Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.10.2005 wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Der Klägerin werden Gerichtskosten in Höhe von 225,00 Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Hinterbliebenenrente.
Die im Februar 1935 geborene Klägerin ist die Witwe des im Mai 1932 geborenen und im Februar 2003 verstorbenen Versicherten X T (im Folgenden: Versicherter). Der Versicherte war von 1947 bis 1987 im deutschen Steinkohlenbergbau beschäftigt. 1993 erlitt er einen Schlaganfall, vom 25. bis 28.11.1996 wurde er in den BG Kliniken Bergmannsheil, Medizinische Klinik und Poliklinik Abteilung für Kardiologie und Angiologie, C, wegen einer coronaren 1-Gefäß-Erkrankung behandelt: Etwa im September 1996 sei eine typische Angina pectoris Symptomatik aufgetreten und im Zuge der invasiven Abklärung eine coronare 1-Gefäß-Erkrankung sowie eine leichte Aortenstenose festgestellt, sodann dilatiert und mit einem Stent versehen worden. Bei der selektiven Koronarangiographie habe sich im November 1996 eine Rezidivstenose im Stentbereich gefunden, die redilatiert worden sei (Bericht vom 13.12.1996).
Aufgrund der Anzeige des behandelnden praktischen Arztes I I aus C leitete die Beklagte im April 1998 Verfahren zur Feststellung der Berufskrankheiten Nrn 4101 (Quarzstaublungenerkrankung – Silikose) und 4111 (Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau [ …]) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) ein. Der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten ermittelte eine Feinstaubbelastung von 152,4 Feinstaubjahren (Stellungnahme vom 07.08.1998). Internist Dr. C aus C fand im ersten Rentengutachten eine Silikose pq 1/1 pi em und eine chronische obstruktive Bronchitis. Er empfahl die Anerkennung einer BK 4111 ab dem 14.12.1994 mit einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H., ab dem Zeitpunkt seiner Untersuchung mit 30 v.H. (Gutachten vom 29.01.1999). Beratender Arzt der Beklagten Dr. I1, Arzt für Arbeitsmedizin, Allergologie und Umweltmedizin aus F, empfahl, dieser Einschätzung zu folgen (Stellungnahmen vom 02.04. und 12.05.1999).
Die Beklagte entschied, dass der Versicherte an einer Berufskrankheit nach Nr 4111 der Anlage zur BKV leide, erkannte als Folge "Einschränkung der Lungenfunktion infolge chronisch-obstruktiver Bronchitis" an und gewährte Verletztenrente. Außerdem bestehe eine Berufskrankheit nach Nr 4101 (Silikose), die wegen ihrer leichtgradigen Ausprägung keine Bedeutung für die bronchopulmonalen Ausfallerscheinungen habe (Bescheid vom 09.09.1999,).
Vom 20.09. bis 17.10.2000 fand eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Fachkrankenhaus L, Zentrum für Pneumologie, Leitender Arzt Prof. Dr. L, statt. Dort wurden (ua) eine chronisch obstruktive Bronchitis mit aufgepfropftem Asthma bronchiale sowie eine koronare Herzkrankheit (RCA Stenose von 30 %, RIVA-Stenose im mittleren Bereich von 50 %, distale Circumflexa hochgradig stenosiert mit Zustand nach PTCA und Stent-Implantation und Re-PTCA im Stentbereich) diagnostiziert. Es liege eine leicht- bis mittelgradige Obstruktion mit voller Reversibilität unter Bronchospasmolyse vor. Prof. Dr. L führte – von der Beklagten als Gutachter eingeschaltet – aus, dass sich im Vergleich zum Gutachten von Dr. C im Bereich der obstruktiven Bronchitis eine allenfalls leichte Verschlechterung ergeben habe, bezüglich der silikotischen Veränderungen bestehe Befundkonstanz. Insgesamt sei das Ausmaß der chronischen obstruktiven Bronchitis mit 30 v.H. ausreichend entschädigt (Gutachten vom 25.10.2000). Vom 24.07. bis 21.08.2002 fand eine weitere Rehabilitationsmaßnahme im L statt: Der Versicherte klage über Belastungsdyspnoe (Treppensteigen über 2 Etagen möglich), morgentliches Husten, keinen Auswurf, keine infektanginösen Beschwerden. Lungenfunktionell bestehe keine Einschränkung (Bericht vom 21.08.2002). Bei Gutachter Dr. C klagte der Versicherte etwa 3 Wochen später über Luftnot schon bei kleineren Anstrengungen, zeitweiligen Husten, vor allem bei Belastungen, und hohen Blutdruck. Dr. C fiel eine im Vergleich zu 1999 deutlich vergrößerte Herzsilhouette auf, außerdem seien Zeichen einer Linksherzschädigung erkennbar. Diese sei Ausdruck einer allseitigen Erweiterung der linken Herzkammer, diese wiederum Folge der bekannten Herzkranzgefäßverkalkung. Daneben bestehen geringe silikotische Einlagerungen nach pq 1/1 em pi. Die festgestellten Atemwegswiderstände hätten gegenüber der Untersuchung von Januar 1999 und der letzten Untersuchung im Fachkrankenhaus L im August 2002 nicht an Intensität zugenommen, die pulmonalen Ausfallserscheinungen rechtfertigten eine Erhöhung der MdE über 30 v.H. hinaus nicht. Die angegebene Zunahme der Luftnot müsse auf die zunehmende Herzleistungsschwäche bei Herzkranzgefäßverkalkung zurückgeführt werden (Gutachten vom 10.09.2002).
