Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 21.11.2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld wegen Zahlung einer Abfindung in der Zeit vom 01.04.1999 bis zum 31.08.1999 ruhte.
Der am 26.10.1939 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.10.1961 bis 31.03.1999 bei den …-Versicherungen, Außenstelle D. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde unter dem 18.08.1998 zum 31.03.1999 aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt der Kläger eine Abfindung von insgesamt 319.350,00 DM – brutto (steuerpflichtige in Höhe von 283.350,00 DM). Nach Angaben des Arbeitgebers bestand eine Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Ende des Vierteljahres. Weiter hatte der Arbeitgeber zunächst angegeben, dass die ordentliche Kündigung nur bei Zahlung einer Abfindung zulässig sei. Mit weiterer Arbeitsbescheinigung teilte er mit, die ordentliche Kündigung sei nicht ausgeschlossen gewesen.
Für das Arbeitsverhältnis des Klägers galt der Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe (MTV) und das Rationalisierungsschutzabkommen der Versicherungswirtschaft: § 15 Ziff.2 MTV:
"Bei einer Beschäftigungszeit von mindestens 5 Jahren in demselben Unternehmen … kann der Arbeitgeber nur wie folgt kündigen:
… bei einer Beschäftigungszeit von mindestens 20 Jahren mit einer Frist von 7 Monaten zum Vierteljahresschluss …"
§ 15 Ziff.3 MTV:
"Angestellten, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und dem Unternehmen mindestens 10 Jahre angehören, sowie Angestellten, die dem Unternehmen 25 Jahre angehören, kann nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn
…
b) eine Weiterbeschäftigung der/des Angestellten an ihrem/seinem bisherigen Arbeitsplatz infolge einer Rationalisierungsmaßnahme im Sinne von § 2 des Rationalisierungsschutzabkommens oder aus sonstigen Gründen nicht möglich ist und die Kündigung nicht durch eine Maßnahme entsprechend dem Rationalisierungsschutz abkommen vermieden werden kann … "
§ 2 Rationalisierungsschutzabkommen:
" Rationalisierungsmaßnahmen im Sinne dieser Vereinbarung sind vom Arbeitgeber veranlasste betriebsorganisatorische oder technische Maßnahmen mit dem Ziel der Erhaltung oder Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens, soweit diese eine Änderung oder den Wegfall von Arbeitsplätzen zur Folge haben und damit unmittelbar zu Umgruppierungen; Versetzungen oder Kündigungen führen können … "
§ 11 Rationalisierungsschutzabkommen:
"Ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber unvermeidbar, gilt § 15 MTV …"
§ 12 Rationalisierungsschutzabkommen:
"1. Endet das Arbeitsverhältnis, hat der Arbeitnehmer, wenn er länger als 5 Jahre dem Unternehmen angehört, Anspruch auf eine Abfindung …"
§ 15 Rationalisierungsschutzabkommen:
" 1. Ansprüche auf Leistungen gem. §§ 6, 7 und 12 bestehen nur soweit nicht auf anderer Rechtsgrundlage Leistungen zu den gleichen Zwecken gewährt werden. Dazu gehören auch gesetzliche oder durch Vergleich vereinbarte Abfindungsansprüche gegen den Arbeitgeber (z.B. §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz, 112 BetrVG …"
Im Interessenausgleich zwischen dem Arbeitgeber und dem Gesamtbetriebsrat vom 05.06.1998 wurde vereinbart, dass personelle Maßnahmen unter Beachtung des Rationalisierungsschutzabkommens der Versicherungswirtschaft zu verwirklichen sind.
Unter dem 27.08.1998 schlossen Arbeitgeber und der Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan, der u.a. den ausscheidenden Mitarbeitern einen Anspruch auf eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes entsprechend §§ 9, 10 KSchG in Verbindung mit § 3 Ziffer 9 EStG gewährte.
Der Kläger meldete sich am 11.03.1999 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 21.06.1999 stellte die Beklagte fest, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis einschließlich 31.08.1999 ruhe. Sie verwies darauf, dass die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nur bei Zahlung einer Abfindung möglich gewesen wäre und die sodann geltende Kündigungsfrist von 12 Monaten nicht eingehalten worden sei.
Zur Begründung seines Widerspruchs vom 12.07.1999 verwies der Kläger darauf, Interessenausgleich und Sozialplan bedeuteten keinerlei rechtliche Regelung dahingehend, dass die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber nur bei Zahlung einer Abfindung möglich gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.1999 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Mit Bescheid vom 01.09.1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 01.09.1999.
