescheid vom 10.3.1988 ab Januar 1989 rechtswidrig geworden, soweit die Ruhensvorschrift nicht zur Anwendung gekommen war. Er war daher gemäß § 48 Abs. 1 SGB X zurückzunehmen.
Die Beklagte war gemäß § 48 Abs.1 S.2 SGB X berechtigt und verpflichtet, den Bescheid vom 10.3.1988 mit Wirkung ab dem Eintritt der wesentlichen Änderung, dem 1.1.1989 (teilweise) zurückzunehmen und hat dies entgegen der Ansicht des Sozialgerichts auch innerhalb der dafür vorgeschriebenen Fristen getan.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der (infolge einer wesentlichen Änderung rechtswidrig gewordene) Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.
Hier sind die Voraussetzungen für die Aufhebung ab 1.1.1989 nach den Nr. 2, 3 und 4 des Abs. 1 S. 2 SGB X erfüllt.
Die Klägerin ist im Sinne der Nr. 2 grob fahrlässig nicht ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Mitteilungspflicht nachgekommen. Wegen des gemäß Art.2 § 23b ArVNG, § 1281 RVO in Betracht kommenden Ruhens der Witwenrente war die Klägerin gemäß § 60 SGB I verpflichtet, (u. a) die Erzielung von Erwerbseinkommen und Einkommensänderungen der Beklagten mitzuteilen. Hierüber war die Klägerin eingehend und zutreffend belehrt worden. Weil die Klägerin, angeblich dem nicht mehr belegbaren Rat des Versichertenältesten folgend, bei der Antragstellung bewusst wahrheitswidrig ihr soeben begründetes Beschäftigungsverhältnis verschwiegen hatte, waren die Anforderungen an die Mitteilungspflicht zudem erhöht, denn gerade hier war eine Korrektur ihrer ursprünglichen Angaben zwingend erforderlich. Ausweislich der Verwaltungsakten der Beklagten ist jedoch keine Mitteilung über eine Aufnahme oder Änderung der Erwerbstätigkeit und keine Einkommensbescheinigungen zu den Akten gelangt. Die Klägerin macht zwar geltend, sie habe im Jahre 1988 zweimal eine entsprechende formlose Mitteilung beim Versichertenältesten eingereicht bzw. von ihren Kindern einreichen lassen, das ist aber weder bewiesen noch beweisbar und hätte auch im Falle des Beweisbarkeit nicht ausgereicht.
Der Senat weist hierzu zunächst darauf hin, dass die Angaben der Klägerin und ihrer Tochter zur Abgabe der fraglichen Schreiben vom 24.2.1988 und 18.12.1988 nicht einheitlich sind. Abweichungen finden sich insbesondere hinsichtlich der Frage, ob die Schreiben von der Klägerin in Begleitung ihrer Tochter (so die Klägerin im Vorverfahren), von der Tochter in Begleitung des Sohnes (so die Klägerin im Erörterungstermin am 22.10.2001 und auch die Angabe der Tochter hinsichtlich des Schreibens vom 18.12.1988) oder von der Klägerin in Begleitung von Tochter und Sohn (so die Angabe der Tochter zum Schreiben vom 24.2.1988) beim Versichertenältesten abgegeben worden sein sollen.
Bereits weil, wie das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, die Kinder der Klägerin allenfalls Angaben dazu machen könnten, dass etwas abgegeben worden sei, aber nichts zum Inhalt der Schreiben selbst aussagen könnten, brauchte der Frage der Abgabe von Schriftstücken beim Versichertenältesten nicht weiter nachgegangen werden.
Selbst wenn die beiden fraglichen Schreiben mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt abgegeben worden wären, hätte die Klägerin im hier entscheidenden Zeitraum, in dem es auf das erzielte Einkommen ankam – also ab 1989 – ihre Mitteilungspflicht verletzt. Sie hat nämlich unstreitig keine der anschließenden Einkommensänderungen der Beklagten mitgeteilt.
Dabei handelte sie grob fahrlässig, denn sowohl die Belehrungen in der bei Antragstellung unterzeichneten Erklärung als die im Bescheid vom 10.3.1988 waren eindeutig und unmissverständlich.
Da die Klägerin in den Jahren ab 1989 Einkommen erzielt hat, das zum teilweisen Ruhen des Witwenrentenanspruchs geführt hätte, ist auch Nr. 3 erfüllt.
