Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 27.02.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde richtet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für die Durchsetzung eines Anspruches auf Bewilligung höherer Leistungen für Unterkunftskosten im Sinne von § 22 SGB II in Höhe von 62,92 EUR monatlich in der Zeit vom 01.05.2008 bis 31.10.2008.
In Bedarfsgemeinschaft mit ihrer am 00.00.1991 geborenen Tochter lebend, bezog die Klägerin laufend Leistungen nach dem SGB II unter Einschluss der Unterkunftskosten für die gemeinsam bewohnte, 3 Zimmer nebst Bad, Diele und Abstellraum umfassende, insgesamt 60 m² große Wohnung in Höhe von 264,96 EUR monatlich. Zum 01.04.2008 mietete die Klägerin ohne vorherige Einholung einer Zustimmung der Beklagten eine neue Unterkunft zu monatlichen Mietaufwendungen von 327,88 EUR (Grundmiete 194,18 EUR, Nebenkosten 133,70 EUR) an. Mit Bescheid vom 17.04.2008 bewilligte die Beklagte Leistungen unter Berücksichtigung (nur) der Kosten der bis Ende März 2008 gemieteten Wohnung und wies den auf Zuerkennung weiterer Unterkunftskosten in Höhe der Differenz zwischen den Kosten der alten und den Kosten der neuen Wohnung gerichteten Widerspruch mit Bescheid vom 10.06.2008 zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 30.06.2008 erhobene Klage, mit der die Klägerin geltend macht, dass sie im Zusammenhang mit einem vorherigen Umzugswunsch seitens der Beklagten auf eine Mietobergrenze (Kaltmiete) bei zwei Personen von 331,00 EUR hingewiesen worden sei. Der nunmehr durchgeführte Umzug sei erforderlich gewesen, weil der Tochter in der aufgegebenen Wohnung nur ein unzumutbar kleiner Wohnraum (Maße nach der vorgelegten Skizze: 2,90 m x 2,45 m) zur Verfügung gestanden habe, während der Tochter in der neuen Wohnung ein Dachgeschoss zur eigenen Nutzung zur Verfügung stehe. Nach einer vorgelegten Skizze mit handschriftlicher Anmerkung soll der Dachraum außerhalb des Mietvertrages kostenlos zur Verfügung gestellt worden sein.
Mit Beschluss vom 27.02.2009, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren abgelehnt.
Gegen den am 09.03.2009 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Klägerin vom 06.04.2009, mit der sie sich gegen die Annahme des Sozialgerichts wendet, der für die Schularbeiten der Tochter erforderliche Wohnraum sei durch Tausch der Schlafräume in der alten Wohnung zu beschaffen gewesen. Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten und beigezogenen Akten Bezug genommen.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Prozesskostenhilfe steht der Klägerin nicht zu, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von §§ 73 a SGG, 114 ZPO nicht aufweist. Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten im angefochtenen Bescheid wie auch des Sozialgerichts im angefochtenen Beschluss vom 27.02.2009, die Beklagte habe zu Recht auch für den Bewilligungszeitraum vom 01.05.2008 bis 31.10.2008 Kosten der Unterkunft nur in Höhe der Unterkunftskosten für die vormalig bewohnte Wohnung bewilligt.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen (§ 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Der kommunale Träger ist nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II zur Zusicherung nur verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendung für die neue Unterkunft angemessen sind. Eine Zusicherung hat die Klägerin nicht eingeholt. Insbesondere liegt in dem Informationsschreiben der Beklagten vom 06.06.2007 keine solche Zusicherung bezüglich der Übernahme von Mietaufwendungen in einer bestimmten Höhe, da sich dieses Schreiben auf eine andere als die nun zu finanzierende Wohnung bezog. Zu Recht hat die Beklagte nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II auch für den Bewilligungszeitraum vom 01.05.2008 bis 31.10.2008 nur die Kosten der zuvor genutzten Unterkunft bewilligt, da der Umzug in die neue Wohnung bei der im PKH-Verfahren alleine möglichen summarischen Prüfung nicht als erforderlich im Sinne der Vorschrift angesehen werden kann (vgl. zum Begriff der Erforderlichkeit: Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Randnr. 47 d ff., Beschluss des Hessischen LSG vom 19.03.2009 – L 7 AS 53/09 B ER ).