Gegen den Bescheid vom 21.06.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.1999 hat der Kläger am 09.09.1999 Klage erhoben, die er u.a. damit begründete, dass ein Ruhen nicht eingetreten sei, weil die maßgebliche Kündigungsfrist eingehalten worden sei. Er sei tarifgebunden gewesen, so dass insoweit die Bestimmung des § 15 Abs. 3 Satz 2 Buchstabe b MTV gelte. Danach könne auch einem Angestellten, der das 55. Lebensjahr vollendet und dem Unternehmen mindestens zehn Jahre angehört hat, die ordentliche Kündigung ausgesprochen werden, wenn eine Weiterbeschäftigung an seinem bisherigen Arbeitsplatz in Folge einer Rationalisierungsmaßnahme im Sinne von § 2 des Rationalisierungsschutzabkommens oder aus sonstigen betrieblichen Gründen nicht möglich sei und die Kündigung nicht durch eine Maßnahme entsprechend dem Rationalisierungsschutzabkommen vermieden werden könne. Im Übrigen sei es nicht zutreffend, dass die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur bei Zahlung einer Abfindung möglich gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 21.06.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.08.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab dem 01.04.1999 zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Manteltarifvertrages für das Versicherungsgewerbe habe der tarifgebundene Kläger nicht mehr ordentlich gekündigt werden können. Offensichtlich sei auch die Arbeitgeberin des Klägers selbst zunächst hiervon ausgegangen, als sie die erste Arbeitsbescheinigung vom 26.3.1999 ausstellte und dort angeben habe, dass der Kläger nur bei Zahlung einer Abfindung ordentlich kündbar gewesen sei. Zwar habe der Arbeitgeber eine in diesem Punkt korrigierte Arbeitsbescheinigung übersandt, er habe jedoch den Widerspruch zur ersten Bescheinigung nicht erklären können.
Mit Urteil vom 21.11.2000 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe zu Recht das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld bis 31.08.1999 festgestellt und die Leistung mit Bescheid vom 01.09.1999 erst ab dem 01.09.1999 bewilligt. Das Arbeitsverhältnis habe nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden können. Denn gemäß § 12 Abs. l des Rationalisierungsschutzabkommens habe der Kläger nach mehr als fünfjähriger Unternehmenszugehörigkeit im Falle von Rationalisierungsmaßnahmen im Sinne des genannten Abkommens Anspruch auf eine Abfindung.
Zur Begründung seiner Berufung vom 28.02.2001 verweist der Kläger darauf, dass die Kündigung an sich unkündbarer Arbeitnehmer nicht nur bei Zahlung einer Abfindung zulässig gewesen sei. Nach dem Rationalisierungsschutzabkommen habe er gem. § 15 Ziff. 1 keinen Anspruch auf eine Abfindung gehabt. Die Zahlung der Abfindung resultiere allein aus dem Sozialplan. Das Rationalisierungsschutzabkommen finde überhaupt keine Anwendung. Es fehle daher an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisse und der Zahlung einer Abfindung. Es müsse eine Verbindung zwischen der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung und der Zahlung der Abfindung bestehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 21.11.2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.06.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.08.1999 zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 01.04.1999 zu bewilligen.
Die Beklage beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, für die Anwendbarkeit des § 143a SGB III komme es allein darauf an, dass eine Abfindung im Falle einer Kündigung zu zahlen sei, nicht darauf, auf welcher rechtlichen Grundlage diese beruhe. Im übrigen nehme der Sozialplan unter Punkt 4 auf das Rationalisierungsschutzabkommen Bezug, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, das Rationalisierungsschutzabkommen finde keine Anwendung.
Der weiteren Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakten und der Leistungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 21.06.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.08.1999 ist rechtmäßig. Zutreffend hat die Beklagte festgestellt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld vom 01.04.1999 bis zum 31.08.1999 ruhte.
Das Ruhen des Arbeitslosengeldsanspruchs beurteilt sich nach § 143a SGB III in der Fassung des am 01.04.1999 in Kraft getretenen Entlassungsentschädigungs-Änderungsgesetzes (EEÄndG – BGBl. I, 396), denn der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist erst mit der zum 01.04.1999 eingetretenen Arbeitslosigkeit entstanden. Für den Kläger galt daher eine (fingierte) Kündigungsfrist von einem Jahr, weil er nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden konnte (§ 143a Abs.1 Satz 4 SGB III).
