Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgericht Dortmund vom 15.08.2005 werden zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
Das Sozialgericht hat den Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, "die Kosten wegen einer kostenaufwendigen Ernährung zu übernehmen, bis über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.03.2005 … entschieden worden ist", zu Recht abgelehnt. Gleichzeitig hat es aus diesem Grund die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abgelehnt.
Hinsichtlich eines Mehrbedarfs wegen der Erkrankungen Polyarthrose und chronische Gastritis nimm der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses. Wenn mit der Beschwerdebegründung hiergegen vorgetragen wird, die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge sähen bei den Erkrankungen Zwölffingerdarm- und Magengeschwüren Magenschonkost in Form von Vollkost bei einem Mehrbedarf von 27,- EUR pro Monat vor, so ist zunächst festzuhalten, dass die Klägerin an diesen Erkrankungen nicht leidet. Wenn die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung hierzu vorträgt, der Arzt (für Allgemeinmedizin) Dr. N habe in seiner Bescheinigung vom 03.03.2005 (Blatt 9 – 11 Gerichtsakte) festgestellt, sie leide an chronischer Gastritis und müsse ebenfalls Magenschonkost zu sich nehmen, so mag dies die Auffassung des Dr. N sein; Eingang in die Empfehlungen des Deutschen Vereins hat diese Ansicht nicht nehmen können. Dass, wie die Klägerin meint, die Entscheidung des behandelnden Mediziners im Einzelfall berücksichtigt werden müsse, ist in dieser Allgemeinheit nicht Ansicht des Senats. Dr. N hat lediglich die drei Diagnosen Hyperlipidämie, chronische Gastritis und Polyarthrose aufgezählt und als erforderliche Kostform lipidsenkende Kost sowie Magenschonkost angegeben. Eine Begründung insbesondere für die Notwendigkeit von Magenschonkost oder auch nur eine kausale Verknüpfung dieser Empfehlung mit den Diagnosen chronische Gastritis und Polyarthrose hat er nicht dargelegt. Demgegenüber liegen den Empfehlungen des Deutschen Vereins medizinischen Überlegungen zugrunde, die in der Regel auf entsprechendem medizinischen Konsens in der Fachwelt beruhen. Zudem hat die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin darauf hingewiesen, dass eine "Magenschonkost" in Form einer leichten Vollkost keinen von ihr geltend gemachten erwiesenen finanziellen Aufwand erfordert.
Sofern die Antragstellerin eine – in der Bescheinigung des Dr. N nicht aufgeführte – allergische Erkrankung geltend macht, so gelingt bereits die Glaubhaftmachung dieser Erkrankung als solche nicht. Die Antragstellerin kann hierzu selbst allein vortragen, ihr sei "nur erinnerlich", sie habe vor Jahren von einem Internisten Dr. E verschriebene Herz-Kreislauf-Medikamente wegen allergischer Reaktionen nicht vertragen. Sie nehme deswegen "Protector"-Kapseln als Herz-Kreislauf-Stärkungsmittel auf Naturbasis ein. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin meint, hieraus auf eine allergische Reaktion auf Lebensmittel schließen zu können, die der behandelnde Arzt Dr. N nicht einmal als Diagnose gestellt hat und die insbesondere auch nicht durch einen Allergologen festgestellt worden ist. Eine zunächst von der Antragstellerin angekündigte weitere ärztliche Bescheinigung kann sie nach ihrem ausdrücklichen Vortrag im Schriftsatz vom 26.11.2005 denn auch nicht vorlegen. Erkrankungen, die die Antragstellerin subjektiv annimmt, jedoch von behandelnden Ärzten nicht diagnostiziert worden sind, können einen hierauf gestützten Mehrbedarf nicht glaubhaft machen.
Zur Frage eines Mehrbedarfs wegen Hyperlipidämie nimmt die Antragstellerin mit Blick auf die Erkrankung selbst in der Beschwerdebegründung keine Stellung. Die Antragsgegnerin trägt hierzu – für den Senat nachvollziehbar – vor, eine Arbeitsgruppe von Ärztinnen und Ärzten aus Gesundheitsämtern mehrerer Bundesländer hätte einen Begutachtungsleitfaden erstellt, aufgrund dessen die Empfehlungen des Deutschen Vereins von diesem derzeit überarbeitet würden. In der Regel und insbesondere bei der Erkrankung Hyperlipidämie empfehle sich eine Reduktionskost in Form einer kalorienreduzierten ausgewogenen Mischkost unter Erhöhung der Anteile an Kohlehydraten und Ballaststoffen. Seien Gewichtsreduzierung und fettarme Kost nicht ausreichende Therapiemaßnahmen, sei eine medikamentöse Therapie erforderlich. Weder bei einer Reduktionsdiät noch bei einer fettreduzierten bzw. fettarmen Kost bestehe jedoch ein erhöhter Kostenaufwand. Kriterien für die Lebensmittelauswahl seien Reduktion der Gesamtfettmenge, Bevorzugung hochwertiger pflanzlicher Fette, Cholesterinarmut, Auswahl komplexer Kohlehydrate (wenig Mono- und Disaccharide) sowie Vermeidung von Alkohol. Mit der Antragsgegnerin hält es auch der Senat im Rahmen der summarischen Prüfung eines Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zumindest für überwiegend wahrscheinlich, dass die Einhaltung einer solchen Kostform nicht zu Mehrkosten führt. Wenn die Antragstellerin hiergegen vorträgt, es sei weiterhin auf die Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge abzustellen, die auf seit 1974 durchgeführten Untersuchungen beruhten, so ist die Antragstellerin darauf zu verweisen, dass etwaige Restzweifel an den Darlegungen in dem von der Antragsgegnerin herangezogenen Begutachtungsleitfaden ggf. in einem Hauptsacheverfahren zu klären sind. Dabei ist ergänzend zu berücksichtigen, dass eine Notwendigkeit für das kostenintensive Beschaffen von Lebensmitteln in Reformhäusern und Ökoläden von der Antragstellerin weder nachvollziehbar dargelegt geschweige denn glaubhaft gemacht worden ist. Es ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin ihre Nahrung auch im herkömmlichen Lebensmittelhandel beschaffen könnte. So ist nicht einmal ersichtlich, weshalb die Nahrungsmittel, die sie in ihrer Aufstellung vom 22.06.2005 (Blatt 6 – 8 Gerichtsakte) selbst als die von ihr bevorzugten Nahrungsmittel angibt, höhere Kosten verursachen als Normalernährung.
Hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg, so hat das Sozialgericht zutreffend auch die hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung verneint und deshalb die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Erstellt am: 12.03.2007
Zuletzt verändert am: 12.03.2007