Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.06.2013 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld für die Monate Dezember 2009 bis Februar 2010 für ihre Arbeitnehmer.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft (Limited) nach türkischem Recht mit Hauptniederlassung in J/Türkei, die seit 17.09.2007 eine Zweigniederlassung in E unterhält. Geschäftszweck ist das Maurer- und Betonbauerhandwerk. Sie ist umlagepflichtig in der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (Soka-Bau). Die Klägerin ist eingetragen in die Handwerksrolle der Handwerkskammer E und das Handelsregister des Amtsgerichts E. Auf die Arbeitsverhältnisse findet der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV Bau) Anwendung. Der Gesamtbetrieb der Klägerin ist in das Verfahren zur Förderung der Winterbeschäftigung einbezogen (vgl. insoweit auch den Prüfbericht der Beklagten vom 03.05.2010). Für ihre Arbeitnehmer zahlt sie fortlaufend die Winterbeschäftigungs-Umlage.
Die Klägerin führte ab Oktober 2009 bis Mai 2012 Bauarbeiten, zunächst Betonarbeiten, auf einer Baustelle in F/Niederlande durch. Sie beschäftigte dafür Arbeitnehmer mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. Für den Monat Dezember 2009 zahlte sie 40 Arbeitnehmern, für Januar 2010 61 Arbeitnehmern für Februar 2010 84 Arbeitnehmern Mehraufwands-Wintergeld in monatlichen Beträgen zwischen 4,- und 139,- Euro aus.
Am 22.03.2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die "Erstattung" von Mehraufwands-Wintergeld für die Monate Dezember 2009, Januar 2010 und Februar 2010. Sie bezifferte das Mehraufwands-Wintergeld für den Monat Dezember 2009 für 40 Arbeitnehmer auf 849,50 Euro, für Januar 2010 für 61 Arbeitnehmer auf 2710,00 Euro sowie für Februar 2010 für 84 Arbeitnehmer auf 5811,50 Euro. Dabei legte sie Abrechnungslisten für die beschäftigten Arbeitnehmer sowie teilweise Lohnabrechnungen vor, aus denen sich das gewährte Mehraufwands-Wintergeld für die einzelnen Arbeitnehmer ergab. Zudem überreichte sie Unterlagen über die Wetterbedingungen in der Region.
Mit Bescheid vom 04.05.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld ab. Zur Begründung führte sie aus, witterungsbedingte Arbeitsausfälle auf Baustellen im Ausland könnten keine Ansprüche auf Saison-Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen gemäß §§ 175 ff. SGB III begründen, da der Gesetzgeber von der Inlandsbezogenheit der Förderungen der ganzjährigen Beschäftigung ausgegangen sei. Die Tatsache, dass die Arbeitnehmer auch für Zeit der Entsendung ins Ausland beitragsverpflichtet zur Gesamtsozialversicherung blieben, begründe nicht einen tatsächlichen Anspruch auf Leistungen, vielmehr handele es sich hierbei um ein sogenanntes Solidarprinzip. Die Gewährung der Leistung auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu begrenzen, sei dabei unstrittig. Diesen Grundsatz folge auch § 5 Abs. 4 S. 1 der Winterbeschäftigungsverordnung (WinterbeschV), da Umlagebeiträge den zur Zahlung verpflichteten Arbeitgebern für Zeiten einer Beschäftigung gewerblicher Arbeitnehmer auf Baustellen außerhalb des Geltungsbereichs des SGB III erstattet würden. Da für diese Zeiten keine Mittel durch die Umlage aufgebracht würden, entfalle der entsprechende Anspruch kraft Gesetzes, § 175a Abs.1 SGB III.
Den hiergegen am 19.05.2010 eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin einen Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit rügte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2010 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 30.06.2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben. Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, die Auffassung der Beklagten sei europarechtswidrig. Es sei insbesondere auf die Rechte der Arbeitnehmer abzustellen. Die fragliche Norm sei europarechtlich nicht so auszulegen, dass die im Geltungsbereich des Grundgesetzes ansässigen Arbeitnehmer von den sozialen Sicherungsrechten ausgeschlossen seien, wenn sie vorübergehend in ein anderes europäisches Land zur Arbeitserbringung abgeordnet seien.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 04.05.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Mehraufwands-Wintergeld für Dezember 2009, Januar 2010 und Februar 2010 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, witterungsbedingte Arbeitsausfälle und wirtschaftlich bedingte Arbeitsausfälle auf Baustellen im Ausland könnten aufgrund des Territorialitätsprinzips keine Ansprüche auf die beantragte Leistung begründen.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung einen bevollmächtigten Mitarbeiter der Klägerin angehört. Dieser hat unter anderem erklärt, die hier betroffene Zeit sei die einzige gewesen mit einer Schlechtwetterperiode. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20.06.2013 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 20.06.2013 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.05.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.05.2010 verurteilt, der Klägerin Mehraufwands-Wintergeld für Dezember 2009, Januar 2010 und Februar 2010 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen des § 175a SGB III in der bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung lägen vor. Die Klägerin habe Mehraufwands-Wintergeld für Arbeitnehmer beantragt, die in der gesetzlich vorgesehenen Zeit auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt gewesen seien. Die Arbeitnehmer seien auf der Baustelle in F beschäftigt gewesen, die sowohl abstrakt als auch konkret witterungsabhängig gewesen sei. Nach den im Verwaltungsverfahren vorgelegten und auch von den Beteiligten nicht bezweifelten Klimadaten habe im streitigen Zeitraum eine anhaltende Schlechtwetterperiode, das heißt mit Temperaturen von unter 0 bis maximal 4 bzw. 6 Grad Celsius vorgelegen. Es sei auch tatsächlich Arbeit im Förderzeitraum auf diesen Arbeitsplätzen geleistet worden.
Die Mittel für die Förderung durch Mehraufwandswintergeld würden zudem durch eine Umlage aufgebracht. Die Klägerin sei umlagepflichtig und habe die auf sie gemäß § 183 SGB III aF i.V. mit der WinterbeschV entfallenden Umlagebeiträge tatsächlich geleistet. § 5 Abs. 4 der WinterbeschV stehe dem nicht entgegen. Durch diese Vorschrift entfalle weder die abstrakt bestehende Umlagepflicht der Klägerin als Betrieb des Baugewerbes noch der Umstand, dass die Klägerin tatsächlich Beiträge entrichtet habe. Die Vorschrift regele vielmehr lediglich die Möglichkeit für Arbeitgeber, sich Beiträge erstatten zu lassen. Sie könne aber schon wegen § 2 Abs. 2 SGB I nicht zur Einschränkung des Anspruchs auf die Leistung gemäß § 175 a SGB III a.F. herangezogen werden. Ein etwaiger anderer Wille des Gesetzgebers habe keinen Eingang in das Gesetz gefunden. Ein Ausschluss von den Leistungen sei nicht ausdrücklich geregelt und würde den Wortlaut des Gesetzes überspannen. Im Übrigen sei das Ziel der ganzjährigen Beschäftigung auch bei Tätigkeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erreichbar. Ebenso sei der unterstellte Mehraufwand der Arbeitnehmer, der durch das Mehraufwands-Wintergeld pauschaliert abgegolten werden solle, von dem Einsatzort unabhängig.
