Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) entsprechend der Nr. 2109 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sowie die Gewährung von Leistungen deswegen.
Der 1945 geborene Kläger war von Dezember 1970 bis Mai 1991, davon seit 18.01.1971 unter Tage als Schlepper, Hauer, zuletzt als Kolonnenführer angelegt, seitdem ist er Rentner. Auf die BK-Anzeige vom 13.05.2005 zog die Beklagte zunächst den Bericht des T-Hospital, neurochirurgische Abteilung, vom 04.04.2005 mit der Entlassungsdiagnose: lumbale Spinalkanalstenose in Höhe LWK 4/5, rückläufige zervikale Myelopathie bei. Sodann veranlasste sie die Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD), der in der undatierten, allgemein gehaltenen Stellungnahme darauf Bezug nahm, dass aufgrund der Feststellung einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Technischen Aufsichtsbeamten der Beklagten sowie Ingenieuren und Medizinern aus dem Bereich des Steinkohlenbergbaus davon auszugehen sei, dass das Tragen der mehr als 50 kg wiegenden Lasten auf der Schulter der Mehrzahl der verfahrenen Schichten nur wenige Minuten pro Schicht ausmache. Unabhängig davon müsse unter Berücksichtigung der Rechtsprechung davon ausgegangen werden, dass weder das Tragen von Ausbausegmenten, hydraulischen Einzelstempeln und Schienen bzw. Kappen noch der Transport von Rohrleitungen, EHB-Schienen oder Elektrokabeln auf der Schulter zu einer Gefährdung im Sinne der streitbefangenen BK führen könne, da es sich jeweils nur um starre Gegenstände mit relativ kleinen Abmessungen handele, wobei es weder zu maximalen Muselanspannung der nur seitlich geneigten HWS noch der maximal gefäßdrosselnden Verdrehung der HWS, wie etwa bei einem Fleischträger, komme.
Gestützt auf diese Stellungnahme lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.08.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2005 die Anerkennung der streitbefangenen BK ab mit der Begründung, der Kläger sei keinen Tragebelastungen im Steinkohlenbergbau unter Tage ausgesetzt gewesen, wie sie für die streitige BK vorauszusetzen seien.
Mit seiner hiergegen am 04.01.2006 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, er habe häufig ohne Hilfsmittel schwere Lasten auf der Schulter transportiert, auch in gebückter Körperhaltung, was zu einer erheblichen Mehrbelastung der HWS geführt habe. Bei ihm lägen Bandscheibenerkrankungen an der HWS und der LWS vor. Die Ausführungen des TAD lägen neben der Sache, es sei nicht belegt, auf welche konkrete Untersuchung sie sich bezögen. Seine Situation sei mit denen von Fleischträgern vergleichbar, zumal nicht erkennbar sei, inwieweit sie sich davon unterscheide. Insbesondere bei den engen Raumverhältnissen unter Tage habe er die Gewichte hautnah und bei seitlich geneigter HWS getragen. Der TAD der Beklagten habe sich nicht mit seiner konkreten Tätigkeit unter Tage auseinandergesetzt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.08.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2005 zu verurteilen, beim ihm eine Berufskrankheit entsprechend der Nr. 2109 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und dementsprechende Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, mindestens aber eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Rechtsprechung der Landessozialgerichte (LSG) Baden-Württemberg und Niedersachsen, wonach eine schwere Hebetätigkeit auf der Schulter ohne die vergleichbare Belastung wie bei Fleischträgern nicht von der streitige BK erfasst werde. Sie hat dazu eine weitere Stellungnahme ihres TAD vom 01.12.2006 überreicht, die im Anschluss an die Befragung des Klägers am 21.11.2006 erstellt worden ist. Unter Bezugnahme auf die früheren Ausführungen hält der TAD danach an seiner Auffassung fest, dass die z.B. bei Fleischträgern beobachtete nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfbeugehaltung und das gleichzeitige maximale Anspannen der Nackenmuskulatur, was zu einer Hyperlordosierung und auch zu einer Verdrehung der HWS führe, beim Tragen von starren Gegenständen mit vergleichsweiser großer Gesamtlänge und einem geringen Querschnitt, wie sie der Kläger verrichtet habe, nicht vorkomme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und den der BK-Akten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Beklagte hat es mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.08.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2005 zu Recht abgelehnt, beim Kläger die streitbefangene BK entsprechend der Nr. 2109 der Anlage zur BKV anzuerkennen, der Kläger wird durch diesen Bescheid nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Voraussetzung für die Feststellung der streitbefangenen BK ist, dass die versicherte Tätigkeit, die schädigenden Einwirkungen sowie die Erkrankung, wegen der Entschädigungsleistungen beansprucht werden, nachgewiesen sind, insbesondere müssen die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Entstehen der BK 2109 nachgewiesen sein. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat zur streitbefangenen BK ein Merkblatt herausgegeben (BArbBl. 3/93, S. 53 ff.), das Anhaltspunkte für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes "langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter", wie es in der BK-Ziffer 2109 beschrieben ist,gibt. Nach den Ergebnissen epidemiologischer Studien wird das vermehrte Auftreten von bandscheibenbedingten Erkrankungen der HWS bei Transportarbeitern in Schlachthöfen wird deshalb angenommen, weil Tierhälften oder -viertel hautnah auf dem Schultergürtel getragen werden müssen und die besondere Belastung der HWS sich dadurch ergibt, dass durch das Tragen von mindestens 50 kg schweren Gegenständen auf der Schulter nach vorn und seitlich eine erzwungene Kopfhaltung bei gleichzeitiger maximaler Anspannung der Nackenmuskulatur mit Hyperlordosierung mit Verdrehung der HWS eingenommen wird.
Derartige Tätigkeiten, wie sie vom Verordnungsgeber beispielhaft für die Annahme bandscheibenbedingter Erkrankung aufgrund schwerer Tragebelastung von mindestens 50 kg auf der Schulter vorausgesetzt werden, hat der Kläger durch die Tragetätigkeit von Ausbauteilen im untertägigen Steinkohlenbergbau nicht verrichtet. Er musste insbesondere bei dieser Tragebeanspruchung den Kopf bzw. den Hals nicht seitgeneigt halten, damit die Last nicht abrutscht, wie dies bei dem Tragen von Tierhälften und -vierteln zur Stabilisierung der Last auf der Schulter erforderlich ist. Gleichzeitig ist es dabei nicht zu der in den Ärztlichen Merkblättern für erforderlich erachteten maximalen Anspannung der Nackenmuskulatur mit Hyperlordosierung und gleichzeitiger Verdrehung der HWS gekommen. Aus diesem Grunde sieht die Kammer ebenso wie die Rechtsprechung einiger Landessozialgerichte (vgl. dazu u.a. LSG Baden-Württemberg vom 22.05.2003 – L 10 U 4524/01 mit weiteren Hinweisen) beim Tragen insbesondere von starren schweren Gegenständen mit einem Gewicht von mehr als 50 kg keine Belastung, wie sie für die streitbefangene BK vorausgesetzt wird.
Da die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen für die streitbefangene BK im Fall des Klägers nicht nachgewiesen sind, bedürfte es keiner weiteren Ermittlung hinsichtlich der Frage, ob die beim Kläger beschriebenen Veränderungen an der HWS, insbesondere die Operationsfolgen wegen der Fusion bei HWK 5/6 und HWK 6/7 als bandscheibenbedingte Veränderung im Sinne der streitbefangenen BK anzusehen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 11.02.2008
Zuletzt verändert am: 11.02.2008