Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der Kläger ist Mitglied der freiwilligen Feuerwehr N. Während einer Übung der Löschgruppe X am 11.04.2003 zog der Kläger sich einen Achillessehnenriss zu, als er zum Feuerwehrfahrzeug eilte, um einen Saugkorb und Halteleinen zu holen.
Professor Dr. H stellte in seinem Durchgangsarztbericht vom 24.04.2003 die Diagnose: "Achillessehnenruptur rechts" und führte weiterhin aus, dass es sich um keinen Unfall im Sinne des Gesetzes handele. Dort hatte der Kläger angegeben, dass die rechte Achillessehne beim schnellen Laufen während einer Übung bei der freiwilligen Feuerwehr gerissen sei. Auf Nachfrage gab der Kläger an, dass er nicht einfach aus dem Stand losgelaufen sei, sondern dass er erst eine 180-Grad-Drehung vollzogen habe, wodurch sein gesamtes Gewicht auf seinem "verdrehten" Bein zu liegen gekommen sei. In einer Stellungnahme vertrat der Beratungsarzt Dr. N die Auffassung, dass keine der geschilderten Unfallereignisse geeignet sei, eine traumatische Achillessehnenruptur zu verursachen.
Mit Bescheid vom 20.05.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigung für das Ereignis vom 11.04.2003 mit der Begründung ab, dass kein Unfall im Sinne des Gesetzes vorliege. Das Umdrehen mit Gewichtsverlagerung bzw. das Laufen erfülle nicht die Voraussetzungen für ein äußeres Ereignis. Ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit allein genüge nicht.
Dagegen legte der Kläger am 03.06.2003 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass er Ausrüstungsgegenstände abgelegt habe, eine 180-Grad-Drehung vollzogen habe und noch in der Drehung beschleunigt habe. Dabei sei das rechte Bein und das rechte Sprunggelenk stark belastet worden. Infolge dieser Belastung habe er sich einen Achillessehnenriss rechts im Sprunggelenk zugezogen. Im Übrigen führt er aus, dass seine Erstangaben gegenüber den Ärzten im Krankenhaus nicht im Widerspruch zu den späteren Angaben stünden. Er habe während des Telefonats nur seine Angaben konkretisiert. Außerdem habe er nie irgendwelche Bänder- oder Sehnenverletzungen erlitten, so dass davon auszugehen sei, dass die Achillessehne nicht vorgeschädigt gewesen sei. Die Verletzung sei eingetreten durch die übermäßige Belastung des rechten Sprunggelenkes. Damit liege sehr wohl ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis vor. Die Entscheidung sei im Übrigen unverständlich, weil bei einem Kollegen, der einen Bänderriss erlitten habe, anders entschieden worden sei.
Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 08.12.2003 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beklagte führte ergänzend aus, dass zwar grundsätzlich auch körpereigene Bewegungen als äußere Ereignisse bewertet werden könnten. Dies treffe jedoch nur unter der Maßgabe zu, dass die erlittenen Verletzungen durch eine unkontrollierte und unkoordinierte Körperbewegung hervorgerufen worden seien. Dies sei hier nicht der Fall, da ein Richtungswechsel zum Antritt eines Laufes die Koordination der Muskeln bzw. des Körpers erfordere.
Dagegen hat der Kläger am 18.12.2003 Klage erhoben und ergänzend ausgeführt, dass er vor dem Ereignis vom 11.04.2003 nie Achillessehnenprobleme oder anderweitige Bänder- oder Sehnenverletzungen gehabt habe.
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 20.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen eines Arbeitsunfalls vom 11.04.2003 Entschädigungsleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie beruft sich auf den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides und fügt ergänzend hinzu, dass nach der herrschenden Lehrmeinung eine entsprechende Unfallmechanik maßgeblich für die Beurteilung der Ursächlichkeit des Unfallereignisses sei. Nach dem normalen Bauplan der Achillessehne sei die Zugfestigkeit der Sehne größer als die vom zugehörigen Muskel aufzubringende Kraft. Daher sei die Grundlage eines Traumas die plötzliche Verlängerung der Muskel-Sehnen-Einheit bei gleichzeitiger Kontraktion des Muskels. Maßgeblich seien dabei insofern überraschende Einwirkungen und Geschwindigkeiten oberhalb einer gewissen Grenze, die dem Körper die notwendige Reaktionszeit nehmen, um Muskulaturen und Gliedmaßen auf einwirkende Kräfte einzustellen. Dadurch würden funktionelle Eigensteuerungssysteme zwischen Muskel und Sehne unterlaufen. Ein entsprechender Hergang liege hier nicht vor. Im Übrigen sei ein Bänderriss nicht mit einem Sehnenriss zu vergleichen.
