Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.11.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt den Erlass, hilfsweise die Niederschlagung der Forderung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung aus dem Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016.
Der Kläger ist selbstständig tätiger Rechtsanwalt. Er bezieht seit Jahren Arbeitslosengeld II vom Jobcenter C. Für die Zeit vom 01.11.2015 bis zum 31.10.2016 bewilligte das Jobcenter C dem Kläger vorläufige Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Einkommen. Während des Leistungsbezugs war der Kläger bei der Beklagten zu 1) gesetzlich krankenversichert und bei der Beklagten zu 2) in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert.
Mit Bescheiden vom 18.01.2016 und 15.04.2016 stellte das Jobcenter C für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 30.04.2016 und für die Zeit vom 01.05.2016 bis zum 31.07.2016 einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II des Klägers fest und hob die vorangegangenen Bewilligungsbescheide vollständig auf. Darüber hinaus lehnte es die Gewährung von Gutscheinen oder geldwerten Leistungen ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei seinen in einem Eingliederungsverwaltungsakt auferlegten Bewerbungsbemühungen ohne wichtigen Grund nicht nachgekommen.
Gegen die Bescheide vom 18.01.2016 und 15.04.2016 legte der Kläger jeweils Widerspruch ein und beantragte vorsorglich die Weiterzahlung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung. Nach Zurückweisung seiner Widersprüche erhob er gegen die Bescheide in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide jeweils Klage beim Sozialgericht Köln. Über diese Klagen ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren mit dem Ziel, das Jobcenter C zur vorläufigen Weiterzahlung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zu verpflichten, blieb erfolglos.
Den Wegfall der Leistungen teilte das Jobcenter C der Beklagten zu 1) mit. Mit Schreiben vom 11.03.2016 wandte sich die Beklagte zu 1) an den Kläger, um mit diesem das Versicherungsverhältnis ab dem 01.02.2016 zu klären. Der Kläger reagierte hierauf mit einem Schreiben vom 20.04.2016, indem er unter anderem den Erlass der Beitragsansprüche ab dem 01.02.2016, hilfsweise die unbefristete Niederschlagung von Beitragsansprüchen ab dem 01.05.2014, hilfsweise die Kündigung der Versicherung zum 01.05.2014, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt und hilfsweise die Stundung der Beitragsansprüche ab dem 01.02.2016 ohne Verzinsung und ohne Sicherheitsleistung beantragte.
In einem Schreiben vom 25.04.2016, das die "Techniker Krankenkasse – Fachzentrum Mitgliedschaft/Beiträge" als Absender auswies und die Überschrift "Ihre Beiträge" trug, wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er in der Zeit vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 in der Krankenversicherung freiwillig und in der Pflegeversicherung pflichtversichert sei. Seine monatlichen Beiträge betrügen seit dem 01.02.2016 135,57 Euro für die Krankenversicherung, 9,68 Euro Zusatzbeitrag und 25,18 Euro für die Pflegeversicherung, also insgesamt 170,34 Euro. Die Beiträge würden zinslos bis zu einer Entscheidung durch das Sozialgericht über den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld II in dieser Zeit gestundet. Ein Erlass der Beiträge sei nur zulässig, wenn eine Stundung oder ein Vergleich nicht in Betracht komme. Eine Niederschlagung setze bereits erfolglos durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen voraus. Der Kläger werde daher um Verständnis gebeten, dass ein Erlass oder eine Niederschlagung derzeit nicht möglich seien. Es wurde aber die Bereitschaft erklärt, dieses nach dem Vorliegen des Urteils aus dem Klageverfahren gegen das Jobcenter erneut zu prüfen. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt das Schreiben nicht.
Dem Schreiben war eine Bestätigung der Kündigung der Mitgliedschaft des Klägers beigefügt. In diesem Schreiben wurde jedoch zugleich darauf hingewiesen, dass die Kündigung nur wirksam werde, wenn der Kläger innerhalb der Kündigungsfrist (bis zum 30.06.2016) der zur Meldung verpflichteten Stelle die Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse nachweise. Einen entsprechenden Nachweis erbrachte der Kläger in der Folgezeit nicht.
Mit dem gegen das Schreiben vom 25.04.2016 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, der Bescheid sei formell rechtswidrig, weil er nicht vom Vorstand der Beklagten zu 1) erlassen worden sei. Ein Erlass sei auch vorrangig gegenüber einer Stundung möglich. Die in § 9 der Beitragserhebungsgrundsätze genannte Reihenfolge sei nicht verbindlich, da es sich bei den Beitragserhebungsgrundsätzen lediglich um innerbehördliche Leitlinien, nicht jedoch um Rechtsnormen mit Außenwirkung handele. Wie er bereits im Schreiben vom 20.04.2016 dargelegt habe, sei ihm gegenüber die Erhebung der Beiträge unbillig. Eine persönliche Unbilligkeit folge daraus, dass er über kein Einkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenzen verfüge und der Vollzug der Beitragsforderung sein menschenwürdiges Existenzminimum gefährden würde. Die sachliche Unbilligkeit folge daraus, dass die Beiträge zur Krankenversicherung eigentlich vom Jobcenter zu zahlen seien. Der Gesetzgeber habe nicht bedacht, dass ein Empfänger von Arbeitslosengeld II infolge des zur Willensbrechung vollzogenen vollständigen Entzugs der Leistungen selbst zum Beitragsschuldner werde. Die Sanktionierung eines nach wie vor Bedürftigen habe nicht den Sinn und Zweck, die Beitragszahlungspflicht der Bundesagentur für Arbeit zur gesetzlichen Krankenversicherung zu umgehen. Die Niederschlagung sei vorzunehmen, weil bereits jetzt feststehe, dass die Einziehung der Beitragsforderung keinen Erfolg haben werde. Seine Gewinnsituation werde sich vorhersehbar nicht derart erhöhen, dass sein Einkommen nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge oberhalb des pfändungsfreien Existenzminimums liegen werde. Das laufende Rechtsmittelverfahren gegen die Sanktionsbescheide ändere nichts an seiner aktuellen Beitragsbelastung.