Die aus der Klägerin und ihrer Tochter bestehende Bedarfsgemeinschaft verfügte bereits vor dem 01.04.2008 über der Größe nach angemessenen Wohnraum. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße abzustellen (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7 B AS 18/06 R). Nach den Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG) vom 13.11.1989 in der geänderten Fassung vom 21.09.2006 ist für das Land Nordrhein-Westfalen bestimmt, dass in der Regel für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen zwei Wohnräume oder 60 m² Wohnfläche im Sinne von § 27 Abs. 4 des Wohnungsbauförderungsgesetzes angemessen sind (Ziff. 5.7), ausführlich hierzu zuletzt Urteil des Senats vom 16.02.2009 – L 19 AS 62/08 -). Danach verfügte die aus der Klägerin und ihrer Tochter bestehende Bedarfsgemeinschaft nicht nur über eine der Größe nach angemessene Unterkunft, sondern zudem über eine 3-Zimmer-Wohnung anstelle der sozialrechtlich zustehenden 2-Zimmer-Wohnung.
Ein in der vormaligen Wohnung nicht gedeckter Raumbedarf ist auch unter Berücksichtigung der von der Tochter zu erledigenden Schularbeiten nicht festzustellen.
Selbst wenn man annähme – der Senat lässt dies offen -, dass bei letztlich auf jedem beliebigen Tisch zu erledigenden Schularbeiten ein besonderer Raumbedarf entstünde, wäre diesem Bedarf nach geltendem Recht wegen des Vorhandenseins eines dritten Zimmers in der vormaligen Wohnung der Klägerin bereits genügt gewesen: Nach 6.72 der vorgenannten Richtlinien zum Wohnungsbindungsgesetz ist u. a. bei Alleinerziehenden mit Kindern ab vollendetem 6. Lebensjahr als auch wegen besonderer persönlicher oder beruflicher Bedürfnisse einer haushaltsangehörigen Person ein zusätzlicher Raum oder eine zusätzliche Wohnfläche von 15 qm zuzubilligen. In der vormaligen Wohnung gab es diesen zusätzlichen dritten Raum.
Eine Annahme hinreichender Erfolgsaussicht im Sinne von §§ 73 a SGG, 114 ZPO rechtfertigt auch nicht die Argumentation der Klägerin, die Warmmiete der ab dem 01.04.2008 bewohnten Wohnung liege noch unter dem von der Beklagten selbst in der Vergangenheit für angemessen erachteten Maß der Kaltmiete für zwei Personen. Ein derart einschränkendes Verständnis widerspräche dem gesetzgeberischen Ziel des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I, S. 1706) neu gefasst und gilt seit dem 01.08.2006. Nach den Materialien (BT-Drs. 16/1410 S. 23) verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, gerade den Kostensteigerungen entgegenzuwirken, die sich in den Fällen ergeben, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten umziehen. Das Gesetz reagiert darauf mit einer Begrenzung des Leistungsanspruchs auf die bisher gewährten angemessenen Unterkunftskosten. Die gestiegenen Kosten für Unterkunft und Heizung muss der Leistungsempfänger dann selbst (aus der Regelleistung) aufbringen (Lang/Link, a. a. O. Randnr. 47 a).
Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von §§ 73 a SGG, 114 ZPO ergibt sich schließlich nicht unter Beachtung grundrechtlicher Belange der Klägerin. Die nur teilweise Übernahme der tatsächlich entstehenden Unterkunftskosten greift faktisch in den Schutzbereich des der Klägerin nach Art. 11 des Grundgesetzes garantierten Freizügigkeitsrechts ein, dessen sachlicher Schutzbereich nicht nur die Einreise nach Deutschland zum Zwecke der Wohnsitznahme und die Freizügigkeit beim Umzug zwischen Ländern und Gemeinden, sondern auch den Umzug innerhalb einer Gemeinde umfasst (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.03.2004 – 1 BvR 1266/00, Bundesverfassungsgerichtsentscheidung BVerfGE 110, 177 ff. mit Anmerkung Berlit in jurisPR-SozR 17-2004 Anmerkung 1). Das Freizügigkeitsrecht der Klägerin ist jedoch nicht verletzt. Nach Art. 11 Abs. 2 GG kann das Freizügigkeitsrecht nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen unter anderem eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist. Dieser Fall ist bei der Klägerin gegeben, da sie nach dem aktenkundigen Sachverhalt über Eigenmittel nicht verfügt und auch ihre Unterkunftskosten daher ausschließlich aus öffentlichen Mitteln bestreitet. Das Grundrecht auf Freizügigkeit gibt keinen Anspruch gegen die öffentliche Hand auf Leistungen, die einen Ortswechsel praktisch erst ermöglichen (Beschluss des OVG Bremen vom 24.11.2008 – S 2 B 558/08, S 2 B 559/08 – m. w. N. im juris).
Kosten des PKH-Beschwerdeverfahrens sind kraft Gesetzes nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Erstellt am: 05.06.2009
Zuletzt verändert am: 05.06.2009