Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 20.01.2012 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger wenden sich gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06.03.2009, mit dem der Beklagte seine Bewilligungsentscheidung vom 21.07.2008 für den Zeitraum vom 01.07. bis zum 31.07.2008 gegenüber den Klägern teilweise i.H.v. 6,36 Euro und 3,66 Euro wegen der Anrechnung von Einkommen der Ehefrau des Klägers zu 1) teilweise aufgehoben hat. Ein weiterer Aufhebungsbescheid, der nicht Gegenstand des Verfahrens ist, erging an die Ehefrau. In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides führte der Beklagte aus: "Gegen diesen Bescheid kann jeder Betroffene innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der im Briefkopf genannten Stelle einzulegen." Im Briefkopf des Bescheides ist das JobCenter ARGE E genannt. In der Fußzeile des Bescheides ist als Dienstgebäude der T 00 in E benannt. Des Weiteren sind in der Fußzeile eine Internetadresse sowie eine Telefonnummer des Beklagten angegeben. Zudem erscheinen in der Fußzeile auch eine Bankverbindung der Regionaldirektion NRW sowie die Öffnungszeiten des Jobcenters.
Am 27.03.2009 sprach die Ehefrau des Klägers zu 1) wegen der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide persönlich beim Beklagten vor. U.a. wurde mit ihr die Möglichkeit eines Widerspruchs besprochen. Sie erklärte, sie beabsichtige zu widersprechen, falls gegen sie ein OWiG-Verfahren eingeleitet werde. Weder von der Ehefrau des Klägers noch vom Kläger zu 1) wurde gegen die sie betreffenden Bescheide persönlich Widerspruch eingelegt.
Mit Schreiben vom 02.06.2009 legte der Prozessbevollmächtigte der Kläger per Fax am 03.06.2009 Widerspruch ein. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2009 als unbegründet zurück, führte in der Begründung aber aus, der Widerspruch sei unzulässig, da er nicht innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Bescheides eingereicht worden sei (SGG).
Mit ihrer hiergegen am 03.08.2009 erhobenen Klage haben die Kläger die Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 06.03.2009 für den Zeitraum vom 01.07.2008 bis zum 31.07.2008 beantragt und geltend gemacht, der Widerspruch sei nicht verfristet gewesen. Da die Rechtsmittelbelehrung im Bescheid fehlerhaft sei, gelte hier eine Rechtsmittelfrist von einem Jahr. Im Widerspruchsbescheid habe der Beklagte zudem eine Entscheidung in der Sache getroffen.
Das Sozialgericht Dortmund hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20.01.2012 abgewiesen. Der Beklagte habe den Widerspruch der Kläger vom 03.06.2009 zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Zwar habe er nach dem Wortlaut den Widerspruch "als unbegründet" zurückgewiesen. Ausführungen zur Sache fänden sich im Widerspruchsbescheid aber nicht. Der Beklagte habe die Zurückweisung allein auf das Fristversäumnis gestützt, da die Frist gemäß § 84 SGG von einem Monat überschritten gewesen sei. Der angefochtene Bescheid vom 06.03.2009 sei ausweislich des Vermerks am selben Tag an die Kläger gesandt worden und gelte daher gemäß § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) am 09.03.2009 als bekannt gegeben. Die Frist zur Einlegung des Widerspruchs sei damit am 09.04.2009 abgelaufen. Der am 03.06.2009 erhobene Widerspruch sei damit zu spät eingelegt worden. Für die Einlegung des Widerspruchs gelte nicht die Jahresfrist gemäß § 84 Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 66 Abs. 2 SGG, sondern die angegebene Monatsfrist. Der Beklagte habe nicht unrichtig über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die Frist belehrt. Im Bescheid werde zutreffend angegeben, dass der Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der im Briefkopf genannten Stelle eingelegt werden könne. Dies entspreche den Vorgaben des § 84 Abs. 1 S. 1 SGG. Die im Briefkopf genannte Stelle sei dabei die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen habe. Soweit die Kläger meinten, die Belehrung sei deshalb fehlerhaft, weil im Briefkopf keine Adresse angegeben sei, zu der die Einlegung des Widerspruchs zur Niederschrift möglich sei, so liege darin keine unrichtige Belehrung. Die Angabe der genauen Anschrift, bei der das Rechtsmittel eingelegt werden könne, sei nicht notwendig. Zudem lasse sich die Stelle, bei der der Widerspruch zur Niederschrift eingelegt werden könne, dem Adressfeld auf der ersten Seite des Bescheides eindeutig entnehmen. Ob das Adressfeld am unteren Ende der Seite noch zum Briefkopf im Wortsinne gehöre, könne dabei offen bleiben. Jedenfalls sei der Verweis auf den Briefkopf nicht geeignet, den Informationswert über die zuständige Verwaltungsstelle und deren Sitz zu schmälern. Ihrer Wegweiserfunktion werde die erteilte Rechtsfolgenbelehrung gerecht. Eine Verwechslung der für den Widerspruch zuständigen Stelle sei in diesen Fällen ausgeschlossen.
Die Kläger haben gegen den ihnen am 02.02.2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 29.02.2012 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.
Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, die Entscheidung des Sozialgerichts sei rechtsfehlerhaft. Die Stelle, bei der der Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt werden könne, sei in der Rechtsbehelfsbelehrung selbst nicht angegeben, es werde auf den Briefkopf verwiesen. Der Briefkopf beinhalte aber lediglich die Bezeichnung der Behörde ohne Angabe der Adresse. Diese Fehlerhaftigkeit führe dazu, dass die Widerspruchsfrist nicht verstrichen gewesen sei. Es bestehe keine endgültige Klarheit der Rechtslage. Insoweit werde auf die Niederschrift des Sozialgerichts Gotha vom 01.12.2010 verwiesen sowie auf den schriftlichen Hinweis des Sozialgerichts Duisburg vom 24.06.2011. Es läge zu der streitigen Frage weder eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vor, noch, soweit bekannt, des Landessozialgerichts NRW. Es werde jedoch auf die Entscheidung des LSG NRW vom 7.5.2007 – L 7 B 58/07 AS verwiesen. Zudem weiche die Entscheidung auch von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.03.1978 (4 B 7/78) und vom 23.08.1990 (8 C 30/88) ab. Die Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei im Rahmen des § 144 SGG zu berücksichtigen, da es sich um ein Gericht handele, das in oberster Instanz über die entsprechende Rechtsmaterie bisher zu befinden hatte.
Der Beklagte verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Dortmund vom 20.01.2012 bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt und keine Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit sind (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Kläger wenden sich gegen den Bescheid vom 06.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2009, mit welchem der Beklagte die Bewilligung von SGB II Leistungen in Höhe von insgesamt 10,02 Euro aufgehoben und diesen Betrag zurückgefordert hat. Mithin steht ein Betrag in Höhe von 10,02 Euro im Streit.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Abs. 2 Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Abs. 2 Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Abs. 2 Nr. 3).
Ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor. Der geltend gemachte Fehler in der Rechtsanwendung begründet nicht die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache im Sinne dieser Vorschrift. Ein Verfahrensmangel ist weder vorgetragen noch ersichtlich (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG).
Eine im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG abweichende Entscheidung ist nicht gegeben. Eine Divergenz i.S.v. § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG kommt nur dann in Betracht, wenn ein Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem vom Landessozialgericht, Bundessozialgericht, Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder Bundesverfassungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht. Erforderlich ist, dass das Sozialgericht bewusst eine Rechtsauffassung zugrunde gelegt hat, die von einem durch eines der dort aufgeführten Gerichte in seiner Entscheidung aufgestellten tragenden abstrakten Rechtssatz abweicht. Die Entscheidung des Sozialgerichts muss auf dieser (bewussten) Abweichung beruhen, es reicht nicht, dass etwa nur das Recht bzw. ein tragender Rechtssatz eines der übergeordneten Gerichte falsch angewendet wurde (vgl. z.B. BSG – Beschluss vom 19.11.2008 – B 12 KR 32/07 B- mwN; LSG Berlin-Brandenburg – Beschluss vom 29.04.2009 – L 25 B 935/08 NZB juris Rn. 6). Wer sich auf den Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG beruft, muss demzufolge entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze im Urteil des Sozialgerichts einerseits und in einer obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Entscheidung andererseits gegenüberstellen und begründen, weshalb diese miteinander unvereinbar sind (Senatsbeschluss vom 31.03.2009 – L 6 B 17/09 AS NZB – juris Rn. 8). Einwendungen gegen die Richtigkeit der Entscheidung des Sozialgerichts, die keine Rüge von Verfahrensmängeln im Sinn von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG darstellen, sind im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde unbeachtlich (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 25.09.2000 – L 6 B 6/97 V NZB).
Das Sozialgericht hat keinen von der Rechtsprechung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweichenden abstrakten Rechtsgrundsatz aufgestellt. Soweit die Kläger vortragen, das Gericht sei von geäußerten Rechtsmeinungen anderer Sozialgerichte oder anderer Landessozialgerichte abgewichen, sind außerhalb von Entscheidungen geäußerte Rechtsmeinungen und etwaige abweichende Entscheidungen von Sozialgerichten und von anderen Landessozialgerichten als dem Berufungsgericht von vorneherein nicht geeignet, um eine Divergenzentscheidung zu begründen (zu abweichender LSG-Entscheidung s Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG 10. Aufl. § 144 Rn 30).
Soweit die Kläger die Abweichung von einer Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen sehen, ist festzustellen, dass in dem genannten Verfahren L 7 B 78/07 AS ein anderer Sachverhalt zur Entscheidung anstand. Auf die Besonderheit hat der Senat in seinem Beschluss vom 28.09.2011 – L 7 AS 1080/11 B – juris Rdnr 6 ausdrücklich hingewiesen Die betreffende Rechtsmittelbelehrung dort enthielt lediglich unterschiedliche Stellen. Angesichts des Umstandes, dass ehemals nur im oberen Teil eines Briefbogens ("Briefkopf") enthaltene Angaben zum Absender/Verfasser des Schreibens seit geraumen Jahren oft und ausführlicher auch auf rechten und unteren Briefrand flächiger gestaltend verteilt werden, dürfte nach allgemeiner Übung der hier erfolgte Hinweis auf den Briefkopf die an den Briefrändern vorgegebenen Informationen ohne weiteres mit umfassen. Aber auch ohne diese erweiternde Auslegung der Ortsangabe ermöglichte der Hinweis "bei der im Briefkopf genannten Stelle" jedenfalls deshalb die genaue Zuordnung der einen Stelle, bei welcher der Widerspruch einzulegen war. An keiner Stelle war eine weitere Adresse, sondern nur weitere Angaben zur Kontaktaufnahme und die Bankverbindung angegeben.
Eine eventuelle Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründet nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG keine Berufungszulassung. Dieses oberste Bundesgericht ist in der Vorschrift nicht genannt. Aufgeführt sind nur obere und oberste Gerichte, die im Verfahrensgang theoretisch unmittelbar Einfluss auf die Entscheidung im sozialgerichtlichen Verfahren haben könnten.
Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil rechtskräftig, § 145 Abs. 4 S.4 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 24.10.2013
Zuletzt verändert am: 24.10.2013