In einem Telefonat mit einer Mitarbeiterin der Beklagten zu 1) führte der Kläger nach einem aktenkundigen Vermerk ergänzend aus, er wolle dem Vollzug der Beitragsforderung vorbeugen für den Fall, dass die Sanktionsbescheide bestehen blieben.
In einem unter dem Absender "Techniker Krankenkasse – Hauptverwaltung" verfassten Schreiben vom 07.06.2016 erfolgten Ergänzungen zum "Bescheid vom 25.04.2016". Im Rahmen der Ermessensabwägung sei insbesondere berücksichtigt, dass gesetzliche Zahlungspflichten zunächst selbst dann nicht unbillig seien, wenn sie den Zahlungspflichtigen erheblich wirtschaftlich belasteten. Die Unbilligkeit der Einziehung setze in den persönlichen Verhältnissen des Zahlungspflichtigen liegende besondere Gründe voraus. Die Erfüllung des Anspruchs müsse für ihn unzumutbar, d.h. die Einziehung existenzbedrohend oder zumindest in hohem Maße existenzgefährdend sein. Allein eine erhebliche wirtschaftliche Belastung oder eine fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit rechtfertigten den Erlass der Forderung aus persönlichen Gründen hingegen noch nicht. Gründe, die die Einziehung der Beiträge für den Kläger unbillig erscheinen ließen, seien auch unter Berücksichtigung seiner finanziellen Situation insbesondere aufgrund der erfolgten zinslosen Stundung nicht ersichtlich. Es sei darüber hinaus berücksichtigt, dass es sich um Beiträge von mehreren Monaten handele. Ein Erlass und eine Niederschlagung der Beitragsforderung würde die Versichertengemeinschaft über einen längeren Zeitraum belasten, da diese die Mitgliedschaft des Klägers zumindest teilweise mitfinanzieren müsste. Zur Deckung des Leistungsrisikos des Klägers seien die Beiträge, wie auch von allen anderen Versicherten, in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe zu entrichten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2016 erklärte der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1), dass dem Widerspruch "nicht abgeholfen" werde, wobei der Widerspruchsbescheid den ausdrücklichen Hinweis enthielt, dass der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1), soweit Beiträge zur Pflegeversicherung Gegenstand des Verfahrens seien, auch die Aufgaben des Widerspruchsausschusses der Beklagten zu 2) wahrnehme. Neben einer Wiederholung der Ausführungen aus dem Schreiben vom 07.06.2016 hieß es zur Begründung u.a., bei ihrer Entscheidung, den Antrag auf Erlass der Beiträge abzulehnen, hätten die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) zwischen der Verpflichtung des Klägers, die Einnahmen vollständig zu erheben, und den Individualinteressen des Klägers abgewogen. Insbesondere im Hinblick auf die zinslose Stundung der Beiträge sei eine Existenzgefährdung nicht ersichtlich. Da es sich bei der Niederschlagung von Beiträgen lediglich um eine verwaltungsinterne Maßnahme ohne Außenwirkung handele, könne dem Anliegen auf Niederschlagung der Beiträge ebenfalls nicht entsprochen werden. Auch insoweit hätten die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) eine zutreffende Abwägungsentscheidung getroffen.