Der Versicherte verstarb am 25.02.2003 in seiner Wohnung. In der durch Notarzt Chirurg A ausgestellten Todesbescheinigung heißt es, unmittelbare Todesursache sei eine Ateminsuffizienz gewesen, diese sei Folge einer Bronchitis, diese wiederum Folge einer Silikose, außerdem habe eine Herzklappeninsuffizienz mit zum Tode geführt. Dem gegen 2 Uhr morgens eingetretenen Tode sei am vorangehenden Nachmittag zunehmend schlimmer werdende Atemnot vorangegangen. Zum Notfallgeschehen ist ausgeführt, der Patient sei auf der Toilette sitzend blitzeblau und nach Luft ringend angetroffen worden, "nicht ansprechbar, Schnappatmung".
Dr. I1 führte für die Beklagte aus, der Versicherte sei an den Folgen eines Herz-Kreislauf-Versagens verstorben, die anerkannte Berufskrankheit sei nicht mit Wahrscheinlichkeit wesentliche Teilursache des Todes. Es sei insgesamt ungewöhnlich, dass bei einer nur leichtgradig ausgeprägter chronisch obstruktiver Emphysembronchitis sich innerhalb von wenigen Stunden eine Ateminsuffizienz manifestiere, dagegen sei es nicht ungewöhnlich, dass eine Herzkrankheit sich innerhalb von wenigen Stunden derart verschlechtere. Die jeweilige Symptomatik könne dabei durchaus identisch sein und sich in Form von Luftnot manifestieren (Gutachten vom 03.07.2003).
Die Beklagte lehnte ab, Hinterbliebenenleistungen zu gewähren, weil der Versicherte an den Folgen eines Herz-Kreislauf-Versagens gestorben sei (Bescheid vom 05.08.2003). Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, die zum Tode führende Atemnot sei auf Lungenfunktionsstörungen zurückzuführen gewesen. Dazu legte sie eine Bescheinigung des Dr. I vor, wonach die anerkannte Berufskrankheit ursächlich für den Tod geworden sei; ohne die Berufskrankheit hätte er eine höhere Lebenserwartung gehabt (Bescheinigung vom 05.09.2003). Beratender Arzt der Beklagten Prof. Dr. S aus C schloss sich der Beurteilung von Dr. I1 an (Stellungnahme vom 06.11.2003). Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 23.01.2004).
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben und vorgetragen, die verfügbaren Indizien sprächen hier für einen Zusammenhang zwischen den Folgen der BK Nr 4111 und dem Tod. Zur weiteren Begründung hat sie sich auf Stellungnahmen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. C1 aus P bezogen. Danach sei der Versicherte ohne Zweifel an einer respiratorischen Insuffizienz als Folge einer chronischen obstruktiven Bronchitis und eines Emphysems bei gleichzeitigem Bestehen einer BK Nr 4101 gestorben. Es handele sich um eine typische Mischfeinstauberkrankung, bei der durch ultrafeine Nanopartikel auch die Kreislauforgane, das Herz und anscheinend auch das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen worden seien. Eine aufgrund der Läsionen aufgepfropfte Pneumonie, die nicht habe beherrscht werden können, habe den Tod herbeigeführt. Der Tod sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch Feinstaubeinwirkung um einige Jahre verfrüht eingetreten (Stellungnahme vom 28.04. und 12.08.2005).
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 05.08.2003 in der Fassung vom 23.01.2004 auf zuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre ablehnende Entscheidung für zutreffend gehalten und sich durch die Beweisaufnahme bestätigt gesehen.