Das Gericht hat Beweis erhoben und ein medizinisches Sachverständigengutachten von Professor Dr. U eingeholt. Er hat unter dem 23.08.2004 ausgeführt, dass der Sehnenriss nicht wesentlich auf das Ereignis vom 11.04.2003 zurückzuführen sei. Vielmehr sei der Hergang nicht geeignet gewesen, eine traumatische Achillessehnenruptur wesentlich herbeizuführen. Das Ereignis sei lediglich als Gelegenheitsursache anzusehen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass nicht die spezifischen Bedingungen und Anforderungen des Feuerwehrdienstes berücksichtigt worden seien. Es habe sich bei ihm nicht um eine willkürliche Muskelanspannung gehandelt, sondern um eine unwillkürliche. Entsprechend sei auch ein Arbeitsunfall anzunehmen.
Der Kläger hat noch ein Gutachten eingereicht, das im Auftrag der "xxx" am 13.09.2004 von Dr. F erstattet worden ist. Er hat den Achillessehnenriss als unfallbedingt angesehen und mit 1/10 Beinwert bemessen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, das oben genannte ärztliche Sachverständigengutachten und die Sitzungsniederschrift vom 30.11.2004 verwiesen. Die Akten der Beklagten haben dem Gericht vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 20.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2003 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Denn der Bescheid ist nicht rechtswidrig. Zu Recht hat die Beklagte es abgelehnt, dem Kläger wegen der Folgen des Achillessehnenrisses Entschädigungsleistungen zu gewähren. Denn es handelt sich nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung.
Arbeitsunfall ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 genannten Tätigkeiten erleidet (§ 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches – SGB VII -). Dabei sind die in den §§ 2, 3 oder 6 genannten Personengruppen nicht umfassend gegen Unfälle geschützt, sondern nur gegen solche, die im inneren Zusammenhang mit bestimmten versicherten Tä-tigkeiten stehen. Bei der Feststellung des inneren Zusammenhangs zwischen dem zum Unfall führenden Verhalten und der versicherten Tätigkeit geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Hierzu ist eine wesentliche sachliche Verbindung der Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit bzw. dem vom Gesetzgeber umschriebenen Schutzbereich erforderlich. Es ist wertend zu entscheiden, ob das zum Unfall führende Verhalten des Betroffenen der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (vgl. hierzu statt aller Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Februar 2002, § 8 Anm. 4 ff.).
Diese Anspruchsvoraussetzungen sind nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht erfüllt. Die Kammer stützt sich insoweit auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Professor Dr. U. Der Sachverständige, der dem Gericht aus zahlreichen Parallelverfahren als besonders versierter Sachverständiger auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung bekannt ist, hat die erhobenen Befunde und gestellten Diagnosen schlüssig dargelegt und die darauf beruhende Beurteilung überzeugend begründet. Das Gutachten ist in sich widerspruchsfrei und gewinnt dadurch an Überzeugungskraft, dass es im Ergebnis mit den Ausführungen von Dr. N in seiner für die Beklagte abgegebenen Stellungnahme vom 13.05.2003 sowie mit der Auffassung von Professor Dr. H übereinstimmt. Die Kammer hatte daher keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen zu zweifeln. Dafür sind folgende Erwägungen maßgebend:
Die Anerkennung und Entschädigung von Unfallfolgen in der gesetzlichen Unfallversicherung setzt neben dem Vorliegen eines geeigneten Unfallherganges und dem Nachweis des geltend gemachten Körperschadens voraus, dass letzterer wesentlich ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Nach der insoweit geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung sind nämlich von den Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne als Ursache oder Mitursache unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nur diejenigen Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. LSG NW, Urteil vom 14.01.2002, L 17 U 126/01 m.w.N.). Bestand im Unfallzeitpunkt eine Krankheitsanlage des geschädigten Körperteils, so muss abgegrenzt werden, ob der Schaden auch ohne das Unfallereignis zu etwa derselben Zeit durch andere alltäglich vorkommende Ereignisse hätte verursacht werden können oder ob der Krankheitsanlage eine solche überragende Bedeutung nicht beigemessen werden kann und daher dem Unfallgeschehen ein wesentlicher Ursachenbeitrag zuzuerkennen ist (BSGE 62, 220, 222; BSG Breithaupt 1968, 823 f.; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung § 8 SGB VII Rd.Nr. 9.6.4; Brackmann/Krasney, Handbuch der Sozialversicherung – Gesetzliche Unfallversicherung – 12. Auflage § 8 SGB VII Rd.Nr. 378). Dabei reicht es für die Annahme einer wesentlichen (Mit-)Ursache nicht aus, dass das Unfallereignis stärker war als andere alltägliche Ereignisse (BSG a.a.O., Brackmann/Krasney a.a.O.).
