Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.03.2007 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Entschädigung einer bereits anerkannten Berufskrankheit (BK) Nr. 4101 der Anlage zu Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der im Jahre 1935 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er lebt in Marokko. Er wurde am 00.10.1963 im untertätigen deutschen Steinkohlebergbau als Neubergmann angelegt und kehrte zum 10.06.1969 als Lehrhauer ab.
Am 07.07.1995 wurde eine BK Nr. 4101 ärztlich angezeigt. Mit Bescheid vom 30.01.2001 erkannte die Beklagte eine BK Nr. 4101 als Versicherungsfall an. Sie lehnte die Gewährung von Rente ab, da die Quarzstaublungenveränderungen als leichtgradig mit einer Streuung qq1/1 einzustufen seien. Diese silikotischen Lungenveränderungen ließen eine Funktionseinschränkung von Lunge und/oder Herz- Kreislauf-System nicht erwarten. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2001 zurückgewiesen. Die dagegen zum Sozialgericht Dortmund (SG) erhobene Klage (S 31 KN 194/01 U) wurde zurückgenommen.
Mit am 24.02.2003 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben machte der Kläger eine Verschlimmerung seines gesundheitlichen Zustandes geltend. Dieser habe sich mit dem zunehmenden Alter sehr verschlechtert. Er habe mittlerweile Atem- und Herzprobleme. Die Beklagte veranlasse aktuelle Röntgenaufnahmen des Klägers in Marokko. Dr. N aus E nahm am 14.01.2004 gutachterlich Stellung und meinte, bei einer röntgenkonstanten, allenfalls eben leichtgradigen Silikose der Kategorie qq1/1 sei von einem Leistungsfall der BK Nr. 4101 nicht auszugehen. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11.02.2004 die Gewährung von Verletztenrente wegen einer BK Nr. 4101 ab. Es läge wegen der Folgen der BK Nr. 4101 weiterhin keine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit vor. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2004 zurückgewiesen.
Zur Begründung der dagegen zum SG erhobenen Klage hat der Kläger behauptet, ärztlicherseits würden die bei ihm festgestellten Funktionseinschränkungen als Folge der BK-Nr. 4101 einen Grad der MdE um 20 v. H. rechtfertigen. Ihm sei deswegen Rente zu gewähren.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11.02.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2004 zu ändern und ihm wegen der Folgen der anerkannten Berufskrankheit entsprechend der Nr. 4101 der Anlage zur BKV eine Verletztenrente nach einer vom Gericht festzusetzenden MdE, mindestens aber um 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt. Die silikotischen Lungenveränderungen seien weiterhin nur nach pq1/1 zu qualifizieren. Lungenausfälle seien bei diesen geringgradig ausgeprägten Veränderungen nicht zu erwarten. Ferner hat die Beklagte auf Aufforderung durch das SG den Kläger durch Dr. I in D/Marokko internistisch begutachten lassen. In seinem Gutachten vom 04.04.2006 nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 13.03.2006 einschließlich röntgenologischer Untersuchung des Thorax und Durchführung einer Plethysmographie mit Blutgasanalyse stellte der Gutachter fest, der Kläger leide nicht an Dyspnoe und nicht an Cyanose, der Brustkorb sei seitengleich beatmet, es lägen sich Missbildungen und kein krankhafter Befund vor. Die Untersuchung des Herzens ergebe ebenfalls keinen krankhaften Befund. Röntgenologisch seien keine Lungenparenchymveränderungen festzustellen. Es habe sich auch kein Pleuraerguss gefunden. Bei der Bodyplethysmographie sei eine leichte bis mittelgradig, kombiniert restriktive und obstruktive Ventilationsstörung festzustellen gewesen. Aufgrund des geschilderten Befundes sei eine Erwerbsminderung von 15 – 20 % zu empfehlen. Die Beklagte legte gutachterliche Stellungnahmen von Prof. Dr. T aus C vom 21.08.2006 und 02.01.2007 vor. Die sehr geringgradig ausgeprägten silikotischen Lungenveränderungen ließen Funktionsausfälle in einem relevanten Ausmaß nicht erwarten. Die Untersuchungen in Marokko hätten völlig normale Blutgaswerte und keine Hinweise auf eine restriktive obstruktive Ventilationsstörung bzw. Lungenüberblähung ergeben. Selbst bei einem deutlichen Übergewicht des Klägers lasse die technisch befriedigende, in Marokko durchgeführte Ganzkörperplethysmographie keinen pathologischen Befund erkennen. Der klinische Befund stimme mit den typischen Zeichen einer Herzinsuffizienz im Röntgenbild überein. Somit sei eine cardiale Ursache der berichteten Dyspnoe wahrscheinlicher als eine pulmonale Ursache.
Mit Urteil vom 27.03.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei auf die Feststellungen von Prof. Dr. T vom 21.08.2006 und 02.01.2007 gestützt.
Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung wiederholt der Kläger sein Vorbringen. Auch Dr. L aus P/Marokko bestätigte am 23.01.2008 ein chronisches Lungenleiden infolge einer Staublunge mit beginnender, chronischer Ateminsuffizienz. Der Kläger legte den Befund einer spirometrischen Untersuchung am 08.04.2008 vor. Diese stelle eine unzureichende Lungenfunktion dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27.03.2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2004 zu verurteilen, Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit Nr. 4101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung nach einer MdE um 20 v. H. ab dem 24.02.2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie legt beratungsärztliche Stellungnahmen von Dr. F aus D vom 16.06.2008 und 02.10.2008 vor. Aus dem Protokoll der spirometrischen Untersuchung am 08.04.2008 lasse sich eine eindeutige obstruktive Ventilationsstörung nicht ableiten.