Eine einschränkende Auslegung, die die Arbeitnehmer von der Förderung durch Mehraufwands-Wintergeld ausschlösse, widerspräche nach Auffassung der Kammer auch Europarecht, namentlich Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004. Frühere Entscheidungen des BSG, die die Auffassung der Beklagten stützten, hätten sich wegen der umfassenden gesetzlichen Neuordnung und der Vorgaben aus Europarecht, die insbesondere den Abbau und Wegfall diskriminierender Rechtsvorgaben und -umsetzungen zum Ziel habe, überholt. Sinn und Zweck der Förderleistungen des § 175a SGB III a.F. (jetzt: § 102 SGB III) sei die Förderung ganzjähriger Beschäftigung und – für die konkret begehrte Leistung – der Ausgleich witterungsbedingter Nachteile der Arbeitnehmer. Eine Inlandsbezogenheit im Hinblick auf den Tätigkeitsort lasse sich dem nicht entnehmen.
Auch die weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch auf Mehraufwandswintergeld lägen vor. Die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer, für die die Klägerin Mehraufwands-Wintergeld beantragt habe, hätten nicht aus witterungsbedingten Gründen gekündigt werden können. Dies ergebe sich aus dem allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe, konkret aus § 11 BRTV. Die Klägerin habe auch den Antrag rechtzeitig im Sinne des § 325 Abs. 3 SGB III gestellt.
Gegen dieses ihr am 25.07.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.08.2013 Berufung eingelegt. Sie meint, das Mehraufwands-Wintergeld sei für Arbeiten, die auf Baustellen im Ausland verrichtet würden, nicht vorgesehen. Die Entscheidungen des BSG aus den Jahren 1977 und 1985 seine weiterhin einschlägig. Wegen § 5 Abs. 4 WinterbeschV seien die Voraussetzungen des § 175a SGB III a.F. nicht erfüllt. Zwar normiere diese Vorschrift keine Ausnahme von der Umlagepflicht, sondern stelle klar, dass die Beklagte die Umlagebeträge bei Auslandsbeschäftigungen nicht behalten dürfe. Dies entspreche im Ergebnis der Aufhebung der Umlagepflicht und führe deshalb dazu, dass die Mittel für das Mehraufwands-Wintergeld gerade nicht durch eine Umlage aufgebracht würden. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers. Die VO (EG) Nr. 883/2004 stehe diesem Ergebnis nicht entgegen, weil sie sachlich nicht anwendbar sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.06.2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin wird beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG hat der zulässigen, von der Klägerin insbesondere zulässigerweise als Prozessstandschafterin der für sie tätig gewesenen Arbeitnehmer erhobenen Klage zu Unrecht stattgegeben, denn die Klage ist unbegründet. Die Klägerin bzw. die betroffenen Arbeitnehmer sind nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn der Bescheid vom 04.05.2010 und der Widerspruchsbescheid vom 31.05.2010 sind rechtmäßig. Es besteht kein Anspruch auf Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld im Zeitraum von Dezember 2009 bis Februar 2010 für die im Antrag der Klägerin vom 22.03.2010 benannten Arbeitnehmer.
Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 175a Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der hier anwendbaren, bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung (SGB III a.F., heute § 102 Abs. 1 und 3 SGB III) in Betracht. Nach § 175a Abs. 1 SGB III a.F. haben Arbeitnehmer Anspruch auf Wintergeld als Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld und Arbeitgeber haben Anspruch auf Erstattung der von ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, soweit für diese Zwecke Mittel durch eine Umlage aufgebracht werden. Mehraufwands-Wintergeld wird nach § 175a Abs. 3 SGB III a.F. in Höhe von 1,00 Euro für jede in der Zeit vom 15. Dezember bis zum letzten Kalendertag des Monats Februar geleistete berücksichtigungsfähige Arbeitsstunde an Arbeitnehmer gewährt, die auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind. Berücksichtigungsfähig sind im Dezember bis zu 90, im Januar und Februar jeweils bis zu 180 Arbeitsstunden. Das Mehraufwands-Wintergeld soll im Sinne eines pauschalierten Aufwendungsersatzes die witterungsbedingten Mehraufwendungen während der Förderzeit ausgleichen (Mutschler, in: GK-SGB III, 5. Aufl. 2013, § 102 Rn. 16).
Die Vorschrift des § 175a Abs. 1 und 3 SGB III a.F. ist zwar anwendbar (dazu 1.). Jedoch liegen ihre Voraussetzungen nicht vor (dazu 2.). Dies ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar (dazu 3.).
1. § 175a Abs. 1 und 3 SGB III a.F. ist anwendbar, weil sich der geltend gemachte Anspruch nach deutschem Sozialrecht richtet. Dies folgt zunächst aus der allgemeinen Kollisionsnorm (vgl. BSG, Urt. v. 09.08.1995 – 13 RJ 59/93 -, juris Rn. 32; Urt. v. 27.08.2008 – B 11 AL 22/07 R -, juris Rn. 24) des § 30 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Danach gelten die Vorschriften dieses Gesetzbuchs für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. Dies war bei allen Arbeitnehmern, für die die Klägerin am 22.03.2010 Mehraufwands-Wintergeld beantragt hat, im betroffenen und damit auch streitgegenständlichen Zeitraum vom 15.12.2009 bis zum 28.02.2010 der Fall.
Es kann dahinstehen, ob die allgemeine Kollisionsnorm des § 30 Abs. 1 SGB I durch spezielle Kollisionsregeln verdrängt wird, denn alle in Betracht kommenden speziellen Kollisionsregeln führen ebenfalls zur Anwendung deutschen Sozialrechts und damit auch zur Anwendung von § 175a Abs. 1 und 3 SGB III a.F.
Dies gilt zunächst für Art. 14 Nr. 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (Abl. L 28 vom 30.01.1997, S. 1; VO (EWG) Nr. 1408/71). Danach unterliegt eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, abhängig beschäftigt wird und die von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsandt wird, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate nicht überschreitet und sie nicht eine andere Person ablöst, für welche die Entsendungszeit abgelaufen ist. Diese Vorschrift, deren Voraussetzungen für alle betroffenen Arbeitnehmer im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt waren, führt ebenfalls zur Anwendung deutschen Rechts, nämlich des Rechts des Entsendestaates. Es kann deshalb an dieser Stelle dahinstehen, ob der sachliche Anwendungsbereich der VO (EWG) Nr. 1408/71 eröffnet ist (dazu unten).
Zu dem gleichen Ergebnis führt Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Abl. L 166 vom 30.04.2004, S. 1; VO (EG) Nr. 883/2004). Danach unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere entsandte Person ablöst. Auch danach ist deutsches Recht anwendbar. Es kann deshalb an dieser Stelle dahinstehen, ob die VO (EG) Nr. 883/2004 überhaupt in zeitlicher Hinsicht anwendbar ist (dazu unten).