Dr. I hat berichtet, seit etwa 1998 hätten sich die Befunde verschlechtert, der Versicherte habe deutlich stärkere Atembeschwerden bekommen und sei kurzatmig gewesen (Bericht vom 09.07.2004). Arzt A hat ausgeführt, dass die in der Todesbescheinigung enthaltenen Angaben über Atemnot und Silikose von der Klägerin gemacht worden seien. Er habe den Versicherten nicht ansprechbar und mit Herz-Kreislaufstillstand vorgefunden. Die Erstdiagnose ohne Kenntnis der Vorgeschichte sei eine Ateminsuffizienz auf der Grundlage einer exacerbierten Bronchitis bei vorbestehender Silikose gewesen (Bericht vom 21.09.2004). Gerichtlicher Sachverständiger Prof. Dr. U, Chefarzt der Abteilung Pneumologie im Universitätsklinikum F, hat geurteilt, der Versicherte sei unmittelbar in einer respiratorischen Insuffizienz auf dem Boden eines vermutlich recht akuten Versagens der Herzens verstorben. Gewissheit über die Todesursache sei aus Gründen einer nicht durchgeführten Sektion nicht zu erreichen. Der Gesamtverlauf und die Erkrankungsentwicklung unter Berücksichtigung der Funktionsdaten zwischen 1994 und 2002 ließen eine Ursächlichkeit oder auch eine Teilursächlichkeit der berufsbedingten obstruktiven Atemwegserkrankung für den Tod nicht wahrscheinlich machen. Als Ursache für den Tod seien berufsunabhängige Erkrankungen ausschlaggebend, diese stünden absolut im Vordergrund. Die angegebene Entwicklung einer zunehmenden Luftnot sei aufgrund der vorliegenden Funktionsdaten nicht auf eine progrediente Einschränkung der Lungenfunktion zu Lasten der berufsbedingten Erkrankung zurückzuführen. Die Akuität des Todeseintritts widerspreche einer absehbaren Entwicklung der Erkrankung. Insbesondere das Ergebnis der Rehabilitation im August 2002 sei im Bezug auf die obstruktive Atemwegserkrankung so ausgesprochen gut, dass ein Zusammenhang zwischen Tod und berufsbedingter Atemwegserkrankung auszuschließen sei. Die Folgen der BK hätten den Tod des Versicherten auch nicht mindestens um 1 Jahr vorverlegt. Die Auswirkungen im Sinne der Obstruktion seien in ihrem Ausmaß als geringgradig anzusehen. Die Zeit zwischen August 2002 und dem Tode sei nicht geeignet, eine Verschlechterung der berufsbedingten Erkrankung in einem solchen Ausmaß hervorzurufen, dass der Tod Folge dieser Erkrankung ist. Auf dem Boden der gemessenen Lungenfunktion sei eine normale Lebenserwartung anzunehmen. Es sei darauf hinzuweisen, dass noch im August 2002 lediglich 2 Medikamente in geringer Konzentration zur Behandlung der Atemwege ausreichten, eine nahezu normale Lungenfunktion zu gewährleisten (Gutachten vom 08.02.2005). Bei dieser Einschätzung ist der Sachverständige auch nach Auseinandersetzung mit den Einwendungen des Dr. C1 geblieben: Die festgestellte Schnappatmung sei nicht Ausdruck von Zwerchfellspasmen, sondern ein Atemtyp, der direkt vor dem Tode entstehe. Sollte tatsächlich auch noch eine Pneumonie vorgelegen haben, so sei zwischen dieser und der BK 4111 kein unmittelbarer Zusammenhang möglich. Auch die Kreislaufsituation spreche für eine kardiale Störung, ebenso die Therapie mit wassertreibenden Mitteln unter Einsatz von Katecholaminen. Lungenstauung bei krankem Herzen, eitrige Bronchitis sowie Pneumonie seien ohne Zusammenhang mit der BK 4111 mit leichten Ausmaß (ergänzende Stellungnahme vom 09.06.2005).
Das SG hat diese Ausführungen für überzeugend gehalten und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.10.2005).
Mit ihrer Berufung hat die Klägerin vorgetragen, einer durch 37 Jahre Untertagearbeit verursachten Zustaubung der Lunge die Mitursächlichkeit am Todesfallgeschehen abzusprechen, das in einem Ersticken gipfelt, erscheine als gewissermaßen starkes Stück. Die Wesentlichkeit dieser Bedingung bestimme sich nach der praktischen Lebenserfahrung, über die offenbar weder die Beklagte noch das SG verfügten. Wegen der 152,4 Staubjahre sei die Lebenserwartung des Versicherten a priori um mehrere Jahre herabgesetzt gewesen. Der dramatische Todeseintritt unterstreiche genau diese ärztliche Erfahrung. Der Zusammenhang der Berufskrankheiten mit dem Todesfallgeschehen sei evident.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.10.2005 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 05.08.2003 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 23.01.2004 zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenrente ab dem 01.03.2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat zunächst erneut praktischen Arzt Dr. I befragt, der ergänzend ausgeführt hat, bei den letzten Untersuchungen im Februar 2003 habe der Versicherte vorwiegend über Atembeschwerden geklagt, er sei deutlich kurzatmig gewesen. Über der Lunge seien deutliche bronchiale Atemgeräusche auszukultieren gewesen, es habe ein gelblicher Auswurf bestanden (Bericht vom 20.03.2006). Auf Antrag der Klägerin befragter