Nach § 15 Ziff.3 Satz 1 MTV konnte dem Kläger, der das 55. Lebensjahr vollendet hatte und dem Unternehmen mehr als 10 Jahre angehörte, grundsätzlich nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung wird aller dings durch § 15 Ziff.3 Satz 2 MTV unter den Voraussetzungen des Rationalisierungsschutzabkommens mit der Folge (wieder)eröffnet, dass nach § 12 Rationalisierungsschutzabkommen eine Abfindung zu zahlen ist, soweit der Arbeitnehmer – wie der Kläger – länger als 5 Jahre dem Unternehmen angehörte. Zwar führen diesen Reglungen dazu, dass die ordentliche Kündigung nur begrenzt ausgeschlossen ist, schließen jedoch nach Auffassung des Senats nicht aus, dass die sodann zu zahlende Abfindung von § 143 a Abs. 1 Satz 4 SGB III erfasst wird. Denn es steht zu vermuten, dass die auf der Grundlage der §§ 12, 15 Rationalisierungsschutzabkommen zu zahlende Abfindung nicht ausschließlich als Ausgleich für den Verlust eines sozialen Besitzstandes gezahlt wird, sondern auch künftige, nunmehr untergehende Arbeitsentgeltansprüche ausgleichen soll (vgl. insoweit zur Anwendbarkeit des wortgleichen § 117 Abs. 2 Satz 4 AFG: BSG Urteil vom 29.01.2001, B 7 AL 62/99 R unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte). Entscheidend ist darauf abzustellen, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf das Alter und die lange Dauer der Betriebszugehörigkeit keine realisierbare alternative Möglichkeit der ordentlichen Kündigung des Klägers auch ohne Abfindung hatte. Sodann erscheint das zeitweilige Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gerechtfertigt, weil dadurch insgesamt der Praxis entgegengewirkt werden sollte, ältere, an sich unkündbare Arbeitnehmer gegen Zahlung von Abfindungen freizusetzen und damit u.a. die Arbeitslosenversicherung zu belasten (vgl. BSG a.a.O; Begründung des Entlassungsentschädigungs-Änderungsgesetzes (EEÄndG), BT-Drucks. 14/394 S. 6). Jedenfalls erfasst die Regelung des § 143a Abs. 1 SGB III solche tarifvertraglichen Bestimmungen, in denen die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung erst durch die Zubilligung der Entlassungsentschädigung eröffnet wird (Gagel, Sozialgesetzbuch III – Arbeitsförderung, § 143a SGB III, Rdn. 61).
Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die tatsächlich gezahlte Abfindung auf dem zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat geschlossenen Soziaplan beruht.
Zunächst bleibt festzustellen, dass die aufgrund eines Sozialplan gezahlte Abfindung nicht gänzlich aus dem Anwendungsbereich des § 143a SGB III ausgenommen ist (vgl. im Einzelnen unter Hinweis auf die Systematik, den Zweck und die Entstehungsgeschichte des insoweit wortgleichen § 117 Abs. 2 AFG: BSG Urteil vom 29.01.2001, B 7 AL 62/99 R). Gründe, Abfindungen, die auf einem Sozialplan beruhen, grundsätzlich anders zu behandeln als sonstige Abfindungen, sind nicht erkennbar (BSG Urteil vom 11.01.1990, 7 RAr 130/88, SozSich 1990, 325). Der Senat hatte nicht zu entscheiden, ob davon abweichend Kündigungen an sich (ordentlich) unkündbarer Arbeitnehmer dann nicht dem Anwendungsbereich des § 143a SGB III unter fallen, wenn eine tarifvertragliche Regelung die ordentliche Kündigung für den Fall des Abschlusses eines Sozialplanes wieder eröffnet (so Gagel, NSZ 2000, 327 ff). Denn die Kündigung des Klägers war auch ohne Sozialplan, allein nach den Voraussetzungen des Tarifvertrages und des Rationalisierungsschutzabkommens möglich.
Die an den Kläger auf der Grundlage des Sozialplans gezahlte Abfindung ist vielmehr lediglich das Surrogat des ansonsten nach dem Rationalisierungsschutzabkommens bestehenden tartifvertrag lichen Anspruchs auf eine Abfindung (§ 15, § 12 Rationalisierungsschutzabkommen). Ohne die durch das Rationalisierungsschutzabkommen eröffnete Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigten, käme die Abfindungsregelung des Sozialplans für den Kläger erst gar nicht zum Tragen. Insoweit besteht – entgegen der Ansicht des Klägers – eine "Verbindung" zwischen der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung und der Zahlung der Abfindung. Hätte der Kläger keinen Anspruch auf eine Abfindung aus dem Sozialplan gehabt, so hätte ihm wegen der ordentlichen Kündigung in jedem Fall eine Abfindung aus dem Rationalisierungsschutzabkommen zugestanden.