Ferner hat die Klägerin zur Überzeugung des Senats gewusst oder nicht gewusst, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt vom 10.3.1988 ergebende Anspruch Kraft Gesetzes (teilweise) zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen war (§ 48 Abs. 1 S.2 Nr.4 SGB X).
Verlangt wird insoweit eine Sorgfaltspflichtverletzung in einem besonders hohen Ausmaße, die dann zu bejahen ist, wenn schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn also nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste (BSGE 62, 103, 107 ; BSG SozR 4100 § 152 Nr 10). Dabei ist jedoch nicht ein objektiver Maßstab anzulegen, sondern auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten der Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falles abzustellen.
Aufgrund der im Tatbestand wiedergegebenen zutreffenden Belehrungen im Antragsvordruck und im Bescheid vom 10.3.1988 konnte es keinem Zweifel unterliegen, dass das Erzielen von Einkommen durch die Witwe für den Witwenrentenanspruch von Bedeutung war, denn ansonsten hätte die Beklagte nicht zweimal über die Mitteilungspflicht belehrt. Dies muss der Klägerin unter Berücksichtigung ihres u.a. durch die berufliche Position zum Ausdruck kommenden Bildungsgrades und des Eindrucks, den sie in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, auch bewusst gewesen sein. Sonst hätte sie auch – jedenfalls nach ihrem Vortrag- nicht 1988 zwei Mitteilungen zur Erwerbstätigkeit verfasst und abgegeben. Der Bescheid vom 10.3.1988 hatte zudem das Ruhen konkret angesprochen und seine Voraussetzungen genannt.
Wegen der Nichtanrechnung von Einkommen im Jahre 1988, die ja gesetzesgerecht gewesen war (s.o.), durfte die Klägerin nicht schon darauf vertrauen, dass entgegen den Hinweisen über die grundsätzlich bestehende Möglichkeit eines Ruhens in ihrem Falle bis zuletzt kein Teil der Rente ruhte oder allgemein, dass ihr Einkommen konkret nicht anrechenbar sei. Die Klägerin wusste nämlich, selbst wenn man die nicht bewiesene Abgabe der fraglichen Schreiben vom 24.2. und 18.12.1988 unterstellen wollte, dass sie jedenfalls seit 18.12.1988 und damit seit vielen Jahren, in denen ihr Einkommen ständig gestiegen war und sich im Laufe der Jahre nahezu verdoppelt hatte, entgegen den eindeutigen Belehrungen seitens der Beklagten keine Einkommensangaben gemacht hatte. Wenn die Klägerin nicht positiv gewusst haben sollte, dass wegen ihres Erwerbseinkommens die Witwenrente teilweise ruhte und deshalb die Rente in rechtswidriger Höhe geleistet wurde, hätte sie die Rechtswidrigkeit nur deshalb nicht erkannt, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Es lag nämlich selbst bei einfachsten Überlegungen nur zu nahe, dass die Nichtanwendung der Ruhensregelung nicht etwa auf zu hohen Grenzwerten, sondern auf dem Unterlassen der regelmäßigen Einkommensmitteilungen und entsprechender Unkenntnis der Beklagten von dem erzielten Einkommen beruhte.
Wenn die Klägerin geltend macht, sie habe davon ausgehen dürfen, dass der Beklagten ihr Einkommen bekannt gewesen sei, weil sie von Sachbearbeitern der Waisenrentenangelegenheit ihre Kinder am Arbeitsplatz abgerufen worden sei, erscheint dies abwegig. In der Waisenrentensache ging es jeweils um die Vorlage von Nachweisen für den Schulbesuch. Erwerbstätigkeit und Einkommen der Witwe sind dort ohne Bedeutung gewesen. Außerdem würde aus der bloßen Tatsache einer Erwerbstätigkeit nicht auf die Rechtswidrigkeit der Höhe der Witwenrente zu folgern sein. Keiner besonderen Betonung bedarf es, dass die Klägerin, als sie den Beitragszuschuss beantragte und ihr dieser bewilligt wurde, lediglich darauf vertrauen durfte, dass der Beitragszuschuss von der Beklagten geprüft worden ist, nicht aber dass eine Überprüfung des Witwenrenteanspruchs selbst stattgefunden hat. Unter diesen Umständen vermag der Senat kein schützenswertes Vertrauen zu erkennen. Die Klägerin hat vielmehr grob fahrlässig ihre Mitteilungspflichten verletzt und muss die auf der Verletzung der Mitteilungspflicht beruhende Rechtswidrigkeit der ungeminderten Rentengewährung entweder erkannt und bewusst in Kauf genommen oder die sich angesichts der Belehrungen einerseits und der Höhe ihres Einkommens andererseits nicht nur nahe liegende, sondern sich sogar aufdrängende Erkenntnis, dass die Rente wegen Nichtanwendung der Ruhensvorschrift nicht mehr in zutreffender also rechtswidriger Höhe gewährt wird, in grob fahrlässiger Weise verdrängt haben.
