Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 30.12.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Antragsteller Anspruch auf Prozesskostenhilfe (PKH) für ein von ihm bei dem Sozialgericht (SG) Detmold geführtes Klageverfahren hat, in dem er die Übernahme der Kosten eines Widerspruchsverfahrens begehrt.
Der Antragsteller, der beim Antragsgegner im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) steht, teilte diesem im März 2010 mit, dass er ab dem 16.03.2010 einer Beschäftigung nachgehe und voraussichtlich 100 bis 120 Euro monatlich verdiene. Mit Bescheid vom 25.03.2010 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 01.04.2010 bis 30.09.2010 Leistungen zunächst als Vorschuss. Der Berechnung legte er ein Einkommen in Höhe von 120 Euro monatlich zugrunde.
Mit Änderungsbescheid vom 12.05.2010 berücksichtigte er für die Zeit ab Juni 2010 ein fiktives Einkommen von 400 Euro. Die Leistungsgewährung erfolgte weiter als Vorschuss, dies mit der Begründung, dass noch ein Beleg über die Verwendung der Eigenheimzulage und Verdienstbescheinigungen für die Monate März und April 2010 beigebracht werden müssten. Mit weiterem Schreiben vom selben Tag wurde der Antragsteller konkret zu einer entsprechenden Mitwirkung bis 29.05.2010 aufgefordert.
Der von seinem Bevollmächtigten vertretene Antragsteller erhob am 20.05.2010 Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 12.05.2010. Nachdem der Antragsgegner ihn mit Schreiben vom 02.06.2010 an die Beibringung der Unterlagen erinnert hatte, teilte der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 24.06.2010 mit, dass der Antragsteller Nachweise bereits erbracht habe und bat, eine Nachberechnung vorzunehmen. Der Antragsgegner, der dem Bevollmächtigten die Akten zuvor zur Einsichtnahme zugesandt hatte, wies diesen mit Schreiben vom 29.06.2010 darauf hin, dass die an den Antragsgeller gerichtete "Erinnerung vom 02.06.2010 bis heute unerledigt sei". Ohne vollständige Unterlagen könne keine weitere Bearbeitung erfolgen. Am 16.07.2010 erinnerte der Antragsgegner den Antragsteller nochmalig an die Beibringung der Unterlagen, die dieser dann am 16.08.2010 einreichte. Nach deren Prüfung berechnete der Antragsgegner den Leistungsanspruch des Antragstellers neu und bewilligte mit Bescheid vom 27.08.2010 endgültige Leistungen. Der Antragsteller erhielt eine Nachzahlung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2010 verwarf der Antragsgegner den Widerspruch als unzulässig. Die vorschussweise Bewilligung der Leistungen mit Bescheid vom 12.05.2010 habe sich kraft Gesetzes in dem Moment erledigt, in dem am 27.08.2010 ein endgültiger Bewilligungsbescheid erlassen worden sei. Auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31.05.1989 – 4 RA 19/88 – werde hingewiesen. Die im Widerspruchsverfahren ggf. entstandenen notwendigen Aufwendungen seien nicht zu erstatten.
Mit seiner am 17.09.2010 beim SG Detmold erhobenen Klage hat der Antragsteller zumindest die teilweise Erstattung seiner Kosten für das Widerspruchsverfahren begehrt und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Seiner Auffassung nach habe am 12.05.2010 keine Notwendigkeit einer vorläufigen Bewilligung bestanden, da dem Antragsgegner zu diesem Zeitpunkt bereits sämtliche Unterlagen vorgelegen hätten und eine endgültige Festsetzung daher möglich gewesen sei. Im Übrigen sei die Berücksichtigung eines Einkommens von 400 Euro in diesem Bescheid fehlerhaft, da er ein solches Einkommen zu keinem Zeitpunkt erzielt habe. Es handele sich insbesondere nicht um den Durchschnittsverdienst der vorangegangenen 6 Monate, welcher bei der Berechnung des einzusetzenden fiktiven Einkommens zugrunde zu legen sei.
Das SG hat den Antrag auf Bewilligung von PKH mit Beschluss vom 30.12.2011 abgelehnt. Die Klage habe keine ausreichende Aussicht auf Erfolg. Der Bescheid vom 12.05.2010 habe als Vorschussbescheid einen vorläufigen Charakter und sich mit Bekanntgabe des endgültigen Bescheides vom 27.08.2010 von selbst erledigt, ohne dass es seiner Aufhebung bedurft hätte (z.B. BSG Urteil vom 09.05.1996 – 7 RAr 36/95). Dem Widerspruch bleibe der Erfolg daher im Ergebnis versagt, wenn vor Abschluss des Vorverfahrens ein rechtmäßiger endgültiger Bescheid ergehe. Ob der Antragsgegner mit Bescheid vom 12.05.2010 ein Einkommen von 400 Euro habe anrechnen dürfen, könne dahinstehen; der Antragsteller habe eine Nachzahlung erhalten. Darüberhinaus sei die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts hier nicht im Sinne von § 63 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) notwendig. Der Antragsteller sei mehrfach zur Einreichung von Unterlagen aufgefordert worden. Gründe, warum dies nicht zeitnah hätte erfolgen können, seien nicht erkennbar. Zwar trage der Antragsteller ohne weitere Angaben zu den näheren Umständen vor, die Unterlagen früher eingereicht zu haben. Da der Antragsgegner ihn jedoch mehrfach aufgefordert habe, die Unterlagen vorzulegen, habe er erkennen können, dass Unterlagen jedenfalls nicht beim Antragsgegner eingegangen seien. Es sei dem Antragsteller zuzumuten gewesen, vor Einschaltung eines Rechtsanwalts die angeforderten Unterlagen (erneut) vorzulegen.
