Auf Rev. d.Bekl. wird Urteil des LSG aufgehoben !!!
und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen!
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.08.2008 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird endgültig auf 91.191,07 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Rückerstattung i.H.v. 91.191,07 EUR nach § 112 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), welche der Kläger zunächst dem Beklagten nach § 108 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) als Sozialhilfeaufwendungen für die Hilfeempfängerin, Frau C, erstattet hatte.
Die Hilfeempfängerin wurde 1941 im Zuständigkeitsbereich des Klägers geboren. Nach langjährigem Aufenthalt in den USA reiste sie am 00.05.1987 wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Stadt E gewährte ihr als örtlicher Sozialhilfeträger seit dem 00.05.1987 Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Krankenhilfe nach dem BSHG. Der Beklagte trug als überörtlicher Sozialhilfeträger Hilfekosten für die geistig und seelisch behinderte Hilfeempfängerin im Zusammenhang mit Behandlungen in stationären Einrichtungen in den Zeiträumen 23. bis 27.05.1987, 02. und 03.12.1987, 12.09. bis 24.10.1988 sowie 25.12.1988 bis 06.01.1989, ferner fortlaufend ab dem 15.03.1989.
Für die seit dem 15.03.1989 entstandenen Kosten der Unterbringung der Hilfeempfängerin erkannte der Kläger auf Aufforderung des Beklagten mit Formularschreiben "Erstattung der Kosten gem. § 108 BSHG" vom 15.06.1989 seine "Verpflichtung zur Kostenerstattung nach § 108 BSHG" an. Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Schreiben Bezug genommen. In der Folge erstattete er dem Beklagten zuletzt im März 2003 48.780,95 EUR, im Dezember 2003 22.485,49 EUR und im Mai 2004 19.924,63 EUR, insgesamt in den Jahren 2003 und 2004 also 91.191,07 EUR. Die genannten Erstattungen beziehen sich auf Sozialhilfeleistungen, die der Beklagte in den Jahren 2002 und 2003 für die Hilfeempfängerin aufgewandt hatte.
Mit Schreiben vom 09.11.2006 machte der Kläger beim Beklagten einen Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X für die in den Jahren 2003 und 2004 ausgezahlten Erstattungsbeträge (91.191,07 EUR) geltend. Die Kostenerstattung an den Beklagten nach § 108 BSHG sei zu Unrecht erfolgt. Denn entgegen einer früheren Rechtsauffassung ende entsprechend einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.10.2005 – 5 C 23.04 ein solcher Erstattungsanspruch nicht erst dann, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Monaten Sozialhilfe – gleichviel, von welchem Sozialhilfeträger – nicht zu gewähren gewesen sei. Vielmehr genüge bereits ein Wechsel der sachlichen Zuständigkeit der Hilfeträger. Das Anerkenntnis vom 15.06.1989 werde deshalb aufgehoben, da die Voraussetzungen des § 108 BSHG nicht vorlägen; mit dem Trägerwechsel zum 02.12.1987 habe die Kostenerstattungspflicht des Klägers geendet.
Mit Schreiben vom 28.11.2006 lehnte der Beklagte eine Rückerstattung ab. Aus dem vom Kläger herangezogenen Urteil des BVerwG ergebe sich ein Rückerstattungsanspruch nur im Falle eines Ortswechsels des Hilfeempfängers, nicht jedoch im Falle eines Wechsels der sachlichen Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers.
Der Kläger hat am 15.12.2006 Klage erhoben. Die Erstattungszahlungen im Jahre 2003 und 2004 seien zu Unrecht erfolgt, so dass ein Erstattungsanspruch nach § 112 SGB X bestehe. Der eigentliche Normzweck des § 108 BSHG sei durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht geklärt, auch wenn die dort entschiedene Fallgestaltung eine andere gewesen sei. Die Vorschrift bezwecke nach dieser Entscheidung eine Verteilung entstehender Soziallasten bei Übertritt aus dem Ausland im Interesse desjenigen örtlichen Sozialhilfeträgers, in dessen Zuständigkeitsbereich Personen aus dem Ausland überträten und binnen Monatsfrist sozialhilfebedürftig würden. Den Schutz des örtlichen Sozialhilfeträgers, der aus dem Ausland übergetretenen Personen Sozialhilfe leisten müsse, entfalte § 108 BSHG nur mit Rücksicht darauf, dass der betreffende örtliche Träger infolge des Übertritts des Hilfebedürftigen unmittelbar aus dem Ausland zur Hilfeleistung zuständig geworden sei. Daraus folge, dass maßgebliches Kriterium für das Auslaufen eines einmal nach § 108 BSHG entstandenen Erstattungsanspruchs nicht ein vorangegangener Umzug sei, sondern das Fehlen der materiell-rechtlichen Vorgaben für die Begründung des Anspruchs (unmittelbarer Übertritt, Nichtvorhandensein eines gewöhnlichen Aufenthalts im In- und Ausland, Sozialhilfebedürftigkeit binnen Monatsfrist). Der Beklagte sei als überörtlicher Hilfeträger nicht infolge Übertritts der Hilfeempfängerin innerhalb der Monatsfrist zuständig geworden, sondern wegen eines Wechsels der Hilfeart; die damit eingetretene Zuständigkeit sei eine originäre. Für die deshalb nun in originärer Zuständigkeit erbrachten Leistungen hätten die Voraussetzungen des § 108 Abs. 1 Satz 1 BSHG nicht vorgelegen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihm 91.191,07 EUR nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zu erstatten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, der Kläger sei ihm nach § 108 BSHG in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung (a.F.) i.V.m. § 147 BSHG zur Erstattung verpflichtet gewesen; die Erstattung sei deshalb rechtmäßig erfolgt. Der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts habe keine Sachlage zugrunde gelegen, die mit der vorliegenden vergleichbar sei. Mit Blick auf den Schutzzweck des § 108 BSHG sei die Entscheidung allein für den Fall relevant, dass durch einen Umzug des Hilfebedürftigen sozialhilferechtlich eine neue örtliche Zuständigkeit begründet werde. Im Falle der Hilfeempfängerin habe es einen Wechsel in der örtlichen Zuständigkeit jedoch nicht gegeben; der Beklagte sei seit Einreise der örtlich zuständige überörtliche Träger. Der Umstand, dass der Hilfeempfängerin unterschiedliche Hilfen mit entsprechend unterschiedlichen sachlichen Zuständigkeiten von örtlichem bzw. überörtlichem Hilfeträger gewährt worden seien, stehe dem Erstattungsanspruch nicht entgegen; ein Wechsel allein der sachlichen Zuständigkeit beende den Erstattungsanspruch nach § 108 BSHG nicht.