Die Beklagte hat bei der Entscheidung über die somit nach § 48 Abs. 2 S. 2 SGB X gerechtfertigte rückwirkende teilweise Aufhebung des Bescheides zu Recht keine Ermessenerwägungen angestellt, denn ein Ermessen war ihr nicht eröffnet.
Gemäß § 48 sind Verwaltungsakte in der Regel (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X: "soll") vom Zeitpunkt des Eintritts der Änderung der Verhältnisse – also auch für einen schon in der Vergangenheit liegenden Zeitraum – aufzuheben. Nur bei atypischer Fallgestaltung besteht für die Behörde oder den Versicherungsträger nicht die Pflicht zur rückwirkenden Aufhebung. Vielmehr hat die Verwaltung im Wege einer Ermessensentscheidung darüber zu befinden, ob der Verwaltungsakt rückwirkend aufzuheben ist oder nicht (vgl. z.B. BSGE 59,115; BSG SozR § 48 Nrn 21, 22, 24, 30 und 34; BSGE 60, 180, 185 ; 66, 103, 108 ). Macht sie nicht von dem ihr eingeräumten Ermessensspielraum Gebrauch, so ist der Verwaltungsakt fehlerhaft.
Ob ein atypischer Fall vorliegt, der eine solche Ermessensentscheidung gebietet, ist als Rechtsvoraussetzung im Rechtsstreit von den Gerichten zu entscheiden und hängt von den Umständen des Einzelfalles ab(vgl. BSGE 59, 111, 115; 66, 103, 108). Bei der Beurteilung der aufgeworfenen Frage sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 44). Diese müssen Merkmale aufweisen, die signifikant vom (typischen) Regelfall abweichen, in dem die Rechtswidrigkeit eines ursprünglich richtigen Verwaltungsakts durch nachträgliche Veränderungen in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten ist. Hierbei muss auch geprüft werden, ob die mit der Aufhebung verbundene Pflicht zur Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Leistungen (§ 50 Abs. 1 SGB X) nach Lage des Falles eine Härte bedeutet, die den Leistungsbezieher untypischerweise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nrn. 44 und 53 sowie BSGE 66, 103, 109). Außerdem ist das Verhalten des Leistungsträgers im Geschehensablauf in die Betrachtung einzubeziehen. Mitwirkendes Fehlverhalten auf seiner Seite, das als eine atypische Behandlung i.S. einer Abweichung von der grundsätzlich zu erwartenden ordnungs-gemäßen Sachbearbeitung zu werten ist, kann im Einzelfall die Atypik des verwirklichten Tatbestandes nach § 48 Abs. 1 SGB X ergeben (vgl. BSG Urt. Vom 29.6.1994 – 1 RK 45/93 ; BSG SozR 1300 § 48 Nrn 24 und 25).
Hier fehlt es an einer solchen Atypik. Der zu beurteilende Sachverhalt weist keine Merkmale auf, die im Hinblick auf die mit der Rückwirkung verbundenen Nachteile von den Normalfällen der Tatbestände des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 SGB X deutlich abweichen. Die Überzahlung einer Rente, deren Höhe von dem erzielten Erwerbseinkommen abhängig ist, ist typische Folge einer Verletzung der nach § 60 SGB I auferlegten Mitteilungspflicht durch den Betroffenen. Die mit jeder Rückforderung verbundene Härte reicht nicht aus, einen atypischen Fall anzunehmen.