Der Kläger hat am 22.08.2016 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei im Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 nicht freiwillig versichert, sondern unterfalle der Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Den Fall, dass ein Bedürftiger aufgrund von Sanktionen nicht mehr nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V, sondern nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 pflichtversichert sei, habe der Gesetzgeber unbewusst fehlerhaft geregelt, weil er nicht vorhergesehen habe, dass ein Jobcenter einem Bedürftigen im Falle der Sanktionierung durch vollständigen Entfall des Arbeitslosengelds II auch die dann zwingend zu gewährenden ergänzenden Leistungen versagen würde. Dieser atypische Sonderfall sei durch den beantragten Erlass zur Wahrung des Existenzminimums sachgerecht zu lösen. Es ginge ihm nicht darum, einen kostenfreien Krankenversicherungsschutz zu erhalten. Sein Antrag sei vielmehr darauf gerichtet, wegen der rechtsmissbräuchlichen Nichtzahlung der Beiträge durch den Bund Solidarität in Anspruch zu nehmen und in der Folge von der Zahlung der durch die Beklagte festgesetzten Beiträge frei zu werden. Die angefochtenen Bescheide seien formell rechtswidrig. Die Krankenkasse sei zwar sachlich auch für den Erlass der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung zuständig. Jedoch fehle es an der funktionalen Zuständigkeit, weil der Bescheid vom 25.04.2016 nicht von dem Vorstand der Beklagten zu 1), sondern von einer vom Vorstand verschiedenen Behörde, nämlich der Beklagten zu 1) selbst, erlassen worden sei. Eine hierfür erforderliche Delegationsregelung in der Satzung der Beklagten zu 1) existiere nicht. Der Widerspruchsausschuss sei funktional ebenfalls unzuständig gewesen, eine erstinstanzliche Entscheidung zu treffen. Darüber hinaus seien die angefochtenen Bescheide auch materiell rechtswidrig. Insoweit hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Schreiben vom 20.04.2016 und aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 25.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2016 zu verurteilen, die Beitragsforderungen für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 zu erlassen, hilfsweise diese unbefristet niederzuschlagen, hilfsweise die Anträge des Klägers auf Erlass und Niederschlagung der Beitragsforderungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
Mit im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangenem Urteil vom 25.11.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bescheid vom 25.04.2016 sei von der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung unter ihrem Briefkopf durch die hierfür grundsätzlich auch befugte Mitarbeiterin erlassen worden, so dass die Kammer keine Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids habe. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erlass oder Niederschlagung der Beitragsforderung nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 SGB IV bzw. nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV. Die Entscheidung über den Erlass sei nach einer Entscheidung des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Verweis auf BVerwGE 39, 355) zu § 227 AO (AO) eine Ermessensentscheidung, bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt würden. Mithin erfordere der Begriff der Unbilligkeit stets eine Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Versichertengemeinschaft mit denen des Anspruchsgegners. Vorliegend seien jedoch nach dem Vortrag des Klägers keine Gründe erkennbar, die die Einziehung der Beiträge unbillig erscheinen ließen. Selbst unter Berücksichtigung der dargelegten schwierigen finanziellen Situation sei bereits aufgrund der erfolgten zinslosen Stundung der Beitragsforderung eine Unbilligkeit der Beitragsforderung nicht mehr erkennbar. Allein der Umstand, dass das Einkommen des Klägers nach seinem Vortrag deutlich unterhalb des pfändungsfreien Existenzminimums liege, rechtfertige keinen Erlass der geltend gemachten Beitragsforderung. Darüber hinaus komme zum aktuellen Termin auch eine Niederschlagung der Forderung nicht in Betracht. Eine Niederschlagung könne nur dann erfolgen, wenn im Einzelfall aufgrund vorliegender Tatsachen die Überzeugung gerechtfertigt sei, dass ein Vollstreckungsversuch ohne Erfolg bleiben werde. Anhaltspunkte dafür könnten der unbekannte Aufenthalt des Schuldners und dessen gleich bleibende wirtschaftliche Verhältnisse nach einer erfolglos durchgeführten Vollstreckung sein. Solche Umstände lägen im Falle des Klägers nicht vor. Gerade der Umstand, dass es sich noch um einen überschaubaren Forderungsbetrag handle und die vom Kläger ausgeübte Erwerbstätigkeit als Rechtsanwalt sprächen insofern nicht dafür, dass tatsächlich in keiner Weise ein etwaiger Vollstreckungsversuch erfolglos sein könnte. Im Übrigen sei für die Kammer auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 1) das ihr zustehende Ermessen unzureichend ausgeübt hätte.
Gegen dieses ihm am 02.12.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.12.2016 Berufung eingelegt. Die strittige Legitimation der Beklagten zu 1) zur Wahrnehmung von Aufgaben der Behörde "Vorstand" sei vom SG überhaupt nicht geprüft worden. Seinem Beweisantrag, die Satzung der Beklagten in Augenschein zu nehmen, sei nachzukommen. Hieraus ergebe sich, dass der Vorstand keine Delegation auf eine andere Behörde vorgenommen habe. Die erfolgte Stundung rechtfertige es nicht, den ihm zustehenden Erlass der Beitragsforderungen zu versagen. Seiner dauerhaft fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und seinem Grundrecht auf Gewährung des Existenzminimums trage die ihrer Natur nach nur vorübergehende Stundung nicht hinreichend Rechnung. Eine Rangfolge zwischen Stundung, Erlass und Niederschlagung sehe das Gesetz nicht vor. Eine persönliche Unbilligkeit könne nicht mit der Begründung verneint werden, er sei ja in der Lage, höhere Einkünfte zu erzielen. Die Ausführungen des SG zur fehlenden Aussichtslosigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen entbehrten jeglicher Grundlage. Bei einem Arbeitslosengeld II-Empfänger könne nicht denkfehlerfrei auf den Erfolg von Vollstreckungsmaßnahmen geschlossen werden. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem Antrags-, Widerspruchs- und Klageverfahren.
Der Kläger beantragt sinngemäß schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.11.2016 abzuändern und die Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 25.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2016 zu verurteilen, die Beitragsforderungen für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 zu erlassen, hilfsweise diese unbefristet niederzuschlagen, hilfsweise die Anträge des Klägers auf Erlass und Niederschlagung der Beitragsforderungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagten beantragen schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Kläger mit Richterbrief vom 17.11.2017 darauf hingewiesen, dass bei Gewährung von ergänzenden Leistungen, wie z.B. Lebensmittelgutscheinen, möglicherweise ein Versicherungspflichtverhältnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V bestanden hätte. Dieses würde auch bestehen, wenn die Sanktionsbescheide aufgehoben worden wären.