Schließlich führt auch § 4 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zur Anwendbarkeit deutschen Rechts. Nach dieser Vorschrift gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Ob diese Vorschrift überhaupt etwas über die Anwendbarkeit des Leistungsrechts des SGB III aussagt und auf die hier streitige Leistung, die nicht zu den Versicherungsleistungen gehört, anwendbar sein kann, braucht nicht entschieden zu werden (siehe auch dazu unten).
2. Entgegen der Auffassung des SG liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. nicht vor. Zwar erfüllen die betroffenen Arbeitnehmer im streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen des § 175a Abs. 3 SGB III a.F. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ein Anspruch auf Mehraufwands-Wintergeld besteht jedoch nach § 175a Abs. 1 SGB III a.F. nur, soweit hierfür Mittel durch eine Umlage aufgebracht werden. Dies ist für die betroffenen Arbeitnehmer, die im streitgegenständlichen Zeitraum auf einer Baustelle in den Niederlanden und damit im Ausland beschäftigt waren, nicht der Fall.
Zwar ordnet § 354 SGB III a.F. an, dass die Mittel für die ergänzenden Leistungen nach § 175a einschließlich der Verwaltungskosten und der sonstigen Kosten, die mit der Gewährung dieser Leistungen zusammenhängen, in den durch Verordnung nach § 182 Abs. 3 bestimmten Wirtschaftszweigen durch Umlage aufgebracht werden und die Umlage unter Berücksichtigung von Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien der Wirtschaftszweige von Arbeitgebern oder gemeinsam von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgebracht und getrennt nach Zweigen des Baugewerbes und weiteren Wirtschaftszweigen abgerechnet wird. Eine entsprechende Regelung enthält § 2 der auf der Grundlage von § 357 Abs. 1 SGB III erlassenen Winterbeschäftigungs-Verordnung (WinterbeschV), wonach die Mittel für die ergänzenden Leistungen sowie die Verwaltungskosten und sonstigen Kosten, die mit der Gewährung der ergänzenden Leistungen zusammenhängen, durch Umlage u.a. von Betrieben des Baugewerbes (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 WinterbeschV), wie dem Betrieb der Klägerin, aufgebracht werden. § 3 WinterbeschV enthält sodann nähere Bestimmungen über die Höhe und die Aufbringung der Umlagebeträge, die nach Maßgabe von § 5 Abs. 1 Satz 1 WinterbeschV am 15. des Monats fällig sind, der dem Monat folgt, für den das Arbeitsentgelt zu zahlen ist.
Zu beachten ist jedoch die Regelung des § 5 Abs. 4 WinterbeschV. Danach werden Arbeitgebern des Baugewerbes entrichtete Umlagebeträge, die auf Zeiten einer Beschäftigung von gewerblichen Arbeitnehmern auf Baustellen außerhalb des Geltungsbereiches des Dritten Buches Sozialgesetzbuch entfallen, auf Antrag für jeweils ein Kalenderjahr erstattet. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Kalendermonaten zu stellen; die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Zeiten nach Satz 1 liegen. Ein zu erstattender Arbeitnehmeranteil steht dem Arbeitnehmer zu. Diese Regelung führt dazu, dass die Mittel für das Mehraufwands-Wintergeld für Arbeitnehmer, die, wie die betroffenen Arbeitnehmer der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum, auf einer Baustelle im Ausland beschäftigt sind, nicht im Sinne von § 175a Abs. 1 SGB III a.F. aufgebracht werden und für diese Arbeitnehmer deshalb kein Mehraufwands-Wintergeld zu zahlen ist (so im Ergebnis auch Fütterer, SGb 2014, 547 (548)).
a) Entgegen der Auffassung des SG sind die Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. nicht bereits dadurch erfüllt, dass der Gesamtbetrieb der Klägerin als solcher der Umlagepflicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 WinterbeschV unterliegt und für den streitgegenständlichen Zeitraum und die betroffenen Arbeitnehmer auch tatsächlich zunächst Umlagebeträge gezahlt hat. Mittel werden vielmehr im Sinne von § 175a Abs. 1 SGB III a.F. nur insoweit für den Zweck der Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld durch eine Umlage aufgebracht, als die Umlage die Leistung für die konkret betroffenen Arbeitnehmer decken soll und hierfür Mittel aus der Umlage auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Dies ist wegen § 5 Abs. 4 WinterbeschV bezüglich der auf Baustellen im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer nicht der Fall.
Für diese Auslegung spricht entgegen der Auffassung des SG bereits der Wortlaut des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. Das "Aufbringen" von finanziellen Mitteln bedeutet schon im allgemeinen Sprachgebrauch, dass finanzielle Mittel in vollem Umfang zur Deckung des Finanzierungszwecks tatsächlich zur Verfügung stehen und auch eingesetzt werden können bzw. dürfen. Anderenfalls werden Mittel nur "teilweise aufgebracht". Hätte dem Gesetzgeber die – im Hinblick auf § 5 Abs. 4 WinterbeschV nur vorläufige – Zahlung einer Umlage ungeachtet des Erstattungsanspruchs für die Begründung des Anspruchs genügt, hätte es nahegelegen, den Anspruch ausdrücklich an die Zahlung der Umlage oder abstrakt an die Erhebung der Umlage zu knüpfen. Dies hat der Gesetzgeber jedoch nicht getan, sondern stattdessen die Formulierung, dass Mittel "aufgebracht" werden müssen, gewählt. Dass darüber hinaus ein Anspruch auf die ergänzenden Leistungen, wie das Mehraufwands-Wintergeld, nur besteht, "soweit für diese Zwecke" Mittel aus einer Umlage aufgebracht werden, legt zudem eine individuelle, auf die betroffenen Arbeitnehmer und die konkrete Beschäftigung abstellende Betrachtung nahe. Die Betonung der "Zwecke" macht schließlich deutlich, dass die Umlage auch dazu dienen muss, die konkrete Leistung für die betroffenen Arbeitnehmer zu decken. Dies ist, soweit die Umlage nach § 5 Abs. 4 WinterbeschV zu erstatten ist, nicht der Fall.
Vor allem folgt die vorliegend vertretene Auslegung aus der Entstehungsgeschichte von § 175a SGB III und § 5 Abs. 4 WinterbeschV.
Seit dem Inkrafttreten des SGB III am 01.01.1998 unterlagen die Leistungen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft insgesamt und damit auch das Mehraufwands-Wintergeld als Unterfall des Wintergelds (vgl. § 209 Nr. 1 Buchstabe a SGB III in der ab dem 01.01.1998 geltenden ursprünglichen Fassung (SGB III u.F.)) gemäß § 209 SGB III u.F. den allgemeinen Förderungsvoraussetzungen des § 210 SGB III u.F. (Beschäftigung eines Arbeitnehmers in einem Betrieb des Baugewerbes auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz und fehlende Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers aus witterungsbedingten Gründen in der Schlechtwetterzeit) sowie den besonderen Anspruchsvoraussetzungen der einzelnen Leistungen (für das Mehraufwandswintergeld in ähnlicher Form wie in § 175a Abs. 3 SGB III a.F. geregelt in § 212 SGB III u.F.). Ergänzend hierzu enthielt § 216 Abs. 1 SGB III u.F. eine Ermächtigung zugunsten des zuständigen Bundesministeriums, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Wintergeld auch für Arbeitsstunden gezahlt wird, die entsandte Arbeitnehmer im Sinne des § 4 Abs. 1 des Vierten Buches außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes in Gebieten leisten, in denen die Bauarbeiten während der Förderungszeit in gleicher Weise witterungsbedingten Erschwernissen ausgesetzt sind, wie im Geltungsbereich dieses Gesetzes.