Mit Urteil vom 26.08.2008 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, dem Kläger 91.191,07 EUR zurückzuerstatten; im Übrigen (hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruchs) hat es die Klage abgewiesen. Es hat den Beklagten zur Tragung der Kosten des Verfahrens verurteilt.
Der Kläger habe der Beklagten i.S.v. § 112 SGB X Leistungen an die Hilfeempfängerin für die Jahre 2003 und 2004 zu Unrecht erstattet; die Voraussetzungen für eine solche Erstattung nach § 108 Abs. 1 BSHG hätten nicht vorgelegen:
Nach Neufassung des § 108 BSHG zum 01.01.1994 habe die Erstattung schon deshalb nicht verlangt werden können, weil die Hilfeempfängerin im Geltungsbereich des BSHG geboren sei und deshalb eine echte Kostenerstattungspflicht nicht (mehr) bestanden habe (§ 108 Abs. 1 Satz 1 und 3 BSHG n.F.). Nach der bis zum 31.12.1993 geltenden Normfassung sei eine Kostenerstattung zwar auch bei Hilfeerbringung für im Geltungsbereich des BSHG geborene Personen vorgesehen gewesen. Eine Übergangsregelung, welche eine Weitergeltung der alten Gesetzesfassung für bestimmte Fälle angeordnet hätte, habe das BSHG jedoch nicht vorgesehen. Die Regelung des § 147 BSHG, in Kraft bereits seit dem 27.06.1993, habe zwar bestimmt, dass eine nach § 108 BSHG a.F. entstandene Erstattungspflicht bestehen bleibe. Daraus folge jedoch gerade nicht eine Erstattungspflicht auch für erst ab dem 01.01.1994 entstandene Aufwendungen. Dementsprechend spreche der Wortlaut der Norm von einer fortbestehenden Erstattungspflicht, "die nach der vor dem 1. Januar 1994 geltenden Fassung des § 108 entstanden" sei. Eine Pflicht zur Erstattung von Kosten, die seit dem 01.01.1994 aufgewandt worden seien, könne nach § 108 BSHG a.F. jedoch überhaupt noch nicht "entstanden" gewesen sein. § 147 BSHG habe offensichtlich an die allgemeine Übergangsbestimmung für die Kostenerstattung des § 144 Nr. 1 BSHG angeknüpft, welche lediglich ein rückwirkendes Entfallen nach früherem Recht bereits begründeter Erstattungsansprüche habe ausschließen sollen. Hätte mit § 147 BSHG anderes geregelt werden sollen, hätte es nahegelegen, etwa eine Fortgeltung nach den bisher maßgebenden Vorschriften vorzuschreiben.
Ohnehin sei die Erstattung an den Beklagten auch aus einem weiteren Grund zu Unrecht erfolgt. Denn ein Wechsel der Hilfeart und der damit verbundene sachliche Zuständigkeitswechsel nach Ablauf der Monatsfrist des § 108 Abs. 1 BSHG führe zu einem Fortfall des Kostenerstattungsanspruchs nach § 108 BSHG. Dies entspreche dem Sinn und Zweck der Norm; eine Verteilung entstehender Sozialhilfelasten bei Übertritt einer Person aus dem Ausland solle ausschließlich im Interesse desjenigen örtlichen Sozialhilfeträgers erfolgen, in dessen Zuständigkeitsbereich die Person gerade wegen dessen geographischer Lage an der Grenze des Geltungsbereichs des BSHG oder wegen dessen exponierter Verkehrslage übertrete und binnen Monatsfrist sozialhilfebedürftig werde. Der Schutz des örtlichen Sozialhilfeträgers nach § 108 BSHG solle nur deshalb eintreten, weil der Träger infolge des Übertritts unmittelbar zur Hilfeleistung zuständig geworden sei. Da § 108 BSHG angesichts der Engräumigkeit und der Verkehrsverhältnisse in Deutschland kaum noch sinnvoll erscheine, sei die Vorschrift eng auszulegen. § 108 Abs. 5 BSHG, wonach die Erstattungspflicht wegfalle, wenn dem Hilfeempfänger für einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Monaten Sozialhilfe nicht zu gewähren gewesen sei, beziehe sich deshalb allein auf den nach § 108 Abs. 1 BSHG anspruchsberechtigten Sozialhilfeträger, nämlich den, der binnen eines Monats nach dem Grenzübertritt Sozialhilfe zu gewähren habe. Es komme deshalb nicht darauf an, dass die Hilfeempfängerin seit ihrer Einreise durchgehend Sozialhilfe bezogen habe. Eine rechtserhebliche Unterbrechung der Hilfegewährung sei vielmehr sowohl bei einem Wechsel der örtlichen wie auch der sachlichen Zuständigkeit anzunehmen mit der Folge des Fortfalls der Erstattungspflicht, sofern die Unterbrechung mindestens drei Monate angedauert habe. Es sei dann das Entstehen eines neuen Sozialhilfefalles anzunehmen, auch wenn es um dieselbe Person gehe, die weiterhin der Sozialhilfe bedürfe. Zwar habe der Beklagte vom 23. bis 27.05.1987 und damit innerhalb eines Monats nach Übertritt der Hilfeempfängerin Kosten im Rahmen der Eingliederungshilfe getragen. Die für die Erstattungen in den Jahren 2003 und 2004 maßgeblichen Leistungsgewährungen lägen jedoch im Anschluss an eine rechtserhebliche mindestens dreimonatigen Zäsur i.S.v. § 108 Abs. 5 BSHG, da vom Beklagten erst wieder vom 02. bis 03.12.1987 und sodann fortlaufend ab dem 15.03.1989 Sozialhilfe zu leisten gewesen sei. Die Erstattung an den Beklagten sei deshalb zu Unrecht erfolgt.
