Beim BSG erledigt durch Rücknahme
Auf die Berufung der Beklagten wird der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 1.10.2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligte streiten darüber, in welcher Höhe bei gemeinsam veranlagten Ehegatten die Einkommenssteuerschuld für Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen ist.
Die 1978 geborene Klägerin war im Jahr 2006 selbstständig als Physiotherapeutin tätig. Am 30.01.2007 kam ihr Sohn K zur Welt.
Im April 2007 beantragte die Klägerin Elterngeld vom 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes. Mit dem Antrag legte sie die monatlichen Abrechnungen für ihre Tätigkeit als Physiotherapeutin sowie die gemeinsame Steuererklärung der Ehegatten für das Jahr 2006 vor und wies darauf hin, der Steuerbescheid für 2006 sei noch nicht ergangen. Die Beklagte legte der Elterngeldberechnung antragsgemäß einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von 16.453,75EUR zu Grunde und gewährte Elterngeld i. H. v. 918,67 EUR monatlich als vorläufige Zahlung nach § 8 Abs. 3 BEEG (Bescheide vom 16.4.2007 und 15.11.2007).
Im Juni 2008 reichte die Klägerin den Einkommenssteuerbescheid für 2006 nach, der aufgrund gemeinsamer Veranlagung mit dem Ehemann zu einer Steuernachzahlung von 3.372,53 EUR führte Der Bescheid enthielt für die Berechnung der Kirchensteuer die Angabe, dass von der festzusetzenden Einkommensteuer von insgesamt 19.553 EUR auf den Ehemann 18.032 EUR entfielen.
Mit Bescheid vom 02.09.2008 stellte die Beklagte einen endgültigen Elterngeldanspruch von monatlich 730,33 EUR fest und rechnete ihr dabei die gesamte Steuernachzahlung zu. Zurückgefordert wurde der Differenzbetrag von 2.260,08 EUR.
Mit dem rechtzeitigen Widerspruch errechnete die Klägerin eine Überzahlung von nur 1.075,65 EUR und ging dabei von einer anteiligen Einkommenssteuerschuld des Ehemannes von 18.032,00 EUR aus, wie sie im Einkommenssteuerbescheid zur Berechnung der Kirchensteuer ausgewiesen sei. Auf die Klägerin entfalle nur ein Steueranteil von insgesamt 1.604,66 EUR.
Den Widerspruch wies die Bezirksregierung Münster mit Bescheid vom 19.11.2008 zurück, weil die Steuern nach dem Verhältnis der für die Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigten Summe der positiven Einkünfte aus Erwerbstätigkeit zur Summe aller Einkünfte aufzuteilen seien.
Mit ihrer rechtzeitig beim Sozialgericht erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Vorbringen wiederholt und vertieft. Sie hat betont, die Berechnungsweise der Beklagten lasse in die Elterngeldberechnung auch das nach § 2 BEEG nicht zu berücksichtigende Einkommen bzw. die Steuerschuld des Ehemannes einfließen. Die Beklagte interpretiere auch Ziffer 2.8.2 der Richtlinie zum BEEG, die im Außenverhältnis keine Relevanz habe, unzutreffend. Die dort genannte "Summe aller Einkünfte" betreffe nur die Einkünfte des Berechtigten.
Die Beklagte hat dem entgegengehalten, Ziffer 2.8.2 der Richtlinie zum Bundeselterngeld sei so zu verstehen, dass die Aufteilung der Steuern nach dem Verhältnis der positiven Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit zur Summe aller Einkünfte (und damit auch der Einkünfte des Ehemannes) zu berechnen sei.
Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 1.10.2009 hat das Sozialgericht Köln den angefochtenen Bescheid vom 2.9. 2008 in der Fassung des Widerspruchbescheids vom 19.11.2008 antragsgemäß dahingehend abgeändert, dass der Klägerin Elterngeld in Höhe von 829,03 EUR monatlich für die ersten 12. Lebensmonat des Kindes K zustehe und sie dem Beklagten nur noch 1075 Euro zu erstatten habe.
