Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.07.2012 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege eines Eilverfahrens die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung eines Mehrbedarfszuschlages wegen kostenaufwändiger Ernährung.
Der 1956 geborene Antragsteller ist gesundheitlich eingeschränkt. Er leidet insbesondere an den Folgen einer Kehlkopfoperation wegen einer Krebserkrankung. Vor diesem Hintergrund erhält er von der Antragsgegnerin seit Jahren durchgängig Leistungen nach dem Vierten Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII).
Im Laufe der Zeit kam es zu einer Vielzahl von Verwaltungs- und Klageverfahren zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin, die insbesondere die Höhe der Leistungen betrafen. In einem vor dem Sozialgericht Düsseldorf – S 22 SO 22/08 anhängig gewesenen Klageverfahren wandte sich der Antragsteller gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.04.2008, mit dem diese ihm eine "Diätzulage" für die Zeit vom 01.12.2007 bis zum 31.10.2009 i.H.v. 25,56 EUR monatlich bewilligt hatte. Nach richterlichem Hinweis erklärte sich die Antragsgegnerin bereit, rückwirkend zum 01.01.2008 einen Mehrbedarfszuschlag i.H.v. 10% des Eckregelsatzes zu gewähren. Einen entsprechenden Ausführungsbescheid erteilte die Antragsgegnerin unter dem 20.07.2009, woraufhin der Antragsteller das Klageverfahren für erledigt erklärte.
Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller auch in der Folgezeit – zuletzt durch Bescheid vom 15.06.2011 für den Leistungszeitraum von Juli 2011 bis Juni 2012 i.H.v. 36,40 EUR monatlich – einen Zuschlag in dargestellter Höhe ohne (nochmalige) Überprüfung der medizinischen Notwendigkeit. Seit Januar 2012 belief sich der Zuschlag auf 37,40 EUR.
Unter dem 15.05.2012 übersandte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Antragsformulare für die Fortzahlung der Leistungen ab dem 01.07.2012. Formulare für die Überprüfung bzw. Weitergewährung der Krankenkostzulage waren nicht beigefügt. Nachdem der Antragsteller den Fortzahlungsantrag eingereicht hatte, bewilligte die Antragsgegnerin ihm mit Bescheid vom 22.06.2012 für die Zeit von Juli 2012 bis Juni 2013 weiter Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII, wobei sie allerdings einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bei der Leistungsberechnung nicht mehr berücksichtigte. Dem Bescheid waren allerdings Formulare für die Überprüfung bzw. Weiterbewilligung des Mehrbedarfszuschlages beigefügt. Das Deckblatt des Bescheides enthielt außerdem folgenden Hinweis: "Bis 30.06.2012 erhielten Sie eine Ernährungszulage von monatlich 37,40 EUR. Sollte diese Ernährungszulage weiterhin erforderlich sein, so bitte ich, das ausgefüllte Formular an mich zurückzusenden, damit eine erneute Überprüfung erfolgen kann."
Gegen den Bescheid vom 22.06.2012 legte der Antragsteller am 29.06.2012 Widerspruch ein. Am 28.06.2012 hat er sich mit einem Antrag auf Erlass einer "einstweiligen Verfügung / Anordnung" an das Sozialgericht gewandt und gleichzeitig einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt.
Die Antragsgegnerin habe eine rechtswidrige Leistungskürzung vorgenommen. In dem Klageverfahren S 22 SO 22/08 habe die Antragsgegnerin hinsichtlich des Mehrbedarfszuschlages ein zeitlich unbefristetes, von weiteren Antragstellungen und ärztlichen Untersuchungen unabhängiges Anerkenntnis abgegeben. Hierauf habe er in seinem Schriftsatz vom 05.10.2009 auch hingewiesen. Erneute ärztliche Stellungnahmen seien daher nicht notwendig. Entsprechende Anträge habe er bereits 2008 gestellt.
Der Antragsteller hat schriftsätzlich beantragt,
die Antragsgegnerin vorläufig zur sofortigen wie dauerhaften Weiterleistung einschließlich rückwirkender Anweisung(en) des 10%igen Zuschlags auf den jeweils gültigen Regelsatz für kostenaufwändige Ernährung (Krankenkostzulage) zu verpflichten.
Die Antragsgegnerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die "Einstellung der Ernährungszulage nicht dem Ausgang der bereits anhängig gewesenen Klageverfahren insbesondere des Verfahrens S 22 SO 22/08 zuwiderlaufe. Im Übrigen fehle es für den Eilantrag an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller bislang keinen Antrag auf Weiterbewilligung des Mehrbedarfszuschlages unter Vorlage einer entsprechenden Stellungnahme seines behandelnden Arztes gestellt habe.
Mit Beschluss vom 13.07.2012 hat das Sozialgericht Düsseldorf den Antrag in der Hauptsache abgelehnt und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe "zurückgewiesen". Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung lägen nicht vor. Die Antragsgegnerin habe das Recht, das Fortbestehen der Voraussetzungen für die Gewährung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs nach dem Ablauf von mehreren Jahren erneut zu prüfen.