Schließlich stehe auch das Anerkenntnis des Klägers mit Schreiben vom 15.06.1989 dessen Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X nicht entgegen. Für eine Annahme, dieses Anerkenntnis stelle eine konstitutive, d.h. ohne Rücksicht auf die Rechtslage nach § 108 BSHG die Rechte und Pflichten zwischen den Beteiligten bestimmende Rechtsgrundlage zur Begründung eines Erstattungsanspruchs dar, lasse sich weder dem SGB X noch dem BSHG etwas entnehmen. Doch selbst wenn man die Regelung über das abstrakte Schuldanerkenntnis in § 781 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für anwendbar halten wollte, wäre eine solches Schuldanerkenntnis ohne Rücksicht auf einen dahinter stehenden Rechtsgrund im vorliegenden Fall ersichtlich nicht gewollt gewesen. Denn der Kläger habe in seiner vorgenannten Anerkenntniserklärung ausdrücklich auf § 108 BSHG Bezug genommen; damit werde bei verständiger Auslegung deutlich, dass er nur deklaratorisch eine Leistungsverpflichtung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 108 BSHG habe eingehen wollen. Anders als ein konstitutives erzeuge ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis jedoch keinen neuen, selbständigen Anspruch. Ein Verstoß des Klägers gegen den Grundsatz von Treu und Glauben sei von vornherein nicht feststellbar. Allein der Umstand, dass er zunächst irrtümlich – aus dem Blickwinkel eines früher vorherrschenden rechtlichen Verständnisses von § 108 BSHG – einen Erstattungsanspruch des Beklagten bejaht und befriedigt habe, nunmehr aber wegen nachfolgender Erkenntnis der rechtlichen Fehlerhaftigkeit des früheren Standpunktes die Rückerstattung verlange, sei nicht rechtsmissbräuchlich bzw. treuwidrig. Denn § 112 SGB X setze gerade voraus, dass ein Leistungsträger irrtümlich eine Erstattungspflicht angenommen habe, und dass sich deshalb erst nachträglich die Unrechtmäßigkeit der Erstattung herausgestellt habe. Der Rückerstattungsanspruch nach § 112 SGB X bestehe vielmehr unabhängig davon, ob der rechtswidrige Zustand von den beteiligten Leistungsträgern schuldhaft herbeigeführt worden sei; er ziele insoweit ohne eine Gewährung von Vertrauensschutz darauf ab, entsprechend dem Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung eine zu Unrecht erfolgte Vermögensverschiebung wieder rückgängig zu machen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Sozialgerichts Bezug genommen.
Gegen das ihm am 07.01.2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 02.02.2009 Berufung eingelegt. Eine zunächst auch vom Kläger hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruches eingelegte Berufung hat dieser im Laufe des Berufungsverfahrens wieder zurückgenommen.
Der Beklagte trägt vor, würde man die Übergangsregelung des § 147 BSHG so verstehen wie das Sozialgericht, stellte sich die Frage, warum sich auch heute noch in § 115 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) eine entsprechende Übergangsregelung finde; diese wäre heute überflüssig, würde sie für Sozialhilfeaufwendungen, die nach dem 31.12.1993 entstanden sind, nicht gelten. Es komme vielmehr nur darauf an, dass der Erstattungsanspruch nach § 108 BSHG dem Grunde nach entstanden sei. Im Übrigen führe ein Wechsel in der sachlichen Zuständigkeit nicht zu einem Fortfall der Erstattungspflicht nach § 108 BSHG; der Beklagte sei jedoch seit Übertritt der Klägerin stets örtlich zuständiger überörtlicher Sozialhilfeträger gewesen; ein Umzug im Sinne der vom Kläger angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts habe nicht stattgefunden. Folge man demgegenüber der Ansicht des Sozialgerichts, könne es wegen unterschiedlicher landesrechtlicher Zuständigkeitsregeln (§ 97 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII)) bei gleichen Sachverhalten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.08.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Maßgebend für die Beendigung eines einmal bestandenen Erstattungsanspruchs nach § 108 Abs. 1 BSHG a.F. sei nicht nur ein Umzug verbunden mit einem örtlichen Zuständigkeitswechsel, sondern auch das Fehlen bzw. Entfallen anderer tatbestandlicher Voraussetzungen. Der Beklagte sei für die späteren Leistungsgewährungen anlässlich stationärer Aufenthalte der Hilfeempfängerin nicht zuständig geworden, weil die Hilfeempfängerin aus den USA eingereist sei, sondern weil die inzwischen in E sesshafte Hilfeempfängerin durch einen Wechsel der Hilfeart in seine sachliche Zuständigkeit geraten sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
A. Die Klage ist zulässig.
Für die Klage ist nach § 114 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 6a Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Die Klage ist als reine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) zulässig (vgl. Roos, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, vor § 102 Rn. 25).