Der Gesamtbetrag der Einkünfte von 16.453,00 EUR sei nur um darauf entfallende anteilige Steuern der Klägerin von 1.604,66 EUR zu mindern. Dem Steuerbescheid sei eine Einkommenssteuer von insgesamt 19.553,00 EUR für die gemeinsame veranlagten Eltern zu entnehmen. Davon entfielen18.032,00 EUR auf den Ehemann. Auch wenn diese Aufteilung der Einkommenssteuer nur der Berechnung der vom Ehemann geschuldeten Kirchensteuer entnommen werden könne, bestünden keine Zweifel an der sachgerechten und richtigen Verteilung der Steuerlasten durch das zuständige Finanzamt.
Die Berechnungsweise der Beklagten finde dagegen im Gesetz keine Stütze. § 2 BEEG stelle grundsätzlich nur auf das Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit, sowie selbständiger Arbeit oder positive Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder Gewerbebetrieb des Berechtigten ab. Die in § 2 Abs. 1 BEEG genannten Steuern seien die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern. Im vorliegenden Fall ließen sich aus dem maßgeblichen Einkommenssteuerbescheid (§ 2 Abs. 9 S. 1 BEEG) die auf die selbständige Arbeit der Klägerin entfallenden Steuern im Wege der Rückrechnung entnehmen, weil der Steuerbescheid die auf den Ehemann entfallende Einkommenssteuer im Rahmen der Berechnung der Kirchensteuer ausdrücklich beziffert habe. Dahingestellt könne bleiben, wie zu verfahren sei, wenn dem Einkommenssteuerbescheid die auf den gemeinsam veranlagten Ehepartner entfallende Einkommenssteuer nicht zu entnehmen sei. Ergebe sich aus dem Steuerbescheid selbst, den § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG ausdrücklich für maßgeblich erklärte, der auf den nichtberechtigten Ehepartner entfallende Anteil der Einkommenssteuer, dann sei für die pauschalisierende Berechnung nach dem Verhältnis der Einkünfte der gemeinsam veranlagten Ehepartner kein Raum, weil das Ergebnis die konkrete Steuerlast zutreffend und damit besser abbilde. Die von der Beklagten herangezogene Richtlinie des Bundesfamilienministeriums sei kein den Rechtsanspruch auf Elterngeld gestaltendes oder für die Gerichte bindendes Recht und erscheine zudem für die konkrete Konstellation unklar.
Mit ihrer am 17.11.2009 fristgerecht eingelegten Berufung hat die Beklagte ihre Rechtsansicht wiederholt, die Steuern seien nach dem Verhältnis der für die Bemessung des Elterngeldes berücksichtigten Summe der positiven Einkünfte aus Erwerbstätigkeit zur Summe aller Einkünfte aufzuteilen. Dies ergebe sich zum einen aus 2.8.2. der Richtlinien des Bundesfamilienministeriums und aus den Gesetzesmaterialien (Hinweis auf Bundestagsdrucksache 16/2785). Dem System der Zusammenveranlagung von Ehegatten sei eine Unterscheidung, auf wessen Einkommen die Steuerschuld im Wesentlichen beruhe, fremd, das System kenne keine besser oder schlechter vor dem Zugriff geschützten Teile des Einkommens (Hinweis auf SG München, Urt. v. 9.9.2009 – S 30 EG 8/09). Der Ansatz des Sozialgerichts, das Einkommen der Klägerin isoliert zu betrachtet ohne den Nachteil der Progression, die sie durch Zusammenveranlagung mit ihrem höher verdienenden Ehemann erlitten habe, finde im BEEG keine Stütze.
Die von ihr für richtig gehaltene Verhältnisrechnung sei zudem eine einheitliche und praktikable Ermittlungsmethode, die typischerweise am besten die auf das betreffende Einkommen entfallenden Steuern abbilde. Bei korrekter Anwendung dieser Methode hätte die Klägerin sogar 3803,86 EUR zurückzahlen müssen
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
den angefochtenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 1.10.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Das BEEG biete für die Berechnungsweise der Beklagten keine Stütze. Die Steuern des Ehegatten der Klägerin dürften nicht berücksichtigt werden, andernfalls müsse auch sein Einkommen zur Berechnung des Elterngeld herangezogen werden. Die von der Beklagten angeführte Verwaltungsrichtlinie sei zum Einen unklar, zum Anderen unerheblich. Jedenfalls in einem Fall wie bei der Klägerin, in dem der Steuerbescheid die Steuerschuld ihres Ehemannes eindeutig ausweise, sei für die Verhältnisrechnung der Beklagten und die damit bezweckte Vereinfachung kein Raum.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne die Beteiligten verhandeln und entscheiden, weil ihre ordnungsgemäße Ladung sie auf diese Möglichkeit hingewiesen und Anlass zur Vertagung nicht bestanden hat.
