Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 27. November 2008 aufgehoben und dem Antragsteller für das Verfahren vor diesem Prozesskostenhilfe bewilligt sowie Rechtsanwalt O aus F beigeordnet. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Aachen vom 23.12.2008 ist auch begründet. Das SG hat den Antrag des Antragstellers, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren und Rechtsanwalt O aus F beizuordnen, zu Unrecht abgelehnt.
Gemäß § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der auf Grund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten für die Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint und hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Erfolgsaussichten in diesem Sinn bestehen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen zumindest für vertretbar erachtet und in tatsächlicher Hinsicht eine Beweisführung für möglich hält. Dabei muss die Chance, den Prozess zu gewinnen, mindestens genauso groß sein wie ihn zu verlieren (Beschluss des Landessozialgericht [LSG] Hamburg vom 07.09.2007, Az. L 4 355/07). Dies ist grundsätzlich zu bejahen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder von Amts wegen weitere Ermittlungen gemäß § 103 SGG durchzuführen sind, bevor die streiterheblichen Fragen abschließend beantwortet werden können (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], NJW 1991, 413 ff.; NJW – RR 2002, 665 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.06.2007, Az. L 17 B 14/07 U; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 73 a Rn. 7 und 7 a). Diese Grundsätze gelten entsprechend für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 2 b). Maßgebender Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist grundsätzlich derjenige der Entscheidung des Gerichts (Leitherer, a.a.O., Rn. 7 d; Senatsbeschluss vom 26.04.2006, Az. L 20 B 65/06 AS). Fällt dieser Zeitpunkt mit demjenigen der – bereits früher eingetretenen – Entscheidungsreife auseinander, so ist der Erkenntnisstand bei Entscheidungsreife zu Grunde zu legen, wenn sich die Entscheidung über den Antrag verzögert hat und Änderungen zum Nachteil des Antragstellers eingetreten sind (Leitherer, a.a.O., Rn. 7 d; Senatsbeschluss vom 26.04.2006, Az. L 20 B 65/06; vgl. BverfG, Beschluss vom 05.12.2008, Az. 1 BvR 746/08). Entscheidungsreife ist allerdings grundsätzlich erst dann eingetreten, wenn die Antragsgegnerin eine Stellungnahme abgegeben hat, die Verwaltungsakten beigezogen und sämtliche Erhebungen im Sinne von § 118 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 ZPO zur Klärung der hinreichenden Erfolgsaussicht des PKH-Antrags durchgeführt worden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 26.04.2006, Az. L 20 B 65/06). Geht das Gericht von Erhebungen im vorstehenden Sinne zu Ermittlungen im Sinne von §§ 103, 106 SGG über oder hätte es dies tun müssen, ohne über den PKH-Antrag zu entscheiden, ist in diesem Zeitpunkt die Entscheidungsreife gegeben; dieser Zeitpunkt ist dann auch für die Prüfung des PKH-Antrags maßgeblich. Vorstehende Grundsätze kommen auch bei der Entscheidung über die Bewilligung von PKH in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Anwendung.
Vorliegend ist das auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Verfahren weder mutwillig noch mangelte es an einer hinreichenden Erfolgsaussicht im vorstehend beschriebenen Sinne zur Zeit der hier maßgeblichen – vor dem Beschlusszeitpunkt liegenden – Entscheidungsreife. Ausschlaggebend ist vorliegend der Vortrag des Antragstellers, er sei allein lebend, wohne in der Tstraße 0, I und bilde keine Bedarfsgemeinschaft mit seiner geschiedenen Ehefrau, was durch eine eidesstattliche Versicherung bekräftigt worden ist. Bei den vom SG bereits in dem richterlichen Hinweisschreiben vom 09.10.2008 zum Ausdruck kommenden Zweifeln an der Richtigkeit dieses Vortrags hätte es sich spätestens aufgrund der schriftsätzlichen Antwort des Antragstellers vom 16.10.2008 aufgedrängt, Ermittlungen von Amts wegen gemäß §§ 103, 106 Abs. 3 Nr. 4 SGG durch Vernehmung der geschiedenen Ehefrau des Antragstellers als Zeugin in einem Termin zur Beweisaufnahme durchzuführen. Name und Adresse dieser Zeugin waren dem SG aus den Verwaltungsakten bereits bekannt. Zudem hat das SG selbst weiteren Aufklärungsbedarf beispielsweise in der Durchführung eigener Internetrecherchen zur Ermittlung des Stromverbrauchs in Privathaushalten und bestimmter Kühlschranktypen gesehen und nicht dokumentiert, dass es sich dabei lediglich um Erhebungen im Sinne von § 118 Abs. 2 S. 2 ZPO handele.
Die Prüfung der Bedürftigkeit des Antragstellers hat ergeben, dass dieser über kein einzusetzendes monatliches Nettoeinkommen verfügt.
Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes ist angesichts der Schwierigkeit des Streitstoffes erforderlich, § 121 Abs. 2 ZPO.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nach Maßgabe der §§ 73 a Abs. 1 S. 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Erstellt am: 06.07.2009
Zuletzt verändert am: 06.07.2009