B. Zu Recht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben.
I. Der vom Kläger geltend gemachte Rückerstattungsanspruch über 91.191,07 EUR ergibt sich aus § 112 SGB X. Nach dieser Vorschrift sind, soweit eine Erstattung (zwischen Sozialleistungsträgern) zu Unrecht erfolgt ist, die gezahlten Beträge zurückzuerstatten.
Als Rechtsgrundlage der Erstattungszahlungen in den Jahren 2003 und 2004 für die der Hilfeempfängerin in den Jahren 2002 und 2003 gewährten Sozialhilfebeträge kommt einzig die die Kostenerstattung bei Übertritt des Hilfeempfängers aus dem Ausland regelnde Erstattungsvorschrift des § 108 des seinerzeit geltenden BSHG in Betracht.
1. Die seit dem 01.01.1994 geltende Normfassung bestimmte allerdings in § 108 Abs. 1 Satz 3 BSHG (wie heute Abs. 1 Satz 3 der Nachfolgeregelung des § 108 SGB XII), dass die grundsätzliche Erstattungsvorschrift des Satzes 1 der Vorschrift von vornherein nicht für Personen gilt, die im Geltungsbereich des BSHG geboren sind.
2. Diese Einschränkung des § 108 Abs. 1 Satz 3 BSHG enthielt allerdings die bis zum 31.12.1993 geltende Normfassung des § 108 BSHG noch nicht, so dass es bei der Erstattungsregelung des § 108 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. verblieb. Danach sind die aufgewendeten Kosten von dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Hilfesuchende geboren ist, zu erstatten, wenn jemand, der weder im Ausland noch im Geltungsbereich des BSHG einen gewöhnlichen Aufenthalt hat, aus dem Ausland in den Geltungsbereich dieses Gesetzes übertritt und er innerhalb eines Monats nach seinem Übertritt der Sozialhilfe bedarf. Nach Abs. 5 der Vorschrift fällt die Verpflichtung zur Erstattung der für einen Hilfeempfänger aufgewendeten Kosten weg, wenn ihm inzwischen für einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Monaten Sozialhilfe nicht zu gewähren war.
Da die Hilfeempfängerin bereits 1987 aus den USA wieder nach Deutschland gezogen ist, ist der Beklagte der Ansicht, die seit 1994 geltende Einschränkung der Erstattungspflicht nach § 108 Abs. 1 Satz 3 BSHG n.F. gelte aufgrund der Übergangsvorschrift des § 147 BSHG im Falle der Hilfeempfängerin nicht; vielmehr ergebe sich der Erstattungsanspruch des Beklagten für Hilfeleistungen an die Hilfeempfängerin aus § 108 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F.
Nach Auffassung des Senats fallen jedoch, anders als der Beklagte meint, die der Hilfeempfängerin in den Jahren 2002 und 2003 gewährten Hilfeleistungen nicht unter die Übergangsvorschrift des § 147 BSHG:
Nach § 147 BSHG bleibt die Pflicht eines Trägers der Sozialhilfe zur Kostenerstattung, die nach der vor dem 01.01.1994 geltenden Fassung des § 108 entstanden oder von der Schiedsstelle bestimmt worden ist, bestehen.
Existiert im vorliegenden Fall keine Entscheidung der Schiedsstelle, kommt es deshalb darauf an, ob die Erstattungspflicht für die vom Streit betroffenen Sozialhilfeaufwendung des Beklagten aus den Jahren 2002 und 2003 (erstattet 2003 und 2004) i.S.d. § 147 BSHG nach der vor dem 01.01.1994 geltenden Fassung des § 108 "entstanden ist".
Zwar erscheint denkbar, ein Fortbestehen der Kostenerstattungspflicht nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. über § 147 BSHG bereits dann anzunehmen, wenn die Erstattungspflicht "dem Grunde nach" bis zum 31. Dezember 1993 entstanden ist und ein Sozialhilfebedarf der Hilfeempfängerin ohne rechtserhebliche Unterbrechung fortbesteht (so wohl VG Köln, Urteil vom 25.09.2003 – 26 K 10525/00). § 108 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. würde dann auch für Hilfeleistungen fortgelten, für die – wie im Falle der Hilfeempfängerin – zwar bereits vor dem 01.01.1994 schon eine Kostenerstattung nach § 108 BSHG stattgefunden hat, bei denen die Hilfeleistung für den konkreten Erstattungszeitraum jedoch erst nach dem 31.12.1993 erfolgte.