Der Gesetzgeber ging entsprechend dieser Systematik also davon aus, dass die in §§ 209 Nr. 1, 210, 212 und 213 SGB III u.F. geregelten gesetzlichen Voraussetzungen für das Wintergeld bei einer Beschäftigung auf Baustellen im Ausland nicht erfüllt sind. Andernfalls hätte es einer Ermächtigung zur Schaffung einer besonderen, von den gesetzlichen Voraussetzungen abweichenden Regelung durch Rechtsverordnung in § 216 Abs. 1 SGB III u.F. nicht bedurft. Diese Sichtweise entsprach zum damaligen Zeitpunkt auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das BSG hatte zunächst zum Wintergeld nach § 80 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und später auch zum Schlechtwettergeld nach §§ 83 ff. AFG, das dem im SGB III eingeführten Winterausfallgeld im Sinne von § 209 Nr. 2 SGB III u.F. entsprach, entschieden, dass hierfür nur Zeiten für innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin verrichtete Arbeiten berücksichtigt werden können bzw. Schlechtwettergeld nur für witterungsbedingte Ausfälle von solchen Arbeiten in Betracht kommt, die innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland oder des Landes Berlin zu erbringen sind (BSG, Urt. v. 20.04.1977 – 7 RAr 55/75 -, juris Rn. 37 ff. und Leitsatz 2; Urt. v. 30.11.1977 – 12 RAr 16/77 -, juris Rn. 8 f. und Leitsatz; Urt. v. 25.07.1985 – 7 RAr 114/83 -, juris Rn. 11 ff. und Leitsatz).
Durch das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung vom 23.07.2004 (BGBl I 1842) wurde § 216 Abs. 1 SGB III u.F. mit Wirkung zum 01.08.2004 aufgehoben. Der Gesetzgeber ging dabei entsprechend den vorstehenden Ausführungen und der damals vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung davon aus, dass durch die Streichung der Verordnungsermächtigung Arbeitnehmer für die Dauer ihrer Auslandsbeschäftigung ab der Förderzeit 2004/2005 vom Bezug des Wintergeldes ausgeschlossen werden (vgl. BR-Drucks 155/04, S. 78 zu Nummer 2 (§ 216)). Mit dieser Regelung bezweckte der Gesetzgeber, deutsche Bauarbeitgeber, die im Ausland tätig sind, zu entlasten und vor Wettbewerbsnachteilen zu schützen. So heißt es in der Begründung des Gesetzentwurf (BR-Drucks 155/04, a.a.O.):
"Die Leistungen der Winterbauförderung, zu denen auch die Gewährung von Wintergeld gehört, werden durch die von den Bauarbeitgebern zu erbringende Winterbau-Umlage finanziert. Die Winterbau-Umlage wird auch für Arbeitsentgelte erhoben, die auf Zeiten einer Beschäftigung gewerblicher Arbeitnehmer auf Auslandsbaustellen entfallen. Bauarbeitgeber mit Niederlassung in Deutschland müssen nach den geltenden Bestimmungen im Ausland in ggf. dort bestehende Systeme der Winterbauförderung einzahlen, obwohl sie nur Leistungen aus einem System erhalten können. Demnach werden im Ausland tätige inländische Bauarbeitgeber doppelt belastet. Dies führt zu nicht unerheblichen Wettbewerbsnachteilen. Um diese zu beseitigen, soll zukünftig keine Winterbau-Umlage für Zeiten der Beschäftigung gewerblicher Arbeitnehmer auf Auslandsbaustellen mehr erhoben werden. Im Gegenzug werden Arbeitnehmer für die Dauer ihrer Auslandsbeschäftigung ab der Förderungszeit 2004/2005 vom Bezug des Wintergeldes ausgeschlossen. Sie können dann ggf. Leistungen aus einem ausländischen System der Winterbauförderung erhalten."
Konsequenterweise wurde zugleich die Winterbau-Umlageverordnung, die bis zum 31.03.2006 die Erhebung der Umlage zur Finanzierung des Wintergeldes regelte, geändert und in § 3 Abs. 1a eine dem späteren § 5 Abs. 4 WinterbeschV entsprechende Regelung eingeführt:
"Dem Arbeitgeber werden entrichtete Umlagebeträge, die auf Zeiten einer Beschäftigung von gewerblichen Arbeitnehmern auf Baustellen außerhalb des Geltungsbereiches des Dritten Buches Sozialgesetzbuch entfallen, auf Antrag für jeweils ein Kalenderjahr erstattet. Die Erstattung der Umlagebeträge ist vom Arbeitgeber innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Kalendermonaten zu beantragen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Zeiten nach Satz 1 liegen."
Diese Regelung sollte nach der Begründung des Gesetzentwurfs sicher stellen, "dass die Bauarbeitgeber zukünftig keine Winterbau-Umlage mehr für gewerbliche Arbeitnehmer, die auf Auslandsbaustellen beschäftigt sind, an die Umlageeinzugsstellen (Agenturen für Arbeit) abführen müssen." (BR-Drucks 155/04, S. 100).
Durch das Gesetz zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.04.2006 (BGBl I 926) wurden die Leistungen der Winterbauförderung mit Wirkung ab dem 01.04.2006 neu strukturiert. Während das Winterausfallgeld durch das Saison-Kurzarbeitergeld ersetzt wurde, wurde das Wintergeld als ergänzende Leistung in § 175a SGB III a.F. neu geregelt und davon abhängig gemacht, dass die finanziellen Mittel hierfür durch eine Umlage aufgebracht werden. Zugleich wurde die Winterbau-Umlageverordnung durch die am 26.04.2006 erlassene WinterbeschV, die bereits in ihrer ursprünglichen Fassung die Regelung des § 5 Abs. 4 WinterbeschV enthielt, ersetzt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollten die ergänzenden Leistungen davon abhängen, dass eine Umlage "zur Finanzierung einzelner oder aller" in § 175a Abs. 2 bis 4 SGB III a.F. näher beschriebenen Leistungen vorliegt (vgl. BT-Drucks 16/429, S. 15 zu Absatz 1). Zugleich wollte der Gesetzgeber den Kreis der Förderberechtigten im Vergleich zur bisherigen Winterbauförderung nicht erweitern (vgl. BT-Drucks 16/429, S. 15 zu Absatz 5).