Es ist hier nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht, dass die beim Kläger vorliegenden Folgen des Achillessehnenrisses ursächlich auf das Ereignis vom 11.04.2003 zurückzuführen sind. Ein solcher Wahrscheinlichkeitsnachweis ist nämlich erst dann gegeben, wenn nach geltender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernsthafte Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (BSGE 32, 303, 309; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG Breithaupt 1963, 60, 61). Die für den Zusammenhang sprechenden Umstände müssen danach die gegenteiligen deutlich überwiegen; nicht ausreichend ist es, wenn die Schlussfolgerung lediglich möglich ist (BSG, Urteil vom 14.05.1968 = MESO B 320/11).
Danach hat der Kläger sich einen Achillessehnenriss zugezogen. Es sprechen jedoch maßgebliche Gründe dagegen, dass der Achillessehnenriss mit Wahrscheinlichkeit wesentlich auf das am 11.04.2003 stattgefundene Ereignis zurückzuführen ist. Als Unfallereignis kommt eine plötzliche willkürliche Maximalbeanspruchung, eine plötzliche unwillkürliche Maximalbeanspruchung, eine direkte umschriebene äußere Gewalteinwirkung oder eine geweblich-lokale und allgemeine Erkrankung des Muskelsystems in Betracht. Bei dem Kläger ist eine umschriebene äußere Gewalteinwirkung auf die Achillessehne auszuschließen. Einen dahingehenden Vortrag vom Kläger gibt es nicht. Auch liegt keine plötzliche unwillkürliche Maximalbeanspruchung der Achillessehne vor. Eine solche wäre beispielsweise ein plötzliches Abrutschen von einer Treppenstufe oder beispielsweise beim Laufen das Treten in eine nicht erkannte Vertiefung. Ein derartiger Hergang ist beim Kläger ebenfalls nicht gegeben. Vielmehr hat der Kläger bei Professor Dr. H angegeben, beim schnellen Laufen einen Riss der rechten Achillessehne erlitten zu haben. Dies stellt allenfalls ein willkürliches Verhalten dar. Später hat der Kläger auch noch angegeben, er habe eine 180-Grad-Drehung vollzogen, wodurch sein gesamtes Gewicht auf sein verdrehtes Bein zu liegen gekommen sei. Dann sei er losgerannt. Auch dies entspricht einem willkürlichen Vorgehen. In keiner Weise wird ausgedrückt, dass er eine nicht gewollte unvorhergesehene körperliche Bewegung gemacht hätte. Bei einer plötzlichen willkürlichen Maximalbeanspruchung ist das Muskel-Sehnensystem normalerweise jedoch so aufgebaut, dass der Muskel die Reißfähigkeit der Sehne nicht übertrifft. Ein Ausnahmefall, wie beispielsweise bei einem Hochleistungssportler bei einer hypertrophierten Muskulatur, liegt bei dem Kläger nicht vor. Wenn nun gleichwohl bei einer willkürlichen Beanspruchung die Sehne reißt, so ist die Zugfestigkeit der Sehne zwangsläufig unter das Kraftbildungsvermögen des Muskels gesunken. In diesen Fällen ist nicht die äußerliche willkürliche Muskelanspannung wesentliche Ursache für den Riss der Sehne. Es kann als Ursache für eine solche Herabsetzung der Zugfestigkeit der Sehne nur eine degenerative Veränderung verantwortlich gemacht werden. Dies ist die wesentliche Ursache für den Achillessehnenriss. Damit ist jedoch nicht mehr das Ereignis wesentlich ursächlich für den eingetretenen Schaden, sondern die vorbestehende Schadensanlage. Insgesamt kann daher wegen des mangelnden inhaltlichen Zusammenhangs und insbesondere wegen des hohen Ausmaßes der Schadensanlage die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs nicht gesichert werden.
Zu einem anderen Ergebnis vermochte die Kammer auch nicht aufgrund des überreichten fachorthopädischen Gutachtens von Dr. F gelangen. Er hat sein Gutachten unter dem 30.09.2004 für die xxx Versicherungen erstattet. Damit handelt es sich um ein Gutachten, das im Rahmen einer zivilrechtlichen Angelegenheit erstellt worden ist. Abgesehen davon, dass der Sachverständige keine Ausführungen zum Zusammenhang gemacht hat, werden im Rahmen von zivilrechtlichen Streitigkeiten andere Beweisgrundsätze zugrunde gelegt, die für ein Verfahren in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht maßgebend sind.
Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 14.09.2006
Zuletzt verändert am: 14.09.2006