Gegen den ihm am 27.01.2012 zugegangenen Beschluss hat der Antragsteller am 10.02.2012 Beschwerde eingelegt und sein Vorbringen zur Fehlerhaftigkeit sowohl einer vorläufigen Leistungsgewährung als auch der Höhe des fiktiven Einkommens wiederholt. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, dass der Betroffene ein rechtliches Interesse habe, überprüfen zu lassen, ob eine vorläufige Bewilligung als solche rechtmäßig sei (z.B. BSG Urteil vom 06.04.2011 – B 4 AS 119/10 R). Ansonsten würde es bedeuten, dass der Antragsgegner sanktionslos rechtswidrige Bescheide erlassen dürfte, solange er sie bloß als vorläufig bezeichne. Die Tatsache, dass Leistungen später nachgezahlt würden, vermöge daran nichts zu ändern. Der Betroffene habe den Anspruch, die Leistungen zum gesetzlich vorgeschriebenen Zeitpunkt zu erhalten. Insoweit könne nicht, wie das SG es ausführe, offen gelassen werden, ob das fiktive Einkommen fehlerhaft angesetzt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass dem Antragsteller keine Prozesskostenhilfe für das von ihm geführte Klageverfahren zu gewähren ist.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73 a Abs.1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung (vgl. hierzu BVerfG Beschluss vom 07.05.1997 – 1 BvR 296/94 – NJW 1997, 2745) den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rn 7a; ständige Rspr des erkennenden Senats, z.B. Beschluss vom 16.11.2011 – L 12 AS 1526/11 B). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, ist der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. BSG Beschluss vom 17.02.1998 – B 13 RJ 83/97 R – SozR 3-1750 § 114 Nr. 5; BVerfG Beschluss vom 14.04.2003 – 1 BvR 1998/02 – NJW 2003, 296; BVerfG Beschluss vom 29.09.2004 – 1 BvR 1281/04 – NJW-RR 2005, 140).
Dies ist hier der Fall. Das auf die Erstattung von Kosten des Widerspruchsverfahrens gerichtete Klageverfahren hat keine Aussicht auf Erfolg.
Gemäß § 63 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.
Vorliegend ist der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 12.05.2010 nicht, auch nicht teilweise, erfolgreich gewesen.
Bei formaler Betrachtung ergibt sich die Erfolglosigkeit des Widerspruchs aus dem Widerspruchsbescheid. In diesem ist der Widerspruch vom Antragsgegner als unzulässig verworfen worden.
Dahinstehen bleiben kann, ob der endgültige Bescheid des Antragsgegners vom 27.08.2010 in materieller Hinsicht trotz der unterschiedlichen Rechtsqualität von Vorschussbescheid einerseits und endgültigem Bescheid andererseits als "Abhilfebescheid" angesehen werden könnte. Auch wenn dies bejaht wird, ist der Widerspruch nicht als "erfolgreich" im Sinne von § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X anzusehen. Voraussetzung für einen Erfolg des Widerspruchs im Sinne der Vorschrift ist, dass die "abhelfende" Entscheidung der Widerspruchsbehörde dem Widerspruch und nicht einem anderen Umstand, so insbesondere der nachträglichen Erfüllung von Mitwirkungspflichten, geschuldet ist (BSG Urteil vom 21.07.1992 – 4 RA 20/91 – NZS 1992, 159). Hier hat der Antragsgegner den Bescheid vom 27.08.2010 nicht im Hinblick auf den Widerspruch des Antragstellers erlassen, sondern allein aufgrund der am 16.08.2010 vorgelegten Unterlagen. Bereits in dem Bescheid vom 12.05.2010 und dem Schreiben vom selben Datum hat der Antragsgegner den Antragsteller darauf hingewiesen, dass eine endgültige Entscheidung nach Vorlage der angegebenen Unterlagen erfolgen werde. Dies hat er in der Folge mehrfach wiederholt und ist seiner Ankündigung dann auch unmittelbar nach entsprechender Vorlage nachgekommen. Grundlage für den Erlass des Bescheides vom 27.08.2010 war somit allein die Mitwirkungshandlung des Antragstellers. Dass der Antragsteller einen – im Übrigen nach Aktenlage nicht begründeten – Widerspruch eingelegt hatte, stand mit der Bescheiderteilung offenkundig in keiner kausalen Verknüpfung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 22.10.2012
Zuletzt verändert am: 22.10.2012