Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.09.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Durch Bescheid vom 21.02.2008 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus der Klägerin und ihrer minderjährigen Tochter, Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vorläufig für die Zeit vom 01.03.2008 bis zum 31.08.2008 in Höhe von 650,62 EUR monatlich.
Durch Bescheid vom 21.04.2008 bewilligte Beklagte der Bedarfsgemeinschaft endgültig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.03. bis zum 31.08.2008 und zwar
639,10 EUR für März 2008, 599,35 EUR für April 2008, 650,62 EUR für Mai 2008, 310,39 EUR für Juni 2008 641,62 EUR für Juli 2008.
Im Briefkopf des Bescheides war der Name der Beklagten – Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung N – und die Adresse der Beklagten "ARGE Mönchengladbach, W-straße 00, N" angegeben. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung lautete wie folgt: "Gegen diesen Bescheid kann jeder Betroffene innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der im Briefkopf genannten Stelle einzulegen.
Hinweis: Für Minderjährige oder nicht geschäftsfähige Personen handelt deren gesetzlicher Vertreter. Der Widerspruch kann auch durch ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft oder einem Dritten im Namen des Betroffenen eingelegt werden, soweit eine Bevollmächtigung hierzu gegeben ist."
Mit Schreiben vom 14.05.2008 hörte die Beklagte die Klägerin zur Überzahlung des Arbeitslosengeldes II in Höhe von 339,51 EUR für die Zeit vom 10.02. bis zum 31.05.2008 an. Mit Schreiben vom 21.05.2008 bat die Klägerin, vertreten durch den Bevollmächtigten, um Aufklärung, wie sich die Überzahlung errechne.
Gegen den Bescheid vom 21.04.2008 legte die Klägerin am 18.06.2008 Widerspruch ein, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25.06.2008 wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig verwarf.
Am 21.07.2008 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie die Widerspruchsfrist nicht versäumt habe, da die Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft gewesen sei.
Durch Beschluss vom 24.09.2008 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Bescheid vom 21.04.2008 sei bestandskräftig geworden, da die Klägerin die Widerspruchsfrist versäumt habe. Der am 21.04.2008 mit einfachem Brief an die Klägerin abgesandte Bescheid gelte nach § 37 Abs. 2 SGB X mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, also am 25.04.2008, als bekanntgegeben. Eine spätere Bekanntgabe werde von der Klägerin weder behauptet noch belegt. Innerhalb der Widerspruchsfrist habe die Klägerin keinen Widerspruch erhoben. Die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) greife zu Gunsten der Klägerin nicht ein, da die Rechtsmittelbelehrung den Anforderungen des § 36 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) genüge. Die Rechtsmittelbelehrung enthalte zwar die nicht die von § 36 SGB X geforderten Angaben über den Sitz der Behörde, bei dem der Widerspruch einzulegen sei, einschließlich der Ortsangabe, Straße und Hausnummer. Die Bezugnahme, dass der Widerspruch "bei der im Briefkopf genannten Stelle" einzulegen sei, genüge aber den gesetzlichen Anforderungen.
Gegen den am 25.09.2008 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 29.09.2008 Beschwerde eingelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend die hinreichende Aussicht der Klage verneint.
Der Bescheid vom 21.04.2008, in dem die Beklagte die Höhe der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.03 bis zum 31.08.2008 endgültig festsetzte, ist auch zur Überzeugung des Senats formell bestandskräftig und damit nach § 77 SGG für die Beteiligten bindend. Die Beklagte hat zu Recht den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat den Widerspruch nicht innerhalb der Widerspruchsfrist und damit verspätet eingelegt.
Nach § 84 Abs. 1 S. 1 SGG ist ein Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden war, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Der Bescheid vom 21.04.2008 gilt am dritten Tag nach Aufgabe zur Post am 21.04.2008 nach § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X als bekannt gegeben. Die Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 S. 1 SGG begann am 25.04.2008 zu laufen. Nach §§ 84 Abs. 2 S. 3, 66 Abs. 1 SGG beginnt die Frist für einen Widerspruch nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle, bei der der Widerspruch anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltenden Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Die Belehrung muss vollständig und richtig sein. Sie ist nicht ordnungsgemäß, wenn sie bei abstrakter Betrachtungsweise geeignet sein kann, den Informationswert der richtigen Angaben zu mindern oder den Berechtigten von Erkundigungen über weitere Möglichkeiten abzuhalten und dadurch Einfluss auf die verspätete oder formwidrige Einlegung oder Begründung des Rechtsbehelfs gehabt haben könnte (BSG, Beschluss vom 18.10.2007, B 3 P 24/07 B m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 66 Rdz. 5 mit Rechtssprechungshinweisen).