Sachverständiger Dr. W, Chefarzt der Medizinischen Klinik III (Pneumologie) des Krankenhauses C in N, hat in Auswertung aller Befunde festgestellt, dass der Versicherte 2002 zunehmend unter Luftnot gelitten habe und kaum körperlich belastbar gewesen sei. Aufgrund der Messwerte könne diese Symptomatik nicht zum überwiegenden Teil einer obstruktiven Atemwegserkrankung zugerechnet werden, vielmehr sei zu vermuten, dass die koronare Herzerkrankung, die Adipositas, der Diabetes mellitus und die Hypertonie bereits seinerzeit für die Dyspnoe verantwortlich waren. Man könne außerdem nicht davon ausgehen, dass sich zwischen August 2002 und dem Todestag ein derartiges Fortschreiten der Atemwegserkrankung eingestellt habe, dass diese zum überwiegenden Teil den Tod herbeigeführt haben könnte. Neben der bekannten koronaren Dreigefäßerkrankung sei bei dem Versicherten zusätzlich eine Aortenstenose diagnostiziert worden, die durch Rückstau des Blutflusses über die Pulmonalvenen Luftnot verursache. Weitere Risikofaktoren für eine Gefäßsklerose seien der Bluthochdruck, die Zuckererkrankung und die Fettstoffwechselstörung. Somit erscheine es in erster Linie wahrscheinlich zu sein, dass die Luftnot durch nicht berufskrankheitenbedingte Faktoren verursacht worden ist. Auch die Situation, die der Notarzt vorgefunden habe, nämlich dass der Versicherte nachts auf der Toilette blitzeblau und nicht ansprechbar vorgefunden worden sei, spreche zum überwiegenden Teil gegen eine berufskrankheitsbedingte Todesursache. Insgesamt spreche alles dafür, dass es sich um ein cardiales Ereignis gehandelt habe, das durch progrediente Leistungseinschränkung des linken Ventrikels auf dem Boden einer koronaren Herzerkrankung, der Hypertonie und der bekannten Aortenstenose entstanden ist. Die Ausführungen des Dr. C1 seien nicht überzeugend, der Aspekt der von ihm vermuteten Lungenstauung sei hier hervorzuheben, diese sei sicherlich nicht erklärbar durch eine Belastung des rechten Ventrikels, die bei einer schwergradigen COPD zu erwarten wäre, aber beim Versicherten sicherlich nicht festzustellen war. Die Lungenstauung mit Linksherzversagen sei verursacht durch die koronare Dreigefäßerkrankung und die bekannte Aortenklappenstenose. Der Versicherte sei an den Folgen eines akuten Linksherzversagens mit Lungenstauung und konsekutiver respiratorischer Insuffizienz verstorben. Auch eine Teilursächlichkeit der berufsbedingten obstruktiven Atemwegserkrankung lasse sich nicht ableiten. Berücksichtige man die Funktionsdaten aus dem Jahre 2002, sei die Atemwegsobstruktion vom Ausmaß her als geringgradig einzustufen. Auf dem Boden der gemessenen Lungenfunktionsdaten sei von einer normalen Lebenserwartung auszugehen (Gutachten vom 11.11.2006).
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann den Rechtsstreit in der Sache entscheiden, obwohl die Klägerin in der mündlichen Verhandlung alle Berufsrichter des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat, § 60 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 47 Abs 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) in der Fassung des Justizmodernisierungsgesetzes vom 24.08.2004 (BGBl I 2198). § 47 Abs 2 Satz 2 ZPO kommt nicht zur Anwendung, da das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt worden ist (Beschluss vom 19.4.2007).
Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 5.8.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.1.2004 (vgl § 95 SGG) nicht beschwert, weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Zu Recht und mit zutreffender, durch die zweitinstanzlichen Ermittlungen weiter erhärteter Begründung hat das SG einen Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (insbesondere auf Witwenrente nach § 65 SGB VII) verneint. Es kann dahinstehen, ob die Beschänkung des Anspruchs auf Hinterbleibenenleistungen auf eine einzelne BK, hier die BK 4111, wie sie die Klägerin entgegen ihrer ursprünglichen Ankündigung mit dem zuletzt gestellten Sachantrag offenbar vornehmen will, die Überprüfbarkeit des Verfügungssatzes im angefochtenen Bescheid entsprechend beschränkt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme können die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch nämlich auch unter Berücksichtigung der BK 4101 nicht festgestellt werden.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach den Regelungen des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII). In der gesetzlichen Unfallversicherung haben Hinterbliebene Anspruch auf Hinterbliebenenrente nur , wenn der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist, § 63 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm Satz 2 SGB VII. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und BKen (§ 7 Abs 1 SGB VII). Der Tod selbst ist dagegen kein eigener Versicherungsfall, sondern kann lediglich der "ultimative" Folge- und Spätschaden eines Versicherungsfalles sein (stRspr bereits seit RVA vom 26. September 1928, EuM 23, 171, 172, vgl BSGE 88, 226, 228 = SozR 3-2700 § 63 Nr 1 mwN). Der Tod des Versicherten ist infolge eines Versicherungsfalls eingetreten, wenn er durch einen Arbeitsunfall oder eine BK, und sei es auch nur mittelbar, vor allem aufgrund der sich aus ihnen ergebenden Gesundheitsstörungen und Erkrankungen, verursacht wurde (BSGE 66, 156 = SozR 3-2200 § 553 Nr 1), dh wenn diese mit Wahrscheinlichkeit eine rechtlich wesentliche Bedingung hierfür waren. Ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen einer Berufskrankheit der Nrn 4101 und/oder 4111 und dem Tod des Versicherten lässt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Im Gegenteil ist danach überwiegend wahrscheinlich, dass der Versicherte (wesentlich) an einem mit den genannten BKen und ihren Folgen in keinem Zusammenhang stehenden Herzleiden verstorben ist. Der Senat geht dabei davon aus, dass durch den Bescheid vom 9.9.1999 zwischen dem Versicherten und der Beklagten – zutreffend – festgestellt worden ist, dass beim Versicherten sowohl eine BK Nr 4101 als auch eine BK Nr 4111 vorlagen. Auch wenn die Bindungswirkung des Bescheides sich nicht auf die Klägerin als Witwe des Versicherten erstreckt, weil es sich um einen originären und keinen vom Versicherten abgeleiteten Anspruch handelt (Bereiter -Hahn. Gesetzliche Unfallversicherung. Handkommentar. 5. Aufl. Stand März 2007. § 63 SGB VII Rdnr 3), besteht nach Lage der Akten keinerlei Veranlassung, an der Richtigkeit dieser Feststellung zu zweifeln. Der Tod ist jedoch nicht infolge einer dieser Berufskrankheiten eingetreten, § 63 Abs 1 Satz 2 SGB VII. Ob die Verursachung des Todes eines Versicherten infolge eines Versicherungsfalls festgestellt werden kann, entscheidet sich – bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne – letztlich danach, ob die Berufskrankheit selbst – und nicht eine andere, davon unabhängige Ursache – die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Todes bildet (st Rspr des BSG; vgl stellvertretend BSGE 63, 277, 278 = SozR 2200 § 548 Nr 91 mwN; Brackmann/Krasney, SGB VII, 12. Aufl, § 8 RdNrn 308 ff). Welcher Umstand entweder für den Eintritt eines Versicherungsfalls oder – worauf es hier bei der Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität entscheidend ankommt – für den Eintritt des Schadens, nämlich den Tod des Versicherten, als wesentlich angesehen werden muss, ist durch eine wertende Betrachtung aller in Frage kommenden Umstände zu ermitteln. Die einzelnen Bedingungen müssen gegeneinander abgewogen werden; ob eine von ihnen wesentlich den Erfolg mitbewirkt hat, ist anhand ihrer Qualität zu entscheiden. Auf eine zeitliche Reihenfolge oder die Quantität kommt es nicht an. Zur Bewertung der Qualität einer bestimmten Bedingung hat die Rechtsprechung (s etwa BSGE 59, 193, 195 = SozR 2200 § 548 Nr 77 mwN) vielfach auf die Auffassung des "täglichen" oder "praktischen" Lebens abgestellt. Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19 ff mwN) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus, anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen die Berufskrankheit und ihre Folgen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen haben (vgl BSGE 66, 156, 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr 1 mwN). Gleichzeitig ist im Rahmen der Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm – hier des § 63 Abs 1 SGB VII – zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl BSG SozR 2200 § 548 Nr 96 mwN).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich bereits nicht sicher feststellen, ob der Tod durch die BK 4101 und oder die BK 4111 bzw. deren anerkannte ("Einschränkung der Lungenfunktion infolge chronisch-obstruktiver Bronchitis") oder sonstige Folgen überhaupt im naturwissenschaftlichen Sinne (mit-)verursacht worden ist. Selbst wenn man aber zugunsten der Klägerin eine solche (Mit-)Verursachung als gegeben unterstellte, handelte es sich nicht um einen wesentlichen Ursachenbeitrag im Sinne der oben dargelegten Grundsätze. Dies folgt daraus, dass (1) beim Versicherten im Zeitpunkt des Todes zahlreiche gravierende Gesundheitstörungen, insbesondere eine Herzleiden, vorlagen, die den Tod (allein) erklären, (2) aus den unmittelbaren Umständen des Todes und (3) aus der Tatsache, dass nachweislich nur funktionell geringfügige Folgen der BKen Nrn 4101 und 4111 vorlagen. Bei dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die übereinstimmenden Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. U und Dr. W sowie die – urkundsbeweislich zu berücksichtigenden – Ausführungen von Dr. I1 und Prof. Dr. S. Die als Beteiligtenvorbringen der Klägerin zu wertenden Äußerungen des Arztes Dr. C1 geben zu berechtigten Zweifeln keinen Anlass.