Der Senat hat weiterhin die Beteiligten mit Richterbriefen vom 15.03.2017, 19.09.2017 und 23.11.2017, die den Beteiligten jeweils zugestellt wurden, davon in Kenntnis gesetzt, dass eine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG beabsichtigt sei, und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass er eine Entscheidung nach 153 Abs. 4 SGG für verfahrensfehlerhaft halte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist nach einstimmiger Auffassung der Berufsrichter des Senats zulässig, aber nicht begründet. Eine mündliche Verhandlung hält der Senat nicht für erforderlich. Es handelt sich um einen Sachverhalt, der weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist. Die Sach- und Rechtslage ist eindeutig, zumal der Kläger bereits wesentliche Teile seiner Argumentation als Prozessbevollmächtigter im Verfahren L 16 KR 301/15 vor dem 16. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vorgebracht hat und hiermit sowohl beim 16. Senat als auch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beim 12. Senat des BSG (Beschluss vom 03.04.2017 – B 12 KR 92/16 B -, veröffentlicht bei juris) erfolglos geblieben ist. Bei dem Kläger handelt es sich zudem um einen Rechtsanwalt, der, wie seine umfangreichen schriftlichen Ausführungen zeigen, keinerlei Schwierigkeiten hat, sich schriftlich auszudrücken. Der Kläger hat auch nicht angedeutet, dass und in welcher Hinsicht er über seine umfassenden schriftlichen Ausführungen hinaus neue rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte mündlich vortragen möchte. Zur Führung eines Rechtsgesprächs über die bereits schriftlich vorgebrachten Argumente des Klägers wäre der Senat in einer mündlichen Verhandlung nicht verpflichtet. Das Rechtsmittel wird daher ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet, denn das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
1. a) Der Kläger begehrt (§ 123 SGG) in erster Linie den Erlass der im Bescheid vom 25.04.2016 festgesetzten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie hilfsweise deren Niederschlagung. Für den Fall, dass ein entsprechender Anspruch mangels einer Ermessensreduzierung auf Null nicht festgestellt werden kann, d.h. die Sache nicht spruchreif ist, begehrt er jeweils hilfsweise die Verurteilung zur erneuten Bescheidung.
b) Nach diesem Begehren richtet sich die Klage nicht nur gegen die Beklagte zu 1) als Krankenkasse, sondern auch gegen die Beklagte zu 2) als Pflegekasse, bei der es sich gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB XI um eine von der Krankenkasse zu unterscheidende selbstständige rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt. Zwar hat die Beklagte zu 2) nicht selbst über die Anträge des Klägers entschieden. Vielmehr hat die Beklagte zu 1) im Bescheid vom 25.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2016 auch eine Entscheidung über die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung getroffen. Dabei wollte die Beklagte zu 1) erkennbar von der in § 46 Abs. 2 Satz 4 bis 6 SGB XI vorgesehenen Möglichkeit, über die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Bescheid zu entscheiden, Gebrauch machen. Die genannte Vorschrift ermächtigt eine Krankenkasse jedoch nicht dazu, im eigenen Namen über Beiträge der sozialen Pflegeversicherung zu entscheiden und gerichtliche Verfahren als Prozessstandschafter für die Pflegekasse durchzuführen. Vielmehr bleibt auch in den Fällen von § 46 Abs. 2 Satz 4 bis 6 SGB XI die Pflegekasse passiv legitimiert (so ausdrücklich BT-Drucks. 16/8525, S. 99). Dementsprechend musste, um dem umfassenden Begehren des Klägers Rechnung zu tragen, das Passivrubrum berichtigt und die Beklagte zu 2) als weitere Beklagte aufgenommen werden.
Eine Beeinträchtigung der Rechte der Beteiligten ist damit nicht verbunden. Der Kläger geht nach seinem Vorbringen davon aus, dass der Erlass und die Niederschlagung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung ebenfalls Streitgegenstand sind und dass die Beklagte zu 1) befugt war, auch hierüber zu entscheiden. Die Beklagte zu 2) wird gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 SGB XI ohnehin durch den Vorstand der Beklagten zu 1) vertreten.
2. Die auf Erlass der Beitragsforderungen der Beklagten bzw. auf Neubescheidung des entsprechenden Antrags gerichtete Klage ist bereits unzulässig, in jedem Fall aber unbegründet.
a) Die Klage ist allerdings, was den Hauptantrag anbetrifft, als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., Abs. 4 SGG und, was den hilfsweise gestellten Bescheidungsantrag anbetrifft, als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. und 2. Alt. SGG statthaft, denn über die Ablehnung des Erlasses hat die Beklagte zu 1) durch Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S. 1 SGB X entschieden.
Das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 25.04.2016 ist zwar seiner äußeren Form nach nicht ohne weiteres als Verwaltungsakt zu erkennen, da es weder mit "Bescheid" überschrieben noch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war. Was die Ablehnung des Erlasses anbetrifft, handelt es sich jedoch bei dem Schreiben seinem Inhalt nach um einen Verwaltungsakt, weil die einzelnen Merkmale des § 31 Satz 1 SGB X erfüllt sind.