Vor diesem Hintergrund lässt sich das Zusammenwirken von § 175a Abs. 1 SGB III a.F. und § 5 Abs. 4 Satz 1 WinterbeschV nach den in den Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers nur so deuten, dass Arbeitnehmer, die auf Baustellen im Ausland beschäftigt sind, keinen Anspruch auf Wintergeld und damit auch nicht auf Mehraufwands-Wintergeld haben sollen. Wirtschaftlich betrachtet werden Bauarbeitgeber, die gewerbliche Arbeitnehmer auf Auslandsbaustellen beschäftigen, durch § 5 Abs. 4 WinterbeschV ebenso wie nach § 3 Abs. 1a Winterbau-Umlageverordnung in der ab dem 01.08.2004 geltenden Fassung weiterhin von der Winterbauumlage befreit. Die Winterbau-Umlage steht deshalb zur Finanzierung von Mehraufwands-Wintergeld für auf Auslandsbaustellen beschäftigte Arbeitnehmer nicht zur Verfügung, so dass die Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. nicht vorliegen.
Würde man, wie das SG, allein darauf abstellen, dass die Umlage von der Klägerin zunächst auch für die im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer erhoben wurde, würde man ignorieren, dass der Gesetzgeber nach den vorstehenden Ausführungen hinsichtlich des Abführens der Umlage eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gewählt hat und Bauarbeitgeber durch § 3 Abs. 1a Winterbau-Umlageverordnung in der ab dem 01.08.2004 bis zum 31.03.2006 geltenden Fassung und damit auch durch die identische Nachfolgeregelung des § 5 Abs. 4 WinterbeschV so stellen wollte, als müssten sie für gewerbliche Arbeitnehmer, die auf Auslandsbaustellen beschäftigt sind, gar keine Umlage abführen. Die gewählte Lösung über die Erstattung der zunächst entrichteten Umlage auf Antrag ist allein der verfahrensrechtlichen Praktikabilität geschuldet: Der Einzug der Umlage muss als Massengeschäft unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls erfolgen, um den ausreichenden Mittelzufluss zu sichern. Der einzelne Arbeitgeber kann die einzelnen Auslandseinsätze seiner Arbeitnehmer über das Kalenderjahr hinweg erfassen und dann die Erstattung einer größeren Summe beantragen. Im Ergebnis muss die Umlage deshalb bei Auslandseinsätzen nicht gezahlt werden; dies gilt wegen der Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 3 WinterbeschV auch zugunsten der Arbeitnehmer.
Darüber hinaus würde ausgehend von der vom SG vertretenen Auffassung der Kreis der Förderberechtigten durch die Einführung des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. zum 01.04.2006 gegenüber der früheren Winterbauförderung erweitert. Dies widerspricht der in den Gesetzgebungsmaterialien ausdrücklich erklärten Absicht des Gesetzgebers.
Schließlich ist die Auffassung des SG auch nicht mit dem Charakter des Mehraufwands- Wintergelds als umlagefinanzierter Leistung vereinbar. Die Umlagefinanzierung ist Ausdruck des Solidaritätsprinzips (vgl. BSG, Urt. v. 22.02.2012 – B 11 AL 4/11 R -, juris Rn. 31). Könnten Arbeitnehmer ungeachtet der Regelung des § 5 Abs. 4 WinterbeschV Mehraufwands-Wintergeld bei einer Beschäftigung auf Auslandsbaustellen erhalten, würde das Solidaritätsprinzip durchbrochen. Die betroffenen Arbeitnehmer erhielten auf Kosten der anderen Umlagepflichtigen Leistungen, obwohl sie wegen § 5 Abs. 4 WinterbeschV mit deren Finanzierung wirtschaftlich nicht belastet sind und deshalb auch insoweit kein Risiko nutzloser Umlageaufwendungen tragen.
b) Eine anderen Bewertung ist auch nicht deshalb geboten, weil die Klägerin nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat für die Kalenderjahre 2009 und 2010 keinen Antrag auf Erstattung der Umlagebeträge, die auf Zeiten einer Beschäftigung von gewerblichen Arbeitnehmern auf Baustellen außerhalb des Geltungsbereiches des Dritten Buches Sozialgesetzbuch entfallen, gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 WinterbeschV gestellt hat. Die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 SGB III a.F. steht nicht zur Disposition der betroffenen Arbeitnehmer oder ihres Arbeitgebers. § 5 Abs. 4 Satz 1 WinterbeschV eröffnet den Arbeitgebern des Baugewerbes keine Entscheidungsoption dahingehend, dass sie durch Unterlassen des Erstattungsantrags Ansprüche ihrer Arbeitnehmer nach § 175a SGB III entstehen lassen können. Vielmehr bewirkt § 5 Abs. 4 WinterschV nach den vorstehenden Ausführungen, dass bei Auslandsbeschäftigungen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 SGB III generell nicht erfüllt sind, weil insoweit Mittel aus der Umlage nicht vorgesehen sind. Die verfahrensrechtliche Lösung über die Erstattung der zunächst vereinnahmten Umlagebeträge auf Antrag dient, wie bereits ausgeführt, allein der Praktikabilität. Sie eröffnet aber in Bezug auf die ergänzenden Leistungen nach § 175a SGB III kein (materielles) Wahlrecht. Wenn der Arbeitgeber auf den ihm zustehenden Erstattungsanspruch nach § 5 Abs. 4 Satz 1 WintertbeschV durch Unterlassen rechtzeitiger Antragstellung verzichtet, liegt dies allein in seinem Verantwortungsbereich und kann im Hinblick auf § 5 Abs. 4 Satz 3 WinterbeschV u.U. auch zu Schadensersatzansprüchen seiner Arbeitnehmer führen.
3. § 175a Abs. 1 SGB III a.F. und § 5 Abs. 4 WinterbeschV sind ebenso wie das Ergebnis ihrer Anwendung im konkreten Fall mit höherrangigem Recht vereinbar.
a) § 5 Abs. 4 WinterbeschV wird zunächst nicht durch § 4 SGB IV verdrängt. Es wird zwar vertreten, dass die in § 4 SGB IV geregelte Ausstrahlung auch bedeute, dass der entsandte Arbeitnehmer, sofern das Gesetz keine Ausnahme vorsehe, auch Leistungsansprüche habe (vgl. Padé, in: jurisPK-SGB IV, § 4 Rn. 48). Abgesehen davon, dass diese Vorschrift als Kollisionsregeln in erster Linie die Bestimmung des anwendbaren Rechts regelt und die in den besonderen Teilen des SGB normierten Voraussetzungen für einzelne Leistungen nicht aushebeln kann, gibt sie für den vorliegenden Fall aber schon deshalb nichts her, weil es sich bei dem Mehraufwands-Wintergeld nicht um eine Versicherungsleistung, sondern um eine umlagefinanzierte Leistung handelt. Umlagefinanzierte Leistungen gehören, was sich deutlich auch aus § 340 SGB III ergibt, nach der Systematik des SGB nicht zu den durch Beiträge finanzierten Versicherungsleistungen.
b) Verfassungsrecht ist offensichtlich nicht verletzt. § 5 Abs. 4 WinterbeschV verhindert eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG. Die Nichtgewährung einer Leistung stellt auch keinen abwehrrechtlich relevanten Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG dar. Art. 12 Abs. 1 GG enthält kein verfassungsrechtliches Leistungsrecht auf Gewährung bestimmter Sozialleistungen. Die Ungleichbehandlung von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern mit im Inland beschäftigten Arbeitnehmern bei der Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass die Auslandsbeschäftigung durch § 5 Abs. 4 WinterbeschV nicht umlagepflichtig ist.
c) Schließlich kann auch keine Verletzung von Unionsrecht festgestellt werden.
aa) Entgegen der vom SG vertretenen Auffassung sind die betreffenden Regelungen nicht an der VO (EG) Nr. 883/2004 zu messen, so dass auch dahinstehen kann, ob sich aus einzelnen Regelungen dieser Verordnung (eventuell Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 i.V.m. dem Erwägungsgrund 13, vgl. insoweit Fütterer, SGb 2014, 548 (549)) Anforderungen für die Auslegung und Anwendung des hier betroffenen deutschen Rechts ergeben können. Die VO (EG) Nr. 883/2004 ist in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar.