Eine zuverlässige Zusammenhangsbeurteilung setzt voraus, dass die Todesursache möglichst exakt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit (hier maßgeblicher Beweismaßstab) festgestellt werden kann. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Notarztes Chirurg A in der Todesbescheinigung und im Bericht vom 21.9.2004 sowie der wertenden Beurteilung der Sachverständigen und der von der Beklagten eingeschalteten Gutachter ist (lediglich) feststellbar, dass der Versicherte an einer Ateminsuffizienz (synomym: respiratorischen Insuffizienz) gestorben ist. Die zusätzlichen Angaben von Notarzt A in der Todesbescheinigung beruhen auf Angaben der Klägerin und nicht auf von ihm erhobenen Befunden. Die Annahme des Dr. C1, eine "aufgepfropfte Pneumonie" habe zum Tode geführt, ist durch Tatsachen nicht belegt und bleibt reine Spekulation. Eine weitergehende Aussage zur Todesursache ist wegen unterbliebener Obduktion bzw. Leichenöffnung nach Exhumierung nicht möglich. Anhaltspunkte dafür, dies der Beklagten zuzurechnen und die Beweisanforderungen zu reduzieren, sieht der Senat schon deshalb nicht, weil die Klägerin einer entsprechenden Anregung der Beklagten nicht zugestimmt hat. Damit ist (nur) feststellbar, dass der Versicherte an Luft- bzw. Sauerstoffmangel erstickt ist.
Vor dem Hintergrund der nach dem Beweisergebnis feststehenden Tatsachen einer schweren Herzerkrankung und einer allenfalls leichten Lungenerkrankung ist bereits nicht wahrscheinlich, dass das Folgen der Bken 4101 und/oder 4111 überhaupt ursächlich für den Tod bzw. die zum Tod führende Ateminsuffizienz geworden sind. Ob die als BK-Folge zu berücksichtigende Einschränkung der Lungenfunktion (oder etwaige sonstige BK-Folgen) überhaupt ursächlich zu dieser Ateminsuffizienz (oder der vorangehenden Atemnot) beigetragen haben, bleibt danach offen. Die Sachverständigen zeigen im Rahmen ihrer Zusammenhangsbeurteilung keine Tatsachen auf, die einen solchen Ursachenbeitrag wahrscheinlich machten, sondern führen im Gegenteil nur Tatsachen an, die gegen einen solchen Zusammenhang sprechen. Dabei kommt Dr. W zu dem Schluss, dass der Versicherte an akutem Linksherzversagen mit Lungenstauung und konsekutiver respiratorischer Insuffizienz verstorben ist und diese Ursachen "nichts mit der BK 4111 zu tun haben". Auch eine Teilursächlichkeit der berufsbedingten obstruktiven Atemwegserkrankung lasse sich nicht ableiten. Prof. Dr. U führt aus, der Gesamtverlauf und die Erkrankungsentwicklung unter Berücksichtigung der Funktionsdaten zwischen 1994 und 2002 ließen eine Ursächlichkeit oder auch eine Teilursächlichkeit der berufsbedingten obstruktiven Atemwegserkrankung für den Tod nicht wahrscheinlich machen. Die – auf Ausführungen des Dr. C1 fußende – Behauptung der Klägerin, auch das Herzleiden sei BK-Folge, sieht der Senat durch das Ergebnis der Beweisaufnahme als widerlegt an. Denn alle gehörten Ärzte haben das Herzleiden nach dem Verlauf dieser Erkrankung als bk-unabhängig beurteilt. Infolge einer Lungenfunktionseinschränkung wäre allenfalls eine Rechtsherzschädigung, nicht jedoch die tatsächlich vorliegende Linksherzschädigung zu erwarten gewesen (Dr. W).
Dies folgt im Einzelnen aus folgenden feststehenden Tatsachen: Beim Versicherten lag seit längerer Zeit eine Verschlusskrankheit der Arterien vor. Nach einem rechtshirnigen Schlaganfall im Jahre 1993 kam es Mitte 1996 zu einer Coranardilatation ("PTCA") bei Implantation eines sog. Stents, d.h. zur Beseitigung eines Verschlusses im Bereich einer Coronararterie. Damals wurden eine coronare Eingefäßerkrankung und eine leichte Aortenkappenstenose festgestellt. Im November 1996 kam es zu einer Redilatation. Dr. C fand im Januar 1999 eine coronare Herzerkrankung bei schon länger vorbestehendem Diabetes mellitus und Bluthochdruck. Prof. Dr. L fand 2000 und 2002 eine leichte bis mittelgradige Obstruktionen mit voller Reversibilität unter Bronchospasmolyse mit asthmoider Komponente und eine coronare Herzerkrankung in Form einer Dreigefäßerkrankung mit