Bei einem Erlass einer Forderung und damit ebenso bei seiner Ablehnung als actus contrarius handelt es sich um eine auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelung. Der Erlass führt zum endgültigen und unwiderruflichen Untergang einer Beitragsforderung und berührt damit unmittelbar und zielgerichtet die Rechtsstellung des Beitragsschuldners (vgl. BSG, Urt. v. 09.02.1995 – 7 RAr 78/93 -, juris Rn. 56).
Die Ablehnung des Erlasses wurde auch von einer Behörde verfügt. Behörde im Sinne des SGB X ist gemäß § 1 Abs. 2 SGB X jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 25.04.2016 stammt von einer Behörde in diesem Sinne. Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte zu 1) – dem im Sozialverwaltungsrecht üblichen Sprachgebrauch folgend – selbst als Behörde im Sinne von § 1 Abs. 2 SGB X aufzufassen ist (in diesem Sinne wohl BSG, Urt. v. 23.06.1994 – 12 RK 82/92 -, juris Rn. 36) oder ob aus § 31 Abs. 3 S. 1 SGB IV folgt, dass die Eigenschaft als Behörde nicht den Versicherungsträgern, sondern den vertretungsberechtigten Organen, d.h. bei der Beklagten zu 1) als Ersatzkasse im Sinne von § 168 SGB V (vgl. Art. 1 § 1 Abs. 1 der Satzung der Beklagten zu 1)) gemäß § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB IV ihrem Vorstand, zuerkannt wird (so BSG, Urt. v. 06.05.2009 – B 6 KA 7/08 R -, juris Rn. 20 m.N.). Selbst wenn nur der Vorstand der Beklagten zu 1) als ihr vertretungsberechtigtes Organ Behörde im Sinne von § 1 Abs. 2 SGB X wäre, ergibt sich für einen verständigen Empfänger, dass der Bescheid vom 25.04.2016 vom Vorstand herrührt. Der Erlass entsprechender Bescheide gehört erkennbar zur Verwaltung der Krankenkasse gemäß § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB IV und damit zum Zuständigkeitsbereich des Vorstandes, nicht hingegen zum Aufgabenbereich des Verwaltungsrates, dem nach §§ 31 Abs. 3a Satz 1, 33 Abs. 3 SGB IV einzigen weiteren Organ der Beklagten zu 1) (in diesem Sinne auch deutlich BSG, Urt. v. 23.06.1994 – 12 RK 82/92 -, juris Rn. 36; Baier, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 76 SGB IV Rn. 6 a.E.). Zudem erscheinen als Absender des Schreibens vom 25.04.2016 und auch des ergänzenden Schreibens vom 07.06.2016 typische Verwaltungsabteilungen, die organisatorisch dem Vorstand zuzuordnen sind. Dass das Schreiben vom 25.04.2016 auch vom Verwaltungsrat der Beklagten zu 1) herrühren könnte, hat der Kläger nicht behauptet. Dies wäre auch abwegig.
b) Die Klage ist jedoch mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Kläger muss den Ausgang der noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren gegen die Bescheide des Jobcenters C vom 18.01.2016 und 15.04.2016 und die von der Beklagten zu 1) im Anschluss daran zugesagte erneute Entscheidung über einen möglichen Erlass der Beitragsforderungen für den Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 abwarten, bevor er im Hinblick auf einen Erlass der Beitragsforderungen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann. Insoweit steht dem Kläger ein vorrangig zu beschreitender Rechtsschutzweg zur Verfügung.
Der Vorrang der anhängigen Verfahren gegen die Sanktionsbescheide des Jobcenters folgt zunächst aus materiellem Recht, weil noch gar nicht feststeht, ob der Kläger der Forderung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung rechtlich und wirtschaftlich endgültig ausgesetzt bleiben wird.
Sollten die Sanktionsbescheide in den anhängigen sozialgerichtlichen Verfahren aufgehoben werden mit der Folge, dass dem Kläger für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 Arbeitslosengeld II nachzuzahlen wäre, entstünde rückwirkend ein Versicherungspflichtverhältnis des Klägers in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V und in der sozialen Pflegeversicherung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB XI. In diesem Fall entfiele eine Pflicht des Klägers zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (vgl. § 251 Abs. 4 SGB V, § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Die Beklagte zu 1) müsste dann den bestandskräftigen Beitragsbescheid von Amts wegen nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X oder § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X aufheben.
Darüber hinaus spricht viel dafür, dass Gegenstand der gegen die Bescheide des Jobcenters C vom 18.01.2016 und 15.04.2016 gerichteten Klagen zumindest hilfsweise auch die Gewährung von ergänzenden Sachleistungen gemäß § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II ist. Die Bescheide des Jobcenters C enthalten insoweit einen selbstständigen ablehnenden Verwaltungsakt (vgl. BSG, Urt. v. 12.10.2017 – B 4 AS 34/16 R -, juris Rn. 14), und es ist mangels für den Senat erkennbarer anderweitiger Anhaltspunkte unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes davon auszugehen, dass der Kläger die Bescheide des Jobcenters uneingeschränkt angefochten hat. Sollten dem Kläger nachträglich für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 ergänzende Sachleistungen gemäß § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II gewährt werden, z.B. in Form von Lebensmittelgutscheinen, würden auch hierdurch voraussichtlich Versicherungspflichtverhältnisse nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB XI entstehen (vgl. SG Berlin, Urt. v. 06.09.2011 -S 148 AS 39088/09 -, juris Rn. 40 m.w.N.), was wiederum zwingend die Aufhebung des Beitragsbescheids von Amts wegen nach sich ziehen müsste.