Dagegen richtet sich die am 20.07.2012 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Es liege sehr wohl eine gravierende Notlage vor. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet gewesen, ihr Vorhaben form- und fristgerecht vorher anzukündigen. Die Bewilligung des Zuschlages sei eindeutig auf Dauer erfolgt. Die Kappung durch die Antragsgegnerin erfülle den Tatbestand der Rechtsbeugung.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.07.2012 zu ändern und die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihm ab dem 01.07.2012 einen Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung i.H.v. 10% des Regelbedarfs zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerden abzuweisen.
Sie werde dem Antragsteller selbstverständlich einen entsprechenden Zuschlag gewähren, wenn die Überprüfung ergebe, dass die Voraussetzungen dafür auch weiterhin vorlägen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und die ebenfalls beigezogene Prozessakte des Sozialgerichts Düsseldorf – S 22 SO 22/08. Der Inhalt sämtlicher Akten ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die auf die (vorläufige) dauerhafte Zuerkennung eines Mehrbedarfszuschlages von 37,40 EUR monatlich gerichtete und damit nach §§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2; 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
1. Der Antragsgegnerin ist darin zuzustimmen, dass es für die Zulässigkeit des Eilantrages (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG) bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn das angestrebte Ergebnis auch auf einfachere Weise erlangt werden kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, vor § 51 Rn. 16a m.w.N.). Insoweit ist es Betroffenen grundsätzlich zumutbar, sich vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes an die Behörde zu wenden und dort entsprechende Anträge zu stellen oder Unterlagen vorzulegen (Keller a.a.O. § 86b Rn. 26b m.w.N.; ähnlich Beschluss des Senats vom 27.06.2008 – L 20 B 19/08 SO ER Rn. 30 m.w.N.).
Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass es sachdienlich gewesen wäre, wenn die Antragsgegnerin dem Antragsteller die erforderlichen Formulare bereits früher (etwa gemeinsam mit den übrigen Unterlagen für die Prüfung des Fortzahlungsanspruch ab dem 01.07.2012 unter dem 15.05.2012) übersandt hätte. Nicht zu beanstanden ist jedoch, dass sie die (weitere) Gewährung eines Mehrbedarfszuschlages für kostenaufwändige Ernährung von einer Prüfung der Notwendigkeit abhängig macht. Der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe sich im Zusammenhang mit dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Düsseldorf – S 22 SO 22/08 dauerhaft und unter Verzicht auf die Überprüfung des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen des § 30 Abs. 5 SGB XII verpflichtet, einen Zuschlag i.H.v. 10% des Eckregelsatzes zu gewähren, ist unzutreffend. Dies ergibt sich weder aus dem Gegenstand des genannten Klageverfahrens, dem der Bescheid vom 02.04.2008 und damit die Gewährung des Zuschlages nur für den Zeitraum von Dezember 2007 bis Oktober 2008 zu Grunde lag, noch aus dem Ausführungsbescheid vom 20.07.2009. Der Ausführungsbescheid kann weder von seinem Wortlaut noch von seinem objektiven Sinngehalt her dahingehend verstanden werden, dass sich die Antragsgegnerin über den streitigen Zeitraum hinaus – geschweige denn ohne weitere Prüfung – zur Zahlung des Zuschlages verpflichten wollte. Soweit der Antragsteller vorbringt, er habe das Angebot der Antragsgegnerin als solches auf dauerhafte Bewilligung des Zuschlages verstanden – was er in dem Schriftsatz vom 05.10.2009 in der Tat zum Ausdruck gebracht hat – ist dies nicht von entscheidender Bedeutung. Denn es kommt insoweit nicht auf das tatsächliche Verständnis des Antragstellers, sondern auf den objektiven Empfängerhorizont (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.06.2011 – B 8 SO 11/10 R Rn. 9 m.w.N.) an. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass jedenfalls durch den Leistungsbescheid vom 15.06.2012 die Bewilligung des Zuschlages auf die Zeit bis zum 30.06.2012 beschränkt gewesen sein dürfte.
Da die Beklagte ausdrücklich erklärt hat, sie werde nach Prüfung und Feststellung der Voraussetzungen des § 30 Abs. 5 SGB XII den Mehrbedarfszuschlag (weiter) gewähren, liegt es somit in der Verantwortung des Antragstellers, durch Einreichen des ausgefüllten Formulars und Entbindung seiner behandelnden Ärzte von deren ärztlicher Schweigepflicht die Prüfung und anschließende Fortzahlung des Zuschlages zu ermöglichen. Der Inanspruchnahme gerichtlichen (Eil-)Rechtsschutzes bedarf es dafür jedenfalls derzeit nicht.
2. Aus den unter 1. dargestellten Gründen war auch die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen. Denn es fehlt der Rechtsverfolgung daher jedenfalls an hinreichenden Erfolgsaussichten (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)). Der Senat lässt es deshalb auch dahinstehen, ob die Beschwerde bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig war, weil der Kläger vor dem Sozialgericht nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich im Hinblick auf die Entscheidung in der Hauptsache aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und im Hinblick auf die Entscheidung über die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
4. Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 15.10.2012
Zuletzt verändert am: 15.10.2012