Die Berufung ist zulässig. Die Beklagte hat sie entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Klägerin fristgerecht eingelegt. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist der Beklagten ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 27.10.2009 zugestellt worden. Ihre Berufungseinlegung am 17. 11. 2009 erfolgte damit innerhalb der Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG.
Die Berufung ist begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 2.9.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.11.2008 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 SGG, weil ihr jedenfalls nicht mehr als das von der Beklagten festgesetzte Elterngeld zusteht. Der angefochtene Gerichtsbescheid war daher aufzuheben und die Klage der Klägerin abzuweisen.
Die Klägerin ist aufgrund ihres zum Zwecke des Familiennachzugs erteilten Aufenthaltstitels grundsätzlich zum Bezug von Elterngeld berechtigt, § 1 Abs. 7 Nr. 2 Hs.1 BEEG i.V.m. § 28 Abs. 1 AufenthG.
Sie hat aber keinen Anspruch auf höheres Elterngeld als in dem angefochtenen Bescheid vom 2. 9. 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.11.2008 festgesetzt.
Mit dem Bescheid vom 2.9.2008 hat die Beklagte den Elterngeldanspruch der Klägerin nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit 8 Abs. 3 BEEG endgültig um 2260 EUR niedriger festgestellt als im vorläufigen Elterngeldbescheid vom 16. 4. 2007. Als Grundlage der Einkommensberechnung hat sie nach § 2 Abs. 9 BEEG zutreffend Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von 16.453 EUR für das Kalenderjahr 2006 zu Grunde gelegt, wie sie der von der Klägerin vorgelegte Steuerbescheid für dieses Jahr ausweist. Diese Grundlage der Eltergeldberechnung stellt die Klägerin auch nicht infrage. Denn der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum endete im Monat vor der Geburt des Kindes K im Januar 2007, vgl. § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG, also im Dezember 2006 und war daher mit den letzten 12 Monaten vor der Geburt von K identisch.
Die Beklagte hat entgegen der Ansicht der Klägerin und des Sozialgerichts auch den richtigen Ansatz gewählt, um die Steuern zu berechnen, die für die Elterngeldberechnung von diesem Bruttoeinkommen abzuziehen sind.
Nach der Grundregel des § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG erhalten Eltern 67 % des in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 EUR als Elterngeld. Im Fall der Klägerin gilt nach § 1 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit Abs. 9 S. 1 BEEG als Einkommen aus ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem Steuerbescheid für das Jahr 2006 ergab. Nach § 2 Abs. 8 S. 1 in Verbindung mit Abs. 9 S. 4 BEEG ist dieser Gewinn um den laut Steuerbescheid darauf entfallenden Steuern zu mindern.
Welche Steuern auf den Gewinn eines Selbstständigen "entfallen", der wie die Klägerin im Bemessungszeitraum der Elterngeldberechnung mit seinem abhängig beschäftigten Ehegatten gemeinsam veranlagt worden ist, lässt sich allein dem Wortlaut des BEEG allerdings nicht eindeutig entnehmen.
