Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.07.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Klägerin lebt in Bedarfsgemeinschaft mit ihren 2005 und 2009 geborenen Töchtern und bezieht fortlaufend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II), die ihr bzw. der Bedarfsgemeinschaft auf den Weiterbewilligungsantrag vom 10.11.2010 mit Bescheid vom 11.11.2010 für den Zahlungszeitraum vom 01.12.2010 bis 31.05.2011 unter Berücksichtigung von Leistungsansprüchen nach § 20 SGB II und 22 SGB II sowie unter Anerkennung eines Mehrbedarfszuschlages für Alleinerziehende (§ 21 Abs. 3 SGB II) bewilligt wurden.
Am 03.02.2011 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, "Unserer Mandantin einen Mehrbedarf für die Besuchskosten ihrer Kinder B und B1 beim Vater zu bewilli-gen."
Der Kindesvater sei für weitere 5 Jahre im offenen Vollzug der JVA C inhaftiert. Ein enger Kontakt zum Vater sei notwendig. Es sollten wöchentliche Besuchskontakte durchgeführt werden. Die Strecke nach C betrage 68 Kilometer. Es werde vorgeschlagen, dass der Beklagte die Leistung für 2 Besuchskontakte pro Monat zunächst pauschal überweise. Nach Beleg der tatsächlichen Aufwendungen solle abgerechnet werden. Bei mehr als 4 Besuchen monatlich sollten Nachzahlungen geleistet werden.
Mit Bescheid vom 03.02.2011 lehnte der Beklagte den Antrag ab und wies den unter Hinweis auf die Zugehörigkeit der Kinder zur Bedarfsgemeinschaft eingelegten Widerspruch mit Bescheid vom 28.02.2011, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich die im Namen der Klägerin am 16.03.2011 erhobene Klage, für die Prozesskostenhilfe begehrt wird.
Mit Schreiben vom 27.05.2011 hat die Kammervorsitzende des Sozialgerichts um Substantiierung des anspruchsbegründenden Sachverhalts gebeten und darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst möglicherweise nicht aktiv legitimiert sei, weil es sich um einen Anspruch der Töchter der Klägerin handele. Mit Schreiben vom 08.06.2011 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weitere An-gaben zur bisherigen und weiter beabsichtigten Ausübung des Umgangsrechts der Töchter der Klägerin gemacht und hierfür entstehende Kosten angegeben.
Mit Beschluss vom 12.07.2011 hat das Sozialgericht den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 22.07.2011 erhobene Beschwerde. Mit Schreiben vom 21.07.2011 ist beantragt worden, das Aktivrubrum dahin zu ändern, dass Klägerinnen die Töchter der Klägerin sind, vertreten durch die Klägerin. Auf die weitere Beschwerdebegründung wird Bezug genommen.
II.
Soweit der Beschwerdebegründung zu entnehmen sein sollte, dass auch im Namen der Töchter der Klägerin Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 12.07.2011 eingelegt wurde, wäre diese unzulässig, da das Sozialgericht über einen Anspruch der Töchter der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bislang nicht entschieden hat und eine Beschwer der Töchter der Klägerin durch den angefochtenen Beschluss daher nicht vorliegen kann.
Die im Namen der Klägerin erhobene Beschwerde ist unbegründet.
Zwar erscheint dem Senat ein Anspruch der Klägerin auf weitere Leistungen nach dem SGB II im Rahmen der Verwirklichung des Umgangsrechts ihrer Töchter mit dem Kindesvater im Rahmen der hier alleine möglichen summarischen Prüfung nicht schlechthin und von Vorneherein ausgeschlossen. Die tatsächlichen Angaben der Klägerseite zu Umfang und Kosten der Ausübung des Umgangsrechts im streitigen Zeitraum lassen jedoch die Einschätzung nicht zu, ob Aufwendungen in einem Umfang entstanden sind, der nicht bereits durch die Regelleistung nach § 20 SGB II, ggf. auch durch den Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II gedeckt waren. Bezüglich der Klägerin ist daher ein anspruchsbegründender Sachverhalt nicht glaubhaft gemacht.
Streitgegenstand des Verfahrens ist dabei entgegen der offensichtlich vorhandenen Ein-schätzung der Beteiligten nicht ein zeitlich unbegrenzter Anspruch auf einen Mehrbedarf, über den unabhängig von weiteren Ansprüchen nach dem SGB II gestritten und entschieden werden könnte.