leichter Aortenstenose und leichter Mitralinsuffizienz. Dr. C fand im September eine deutlich vergrößerte Herzsilhouette sowie massiv gesenkte ST-Strecken links präcordial als Zeichen einer Linksherzschädigung und deutete dies als Ausdruck einer allseitigen Erweiterung der linken Herzkammer, die Folge der bekannten Herzkranzgefäßverkalkung war. Auf dieser Erkrankung beruhte die vom Versicherten angegebene Zunahme der Luftnot. Daraus ergibt sich, dass beim Versicherten im Zeitpunkt seines Todes eine "in den letzten Jahren progredient verlaufende, zuletzt ausgeprägte coronare Herzkrankheit" (Dr. I1) bzw. "eine schwere coronare Herzkrankheit, die bereits 2002 zu vermehrter Herzleistungsschwäche führte" (Prof. Dr. S), bzw eine "coronare Dreigefäßerkrankung mit leichtem, mittlerem und hochgradigem Verschluss jeweils einer Coronararterie bei hörbarer Herzklappenerkrankung (Aortenstenose), massiver Übergewichtigkeit, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit und Fettstoffwechselstörung" vorlag (Prof. Dr. U; Dr. W). Dagegen lag als Folge der Berufskrankheit Nr 4111 nur eine leichte Einschränkung der Lungenfunktion vor, deren Auswirkungen in der Zeit von 1999 bis 2002 etwa gleich geblieben sind. Dabei handelte es sich um eine leichtgradig ausgeprägte chronisch obstruktive Emphysembronchitis ohne Hinweis für Exazerbationen (Dr. I1), bzw. eine noch normalisierbare, eindeutig leichtgradige Atemwegserkrankung bzw. eine leichtgradige überwiegend periphere obstruktive Ventilationsstörung mit leichtgradiger Restriktion (Prof. Dr. L). Die erhobenen Lungenfunktionsdaten ließen eine normale Lebenserwartung zu (Dr. W). Die BK 4101 war so geringradig ausgeprägt, dass mit Wahrscheinlichkeit darauf zurück zu führende funktionelle Folgen nicht festgestellt werden konnten.
Selbst wenn man aber zugunsten der Klägerin unterstellte, die bk-bedingte geringfügige Einschränkung der Lungenfunktion habe im Sinne einer nicht hinweg zu denkenden Bedingung den Tod mit verursacht, weil eine Lungenfunktionseinschränkung immer (auch) zu einer Beeinträchtigung der Atemfunktion führe, zeigt das Beweisergebnis eindeutig und für den Senat nachvollziehbar, dass ein wesentlicher Beitrag dieses Leidens für den Tod des Versicherten nicht erkennbar ist, sondern nahe liegt, dass (wahrscheinlich) das Herzleiden wesentlich und damit im Rechtssinne allein ursächliche Bedingung für den Tod war. Denn es spricht alles dafür, dass es sich bei der Todesursache um ein kardiales Ereignis aufgrund progredienter Leistungseinschränkung des linken Herzventrikels auf dem Boden einer koronaren Herzkrankheit, einer Hypertonie und der bekannten Aortenstenose gehandelt hat (Dr. W). Dafür spricht zunächst die bereits aufgezeigte Korrelation zwischen den festgestellten Befunden und den damit verbundenen Funktionseinschränkungen der jeweiligen Erkrankungen. Eine erhebliche Verschlimmerung des Lungenleidens zwischen August 2002 und Februar 2003, die die unmittelbar vor dem Tode eingetretene Zunahme der Atemnot bis zur letztlich eingetretenen Ateminsuffizienz erklären könnte, ist schlechterdings nicht vorstellbar und wird auch durch die Angaben des Hausarztes Dr. I nicht belegt (Prof. Dr. U). Überdies sind die Umstände des Todes, wie vom Notarzt A geschildert, ganz untypisch für den Tod aufgrund von Folgen einer chronischen obstruktiven Bronchitis. Gegen einen Zusammenhang spricht auch die Akuität des Todeseintritts. Die Entwicklung einer zunehmenden Luftnot ist aufgrund der vorliegenden (Lungenfunktions-)Daten nicht auf eine progrediente Einschränkung der Lungenfunktion zurückzuführen (Prof. Dr. U). Aufgrund der Messwerte ist vielmehr zu vermuten, dass für den Todeseintritt koronare Herzkranzheit, Adipositas, Diabetes mellitus und Hypertonie verantwortlich waren. Denn auch die Aortenstenose verursacht Luftnot durch Rückstau des Blutflusses über die Pulmonalvenen (Dr. W). Tatsachen, die den Schluss auf eine wesentliche Verursachung des Todes durch BK-Folgen wahrscheinlich machten, liegen dagegen nicht vor.