Entscheidend für das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist letztlich, dass der Kläger allein "wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses" eine Abfindung erhalten hat (BSG Urteil vom 21.09.1995, 11 RAr 41/95, SozR 3-4100 § 117 Nr. 12).
Dem zeitweiligen Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs steht ferner nicht entgegen, dass der Kläger sich grundsätzlich nicht mit Erfolg gegen die ordentliche Kündigung hätte wehren können. Der Arbeitgeber konnte unter den Voraussetzungen der §§ 15 Ziff. 3 MTV, 11 Rationalisierungsschutzabkommen und 12 Ziff. 2 MTV mit einer Frist von 7 Monaten zum Vierteljahresschluss – bei der am 18.08.1998 ausgesprochenen Kündigung also zum 31.03.1999 – ordentlich kündigen. Die fingierte Kündigungsfrist von einem Jahr gilt jedoch auch dann, wenn die nach dem Arbeitsrecht geltende Frist kürzer ist. Der Gesetzgeber hat durch § 143a Abs.1 hinsichtlich der (fingierten) Kündigungsfristen eine Abstufung vorgenommen zwischen ordentlich nicht mehr kündbaren, eingeschränkt – gegen Zahlung einer Abfindung – ordentlich kündbaren und uneingeschränkt ordentlich kündbaren Arbeitnehmern. Die Kündigungsfrist des § 143 Abs. 1 Satz 4 SGB III von einem Jahr berücksichtigt dabei, dass der Kündigungsschutz dieser Arbeitnehmer geringer ist als bei Arbeitnehmern, denen in keinem Fall ordentlich gekündigt werden kann, jedoch stärker als bei Arbeitnehmern, denen auch ohne Zahlung einer Abfindung ordentlich gekündigt werden kann (vgl. in soweit die Gesetzesbegründung zur Einführung des wortgleichen § 117 Abs.2 Satz 4 AFG, BT-Drucks 9/846, S. 44 zu Nr. 35 Buchstabe b, Doppelbuchstabe bb). Die unterstellten Kündigungsfristen sind damit zugleich Ausdruck der gesetzgeberischen Entscheidung darüber, unter welchen Voraussetzungen – im Falle der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses von unkündbaren bzw. eingeschränkt kündbaren Arbeitnehmern – eine Belastung der Arbeitslosenversicherung als vertretbar angesehen werden kann. Diese Absicht und Entscheidung des Gesetzgebers könnte durch entsprechend kürzere, tarif- bzw. arbeitsvertragvertraglich vereinbarte Kündigungsfristen unterlaufen werden. Allein der Umstand, dass der Kläger sich in Ansehung der bestehenden – kürzen – tarifvertraglichen Kündigungsfristen nicht erfolgreich gegen die ordentlich Kündigung wehren kann, vermag daher die Anwendung des § 143a Abs. 1 Satz 4 SGB III nicht auszuschließen (vgl. Henke in Hennig SGB III § 143a Rdn.15).
Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise gerechtfertige, fristgebundene außerordentliche Kündigung, mit der Folge, dass nach § 143a Abs. 1 Satz 3 Ziff.2 SGB III als arbeitsförderungsrechtlich fingerte Kündigungsfrist nur die ordentliche Kündigungsfrist – im Falle des Klägers sieben Monate – gelten würde (vgl. BSG Urteil vom 29.01.2001 B 7 AL 62/99 R), liegen nicht vor. Die Rechtsprechung (u.a. BAG Urteil vom 28.03.1985, 2 AZR 113/84, BAGE 48, 220) hat die außerordentliche Kündigung als gerechtfertigt an gesehen, wenn die ordentliche Kündigung zwar ausgeschlossen ist, eine Versetzung in einen anderen Betrieb des Unternehmens aber nicht möglich ist und der Ausschluss der ordentlichen Kündigung zur unzumutbaren Belastung des Arbeitgebers wird. Die ordentliche Kündigung des Klägers ist jedoch zum einen, wenn auch unter Vorbehalt der Zahlung einer Abfindung, nicht ausgeschlossen gewesen, zum anderen ist es zu Betriebstilllegungen, etwa zu Schließung der Filiale in Düsseldorf, in der der Kläger zuletzt tätig gewesen ist, nicht gekommen.
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 14.08.2003
Zuletzt verändert am: 14.08.2003