Eine Atypik im Falle der Verletzung der Mitteilungspflicht ergibt sich auch nicht dadurch, dass die Beklagte die Erzielung von Einkommen in einer Höhe, die zum teilweisen Ruhen des Anspruchs führte, u. U. auch ohne die unterbliebene Mitteilung durch Kontrollen oder einen Datenabgleich mit der Krankenversicherung hätte erkennen können. § 48 SGB X beruht nämlich auf einer vom Gesetzgeber vorgenommenen Interessenabwägung, die in Verbindung mit § 60 SGB I den Leistungsempfänger zu aktivem Handeln verpflichtet; die Verwaltung wird nicht als eine überwachende Einrichtung verstanden (vgl. BSG vom 3.7.1990 – 9b RAr 9/90). Die Klägerin, die ihre Mitteilungspflicht grob fahrlässig verletzt hat, kann mithin nicht geltend machen, die Beklagte hätte sie besser kontrollieren müssen.
Eine Atypik ergibt sich auch nicht durch den Vortrag der Klägerin, sie habe 1988 zwei Einkommensmitteilungen beim Versichertenältesten abgegeben bzw. abgeben lassen. Denn erstens beruht die Überzahlung der Witwenrente auf der Unterlassung von Mitteilungen in den Jahren ab 1989 und zweitens ist der diesbezügliche Tatsachenvortrag nicht erweislich, wie oben und bereits von Sozialgericht dargelegt worden ist.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid die mithin nicht in ihrem Ermessen stehende rückwirkende teilweise Aufhebung des Bescheides vom 10.3.1988 innerhalb der dafür gesetzlich vorgeschriebenen Fristen vorgenommen.
Die Fristen für die Entscheidung nach § 48 SGB X ergeben sich aus dem Verweis in § 48 Abs.4 SGB X auf § 45 Abs. 3 S.3 und Abs. 4 S.2 Nr. 1.
Gemäß § 45 Abs. 3 S. 3 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden, wenn
1. die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.
Diese Frist des § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 3 S. 3 ist hier gewahrt. Es ist ein Fall des Abs. 2 Nr. 2 bzw. 3 gegeben. Ferner ist die Witwenrente eine laufende Geldleistung und sie war mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Aufhebung des Bescheides vom 10.3.1988 geleistet worden. Schließlich war die 10-Jahres-Frist am 15.4.1998 (d. i. der Zeitpunkt der Gesetzesänderung des § 45 Abs.3 S.3 SGB X) noch nicht abgelaufen, denn an die Stelle der Bekanntgabe (§ 45 SGB X) als Fristbeginn tritt im Falle des § 48 SGB X der Eintritt der wesentlichen Änderung (vgl. z. B. Gagel, SGb 1990, 255), hier also der 1.1.1989.
Entgegen der Ansicht des Sozialgericht hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 10.5.2000 auch die Handlungsfrist des § 48 Abs. 4 iVm § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X gewahrt.
Die Behörde muss gemäß § 48 Abs. 4 iVm § 45 Abs.4 S. 2 SGB X den Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen zurücknehmen (§ 45) bzw aufheben(§ 48), die die Rücknahme(Aufhebung) eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung entschieden und klargestellt, dass – weil nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X ein Verwaltungsakt nur in den Fällen des Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 2 des § 45 SGB X bzw nach § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann – der Behörde folglich auch diejenigen Tatsachen bekannt sein müssen, die § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X bzw § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr 4 SGB X für die Aufhebung voraussetzen (BSGE 60, 239, 240 f; BSGE 62, 103, 108; BSGE 65, 221, 228; BSGE 66, 204, 210; BSG SozR 3-1300 § 45 Nr 26; BSGE 77, 295, 299). Bei einer Rücknahmeentscheidung, die sich – wie hier – auf den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit bzw. die Kenntnis der Rechtswidrigkeit stützt, beginnt die Jahresfrist mithin dann zu laufen, wenn die Beklagte Kenntnis davon hatte, dass die Klägerin die (teilweise) Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Maßgeblich ist damit der Zeitpunkt, zu dem die Behörde aufgrund des ermittelten Sachverhalts Kenntnis von der Bösgläubigkeit der Klägerin hatte. Die Frage, wann die Behörde die Tatsachen, die eine abschließende Prüfung der Rücknahmevoraussetzung erlauben, kennt, ist weder ausschließlich anhand objektiver Kriterien noch allein aufgrund der subjektiven Einschätzung der Behörde zu beantworten(vgl. BSG SGb 2000,276). Die zeitliche Begren-zung der Rücknahmebefugnis für die Vergangenheit dient der Rechtssicherheit. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes ist die den Beginn der Jahresfrist bestimmende Kenntnis dann anzunehmen, wenn mangels vernünftiger, objektiv gerechtfertigter Zweifel eine hinreichend sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen besteht(vgl. BSG SGb 2000,276; BSGE 74, 20, 26 mwN; Hess. LSG, Nachrichtenblatt der LVA Hessen 2003,65 f.). Hierbei ist hinsichtlich der erforderlichen Gewissheit über Art und Umfang der entscheidungserheblichen Tatsachen in erster Linie auf den Standpunkt der Behörde – und zwar des für die Rücknahmeentscheidung zuständigen Sachbearbeiters – abzustellen, es sei denn, deren sichere Kenntnis liegt bei objektiver Betrachtung bereits zu einem früheren Zeitpunkt vor (BSGE 77, 295, 298 f; BSG SGb 2000,276; Hess. LSG aaO).