Nach Ansicht des Senats verkennt eine solche Lesart des § 147 BSHG jedoch den eigentlichen Wortsinn der Vorschrift. "Entstanden" ist eine Kostenerstattungspflicht nicht bereits dann, wenn laufende Hilfe zwar aufgenommen wurde, die pro rata temporis betroffene Einzelhilfeleistung jedoch bis zum gesetzlichen Stichtag (31.12.1993) noch gar nicht erbracht worden war (siehe zum Folgenden SG Mainz, Urteile vom 17.08.2009 – S 14 SO 96/08 und 97/08 (insoweit anhängig die Revisionsverfahren B 8 SO 23/09 R und 24/09 R); zuvor ebenso schon BayOVG, Urteil vom 08.07.2004 – 12 B 00.1392 = FEVS 56, 158 ff.):
Ansprüche nach §§ 102 ff. SGB X entstehen – mit Ausnahme desjenigen nach § 103 SGB X – erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Zuwendungen (vgl. Kater, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: 64. Ergänzungslieferung Januar 2010, § 111 SGB X Rn. 31 ff.), also nur dann, wenn vom erstattungsberechtigten Sozialleistungsträger Kosten für einen Hilfeempfänger aufgewendet werden. Dass insoweit für spezialgesetzliche Erstattungsansprüche wie den Anspruch aus § 108 BSHG anderes gelten solle, ist nicht ersichtlich. Für die Anwendbarkeit von § 147 BSHG bedeutet dies, dass vor dem 01.01.1994 "entstandene" Kostenerstattungspflichten allein Sozialhilfeaufwendungen betreffen können, welche bis zum 31.12.1993 tatsächlich angefallen sind; Aufwendungen, die erst nach diesem Stichtag angefallen sind, sind hingegen i.S. der Norm noch nicht entstanden und können dementsprechend keine Kostenerstattungspflicht auslösen (so auch Bräutigam, in: Fichtner, Bundessozialhilfegesetz, 2. Aufl. 2004, § 147 Rn. 3).
Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nichts anderes. Anders als § 147 BSHG selbst, dessen Wortlaut auf die "Entstehung" der Kostenerstattungspflicht abstellt, formuliert die Begründung zu § 147 BSHG zwar das Fortbestehen der nach geltendem Recht "eingetretenen" Kostenerstattungspflichten mit dem Zweck, einen sonst durch Neubearbeitung der Fälle erforderlichen Verwaltungsaufwand auszuschließen (BT-Drs. 12/4401, S. 89). Insgesamt sollte die Kostenerstattung nach den §§ 103 ff. BSHG vereinfacht und damit Verwaltungskosten reduziert werden; ferner sollte eine Angleichung an das SGB X erreicht werden (BT-Drs. 12/4401, S. 84). Hieraus ergibt sich allerdings nicht, dass in Fällen, in denen vor dem 31.12.1993 die materiellen Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach § 108 BSHG erstmals erfüllt waren, die Erstattungspflicht auch für erst seit dem 01.01.1994 angefallene Aufwendungen fortbestehen sollte. Vielmehr knüpfte der Gesetzgeber mit § 147 BSHG offensichtlich an die allgemeine Übergangsbestimmung für die Kostenerstattung des § 144 Nr. 1 BSHG an. Diese Bestimmung verhinderte, dass bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BSHG am 01.06.1962 bestehende Kostenerstattungsmöglichkeiten wegen des Rechtswechsels nicht mehr hätten durchgesetzt werden können; nach dem vor Inkrafttreten des BSHG geltenden Recht bereits begründete Kostenerstattungsansprüche sollten nicht rückwirkend entfallen, sondern auch nach dem 01.06.1962 weiterhin geltend gemacht werden können, auch wenn sich ab dem 01.06.1962 die Kostenerstattung zwischen Sozialhilfeträgern nur noch nach dem Neunten Abschnitt des BSHG (§§ 103 ff.) regelte.
Die Übergangsregelung des § 147 BSHG wird bei dieser Lesart auch nicht etwa überflüssig. Das Gesetz schreibt mit dem Entstehen letztlich der Sozialhilfeaufwendungen selbst bis zum 31.12.1993 vielmehr eine trennscharfe zeitliche Zäsur vor, welche den Rückgriff auf allgemeine Grundsätze des intertemporalen Verwaltungsrechts, die bei Fehlen einer besonderen Übergangsvorschrift heranzuziehen wären, zu Gunsten größerer Rechtsklarheit vermeidet.
Diese Lesart der Übergangsvorschrift des § 147 BSHG korreliert mit Sinn und Zweck des § 108 BSHG n.F. Denn sollte mit der Neufassung ab dem 01.01.1994 die Kostenerstattung vereinfacht werden, so wird dies unterstützt, wenn ab dem 01.01.1994 keine Differenzierung mehr danach erfolgt, wann die Hilfeleistungen und Kostenerstattungen erstmals einsetzten. Würde statt dessen ein Erstattungssachverhalt bei auch ab dem 01.01.1994 weiterhin gewährter Sozialhilfe womöglich noch langfristig fortgeschrieben, käme es zu einer unterschiedlichen Handhabung bei Erstattungsfragen im Vergleich zu Neufällen, obwohl die pro rata temporis in Frage stehenden Sozialhilfeaufwendungen jeweils erst nach dem 31.12.1993 angefallen sind. Dies würde gerade keine Verwaltungsvereinfachung bewirken, sondern die Bearbeitung aktuell (weiter) laufender Sozialhilfefälle verkomplizieren.
Wenn im Übrigen das Gesetz etwa in § 147a BSHG i.d.F. ab 16.12.1986 ausdrücklich formulierte, in den näher bezeichneten Fällen seien die Leistungen "nach den bisher maßgebenden Vorschriften weiterzugewähren", so zeigt dies die Verwendung durchaus unterschiedlicher Formulierungen durch den Gesetzgeber. Dies spricht dafür, das unterschiedliche Rechtsfolgen gerade beabsichtigt waren.