Die VO (EG) Nr. 883/2004 ist nach ihrem Art. 91 Satz 2 am 01.05.2010 mit Inkrafttreten der sog. Durchführungsverordnung (VO (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.09.2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) in Kraft getreten. Sie begründet nach ihrem Art. 87 Abs. 1 keinen Anspruch für den Zeitraum vor dem Beginn ihrer Anwendung. Bei einem Anspruch auf eine Dauerleistung bedeutet dies zum einen, dass eine Anwendung der VO (EG) Nr. 883/2004 ausscheidet, wenn der Leistungsbezug, um den gestritten wird, vor dem 01.05.2010 beendet ist oder wäre (vgl. insoweit BayLSG, Urt. v. 14.09.2011 – L 13 R 955/09 -, juris Rn. 36). Zum anderen ist die VO (EG) Nr. 883/2004 auch dann nicht anwendbar, wenn der Zeitpunkt der Begründung des streitgegenständlichen Anspruchs vor dem 01.05.2010 liegt. Ein Wechsel der gemeinschaftsrechtlichen Grundlagen während der Dauer der begehrten Leistungsgewährung soll nach Art. 87 VO (EG) Nr. 883/2004 nicht erfolgen (vgl. Hessisches LSG, Beschl. v. 18.05.2010 – L 6 AL 58/10 B ER -, juris Rn. 11).
Nach diesen Grundsätzen kann die VO (EG) Nr. 883/2004 den streitgegenständlichen Sachverhalt schon in zeitlicher Hinsicht nicht berühren. Die Klägerin begehrt die Zahlung von Mehraufwands-Wintergeld für die Zeit von Dezember 2009 bis Februar 2010. Der streitgegenständlichen Zeitraum liegt dementsprechend insgesamt vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 883/2004.
bb) § 175a Abs. 1 SGB III a.F. und § 5 Abs. 4 WinterbeschV sind auch nicht an der VO (EWG) Nr. 1408/71 zu messen, so dass dahinstehen kann, ob und in welchem Umfang diese Verordnung über die Bestimmung des anwendbaren Rechts hinaus materiell-rechtliche Vorgaben, die im konkreten Fall relevant werden könnten, enthält. Der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung, der in ihrem Art. 4 geregelt wird, ist nicht eröffnet. Bei dem streitgegenständlichen Mehraufwands-Wintergeld handelt es sich nicht um eine Leistung bei Arbeitslosigkeit im Sinne der allein in Betracht kommenden Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 Buchstabe g) VO (EWG) Nr. 1408/71.
"Leistung bei Arbeitslosigkeit" im Sinne von Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe g) der Verordnung Nr. 1408/71 liegen nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich nur vor, wenn sie den aufgrund der Arbeitslosigkeit verlorenen Arbeitslohn ersetzen sollen und also für den Unterhalt des arbeitslosen Arbeitnehmers bestimmt sind (vgl. EuGH, Urt. v. 08.071992 – C-102/91 -, juris Rn. 44; Urt. v. 27.11.1997 – C-57/96 -, juris Rn. 27). Zusätzlich kommt eine Erstreckung des Anwendungsbereichs auf solche Leistungen in Betracht, die Personen gewährt werden, die zwar noch in Arbeit stehen, für die aber eine konkrete Gefahr besteht, arbeitslos zu werden (vgl. EuGH, Urt. v. 04.06.1987 – 375/85 -, juris Rn. 12).
Das Mehraufwands-Wintergeld lässt sich damit, anders als u.U. das Saison-Kurzarbeitergeld (vgl. insoweit Fütterer, SGb 2014, 547 (549)), nicht unter den unionsrechtlichen Begriff "Leistungen bei Arbeitslosigkeit" subsumieren. Das Mehraufwands-Wintergeld wird für Arbeitnehmer gezahlt, die in den Monaten Dezember bis Februar auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind. Die anspruchsberechtigten Arbeitnehmer sind dementsprechend gerade nicht arbeitslos. Ebenso wenig setzt die Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld voraus, dass die Arbeitnehmer konkret von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Es handelt sich vielmehr um eine pauschalierte Mehraufwandsentschädigung, die (etwaigen) erhöhten Aufwendungen des Arbeitnehmers, der auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt ist, Rechnung tragen soll. Anders als das Saison-Kurzarbeitergeld wird Mehraufwands-Wintergeld auch nicht bei Arbeitsausfall gezahlt. Es setzt vielmehr voraus, dass die vertraglich vorgesehenen Arbeitsstunden auch tatsächlich geleistet werden (vgl. insoweit bereits BSG, Urt. v. 20.04.1977 – 7 RAr 55/75 -, juris Rn. 58).
Liegen damit die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 1 Buchstabe g) VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht vor, kann der Anwendungsbereich der Verordnung auch, anders als das SG offensichtlich gemeint hat, nicht über Art. 4 Abs. 2 der Verordnung eröffnet werden. Leistungen der sozialen Sicherheit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71 müssen sich auf eines der in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung ausdrücklich aufgezählten Risiken beziehen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.02.2006 – C-286/03 -, juris Rn. 37 m.w.N.). Liegt, wie hier, keine der in Art. 4 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 genannten Leistungen vor, ist die Verordnung auch nach Art. 4 Abs. 2 nicht sachlich anwendbar.
Schließlich handelt es sich beim Mehraufwands-Wintergeld auch offensichtlich nicht um eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung im Sinne von Art. 4 Abs. 2a VO (EWG) Nr. 1408/71. Es fehlt bereits an der nach Art. 4 Abs. 2a Satz 2 Buchstabe c) VO (EWG) Nr. 1408/71 obligatorischen Aufzählung in Anhang IIa der Verordnung.
cc) § 175a Abs. 1 SGB III a.F. und § 5 Abs. 4 WinterbeschV sind ebenso wie das Ergebnis ihrer Anwendung im konkreten Fall mit Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vereinbar.
Art. 45 AEUV (vormals Art. 39 EG), der die Arbeitnehmerfreizügigkeit regelt, hat folgenden Wortlaut:
(1) Innerhalb der Union ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.
(2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.
(3) Sie gibt – vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen – den Arbeitnehmern das Recht,
a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;
b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen;
c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;
d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu verbleiben, welche die Kommission durch Verordnungen festlegt.
(4) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung.
Art. 45 AEUV wird nicht verletzt.
(1) Allerdings liegt durchaus eine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit vor.