Der Tod des Versicherten ist auch nicht deshalb infolge eines Versicherungsfalls eingetreten, weil der Versicherte ohne die Berufskrankheit wahrscheinlich mindestens ein Jahr länger gelebt hätte (vgl. zu diesem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Sonderfall: Bereiter-Hahn/Mehrtens. § 63 SGB VII Rdnr 4.4 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Bei dem Topos der "Lebensverkürzung um 1 Jahr" handelt es sich nicht etwa um eine eigenständige Kausalitätsnorm, sondern um einen expliziten Unterfall der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung, nach dem die wesentliche Ursächlichkeit für den Tod bei einer Lebensverkürzung durch Bk-Folgen von mindestens einem Jahr unwiderleglich vermutet wird (BSGE 62, 200, 203 = SozR 2200 § 598 Nr 10). Dabei geht es nicht – wie die Klägerin offenbar wiederum unter Bezugnahme auf Ausführungen des Dr. C1 meint – etwa darum, dass die berufsbedingten Staubeinwirkungen bei exponierten Bergleuten unter Tage statistisch gesehen zu einer Lebensverkürzung führen. Entscheidend ist vielmehr, ob sich im konkreten Fall eine solche einjährige Lebensverkürzung wegen BK-Folgen wahrscheinlich machen lässt. Dies ist nach dem Beweisergebnis nicht der Fall. Die Sachverständigen haben vielmehr ausgeführt, dass die geringfügigen Einschränkungen der Lungenfunktion die konkrete Lebenserwartung des Versicherten nicht beeinflusst haben, sondern bei ihm gleichwohl eine normale Lebenserwartung bestand (Prof. Dr. U; Dr. W).
Für diese Beurteilung ist der – zutreffende – Einwand der Klägerin, bei einer wesentlichen Mitursache müsse es sich nicht um eine annähernd gleichwertige Ursache handeln (vgl BSG Urteil vom 9.5.2006, SozR 4 – 2700 § 8 Nr. 17 sowie Urteile vom gleichen Tag Az.: B 2 U 40/05 R und B 2 U 26/04 R), ohne Belang. Denn auch unter Berücksichtigung der danach vorzunehmenden wertenden Entscheidung über die Wesentlichkeit ist davon auszugehen, dass das Herzleiden als Ursache für den Tod mit einer so überragenden Wahrscheinlichkeit in Betracht kommt, dass es einzig wesentliche Ursache und damit einzige Ursache im Sinne des Sozialrechts ist (vgl. BSG aaO).
Weitere Beweiserhebungen im Sinne der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge sind nicht geboten. Die von der Klägerin aufgeworfenen Beweisfragen sind vielmehr durch die Beweisaufnahme abschließend geklärt. Tatsachen, die eine weitere Beweiserhebung nahe legten, hat die Klägerin nicht dargetan.
Die zweitinstanzliche Klage (-änderung, §§ 153 Abs 1, 99 Abs 1 SGG) ist unzulässig. Eine Klageänderung – als solche ist die Einführung eines gänzlich neuen Streitgegenstandes (hier: Bescheidungsanspruch) anzusehen – ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält, § 99 Abs 1 SGG. Eine ausdrückliche Einwilligung der Beklagten liegt nicht vor. Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Klageabweisungsantrag stellt auch keine konkludente Einwilligung dar, da sich die Beklagte damit nicht in der Sache auf die geänderte Klage eingelassen hat. Ein auf Klageabweisung gerichteter Sachantrag umfasst vielmehr auch die Abweisung der Klage (-änderung) als unzulässig. Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich. Tatsachen, die die Klageänderung sachdienlich erscheinen lassen, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Der Senat vermag solche Tatsachen auch nicht zu erkennen. Insbesondere führte die Zulassung der Klageänderung nicht dazu, dass der Streit zwischen den Beteiligten in einem Verfahren endgültig bereinigt werden kann. Dies ist bei einer Untätigkeitsklage grundsätzlich nicht der Fall, weil sie gerade auf Fortsetzung eines (Verwaltungs-)Verfahrens gerichtet ist. Tatsachen, die es sachdienlich erscheinen lassen, diese spezifische Klageart im Rahmen eines anhängigen Berufungsverfahrens mitzubehandeln und nicht das sachlich zuständige erstinstanzliche Sozialgericht (§ 8 SGG) damit zu befassen, sind für den Senat schlechterdings nicht erkennbar. Auch ein Zusammenhang mit dem Streitstoff, der für eine Sachdienlichkeit sprechen könnte, besteht nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG und – soweit der Klägerin Gerichtskosten auferlegt werden – auf § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 iVm mit Satz 2 SGG in der seit dem 02. 01. 2002 geltenden Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes – 6. SGG-ÄndG – vom 17.8.2001 (BGBl. I, 2144, 2151). Der Klägerin sind Gerichtskosten aufzuerlegen, weil sie den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihr der Vorsitzende im Termin zur mündlichen Verhandlung die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und sie auf die Möglichkeit der Auferlegung von Kosten bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen hat. Wer ein Verfahren, dessen Aussichtlosigkeit ihm im Einzelnen dargelegt worden ist, ohne nachvollziehbare Begründung fortführt, nimmt das Gericht missbräuchlich iS von § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG in Anspruch. Der Senat hat die Höhe der zu erstattenden Kosten nach dem gesetzlichen Mindestbetrag bemessen, §§ 192 Abs 1 Satz 3, 184 Abs 2 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Die Sache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung, weil es entscheidend auf die Würdigung der Beweise im Einzelfall ankommt.
Erstellt am: 03.07.2007
Zuletzt verändert am: 03.07.2007