Selbst wenn man Versicherungspflichtverhältnisse nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB XI bei Gewährung ergänzender Sachleistungen gemäß § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II verneinen würde, was die Beklagte zu 1) allerdings in eigener Verantwortung unabhängig von der Sichtweise des Jobcenters C zu prüfen hätte, könnte im Hinblick auf die Bedeutung des Krankenversicherungsschutzes für die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BSG, Urt. v. 18.01.2011 – B 4 AS 108/10 R -, juris Rn. 33) als ergänzende geldwerte Leistung im Sinne von § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II die Übernahme der vom Kläger nach Maßgabe von § 250 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB V und § 59 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 4 Satz 1 SGB XI selbst zu tragenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung in Betracht kommen. Auch in diesem Fall bedürfte es erkennbar keines Erlasses von Beitragsforderungen, weil der Kläger wirtschaftlich durch sie nicht belastet wäre.
Es ist nicht ersichtlich, dass die sozialgerichtlichen Verfahren des Klägers gegen das Jobcenter C, jedenfalls soweit es um die Gewährung ergänzender Leistungen nach § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II geht, offensichtlich aussichtslos sind. Sollte der Kläger nicht auf ergänzende Sachleistungen, wie Lebensmittelgutscheine, verzichtet haben und auch nicht über verwertbares Schonvermögen verfügen (vgl. insoweit Sonnhoff, in: jurisPK-SGB II, § 31a Rn. 49), ist es schwer vorstellbar, dass ergänzende Sachleistungen, wie Lebensmittelgutscheine, bei einem vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II für einen Zeitraum von insgesamt 6 Monaten ermessensfehlerfrei abgelehnt werden können. Dies gilt gerade auch in Anbetracht der Bedeutung solcher Sachleistungen für den Krankenversicherungsschutz (siehe oben). Das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG gewährleistete menschenwürdige Existenzminimum muss jedenfalls in physischer Hinsicht auch während eines Sanktionszeitraums sichergestellt sein.
Die Beklagte zu 1) hat auch hinreichende Vorkehrungen dafür getroffen, dass der Kläger den Ausgang der sozialgerichtlichen Verfahren gegen das Jobcenter C abwarten kann, ohne wirtschaftliche Nachteile zu erleiden. Da sie die streitgegenständlichen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 zinslos gestundet hat, bis über die Klagen des Klägers gegen die Sanktionsbescheide des Jobcenters C vom 18.01.2016 und 15.04.2016 rechtskräftig entschieden ist, drohen dem Kläger zur Zeit keinerlei Beeinträchtigungen, z.B. durch Vollstreckungsmaßnahmen. Der Vollzug der Beitragsforderungen ist vielmehr ausgesetzt. Darüber hinaus hat sich die Beklagte im Bescheid vom 25.04.2016 ausdrücklich bereit erklärt, einen Erlass der Beitragsforderung nach Vorliegen des Urteils aus dem Klageverfahren gegen das Jobcenter erneut zu prüfen. Dass sich die Beklagte an diese Zusage nicht halten wird, ist nicht ersichtlich. Der Kläger wird daher nach Abschluss der sozialgerichtlichen Verfahren gegen die Sanktionsbescheide des Jobcenters C unabhängig von der im Bescheid vom 25.04.2016 getroffenen Regelung eine erneute Entscheidung der Beklagten zu 1) über den Erlass der Beitragsforderungen erhalten, sofern es dann überhaupt noch ein Bedürfnis für einen etwaigen Erlass geben sollte. Gegen diese Entscheidung steht dem Kläger dann der Rechtsweg offen.
In der Sache erstrebt der Kläger damit, wie er in dem Telefonat mit der Mitarbeiterin der Beklagten zu 1) im Nachgang zur Einlegung seines Widerspruchs auch deutlich gemacht hat, im vorliegenden Verfahren vorbeugenden Rechtsschutz, nämlich für den Fall, dass seine Verfahren gegen die Sanktionsbescheide des Jobcenters C in vollem Umfang erfolglos bleiben und auch die angekündigte anschließende erneute Entscheidung der Beklagten zu 1) über einen Erlass von Beitragsforderungen ebenfalls erneut zu seinen Ungunsten aus geht. Vorbeugender Rechtsschutz setzt jedoch ein besonders qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis voraus und kommt nur dann in Betracht, wenn das Abwarten einer für die Zukunft möglicherweise zu gegenwärtigenden Beeinträchtigung für die Betroffenen mit unzumutbaren Rechtsschutzeinbußen verbunden wäre (siehe hierzu BSG, Urt. v. 16.05.2013 – B 3 P 5/12 R -, juris Rn. 9). Dies ist jedoch beim Kläger wegen der gewährten zinslosen Stundung und der zugesagten erneuten Prüfung eines Erlasses offensichtlich nicht der Fall.