Nach der allgemeinen Sprachbedeutung kann "entfallen" im hier verwendeten Wortsinn das Ergebnis der Berechnung einer Ver- oder Aufteilung bezeichnen. So führt etwa das Grimmsche Wörterbuch unter dem Eintrag "entfallen" als Verwendungsbeispiel "der sich ergebende Betrag" auf. Diesem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht die juristische Terminologie, wenn sie "entfallen", soweit es nicht "wegfallen" bedeutet, ebenfalls zur Definition von Verteilungs- und Aufteilungsregeln benutzt. Beispielsweise heißt es in § 15 Abs. 4 S. 2 AAÜG über die Erstattung von Verwaltungskosten und Aufwendungen, die der Bund an die Deutsche Rentenversicherung Bund geleistet hat, durch die Länder im Beitrittsgebiet, das Bundesversicherungsamt stelle den auf das jeweilige Bundesland entfallenden Anteil an dem Erstattungsbetrag nach dem Verhältnis seiner Einwohner zur Gesamteinwohnerzahl des Beitrittsgebietes fest. Ein weiteres Beispiel für diese Verwendung des Begriffs "entfallen" in der Gesetzessprache liefert § 113 a Abs. 4 SGB XI: Danach beteiligen sich private Versicherungsunternehmen, die die private Pflegeversicherung durchführen, mit einem Anteil von 10 % an den Aufwendungen für die Entwicklung und Aktualisierung von Expertenstandards; diesen auf sie entfallenden Finanzierungsanteil kann der Verband der privaten Krankenversicherungen unmittelbar an den Spitzenverband Bund der Pflegekassen leisten.
Während damit diese beiden nur beispielhaft für viele andere aufgeführten Vorschriften den Verteilungsmaßstab, auf den das Wort "entfallen" hinweist, selber enthalten, fehlt diese Benennung des Verteilungsmaßstabs in § 2 Abs. 9 S. 4 BEEG. Das unterscheidet § 2 Abs. 9 S. 4 BEEG auch von § 2 Abs. 7 BEEG und der darin enthaltenen Regelung für die Bestimmung von Steuern auf Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit. Denn nach § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG "gelten" als entfallende Steuern grundsätzlich die monatlich im Wege der Steuervorauszahlung abgeführte Lohnsteuern. Diese Fiktion gibt mit ihrem Verweis auf die Lohnsteuerbescheinigung im Fall gemeinsam veranlagter Ehegatten das Ergebnis der Verteilungsberechnung vor, indem sie die vorläufige rechnerische Verteilung der Steuerlast durch die Steuerklassenwahl und den auf seiner Grundlage durchgeführten Lohnsteuervorausabzug für endgültig erklärt.
Der Gesetzgeber des BEEG setzt damit nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 9 S. 4 BEEG eine Aufteilung der Steuerlast gemeinsam veranlagter Ehegatten voraus, ohne dafür im Gesetzestext einen Aufteilungsmaßstab vorzugeben.
Der Senat entnimmt zwar den Gesetzgebungsmaterialien Hinweise darauf, wie der Gesetzgeber sich die Aufteilung vorgestellt hat. Dort heißt es, bei Zusammenveranlagung von Eheleuten oder weiteren Einkunftsarten sei der auf den zu berücksichtigenden Gewinn entfallende proportionale Anteil an den gesamten Steuern zu errechnen (Beschlussempfehlung BT-Drucksache 16/2785, 38). Allerdings hat sich dieser Regelungsabsicht nicht im Wortlaut des BEEG niedergeschlagen.
Der zwischen den Beteiligten umstrittene Wortlaut der Ziffer 2.8.2. der (norminterpretierenden) Verwaltungsrichtlinie des Bundesfamilienministeriums stellt eine Gesetzesauslegung der Ministerialbürokratie dar. Sie bindet den Senat nicht und kann insbesondere nicht als Willensäußerung des parlamentarischen Gesetzgebers verstanden werden. Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, wie die zitierte Verwaltungsrichtlinie richtig auszulegen ist, braucht der Senat daher nicht zu beantworten.