Schließlich führt auch die inhaltsgleiche Übertragung des § 147 BSHG in § 115 SGB XII zu keinem anderen Ergebnis. Aus den Gesetzgebungsmaterialien (zu § 110 E-SGB XII) lässt sich allein entnehmen, dass eine inhaltsgleiche Übertragung des § 147 BSHG gewollt war (BT-Drs. 15/1514, S. 69; der Gesetzesentwurf der Bundesregierung – BT-Drs. 15/1636, S. 7 – verweist insoweit auf die BT-Drs. 15/1514). Aus welchen Gründen diese Übertragung überhaupt als notwendig angesehen wurde, wird nicht dargelegt. Aus dem bloßen Umstand der Übernahme des § 147 BSHG in § 115 SGB XII kann jedoch für die Auslegung des § 147 BSHG selbst nichts gewonnen werden; es handelte sich um eine bei Schaffung des SGB XII bereits seit langem existierende Norm, deren für die Anwendung auf vor dem Rechtswechsel zum SGB XII (01.01.2005) liegende Sachverhalte maßgebender gesetzgeberischer Zweck allein aus den Umständen seiner eigenen Gesetzesgeschichte, nicht aber aus der Gesetzesgeschichte des SGB XII geschlossen werden kann. Im Übrigen scheinen auch nach dem Wechsel zum SGB XII am 01.01.2005 noch Rechtsfälle durchaus denkbar, in denen etwa der Umfang der Erstattungspflicht für Sozialhilfeaufwendungen vor dem 01.01.1994 oder andere tatsächliche oder rechtliche Fragen noch weiterer Klärung bedürfen und bei denen der Erstattungsvorgang deshalb trotz lange zurückliegender Zeiten der Sozialhilfeleistung noch nicht abgeschlossen ist.
Ist deshalb über § 147 BSHG die Vorschrift des § 108 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. für eine Erstattung von Sozialhhilfeaufwendungen zu Gunsten der Hilfeempfängerin in den Jahren 2002 und 2003 nicht als Anspruchsgrundlage heranziehbar, und sind andere Anspruchsgrundlagen von vornherein nicht ersichtlich, so sind die gleichwohl in den Jahren 2003 und 2004 hierfür vom Kläger erfolgten Erstattungen zu Unrecht erfolgt. Damit aber besteht der vom Kläger geltend gemachte Erstattungsanspruch nach § 112 SGB X.
II. Ist die Berufung des Beklagten schon aus diesem Grund unbegründet, so kommt es auf die zwischen den Beteiligten weiter streitige Frage der Auslegung von § 108 BSHG von vornherein nicht an.
Angemerkt sei insoweit allerdings, dass sich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.10.2005 – 5 C 23/04, auf dass der Kläger seine Ansicht von der Rechtswidrigkeit der erfolgten Erstattungszahlungen stützt, nicht auf einen vergleichbaren Sachverhalt beziehen dürfte. Vielmehr ging es dort einzig um das Wegfallen der Zuständigkeit des örtlichen Sozialhilfeträgers wegen Wegzugs des Hilfeempfängers. Im Anschluss daran wurde eben dieser örtliche Träger nach erneutem Zuzug des Hilfeempfängers abermals zuständig, diesmal jedoch ohne Einfluss des vormaligen Übertritts, sondern nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bedurfte der örtliche Träger allein nach dem unmittelbaren Übertritt, nicht aber erneut nach einem abermaligen Zuzug aus einem Ort in Deutschland des Schutzes des § 108 BSHG. Denn dieser Schutz nimmt gerade auf die Zuständigkeitsbegründung infolge des Übertritts aus dem Ausland Rücksicht. Sobald die mit dem Übertritt begründete Zuständigkeit infolge Wegzugs der Hilfebedürftigen geendet hatte, bedurfte hingegen der für den Einreiseort zuständige örtliche Sozialhilfeträger eines solchen Schutzes nicht mehr. Nach späterer Rückkehr eines Hilfeempfängers aus einem anderen, deutschen Wohnort an den Einreiseort liegt vielmehr kein Sachverhalt mehr vor, an den § 108 BSHG nach seiner Schutzfunktion anknüpft. Auf diese Schutzfunktion kann sich deshalb der erneut leistungszuständige örtliche Sozialhilfeträger nicht weiterhin zur Abwehr einer Kostenlast berufen, die ihm in seiner Eigenschaft als örtlicher Sozialhilfeträger am Einreiseort und für die Dauer dieser Eigenschaft zu Lasten des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe genommen war.