Die mögliche Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs bildet § 21 Abs. 6 SGB II (eingefügt durch Artikel 3 a Nr. 2 b des Gesetzes vom 27.05.2010 – BGBl I 671 – mit Wirkung vom 03.06.2010). Hiernach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige einen Mehrbedarf, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendung Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. In der seit dem 01.01.2011 geltenden Fassung der Vorschrift nach der Änderung durch Gesetz vom 24.03.2011 – BGBl I 453 – wird dieser Anspruch bei im Übrigen bestehender Wortgleichheit nun "Leistungsberechtigten" zuerkannt.
Der Anspruch auf Leistungen nach der Härtefallregelung in § 21 Abs. 6 SGB II in der Fassung ab dem 03.06.2010 stellt als Anspruch auf einen Mehrbedarf keinen eigenstän-digen und von der Höhe der Regelleistung abtrennbaren Streitgegenstand dar (vgl. BSG im Urteil vom 18.02.2010 – B 4 AS 29/09 R -), der eines eigenständigen Antrags bedarf, sondern ist hier von dem am 10.11.2010 gestellten Leistungsantrag mit umfasst, über den der Beklagte mit Bescheid vom 11.11.2010 unter konkludenter Ablehnung eines Leistungsanspruches nach § 21 Abs. 6 SGB II entschieden hat.
Den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet daher ein Mehrbedarfszuschlag nach § 21 Abs. 6 für den Bewilligungszeitraum vom 01.12.2010 bis zum 31.05.2011.
Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, den am 03.02.2011 gestellten und auf einen Mehrbedarfszuschlag nach § 21 Abs. 6 SGB II beschränkten Antrag als Überprüfungsan-trag nach § 44 SGB X (Sozialgesetzbuch 10. Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X)) anzusehen, was den Bescheid vom 03.02.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2011 als Überprüfungsbescheid im Rahmen einer Überprüfung nach § 44 SGB X erscheinen lässt (vgl. Beschluss des Senats vom 12.01.2011 – L 19 AS 3136/10 B ER und L 19 AS 2137/10 B zu einem Vergleichsfall).
Nach § 44 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt und von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht ( …) worden sind. Aus dem Rechtscharakter des Verfahrens nach § 44 SGB X ergibt sich eine Darlegungslast.
§ 44 SGB X greift zugunsten eines Adressaten des unter Umständen rechtswidrigen Verwaltungsaktes nur ein, wenn dieser die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes nachweist. Insoweit holt die Vorschrift den verfahrensrechtlichen und prozessualen Zustand vor Erlass eines unter Umständen rechtswidrigen Verwaltungsaktes nicht zurück. Nach Unanfechtbarkeit des zu überprüfenden Verwaltungsaktes (nach Aktenlage ist der Bescheid vom 11.11.2010 nicht angefochten worden) liegt vielmehr die objektive Beweislast für Tatsachen, aus denen sich eine Unrichtigkeit des Verwaltungsaktes wegen fehlerhafter Sachverhaltsannahme ergeben kann, bei dem Adressaten dieses Verwaltungsaktes. Können diese Voraussetzungen nicht festgestellt werden, geht dies zu seinen Lasten (Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, Rdnr. 12 zu § 44 SGB X mit weiteren Nachweisen).
Nach den bisherigen Angaben der Klägerseite – auf die Fragen des Senats vom 21.09.2011 und die Erinnerung vom 14.11.2011 erfolgte keine Reaktion – ist nicht feststellbar, ob im zu überprüfenden Zeitraum für tatsächlich stattgefundene Besuche Auf-wendungen entstanden sind, die einen vom Beklagten im Bescheid vom 11.11.2010 nicht berücksichtigten Anspruch auf einen Mehrbedarfszuschlag nach § 21 Abs. 6 SGB II auslösen. Dieser Mehrbedarf setzt insbesondere voraus, dass die Aufwendungen den von den übrigen Leistungen nach dem SGB II abgedeckten Umfang, der anderweitig nicht zu decken ist, übersteigen (vgl. Behrend in Juris PK SGB II, Stand 15.08.2011, Rdnr. 78 ff. mit weiteren Nachweisen).
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind entsprechend § 127 Abs. 4 der Zivilprozessordnung nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
Erstellt am: 03.01.2012
Zuletzt verändert am: 03.01.2012