Über den Wortlaut des in Art. 45 Abs. 2 AEUV geregelten Diskriminierungsverbots hinaus enthält Art. 45 AEUV auch ein Beschränkungsverbot. Die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit sollen den Gemeinschaftsangehörigen die Ausübung von beruflichen Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Gemeinschaft erleichtern und stehen deshalb Maßnahmen entgegen, die die Gemeinschaftsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ausüben wollen. In diesem Zusammenhang haben die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten insbesondere das unmittelbar aus dem Vertrag abgeleitete Recht, ihr Herkunftsland zu verlassen, um sich zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu begeben und sich dort aufzuhalten. Nationale Bestimmungen, die einen Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, daran hindern oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, stellen daher Beeinträchtigungen dieser Freiheit dar, auch wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betreffenden Arbeitnehmer angewandt werden. Es wäre nämlich mit dem Recht auf Freizügigkeit unvereinbar, wenn ein Arbeitnehmer oder Arbeitsuchender in dem Mitgliedstaat, dem er angehört, weniger günstig behandelt werden dürfte, als wenn er nicht von den Erleichterungen Gebrauch gemacht hätte, die ihm der Vertrag in Bezug auf die Freizügigkeit gewährt (vgl. zum Ganzen EuGH, Urt. v. 11.01.2007 – C-208/05 -, juris Rn. 31 ff. m.w.N., stRspr).
Nach diesen Grundsätzen stellt die Nichtgewährung von Mehraufwands-Wintergeld an Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Deutschland, die auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz in einem anderen Mitgliedstaat der EU beschäftigt sind, eine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit dar. Die betreffenden Arbeitnehmer befinden sich in einer ungünstigeren Position, als wenn sie auf einem witterungsbedingten Arbeitsplatz in Deutschland eingesetzt worden wären. Sie könnten durch die Nichtgewährung von Mehraufwands-Wintergeld bei Beschäftigung auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz im Ausland davon abgehalten werden, von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen und eine Beschäftigung auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz im Ausland aufzunehmen. Zwar stellt das Mehraufwandswintergeld in Höhe von 1,- Euro pro geleisteter Arbeitsstunde, begrenzt auf die in § 175a Abs. 3 Satz 2 SGB III a.F. normierten Obergrenzen, im Verhältnis zum Arbeitsentgelt eine verhältnismäßig geringfügige Leistung dar. Außerdem werden Arbeitnehmer, die im Ausland beschäftigt werden, unabhängig davon, ob sie auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt werden, dadurch begünstigt, dass ihnen die Umlage, soweit sie von ihnen zu tragen ist, gemäß § 5 Abs. 4 Satz 3 WinterbeschV erstattet wird. Je länger der Auslandseinsatz dauert, desto eher überwiegt der Vorteil der Erstattung der Umlage den Nachteil der Nichtgewährung von Mehraufwands-Wintergeld. Da das Mehraufwands-Wintergeld aber gerade bei kurzfristigen Auslandseinsätzen in den Wintermonaten deutlich höher ausfällt als die Erstattung der Umlage, kann ein Hemmnis für die Freizügigkeit durch die Nichtgewährung von Mehraufwands-Wintergeld jedoch nicht ausgeschlossen werden. Im Übrigen impliziert Art. 45 AEUV u. a., dass Wanderarbeitnehmer nicht deshalb Ansprüche auf Leistungen der sozialen Sicherheit verlieren oder geringere Leistungen erhalten dürfen, weil sie das ihnen vom AEUV verliehene Recht auf Freizügigkeit ausgeübt haben (vgl. EuGH, Urt. v. 09.11.2006 – C-205/05 -, juris Rn. 38 m.w.N; Urt. v. 20.05.2008 – C-352/06 -, juris Rn. 29).
bb) Die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist jedoch gerechtfertigt.
Eine Maßnahme, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigt, ist nur dann zulässig, wenn mit ihr ein berechtigter, mit dem Vertrag vereinbarer Zweck verfolgt wird und sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. In einem derartigen Fall muss aber die Anwendung einer solchen Maßnahme auch geeignet sein, die Verwirklichung des in Rede stehenden Zweckes zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich ist (EuGH, Urt. v. 11.01.2007 – C-208/05 -, juris Rn. 37 m.N., stRspr).
Diese Voraussetzungen liegen vor.
Es trifft zwar, wie das SG zutreffend erkannt hat, zu, dass das Mehraufwands-Wintergeld wie die übrigen Maßnahmen zur Sicherung der ganzjährigen Beschäftigung dazu dient, in Wirtschaftszweigen mit hohen saisonbedingten Arbeitsausfällen zu einer Verstetigung der Beschäftigungsverhältnisse beizutragen und damit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit in den Wintermonaten entgegen zu wirken (vgl. BT-Drucks 16/429, S. 1). Dieser Zweck wird auch bei einer Beschäftigung im Ausland erreicht. Zudem können den betroffenen Arbeitnehmern die Mehraufwendungen, die durch das Mehraufwands-Wintergeld pauschaliert gedeckt werden sollen, auch bei der Beschäftigung auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz im Ausland entstehen. Schließlich erscheint es auch zweifelhaft, ob die Beschränkung des Mehraufwands-Wintergeld auf im Inland Beschäftigte noch damit gerechtfertigt werden kann, dass die ganzjährige Bautätigkeit im Inland durch Verlagerung der Sommernachfrage auf den Winter gefördert werden soll, gerechtfertigt werden kann (so aber noch BSG, Urt. v. 20.04.1977 – 7 RAr 55/75 -, juris Rn. 38 f.; Urt. v. 30.11.1977 – 12 RAr 16/77 -, juris Rn. 8; Urt. v. 25.07.1985 – 7 RAr 114/83 -, juris Rn. 14 unter Bezugnahme auf die Gesetzgebungsmaterialien zu den entsprechenden Vorschriften des AFG). In neueren Gesetzgebungsmaterialien wird im Wesentlichen auf die Beschäftigungsförderung und die Entlastung der Arbeitslosenversicherung und nicht mehr auf die Förderung gleichmäßiger Bautätigkeit im Inland abgestellt.
Die Rechtfertigung der Nichtgewährung von Mehraufwands-Wintergeld an Beschäftigte im Ausland folgt jedoch aus dem Charakter des Mehraufwands-Wintergeld als umlagefinanzierter Leistung. Könnten auch solche Arbeitnehmer, die auf witterungsabhängigen Arbeitsplätzen im Ausland beschäftigt sind, Mehraufwands-Wintergeld erhalten, würde das der Umlagefinanzierung zugrunde liegende Solidaritätsprinzip konterkariert. Die betroffenen Arbeitnehmer würden die Leistung erhalten, obwohl sie wegen § 5 Abs. 4 WinterbeschV nicht zu ihrer Finanzierung beitragen müssen. Damit würde die Finanzierung des Mehraufwands-Wintergeld grundlegend beeinträchtigt, denn es würde ein Anreiz für in Deutschland ansässige Unternehmen und Arbeitnehmer geschaffen, durch Entsendung in Deutschland wohnhafter Arbeitnehmer ins grenznahe Ausland bzw. dortige Beschäftigungsaufnahme Umlagebeträge einzusparen und gleichzeitig die gleichen sozialen Vergünstigungen versprechen zu können, wie sie bei einer Beschäftigung in Deutschland bestünden. Dadurch würde das Umlagesystem selbst grundlegend in Frage gestellt und die Finanzierung des Mehraufwands-Wintergeld gefährdet. Die Gewährung von Mehraufwands-Wintergeld an Beschäftigte im Ausland, für die zugleich die Erstattungsregelung des § 5 Abs. 4 WinterbeschV eingreift, würde damit zu einer erheblichen Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des hier vorliegenden Systems der sozialen Sicherheit führen. Dies stellt einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar, der Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit grundsätzlich rechtfertigt (vgl. insoweit EuGH, Urt. v. 10.03.2009 – C-169/07 -, juris Rn. 47 m.N.).