Ob – wie es der Kläger sieht – ein solcher Fall der Rückkehr des Hilfeempfängers in den Bezirk des ehedem zuständigen und zugleich ehedem nach § 108 BSHG erstattungsberechtigten Trägers gleichzusetzen ist mit dem (vorliegenden) Fall eines nicht örtlichen, sondern allein sachlichen Zuständigkeitswechsels zwischen dem örtlichen und dem (als solcher ebenfalls örtlich zuständigen) überörtlichen Sozialhilfeträger, erscheint jedoch durchaus fraglich. Die anderslautende Ansicht (VG Köln, Urteil vom 25.09.2003 – 26 K 10525/00) führt hiergegen – jedenfalls im Ansatz plausibel – aus, eine gem. § 147 BSHG fortbestehende Erstattungspflicht gelte auch für eine vom überörtlichen Träger für zeitweise stationäre Aufenthalte erbrachte Sozialhilfe, die neben der vom örtlichen Träger gezahlten Hilfe zum Lebensunterhalt zeitweise geleistet wurde. Der Wortlaut des § 108 BSHG a.F. (" bedarf er der Sozialhilfe, so sind die aufgewendeten Kosten von dem überörtlichen Träger zu erstatten") schränke die Erstattungspflicht weder hinsichtlich der Hilfeart noch hinsichtlich des Kreises der erstattungsberechtigten Träger ein. Die Erstattung umfasse daher jede Hilfe nach dem BSHG ungeachtet ihrer Art (offene, teilstationäre oder stationäre Hilfe) oder ihres Rechtscharakters (Kann-, Soll- oder Mussleistung). Erstattungsberechtigt könne demzufolge sowohl der örtliche als auch der überörtliche Träger sein, je nachdem, ob die Sozialhilfeleistung entsprechend dem dem Einzelfall angepassten Bedarf der jeweiligen allgemeinen sachlichen Zuständigkeit entsprechend entweder vom örtlichen oder aber vom überörtlichen Träger zu gewähren sei. Ein Wechsel der Hilfeart und damit verbunden des sachlich zuständigen Hilfeträgers nach Ablauf der Monatsfrist des § 108 Abs 1 BSHG a.F. führe nicht zum Fortfall des Kostenerstattungsanspruchs. Vielmehr regele § 108 Abs. 5 BSHG abschließend, unter welchen Voraussetzungen die einmal begründete Erstattungspflicht entfalle.
Im vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war die Zuständigkeit des örtlichen Trägers tatsächlich entfallen, und der Wiederzuzug in den Bereich des örtlichen Trägers stellte sozialhilferechtlich einen neu einsetzenden Leistungsfall dar, für den sich der Übertritt aus dem Ausland nicht mehr maßgebend auswirken konnte. In einem Fall wie dem vorliegenden bleibt hingegen jedenfalls der (örtlich zuständige) überörtliche Träger seit dem Übertritt unverändert örtlich zuständig. Dass allein ein Wechsel der sachlichen Zuständigkeit zwischen örtlichem und überörtlichem Träger einen Wegfall der Sozialhilfegewährung i.S.d. § 108 Abs. 5 BSHG a.F. begründen sollte, geht jedenfalls aus dem Gesetz nicht ohne Weiteres hervor; immerhin wird in einem solchen Fall Sozialhilfe ununterbrochen gewährt, wenn auch zeitweise durch den örtlichen und zeitweise durch den überörtlichen Träger, ohne dass die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich entfallen wäre.
Dass unterschiedliche landesrechtliche Regelungen über die Verteilung der sachlichen Zuständigkeit zwischen örtlichen und überörtlichen Trägern zu je nach Bundesland unterschiedlichen Ergebnissen auch zur Frage der Erstattungspflicht führen müssen, ist jedenfalls für sich genommen kein Grund, die Erstattungspflicht nach § 108 BSHG im Sinne des Klägers auch bei einem Wechsel allein der sachlichen Zuständigkeit entfallen zu lassen. Denn diesen unterschiedlichen Ergebnissen entsprechen bereits unterschiedliche anfängliche Leistungspflichten je nach Gestaltung der (bundesrechtlich ermöglichten) landesrechtlichen Zuständigkeitsregeln; die Möglichkeit solcher landesrechtlich bedingter Unterschiede in der Leistungspflicht ist ggf. gesetzlich gewollt.
Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass diese Lesart des § 108 BSHG a.F. zu einem Auseinanderfallen der Rechtsfolgen des § 108 Abs. 1 Satz 1 BSHG bei örtlichem und überörtlichem Träger führen kann. Denn es wäre durchaus möglich, dass der Hilfeempfänger durch einen Wegzug in einen anderen Ort die Erstattungspflicht zugunsten des örtlichen Trägers erlöschen lässt und damit gleichsam das Normprogramm des § 108 BSHG für den betroffenen Einzelfall zunächst beendet, dann jedoch der überörtliche Träger nach wie vor erstattungsberechtigt bliebe, sofern dieser neue Wohnort nur wie der vorherige Wohnort weiterhin in seinem örtlichen Zuständigkeitsbereich liegt. Wechselt in einem solchen Fall die Hilfeart erst nach dem Umzug an den neuen Wohnort und wird durch diesen Wechsel der Hilfeart der überörtliche Träger erstmals zuständig, so entstünde trotz vorheriger Beendigung des Normprogramms abermals eine Erstattungssituation nach § 108 BSHG.
Letztlich muss (vgl. schon oben eingangs zu II.) der Senat jedoch nicht entscheiden, ob diese Möglichkeit auch dazu führt, den Fall eines sachlichen Zuständigkeitswechsels (entgegen VG Köln, a.a.O.) einem Wegfall der Sozialhilfegewährung i.S.v. § 108 Abs. 5 BSHG gleichzustellen; denn die Berufung des Klägers ist jedenfalls aus den zu I. genannten Gründen schon wegen fehlender Anwendbarkeit des § 108 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. unbegründet.
III. Die Erstattung von 91.191,07 EUR an den Beklagten ist schließlich auch nicht etwa allein deshalb rechtmäßig erfolgt, weil der Kläger auf Aufforderung des Beklagten mit Formularschreiben vom 15.06.1989 seine Verpflichtung zur Kostenerstattung nach § 108 BSHG "anerkannt" hat.
Denn aus diesem ausdrücklichen "Anerkennen" folgte keine rechtliche Verpflichtung des Klägers zur Erstattung der für die Hilfeempfängerin geleisteten Sozialhilfe (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 23.04.2007 – L 20 SO 39/06).