Dem Gesetzesanwender bleibt damit nur, den Maßstab für die Verteilung der abzuziehenden Steuern auf die Einkommen der Ehegatten systematisch aus der Verknüpfung des BEEG mit dem Regeln des Einkommensteuerrechts zu folgern. Die somit erforderliche systematische Betrachtung der Verknüpfung des BEEG mit dem EStG ergibt Folgendes: Bei der von der Klägerin im Bemessungszeitraum gewählten Zusammenveranlagung nach § 26b EStG werden grundsätzlich die Ehegatten "gemeinsam als Steuerpflichtiger" behandelt. Nach § 32 a Abs. 5 EStG beträgt die tarifliche Einkommensteuer das Zweifache des Betrags, der sich für die Hälfte ihres gemeinsam nach dem Einkommensteuertarif des § 32 a Abs. 1 EStG zu versteuernden Einkommens ergibt. Die Ehegatten werden durch die gemeinsame Veranlagung so gestellt , als hätte jeder von ihnen die Hälfte der gemeinsamen Einkünfte erzielt (Seiler in Kirchhof, EStG, § 26b Rn. 1). Eine Unterscheidung, auf wessen Einkommen die Steuerschuld "im wesentlichen" beruht, ist dem Steuerrecht dabei fremd (Sozialgericht München, Urteil vom 9.9.2009 – S 30 EG 8/09). Dies spricht dafür, den von der Beklagten gewählten Verteilungsmaßstab heranzuziehen und die Steuerlast der Klägerin entsprechend ihrem Anteil am gemeinsamen Gesamteinkommen der Ehegatten zu bestimmen (so schon Sozialgericht München, Urteil vom 9.9.2009 – S 30 EG 8/09). Denn bei der Elterngeldberechnung soll nach dem Willen des Gesetzgebers das Einkommen berücksichtigt werden, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung stand und das nun wegen der Unterbrechung oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit nicht mehr zur Verfügung steht ( Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Bt.-Drs. 16/1889, S. 21). Die durch die von der Klägerin und ihrem Ehemann gewählte gemeinsame Veranlagung entstandene höhere Einkommensteuerbelastung ihres gesamten Einkommens hatte die Klägerin im Bemessungszeitraum tatsächlich zu tragen. Denn durch die Zusammenveranlagung erkauft der besser verdienende Ehegatte- im Fall der Klägerin ihr Ehemann- eine Steuerersparnis durch die Steuerpflicht der Einkünfte des anderen Ehegatten, dessen Einkünfte bei isolierter Betrachtung geringer oder vielfach gar nicht zu besteuern wären (Sozialgericht München, Urteil vom 9.9.2009 – S 30 EG 8/09). Indem die Klägerin und ihr Ehemann sich für die gemeinsame Veranlagung und den damit verbundenen Steuervorteil entschieden haben, haben sie umgekehrt auch die entsprechende höhere Steuerlast für die Klägerin und damit letztlich auch ein niedrigeres Elterngeld für sie in Kauf genommen. Dem lässt sich nicht mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin entgegenhalten, eine Berücksichtigung der Steuerlast durch Zusammenveranlagung erfordere umgekehrt auch eine Berücksichtigung des besteuerten Einkommens des Ehegatten bei der Elterngeldberechnung. Dafür fehlt im BEEG jede gesetzliche Grundlage, weil das Gesetz allein auf einen am individuellen Einkommen orientierten Einkommensersatz abzielt (a.a.O.,S. 15).
Auch der Vergleich mit abhängig Beschäftigten spricht dafür, die Berechnungsmethode der Beklagten zu wählen, die der tatsächlichen Steuerlast der Ehegatten durch gemeinsame Veranlagung Rechnung trägt. Bei abhängig Beschäftigten richtet sich der zu berücksichtigende Steuerabzug nach dem Lohnsteuervorausabzug , wie er sich nach § 2 Abs. 7 S. 4 BEEG aus der Lohnsteuerkarte ergibt. Die Lohnsteuerkarten wiederum bilden die jeweils von den Ehegatten gewählte Veranlagungsart – getrennte oder gemeinsame Veranlagung – ab.
Nicht zu überzeugen vermag den Senat dagegen die von der Klägerin für ihren Fall vorgeschlagene und vom Sozialgericht übernommene Berechnungsmethode. Zwar hat das Finanzamt im Steuerbescheid die Einkommensteuerlast ihres Ehemanns gesondert ausgewiesen. Diese Berechnung erfolgte aber nur, weil die Klägerin in einer so genannten glaubensverschiedenen Ehe lebt, also im Gegensatz zu ihrem Ehemann nicht kirchensteuerpflichtig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf die Kirchensteuer nur an solche Merkmale anknüpfen, die in der Person des kirchenangehörigen Ehegatten gegeben sind (BVerfG vom 14. Dezember 1965 – 1 BvR 606/60, BVerfGE 19, 268). In Nordrhein-Westfalen setzt § 7 Kirchensteuergesetz (Kirchensteuergesetz – KiStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. April 1975, GV. NRW. 1975, 438) diese Rechtsprechung um. Die danach bei glaubensverschiedenen Ehen durchzuführende Berechnung bestimmt die Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer, indem sie die Ehegatten auch bei tatsächlich gewählter gemeinsamer Veranlagung so behandelt, als würden sie jeweils alleine veranlagt. Insbesondere sieht § 7 Abs. 2 S. 2 Kirchensteuergesetz die Verteilung der gemeinsamen Einkommensteuer in dem Verhältnis auf die Ehegatten vor, das zwischen den Einkommensteuerbeträgen besteht, die sich ergeben, wenn man den Einkommensteuertarif des § 32a Abs. 1 EStG auf die Einkünfte eines jeden Ehegatten anwenden würde. Dabei nimmt § 7 Abs. 2 Kirchensteuergesetz nur § 32 a Abs. 1 EStG, den Einkommenssteuertarif, aber nicht auch § 32a Abs. 5 EStG – das Splittingverfahren – EStG in Bezug.