Darüber hinaus hätten in Deutschland ansässige Unternehmen, wenn Mehraufwands-Wintergeld auch für im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer zu zahlen wäre, erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber den im Ausland ansässigen Unternehmen. Anders als diese könnten sie ihren Arbeitnehmern eine umlagefinanzierte Leistung gewähren, ohne insoweit selbst zur Umlage beitragen zu müssen (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 20.04.1977 – 7 RAr 55/75 -, juris Rn. 43). Die Vermeidung solcher Wettbewerbsvorteile entspricht dem Zweck des AEUV, der an verschiedenen Stellen Vorschriften enthält, die einer Verzerrung des Wettbewerbs durch Bevorzugung inländischer Unternehmen entgegenstehen.
Der Ausschluss von Arbeitnehmern, die im Ausland beschäftigt sind, vom Mehraufwands-Wintergeld ist zur Vermeidung einer erheblichen Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des hier vorliegenden Systems der sozialen Sicherheit und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen geeignet und auch erforderlich.
Die Erstreckung der Umlagepflicht auf Beschäftigungen im Ausland und damit die Abschaffung von § 5 Abs. 4 WinterbeschV stellt kein milderes Mittel dar. Dadurch würden zum einen Unternehmen und solche Arbeitnehmer belastet, die zwar im Ausland, aber dort nicht auf einem witterungsbedingten Arbeitsplatz beschäftigt sind und deshalb keinen Anspruch auf Mehraufwands-Wintergeld haben. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass Leistungen zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung in witterungsabhängigen Branchen nicht in allen Mitgliedstaaten der EU vorgesehen und auch dort, wo sie vorgesehen sind, unterschiedlich geregelt sind. Eine Rechtsvereinheitlichung solcher speziellen Leistungen ist im AEUV nicht vorgesehen. Soweit der Staat, in dem die Tätigkeit verrichtet wird, seinerseits Leistungen zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vorsieht und hierfür Abgaben von allen, d.h. auch von im Ausland ansässigen, Unternehmen, die in seinem Gebiet tätig sind und Arbeitnehmer beschäftigen, verlangt (was beispielsweise in Deutschland nach verbreitet vertretener Auffassung der Fall ist, vgl. Schaumberg, in: jurisPK-SGB III, § 354 Rn. 32 m.w.N.), würden in Deutschland ansässige Unternehmen bei Streichung des § 5 Abs. 4 WinterschV doppelt belastet. Dies würde zu Wettbewerbsnachteilen in Deutschland ansässiger Unternehmen und damit wiederum zu Wettbewerbsverzerrungen führen (vgl. insoweit vgl. BR-Drucks 155/04, S. 78 zu Nummer 2 (§ 216)).
Darüber hinaus müsste bei Streichung von § 5 Abs. 4 WinterbeschV aufgrund der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 175a Abs. 1 und 3 SGB III a.F. auch an solche Arbeitnehmer Mehraufwands-Wintergeld gezahlt werden, die zwar auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind, aber in solchen Ländern bzw. Regionen im Ausland tätig werden, in denen der Winter in der Regel milder ausfällt als in Deutschland. Ein Arbeitsplatz ist dann witterungsabhängig, wenn die Möglichkeit der Arbeitsleistung maßgeblich vom Witterungsverlauf direkt beeinflusst wird, so dass am konkreten Arbeitsort die Gefahr witterungsbedingten Arbeitsausfalls besteht (vgl. Mutschler, in: GK-SGB III, 5. Aufl. 2012, § 102 Rn. 44; Kühl, in: Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 102 Rn. 33). Diese Voraussetzungen könnten auch bei milderen klimatischen Bedingungen, als sie in Deutschland im Regelfall im Winter herrschen, erfüllt werden. § 175a SGB III enthält, anders als das SG offensichtlich angenommen hat, keine Vorgaben für die klimatischen Verhältnisse, die in dem Monaten Dezember bis Februar herrschen sollen, sondern knüpft allein an die Witterungsabhängigkeit des Arbeitsplatzes an und sagt nichts darüber aus, welche Art von Witterungsabhängigkeit gegeben sein muss (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 20.04.1977 – 7 RAr 55/75 -, juris Rn. 48). Damit würde der Sinn und Zweck des Mehraufwands-Wintergeld, die witterungsbedingten Mehraufwendungen während der Förderzeit auszugleichen, in Frage gestellt, da bei wärmeren, wenngleich für die Erbringung von Arbeitsleistungen immer noch schwierigen klimatischen Bedingungen in der Förderzeit keine oder nur geringere Mehraufwendungen denkbar sind. Ein Ausschluss des Erstattungsanspruchs nach § 5 Abs. 4 WinterbeschV bei Beschäftigungen lediglich in solchen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die vergleichbaren klimatischen Verhältnissen wie das Bundesgebiet unterliegen, wäre mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden (vgl. insoweit auch BSG a.a.O.). Letztlich kann nur jeder Staat selbst beurteilen, ob bei Beschäftigung im Baugewerbe in den Wintermonaten Mehraufwendungen durch Witterungsverhältnisse entstehen, die durch eine Sozialleistung, wie das Mehraufwands-Wintergeld, pauschal ausgeglichen werden können.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass § 5 Abs. 4 Satz 3 WinterbeschV auch bei denjenigen Arbeitnehmern, die auf witterungsabhängigen Arbeitsplätzen im Ausland beschäftigt sind, für eine gewisse finanzielle Entlastung sorgt. Je länger der Auslandseinsatz dauert, desto höher fällt die Erstattung der Umlage aus, zumal der Erstattungsanspruch nach § 5 Abs. 4 WinterbeschV nicht auf die Wintermonate begrenzt ist. Von daher gibt § 5 Abs. 4 WinterbeschV auch einen Anreiz für die Aufnahme einer Beschäftigung im Ausland außerhalb der Förderzeit des § 175a Abs. 3 SGB III a.F. Vor diesem Hintergrund ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Bezug auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit gewahrt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Klägerin gehört als Leistungsempfängerin zum privilegierten Personenkreis des § 183 SGG (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 21.07.2009 – B 7 AL 3/08 R -, juris Rn. 22; Beschluss des Senats vom 02.02.2006 – L 9 AL 76/05 -, juris Rn. 3).
4. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Erstellt am: 22.06.2016
Zuletzt verändert am: 22.06.2016