Der Vorrang der Verfahren gegen die Sanktionsbescheide des Jobcenters C folgt letztlich auch aus dem Ziel, das der Kläger erklärtermaßen mit dem vorliegenden Verfahren verfolgt. Der Kläger hat ausdrücklich ausgeführt, er betreibe das vorliegende Verfahren, um wegen der rechtsmissbräuchlichen Nichtzahlung der Beiträge durch den Bund infolge einer unbewussten Gesetzeslücke bei vollständigem Wegfall des Arbeitslosengeldes II wegen einer Sanktion Solidarität in Anspruch zu nehmen und in der Folge von der Zahlung der durch die Beklagte festgesetzten Beiträge frei zu werden. Ob der Kläger dieser von ihm beanspruchten Solidarität bedarf, steht jedoch, wie bereits ausgeführt, gegenwärtig noch gar nicht fest.
Entgegen der Auffassung des Klägers folgt das Rechtsschutzbedürfnis nicht alleine daraus, dass die Beklagte zu 1) für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 Beitragsforderungen durch Bescheid festgestellt hat. Abgesehen davon, dass der Kläger gegen die Festsetzung der Beiträge keinen Widerspruch eingelegt hat und sie dementsprechend durch eigenverantwortliche Entscheidung hat bestandskräftig werden lassen, ist der Erlass eines Beitragsbescheids durch die Beklagte zu 1) vor dem Hintergrund zu sehen, dass Widerspruch und Klage gegen die Sanktionsbescheide des Jobcenters C gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung haben und die Beklagte zu 1) gemäß § 76 Abs. 1 SGB IV zur rechtzeitigen und vollständigen Erhebung von Einnahmen verpflichtet ist. Dem Umstand, dass dem Beitragsbescheid damit letztlich nur ein vorläufiger Rechtszustand zu Grunde liegt, hat die Beklagte zu 1) durch die zinslose Stundung und die Zusage, nach Abschluss der Verfahren gegen das Jobcenter C erneut über einen etwaigen Erlass der Beitragsforderungen zu entscheiden, hinreichend Rechnung getragen. Für eine endgültige Entscheidung, um die es sich bei dem vom Kläger begehrten Erlass handelt, über die erkennbar auf einem vorläufigen Rechtszustand beruhende Beitragsforderung besteht bei dieser Sachlage kein Bedürfnis.
c) Die Klage ist darüber hinaus auch unbegründet. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 25.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2016, soweit darin der Erlass der Beitragsforderungen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 abgelehnt worden ist, nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Der Kläger hat weder Anspruch auf isolierte Aufhebung der angefochtenen Bescheide noch auf den von ihm begehrten Erlass der Beitragsforderungen oder die erneute Bescheidung seines entsprechenden Antrags.
aa) Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig und dementsprechend nicht wegen eines formellen Fehlers unabhängig von der Frage des Anspruchs auf Erlass aufzuheben.
(1) Die Beklagte zu 1) war nach Maßgabe von § 46 Abs. 2 Satz 4 bis 6 SGB XI sachlich befugt, in den angefochtenen Bescheiden über den Erlass der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung mitzuentscheiden.
Nach § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI können Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die ihre Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Das Mitglied ist nach § 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse ergeht. Nach § 46 Abs. 2 Satz 6 SGB XI kann in den Fällen des Satz 4 auch ein gemeinsamer Widerspruchsbescheid erlassen werden; Satz 5 gilt entsprechend.
Die Vorgaben dieser Regelungen sind vorliegend erfüllt.
(a) Der Anwendungsbereich des § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI ist eröffnet.
(aa) Der Kläger ist Mitglied der Beklagten und hatte im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide seine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 selbst zu zahlen. Infolge des in den Bescheiden des Jobcenters C vom 18.01.2016 und 15.04.2016 verfügten vollständigen Wegfalls des Arbeitslosengeldes II im Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016, der Ablehnung von ergänzenden Sachleistungen für diesen Zeitraum und des Umstandes, dass Widerspruch und Klage gegen die Sanktionsbescheide des Jobcenters C gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung haben, musste die Beklagte im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide davon ausgehen, dass Versicherungspflichtverhältnisse nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB XI in dem genannten Zeitraum nicht mehr bestanden (vgl. § 190 Abs. 12 SGB V). Entgegen der Auffassung des Klägers folgte daraus – einstweilig (siehe oben b)) – nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 188 Abs. 4 SGB V, dass der Kläger in dem genannten Zeitraum in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig und gemäß § 20 Abs. 3 SGB XI in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig wurde. Die vom Kläger erklärte Kündigung wurde nach Maßgabe von § 188 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht wirksam, weil der Kläger einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nicht nachgewiesen hat. Die freiwillige Versicherung geht nach § 5 Abs. 8a Satz 1 SGB V der Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V vor. Die Pflicht des Klägers, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung selbst zu zahlen, ergab sich damit aus §§ 250 Abs. 2, 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V und §§ 59 Abs. 4 Satz 1,60 SGB XI.
(bb) Bei einem Erlass von Beitragsforderungen geht es auch um die Festsetzung der Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Sinne von § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI. Der Erlass stellt die Kehrseite der Erhebung von Beiträgen dar und betrifft unmittelbar die Beitragshöhe. In der Sache kommt der Erlass der Festsetzung von Beiträgen i.H.v. 0,00 Euro gleich, die ohne weiteres unter § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI zu subsumieren ist. Für einen Erlass kann nichts anderes gelten. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI, der der Verwaltungsvereinfachung dient (in der Sache auch Baier, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 76 SGB IV Rn. 23 a.E.).