Der Senat hat Beweis erhoben durch pneumologisches Sachverständigengutachten des Dr. A aus J vom 24.02.2009 nach Aktenlage. Es bestehe eine eben leichtgradige silikotische Imprägnierung. Der von Dr. I erhobene physikalische Lungenuntersuchungsbefund sei unauffällig gewesen. Der strukturelle Nachweis einer Silikose sei allenfalls als diskret vorliegend anzunehmen. Dominante Bedeutung für die Beantwortung der Frage, ob bei einer derartigen, geringfügig eingelagerten Silikose die vom Kläger beklagte Kurzatmigkeitsymptomatik wahrscheinlich ursächlich auf diese silikotischen Strukturen zurückzuführen sei, komme der Lungenfunktionsuntersuchung zu. Aus dem Befund der Untersuchung am 13.03.2006 in Marokko lasse sich nicht auf eine entschädigungspflichtige Einschränkung der Lungenfunktion als Folge der eben leichtgradigen Silikose schließen. Die spirometrische Lungenfunktionsuntersuchung am 08.04.2008 ergebe eine Befundkonstellation, die in Übereinstimmung mit den Befunden vom 13.03.2006 das Vorliegen einer leichtgradigen restriktiven Ventilationsstörung wahrscheinlich mache. Es bestehe eine allenfalls beginnende silikotische Lungenstruktur, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ursächlich für die anzunehmende leichtgradige restriktive Ventilationsstörung sei. Eine Atemwegsobstruktion lasse sich aus den lungenfunktionsanalytischen Befund nicht herleiten. Die Silikose bewirke mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit keine Minderung der Erwerbsfähigkeit. Das Phänomen der von dem Kläger empfundenen, belastungsabhängigen Kurzatmigkeit sei vieldeutig und im gegebenen Fall plausibel zu erklären durch das zunehmende Alter des Klägers, durch das Übergewicht und durch die Bluthochdruckerkrankung. Hinzukomme möglicherweise eine BK-unabhängige primäre Herzfunktionsstörung. Die BK Nr. 4101 wirke sich mit der geforderten Wahrscheinlichkeit nicht nachweislich funktionsbeeinträchtigend auf das Lungen-, Herz- und Kreislauf-System aus.
Für die Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten für den Kläger verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung der bei ihm als Versicherungsfall anerkannten BK Nr. 4101 der BKV (§§ 7,9 und 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – SGB VII – § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X -). Bei dem Kläger liegt kein Leistungsfall einer BK Nr. 4101 vor. Die als Versicherungsfall bereits anerkannte BK Nr. 4101 hat bei der gegebenen Streuung keine funktionsbeeinträchtigenden Auswirkungen auf das Lungen-, Herz- und Kreislauf-System des Klägers im Sinne einer Verschlimmerung. Auf die Feststellungen des Sachverständigen Dr. A im Gutachten vom 24.02.2009 wird verwiesen, denen sich der Senat anschließt. Nach den inhaltlich ergiebigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Feststellungen des Dr. A, die dieser auch auf die ambulante Untersuchung des Klägers in Marokko am 13.03.2006 sowie das Ergebnis des spirometrischen Untersuchung des Klägers am 08.04.2008 stützt, ist aufgrund der Röntgenverlaufsuntersuchungen (von 1996 bis 2003), bei eben leichtgradiger silikotischer Imprägnierung der strukturelle Nachweis einer Silikose als allenfalls diskret vorliegend anzunehmen. Die Befunde der ambulanten Untersuchungen des Klägers ergeben eine Konstellation, die das Vorliegen einer leichtgradigen restriktiven Ventilationsstörung wahrscheinlich macht. Die danach allenfalls beginnende silikotische Lungenstruktur ist demnach mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ursächlich für die anzunehmende leichtgradige restriktive Ventilationsstörung. Eine Atemwegsobstruktion ist aus den lungenfunktionsanalytischen Befunden aufgrund ambulanter Untersuchungen des Klägers nicht abzuleiten. Die Silikose bewirkt daher mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit keine Minderung der Erwerbsfähigkeit. Damit wirkt sich das als Versicherungsfall der BK Nr. 4101 anerkannte Erkrankungsbild nicht mit der geforderten Wahrscheinlichkeit nachweislich funktionsbeeinträchtigend auf das Lungen-, Herz- und Kreislauf-System aus.
Dem in der mündlichen Verhandlung am 08.10.2009 gestellte Antrag auf Begutachtung des Klägers aufgrund körperlicher Untersuchungen brauchte der Senat nicht nachkommen. Die Beweiserhebung des Senats durch Sachverständigengutachten des Dr. A vom 24.02.2009 beruht auf der ambulanten Untersuchung des Klägers am 13.03.2006 und 08.04.2008. Für eine erneute ambulante Untersuchung des Klägers hat der Senat keine Veranlassung gesehen. Es sind keine Gründe vorgetragen worden, die eine weitere ambulante Untersuchung rechtfertigen würden. Insbesondere lässt sich nicht erkennen, dass gegenüber der letztmaligen ambulanten Untersuchung des Klägers am 08.04.2008 eine wesentliche Veränderung der gesundheitlichen Verhältnisse im Hinblick auf die funktionsbeeinträchtigenden Auswirkungen der anerkannten BK Nr. 4101 eingetreten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass, die Revision zuzulassen besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es handelt sich um die Tatsachenbewertung im Einzelfall.
Erstellt am: 07.01.2010
Zuletzt verändert am: 07.01.2010