Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 19.05.2014 betreffend das einstweilige Rechtsschutzverfahren wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet. Weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs voraus, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen – § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden. Die grundrechtlichen Belange der Antragsteller sind dabei umfassend in die Abwägung einzustellen (Bundesverfassungsgericht -BVerfG-, stattgebender Kammerbeschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -, juris RdNr. 26).
Es bleibt trotz Nachfrage und Erinnerung durch den erkennenden Senat bereits unklar, welches Ziel die Antragstellerin mit dem Beschwerdeverfahren verfolgt: Die Erteilung einer Zusicherung gemäß § 22 Abs. 4 Satz 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), um Rechtssicherheit über die Angemessenheit der zukünftigen Wohnung zu erhalten (dazu unter a), oder die Zusicherung gemäß § 22 Abs. 6 SGB II, um Umzugskosten und Wohnungsbeschaffungskosten decken zu können (dazu unter b).
a) Ein Anordnungsanspruch auf Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II ist nicht glaubhaft gemacht. Eine Zusicherung wäre zu erteilen, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Bei der im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gebotenen summarischen Prüfung lassen sich überwiegende Erfolgsaussichten in einem Hauptsacheverfahren diesbezüglich nicht feststellen. Hinsichtlich der Erforderlichkeit des Umzugs nimmt der erkennende Senat auf die zutreffenden Ausführungen in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 19.05.2014 Bezug. Es bestehen auch durchgreifende Zweifel, ob die begehrte Wohnung, für welche die Nettokaltmiete 390 EUR zzgl. Betriebskosten i.H.v. 145 EUR beträgt, angemessen i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist. Die Bruttokaltmiete übersteigt selbst den um einen "Sicherheitsaufschlag" i.H.v. 10% erhöhten Höchstbetrag aus § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz (WoGG) von 479 EUR (3 Personen, Mietenstufe III für Ennepetal – siehe zu dieser Bemessung etwa Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 87/12 R -, juris RdNrn. 26 ff.).
Dies kann aber im Ergebnis offenbleiben, denn für eine Zusicherung nach § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II fehlt es jedenfalls an einem Anordnungsgrund. Zwar besteht für einen Leistungsberechtigten, der eine neue Wohnung anmieten möchte, regelmäßig die Notwendigkeit, eine zügige Entscheidung zu treffen, damit die Wohnung nicht ggf. anderweitig vermietet wird. Dies allein führt jedoch nicht zu einer Eilbedürftigkeit der Entscheidung über die Zusicherung, weil deren Erteilung keine (notwendige) Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrages darstellt. Dem Leistungsberechtigten ist es auch ohne Zusicherung des Leistungsträgers tatsächlich und rechtlich möglich, die von ihm begehrte Wohnung anzumieten. Da der Leistungsberechtigte in seiner Handlungsfreiheit somit vom Verhalten des Antragsgegners unabhängig ist, droht durch die Versagung der Zusicherung als solcher keine Verletzung in eigenen Rechten, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen -LSG NRW-, Beschluss des erkennenden Senats vom 22.02.2013 – L 2 AS 2299/12 B -, juris RdNr. 17 mit zahlreichen Nachweisen).
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt der mit § 22 Abs. 4 SGB II bezweckten Rechtssicherheit, ob die höheren Kosten der neuen Wohnung nach deren Bezug von dem Leistungsträger zu übernehmen sind. Solche Kosten sind nicht Gegenstand des auf die Zusicherungserteilung beschränkten Eilverfahrens. Die Erteilung einer Zusicherung ist keine Voraussetzung für die Übernahme zukünftiger, höherer Kosten der Unterkunft und Heizung (BSG, Urteil vom 22.11.2011 – B 4 AS 219/10 R – juris RdNr. 19 m.w.N.; Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R -, juris RdNr. 27 zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift § 22 Abs. 2 SGB II). Ist der Umzug i.S.v. § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II erforderlich und sind die Kosten der neuen Unterkunft angemessen, sind diese Kosten vom Leistungsträger auch dann zu zahlen, wenn eine Zusicherung nicht vorliegt.
b) Soweit die Zusicherung begehrt wird, um Wohnungsbeschaffungskosten oder Umzugskosten geltend machen zu können (§ 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II) sind ebenfalls weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Auch diese Zusicherung setzt die Notwendigkeit – und zwar sowohl des Auszugs als auch des Umzugs (zu dieser Unterscheidung BSG, Urteil vom 06.05.2010 – B 14 AS 7/09 R -, juris RdNr. 15) – voraus. Die Kosten der neuen Unterkunft dürfen die abstrakte Angemessenheitsgrenze i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht überschreiten – wegen der insofern bestehenden Zweifel wird auf vorstehende Ausführungen verwiesen.
Darüber hinaus fehlt es auch hier an der für das einstweilige Rechtsschutzverfahren erforderlichen besonderen Eilbedürftigkeit. Zwar ist die Erteilung einer Zusicherung grundsätzlich Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme von Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten. Sie ist allerdings verzichtbar bei treuwidriger Verzögerung einer fristgerecht möglichen Entscheidung (dazu BSG, Urteil vom 06.05.2010 – B 14 AS 7/09 R -, juris RdNr. 13).
c) Schließlich weist der Senat darauf hin, dass Antragsteller in einem einstweiligen Anordnungsverfahren in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet sind; der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II erforderliche Anordnungsgrund ist nicht glaubhaft gemacht, wenn ein Antragsteller durch eigenes Verhalten im gerichtlichen Verfahren erkennen lässt, dass ihm an einer alsbaldigen Entscheidung nicht gelegen ist. Dann fehlt das für den einstweiligen Rechtsschutz erforderliche besondere Eilbedürfnis (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.05.2007 – L 20 B 18/07 AS ER -, juris RdNr. 12). Abgesehen von der Einreichung der Beschwerdeschrift hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin sich trotz mehrfacher Erinnerungen in dem Beschwerdeverfahren nicht mehr geäußert.
Mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO) war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 10.09.2014
Zuletzt verändert am: 10.09.2014