Abgesehen davon, dass vor der Anhörung der Klägerin die Tatsachen, aus denen sich Sicherheit über die Bösgläubigkeit der Klägerin und damit erst die Berechtigung zur (teilweisen) Aufhebung für die Vergangenheit ergibt, noch nicht bekannt waren und es bei objektiver Betrachtung auch noch nicht hätten sein können, konnte hier die Handlungsfrist jedenfalls nicht vor dem Zeitpunkt beginnen, zu dem die BfA der für die Aufhebung des Bescheides vom 10.3.1988 zuständigen Abteilung der Beklagten Mitteilung über das genaue Einkommen der Klägerin seit 1989 gemacht hatte. Denn mit der bloßen Kenntnis der Tatsache der Ausübung einer Erwerbstätigkeit war ein Verwaltungsakt, mit dem für die Vergangenheit die Ruhensvorschrift anzuwenden war, nicht schon möglich.
Dass es insoweit entgegen der Ansicht des Sozialgerichts, das sich für seine Meinung auf obergerichtliche Rechtsprechung nicht stützen konnte, nicht darauf ankommen kann, ob in der für die Rentenbewilligung nicht zuständigen Abteilung Krankenversicherung der Rentner eingegangene und für diese auch gedachte Schriftstücke Indizien enthielten, die bei einer Überprüfung unter dem Aspekt der Rentenhöhe Anlass für eine Kontrolle hätten geben können, ist nach dem Vorstehenden eindeutig. Wenn das Sozialgericht meint, es müsse zu Lasten der Beklagten gehen, wenn z.B. aufgrund der inneren Organisation Schriftstücke von der einen Abteilung nicht in die andere gelangten, verkennt es Wesentliches. Es übersieht nämlich, dass es sich hier nicht um Schriftstücke gehandelt hat, die – etwa wie nach dem Bescheid vom 10.3.1988 von der Klägerin verlangten aber von ihr schuldig gebliebenen Mitteilungen über Einkommensänderungen – an die Rentenabteilung gerichtet oder auch nur für diese bestimmt gewesen und fehlgeleitet bei der Krankenversicherung der Rentner verarbeitet worden wären, sondern um Schreiben, die die Abführung des Krankenversicherungsbeitrages bzw die Prüfung des Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag betrafen und in der richtigen Abteilung Beachtung gefunden haben.
Gemäß § 50 Abs.1 S. 2 SGB X sind die aufgrund des teilweise aufgehobenen Bescheides vom 10.3.1988 von der Beklagten erbrachten Leistungen in Höhe der zutreffend ermittelten Überzahlung in Höhe von 111.502,73 DM 1 SGB X von der Klägerin zu erstatten. Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei zur Rückzahlung nicht in der Lage, ist sie darauf hinzuweisen, dass der Beklagten ein Ermessen, ob sie den Erstattungsanspruch geltend macht, nicht gegeben ist. Der Erstattungsbetrag gehört zu den Einnahmen der Beklagten im Sinne des § 76 SGB IV. Nur im dort genannten Umfang wären Niederschlagung, Erlass und Stundung möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Erstellt am: 25.10.2007
Zuletzt verändert am: 25.10.2007