Insbesondere kommt eine (zumindest) analoge Anwendung des § 54 SGB X mit seiner Regelung des öffentlich-rechtlichen Vertrages in Form des Vergleichsvertrages wegen Ungewissheit über die Rechtslage (hier: über Bestehen oder Nichtbestehen eines Erstattungsanspruchs) nicht in Betracht. Denn jedenfalls die Qualifizierung eines aufforderungsgemäßen "Anerkenntnisses" als Vergleichsvertrag ist gesetzlich nicht gewollt: Die Möglichkeit des Vergleichsvertrages besteht nur für Verträge i.S.v. § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X und damit für sog. subordinationsrechtliche Verträge bei Verwaltungsaktsbefugnis der Behörde. Zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens besteht jedoch kein Subordinationsverhältnis: Kläger und Beklagter stehen vielmehr in ihrer Eigenschaft als überörtliche Sozialhilfeträger gleichgeordnet nebeneinander. Zwischen gleichgeordneten Rechtsträgern besteht jedoch auch für den Fall untereinander geltend gemachter Erstattungsansprüche kein Über- und Unterordnungsverhältnis (Roos, a.a.O., Rn. 25 unter Hinweis auf BSG SozR 1300 § 102 Nr. 1 und SozR 3-2600 § 93 Nr. 12 m.w.N.); der erstattungsberechtigte Träger meldet vielmehr seinen Anspruch an, kann den anderen Träger aber nicht anweisen, ihn zu befriedigen.
Beschränkt aber § 54 SGB X den Vergleichsvertrag auf subordinationsrechtliche Verträge, kann das "Anerkenntnis" des Klägers auch nicht etwa als (allgemeinerer) öffentlich-rechtlicher Vertrag i.S.d. § 53 SGB X angesehen werden. Denn § 54 SGB X ist für den Fall einer rechtlichen Ungewissheit die speziellere Regelung.
Auch aus § 61 Satz 2 SGB X (entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB) ergibt sich zugunsten des Beklagten von vornherein keine mögliche Anspruchsgrundlage für die (dennoch) stattgefundene Erstattung. Denn die Vorschrift ordnet die entsprechende Geltung von Vorschriften des BGB bei öffentlich-rechtlichen Verträgen i.S.d. §§ 53 bis 60 SGB X an. Fragen eines Schuldanerkenntnisses, wie sie im BGB (§ 781) eine Regelung erfahren haben, stellen sich deshalb im Rahmen des § 61 Satz 2 SGB X nicht.
Das "Anerkenntnis" des Klägers geht vielmehr wegen Nichtbestehens eines Erstattungsanspruchs des Beklagten ins Leere. Dafür, das Anerkenntnis als eine konstitutive (ohne Rücksicht auf die Rechtslage nach § 107 BSHG die Rechte und Pflichten zwischen den Beteiligten bestimmende) Rechtsgrundlage zur Begründung der Erstattungsforderung des Beklagten anzusehen, fehlt eine Grundlage im SGB X oder im BSHG. Gleichgeordnete Verwaltungsträger sind vielmehr untereinander auf die einvernehmliche Bewertung des Anspruchsbestehens angewiesen oder auf eine Klage, die sich nur materiell-rechtlich (hier: ggf. aus § 108 BSHG) begründen lässt, nicht aber allein durch eine den Anspruch bejahende Erklärung des materiell-rechtlich doch nicht verpflichteten Sozialleistungsträgers (zur vergleichbaren Kostengarantie bei der Übernahme von Unterkunftskosten siehe auch OVG-NRW, Urteil vom 17.10.2000, 22 A 5519/98, WuM 2001, 119).
Doch auch wenn man – etwa i.S. eines auch im öffentlichen Recht geltenden allgemeinen Rechtsgedankens – die Regelung über das (abstrakte) Schuldanerkenntnis in § 781 BGB auf öffentlich-rechtliche Leistungsbeziehungen zwischen Sozialleistungsträgern für entsprechend anwendbar halten wollte (vgl. hierzu – für die Zeit vor Inkrafttreten des SGB X – etwa BSG vom 06.02.1973 – 10 RV 189/72; vgl. auch für Rechtsverhältnisse zwischen einem Leistungsträger [Krankenkasse] und einem Krankenhaus LSG NS, Urteil vom 21.02.2001 – L 4 KR 116/99 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 17.05.2000 – B 3 KR 33/99 R), wäre ein solches Schuldanerkenntnis ohne Rücksicht auf einen dahinter stehenden Rechtsgrund im vorliegenden Fall ersichtlich nicht gewollt gewesen. Denn der Kläger hat in seiner "Anerkenntnis"-Erklärung ausdrücklich auf § 108 BSHG Bezug genommen; damit war deutlich, dass er (deklaratorisch) eine Leistungsverpflichtung allein im Rahmen des § 108 BSHG eingehen wollte, welche er nach genauerer rechtlicher Prüfung jedoch gerade nicht mehr als bestehend ansieht. Ein nur deklaratorisches Schuldanerkenntnis erzeugt jedoch keinen neuen, selbständigen Anspruch (vgl. Stadler, in: Jauernig, BGB, 13. Auflage, 2009, § 781 Rn. 18; vgl. auch Sprau, in: Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 781 Rn. 3).
Im Übrigen wäre ein Rechtspflichten erzeugendes Anerkenntnis spätestens mit der Rechtsänderung in § 108 Abs. 1 Satz 3 BSHG ab dem 01.01.1994 erledigt gewesen (Wegfall der rechtlichen Grundlage wegen Wegfalls der gesetzlichen Erstattungspflicht).
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Streitwert wurde nach § 63 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz festgesetzt.
V. Der Senat lässt die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu.
Erstellt am: 14.06.2012
Zuletzt verändert am: 14.06.2012