Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.02.2014 geändert. Den Klägern wird zur Durchführung des Klageverfahrens S 23 AS 3453/12 , SG Dortmund, ab 20.09.2012 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T in J beigeordnet.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren, in welchem die Kläger – die alleinerziehende Klägerin zu 1) und ihre 3 minderjährigen Kinder – die Verfassungswidrigkeit der Regelsatzhöhe nach dem SGB II für mehrköpfige Bedarfsgemeinschaften mit Kindern und die Anrechnung Unterhalt rügen.
Der Beklagte hat den Klägern durch Bescheid vom 09.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2012 u.a. den gesetzlich vorgesehenen Regelbedarf für den Zeitraum ab 01.06.2012 bis 30.11.2012 unter Anrechnung von Kindergeld und Unterhalt als Einkommen bewilligt. Mit der dagegen am 21.08.2012 bei dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhobenen Klage rügen die Kläger, für ihre Bedarfsgemeinschaft sei der Regelsatz der Höhe nach nicht hinreichend. Um ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten, müsste pro Kläger und Monat der Regelsatz um derzeit 35 Euro herauf gesetzt werden. Zudem sei das Einkommen nicht nachvollziehbar angerechnet worden.
Den zugleich mit der Klage gestellten Antrag auf Gewährung von PKH hat das SG durch Beschluss vom 26.02.2014 abgelehnt. Der Klage fehle die hinreichende Erfolgsaussicht. Das Gericht sehe keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Festsetzung der Regelbedarfe, wie sie durch den Gesetzgeber ab dem Jahr 2011 erfolgt sei. Vielmehr habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und das Bundessozialgericht (BSG) die Regelbedarfshöhe für Alleinstehende in den vergangenen Jahren wiederholt bestätigt bzw. nicht beanstandet. Soweit die Berechnung von Einkommen gerügt werde, sei aus dem Vortrag nicht nachvollziehbar, auf welche rechtliche Beanstandung sich die Klage stütze.
Dagegen haben die Kläger nach Zustellung des Beschlusses am 10.03.2014 am 10.04.2014 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, die Klage habe hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ihnen sei für das Klageverfahren in der 1. Instanz ab Antragstellung Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Dafür spreche sowohl der Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21.02.2014 – L 32 AS 2471/13 B PKH als schließlich auch der Umstand, dass das BVerfG im Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 1691/13 gegen das Urteil des BSG vom 28.03.2013 – B 4 AS 12/12 R den dortigen Klägern durch Beschluss vom 10.09.2013 Prozesskostenhilfe bewilligt habe. Zudem könne die Einkommensberechnung des Beklagten nicht nachvollzogen werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen; dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des SG vom 26.02.2014 ist zulässig und begründet. Das SG hat ihren Antrag auf Bewilligung von PKH zu Unrecht abgelehnt.
Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Hier ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Klage gegen den Bescheid vom 09.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2012 zumindest teilweise Erfolg hat. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Die abschließende Klärung der Sach- und Rechtslage darf nicht in das PKH-Verfahren, in dem nur eine summarische Prüfung erfolgt, vorverlagert werden. Letzte Zweifel an der rechtlichen Beurteilung müssen nicht ausgeschlossen sein, denn eine endgültige und abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten ist in der Regel weder möglich noch notwendig (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 73a Rn. 7, 7a, 7b). Es reicht für die Bejahung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BSG Urteil vom 17.02.1998 – B 13 RJ 83/97 R). Dies ist u.a. auch dann anzunehmen, wenn der Ausgang eines Verfahrens von einer schwierigen, bislang nicht geklärten Rechtsfrage abhängt. Eine Erfolgsaussicht in diesem Sinne ist – anders als vom SG angenommen – jedenfalls nicht deswegen zu verneinen, weil die Klärung der Verfassungskonformität der Neuregelung des Regelbedarfs bei Alleinstehenden durch die Rechtsprechung des BSG und des BVerfG in den Jahren 2012 bzw. 2013 als abgeschlossen anzusehen wäre.
Vielmehr ist ein mögliches Obsiegen unter Beachtung des Vortrages der Kläger, die Regelbedarfe seien bei Mehrpersonenhaushalten der Höhe nach verfassungswidrig festgesetzt, nicht zu verneinen. Denn dies ist zur Überzeugung des Senats eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage. Die seit 2011 geltenden gesetzlichen Regelungen über die Regelbedarfe und damit die Problematik der Verfassungsmäßigkeit des den Bedarfsgemeinschaften – gerade mit minderjährigen Kindern – zur Verfügung stehenden Existenzminimums werden beim BVerfG im Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 1691/13 gegen das Urteil des BSG vom 28.03.2013 – B 4 AS 12/12 R überprüft. Den dortigen Klägern hat das BVerfG – wie von den Klägern hier zutreffend vorgebracht- durch Beschluss vom 10.09.2013 für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde PKH bewilligt. Letztlich kann für diese Konstellation der mehrköpfigen Bedarfsgemeinschaft die (erneute) Entscheidung des BVerfG Klarheit hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen der Regelbedarfe herstellen. Das BVerfG wird dort zu entscheiden haben, ob der Gesetzgeber auch bei den mehrköpfigen Bedarfsgemeinschaften die gesetzlichen Regelungen des SGB II mit der Verfassung vereinbar ausgestaltet hat.
Die Kläger sind nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auch nicht in der Lage, die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubringen, so dass antragsgemäß ratenfreie PKH zu bewilligen war.
Der Anspruch auf PKH-Gewährung besteht hier für das erste gerichtliche Verfahren, mit dem die Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe von den Klägern geltend gemacht wird. Für weitere Zeiträume besteht bei denselben Leistungsberechtigten angesichts der Parallelität der Fallgestaltung grundsätzlich kein Anspruch mehr auf PKH (ebenso Landessozialgericht NRW Beschluss vom 15.03.2013 – L 7 AS 2075/12 B, juris, mit Hinweis auch auf BVerfG Beschlüsse vom 02.09.2010 – 1 BvR 1974/08 Rn. 13 ff sowie vom 30.05.2011 – 1 BvR 3151/10 Rn. 12).
Kosten werden im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angreifbar, (§ 177 SGG).
Erstellt am: 14.08.2014
Zuletzt verändert am: 14.08.2014