Die dem Bescheid vom 21.04.2008 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung entspricht den inhaltlichen Anforderungen der §§ 84 Abs. 2 S. 3, 66 Abs. 1 SGG. Die Klägerin ist in der Rechtsbehelfslehrung über den einzulegenden Rechtsbehelf – Widerspruch -, die Rechtsbehelfsfrist – ein Monat nach Bekanntgabe – sowie über die nach § 84 Abs. 1 S. 1 SGG zuständige Verwaltungsstelle und deren Sitz ordnungsgemäß belehrt worden. Die zuständige Verwaltungsstelle, bei der der Widerspruch nach § 84 Abs. 1. S.1 SGG einzureichen ist, muss mit Sitz, also mit Ortsangabe, in der Rechtsbehelfsbelehrung bezeichnet sein. Die Angabe der genauen Anschrift der Widerspruchsstelle ist zweckmäßig, aber nicht erforderlich, außer wenn sonst der Zugang gefährdet ist (BSG, Urteil vom 26.01.1978, 2 RU 97/77, SozR 1500 § 66 Nr. 9 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 09.11.1966, Vc 196.65, BVerwGE 25, 261; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 66 Rdz. 7 m.w.N.; a.A. Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 36 Rdz. 8 und LSG NRW, Beschluss vom 07.05.2007, L 7 B 58/07 AS, die die Angabe des Sitzes der Behörde mit Ortsangabe, Straße und Hausnummer fordern). Vorliegend ist zwar die für die Entgegennahme des Widerspruchs zuständige Verwaltungsstelle – die Beklagte – mit ihrem Sitz – N – in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht ausdrücklich benannt worden. Jedoch genügt die in der Rechtsbehelfsbelehrung enthaltene Bezugnahme " bei der im Briefkopf genannten Stelle" den inhaltlichen Anforderungen der §§ 84 Abs. 2 S. 3, 66 Abs. 1 SGG. Da der Name der Beklagten sowie deren korrekte postalische Anschrift im Briefkopf des Bescheides aufgeführt ist, waren für die Klägerin als Adressatin des Bescheides die für die Entgegennahme des Widerspruchs zuständige Verwaltungsstelle und deren Sitz eindeutig erkennbar. In dem Briefkopf des Aufhebungsbescheides sind keine Zusätze, wie z. B. Angabe mehrerer Verwaltungsstellen oder mehrerer Adressen, enthalten, die eine Identifizierung der Beklagten als zuständiger Verwaltungsstelle sowie deren Sitzes erschwerten oder komplizierten. Mit der Bezugnahme auf den Briefkopf ist die Rechtsbehelfsbelehrung auch für einen juristischen Laien verständlich. Insbesondere ist mit dem Begriff "Briefkopf" eindeutig die Stelle bezeichnet, an der sich die erforderlichen Informationen befinden. Unter "Briefkopf" versteht auch ein juristischer Laie den Beginn eines Schreibens bzw. den Teil oberhalb der Anschrift des Adressaten. Die Erwähnung der "Kasse der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen" in der Begründung des Bescheides hat nicht zur Folge, dass die Rechtsbehelfsbelehrung wegen Unübersichtlichkeit und Unklarheit unrichtig ist. In der Rechtsbehelfsbelehrung wird nur auf die Angaben im Briefkopf, nicht auf die Begründung des Bescheides Bezug genommen. Der Briefkopf des Bescheides und die Begründung des Bescheides sind durch die Überschrift "Aufhebungs- und Erstattungsbescheid" klar optisch voneinander getrennt. Auch lässt sich die Passage der Begründung "Sie brauchen den o.g. Betrag also nicht zu zahlen. Die für die Einziehung der Forderung zuständige Kasse der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen, wenn noch selbst Zahlungen zu leisten sind" nicht dahingehend missverstehen, die Kasse der Regionaldirektion hätte eine Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Aufhebung und der Rückforderung der von der Beklagten bewilligten Leistungen.
Die Tatsache, dass andere Verwaltungsstellen sich in einer Rechtsbehelfsbelehrung i.S.v. §§ 84 Abs. 2 S.3 , 66 Abs. 1 SGG nicht auf die Angabe des Sitzes der zuständigen Verwaltungsstelle beschränken, sondern die vollständige postalische Anschrift angeben, hat auch unter Beachtung des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht zur Folge, dass die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig ist (so anscheinend LSG NRW, Beschluss vom 07.05.2007, L 7 B 58/07 AS). Eine Verwaltungspraxis, nach der über die gesetzlichen Anforderungen hinaus die postalische Anschrift der zuständigen Verwaltungsstelle in Rechtsbehelfsbelehrungen angegeben wird, begründet keinen relevanten Gleichheitsverstoß. Die Frage, ob der Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig ist, ist von der Frage, ob eine Rechtsbehelfsbelehrung aus Gründen der Bürgerfreundlichkeit oder der Zweckmäßigkeit die genaue postalische Adresse einer zuständigen Verwaltungsstelle enthält, zu unterscheiden. Eine Rechtsbehelfsbelehrung hat nur eine Wegweiserfunktion (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 66 Rdz. 5 m.w.N.). Soweit sich die Rechtsbehelfsbelehrung an jeden "Betroffenen" richtet, ist dies für die Richtigkeit der Belehrung ohne Belang, weil § 66 Abs. 1 SGG nicht die Belehrung über die Beteiligten verlangt (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 08.02.2008, L 19 B 168/07 AS ER m.w.N.).
Die Widerspruchsfrist endete am 24.05.2008. Innerhalb der Widerspruchsfrist legte die Klägerin keinen Widerspruch ein. Der Widerspruch ging bei der Beklagten erst am 18.06.2008 ein. Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X zu gewähren ist, sind weder ersichtlich noch werden sie von der Klägerin vorgetragen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 10.12.2008
Zuletzt verändert am: 10.12.2008