So ist auch das Finanzamt im Fall der Klägerin und ihres Ehemanns vorgegangen. Der vom Sozialgericht gewählte Verteilungsmaßstab wirkt sich für die Klägerin damit so aus, als wäre sie alleine veranlagt worden, obwohl sie die gemeinsame Veranlagung mit ihrem Ehemann gewählt hatte und auch so besteuert wurde. Demgegenüber bildet die von der Beklagten gewählte Berechnungsweise ihrer tatsächlichen Steuerlast im Bemessungszeitraum, wie ausgeführt, realistischer ab.
Die vom Sozialgericht gewählte Berechnungsweise bedeutet auch nur auf den ersten Blick eine Verwaltungsvereinfachung. Denn die Steuerverwaltung führt Berechnungen wie im Fall des Ehemanns der Klägerin nur bei glaubensverschiedenen Ehen durch. Wollte man dem Sozialgericht folgen, müsste die Elterngeldverwaltung bei gemischt konfessionellen Ehen oder Ehen, in denen kein Ehegatte Kirchensteuer zahlt, nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz weiterhin eigene Berechnungen derselben Art durchführen. Denn es verstieße gegen Art. 3 Absatz 1 GG, die Höhe des Elterngeldes von dem zufälligen Umstand abhängig zu machen, dass der Elterngeldberechtigte in einer glaubensverschiedenen Ehe lebt und deshalb das Finanzamt die Einkommensteuerlast getrennt berechnet hat. Die aus Gleichheitsgründen auf der Grundlage der Rechtsansicht des Sozialgerichts und der Klägerin in vielen Fällen erforderlichen Berechnungen, die die Ermittlung einer Einkommensteuersumme anhand der Tabelle erforderten, sind keineswegs einfacher als der von der Beklagten angewendete Dreisatz aus bereits vorliegenden Werten.
Die Beklagte hat damit einen im Grundsatz zutreffenden Berechnungsansatz gewählt. Allerdings hat sie bei ihrer Berechnung, wie sie selber einräumt, den von der Klägerin und ihrem Ehemann gezahlten Solidaritätszuschlag versehentlich nicht in Ansatz gebracht und damit das Elterngeld der Klägerin irrtümlich zu hoch berechnet. Da dieser Fehler die Klägerin aber lediglich begünstigt, kann sie deshalb eine Aufhebung des angegriffen Bescheides nicht verlangen. Mehr als das ihr von der Beklagten gezahlte Elterngeld steht ihr jedenfalls zu.
Keine Bedenken ergeben sich gegen die Rechtmäßigkeit des mit der endgültigen Festsetzung des Elterngeldes nach § 50 SGB X verbundenen Rückforderungsbescheids. Eine Anhörung gemäß § 24 SGB 10 war jedenfalls nach Abs. 2 Nummer 3 der Vorschrift entbehrlich, weil die Beklagte von den tatsächlichen Angaben der Klägerin, die sie kurz zuvor per Fragebogen eingeholt hatte, nicht abgewichen ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Die Revision ist zuzulassen, weil das Bundessozialgericht die Frage der Berechnung der Steuerlast bei gemeinsam mit ihrem Ehegatten veranlagten Ehegatten, die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielen, noch nicht entschieden hat und es sich um eine grundsätzliche, für viele Verfahren wichtige Frage handelt.
Erstellt am: 24.01.2012
Zuletzt verändert am: 24.01.2012