(b) In dem danach zulässigen gemeinsamen Bescheid über die Ablehnung eines Erlasses von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung vom 25.04.2016 fehlt allerdings der nach § 46 Abs. 4 Satz 5 SGB XI notwendige Hinweis darauf, dass der Bescheid über den Beitrag zur Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse, d.h. hier der Beklagten zu 2), ergeht. Dieser Mangel ist jedoch im Widerspruchsbescheid vom 21.07.2016 geheilt worden.
Durch den im Widerspruchsbescheid enthaltenen Zusatz, dass der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1) entsprechend § 4 Abs. 2 der Satzung der Beklagten zu 2) auch die Aufgaben des Widerspruchsausschusses der Beklagten zu 2) wahrnimmt, hat die Beklagte zu 1) klargestellt, dass sie von der in § 46 Abs. 4 Satz 6 SGB XI geregelten Möglichkeit, einen gemeinsamen Widerspruchsbescheid zu erlassen Gebrauch, machen möchte. Damit wird für jeden objektiven Empfänger erkennbar, dass die Beklagte zu 1) im Namen der Beklagten zu 2) handeln will und bei dem Erlass des mit Widerspruch angefochtenen Bescheids auch handeln wollte. Darüber hinaus wird aus der Begründung des Widerspruchsbescheids deutlich, dass der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1) davon ausgeht, dass sowohl die Beklagte zu 1) als auch die Beklagte zu 2) eine Abwägung zwischen ihren Verpflichtungen, Einnahmen vollständig zu erheben, und den Individualinteressen des Klägers vorgenommen haben. Da die Beklagte zu 2) selbst zu keinem Zeitpunkt gehandelt hat, setzen diese Ausführungen denknotwendig voraus, dass die Beklagte zu 1) den Erlass des Bescheids vom 25.04.2016 ebenso wie die anschließenden Ergänzungen im Namen der Beklagten zu 2) vornehmen wollte und auch tatsächlich vorgenommen hat. Dies wird jedenfalls durch die Ausführungen im Widerspruchsbescheid für jeden objektiven Empfänger deutlich. Der Widerspruchsbescheid gestaltet insoweit dem Bescheid vom 25.04.2016 (§ 95 SGG).
(2) Entgegen der Auffassung des Klägers liegt kein Mangel der funktionellen Zuständigkeit vor. Der Kläger, der ausweislich seiner schriftlichen Ausführungen den Vorstand der Beklagten zu 1) und die Beklagte zu 1) selbst als unterschiedliche Behörden mit voneinander abgrenzbaren funktionalen Aufgabenbereichen begreift, unterliegt offensichtlich einem gravierenden Fehlverständnis. Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich als Körperschaft des öffentlichen Rechts um eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Von einer juristischen Person sind ihre Organe zu unterscheiden, durch die allein die juristische Person des öffentlichen Rechts handeln kann. Einen von den Aufgabenbereichen ihrer Organe unabhängigen Aufgabenbereich, den eine juristische Person eigenständig wahrnehmen könnte, kann es damit denklogisch nicht geben. Eine Beweisaufnahme über eine etwaige Delegation von Aufgaben des Vorstands der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 1) kommt daher von vornherein nicht in Betracht.
Darüber hinaus wurde unter a) bereits ausgeführt, dass der Bescheid vom 25.04.2016 nach objektivem Empfängerhorizont dahingehend auszulegen ist, dass er vom Vorstand der Beklagten zu 1) herrührt und nicht etwa von dem einzigen weiteren Organ der Beklagten zu 1), dem Verwaltungsrat. Wenn man den Vorstand der Beklagten zu 1) und nicht die Beklagte zu 1) selbst als Behörde im Sinne von § 1 Abs. 2 SGB X auffasst, wurde der Bescheid vom 25.04.2016 dementsprechend von der auch funktionell zuständigen Behörde erlassen. Als vom Vorstand unterscheidbare Behörde mit einem eigenen funktionalen Zuständigkeitsbereich kommt allein der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1) in Betracht. Dass dieser den Bescheid vom 25.04.2016 erlassen haben soll, behauptet aber selbst der Kläger nicht.
Sollte der Kläger meinen, dass der Mitarbeiterin der Beklagten zu 1), die den Bescheid vom 25.04.2016 unterschrieben hat, die Befugnis fehlt, im Namen des Vorstandes zu handeln, ist dies abwegig. Der Vorstand der Beklagten zu 1) hat entsprechend seinen Aufgaben gemäß Art. 1 § 3 Abs. 4 1. Unterpunkt der Satzung der Beklagten zu 1) zweifellos Dienstanweisungen, Geschäfts- und Organisationspläne erlassen. Aus diesen innerhalb der Beklagten zu 1) geltenden Regelungen ergeben sich, ebenso wie bei jedem anderen Träger öffentlicher Gewalt und auch jedem wirtschaftlichen Unternehmen, die Aufgaben und Befugnisse der einzelnen Abteilungen und Mitarbeiter der Verwaltung der Beklagten zu 1). Insoweit geht es nicht um die Delegation von satzungsmäßigen Aufgaben und auch nicht um Fragen der Verfassung der Beklagten zu 1), die durch die Satzung nach § 34 SGB IV zu regeln wären. Auf die Satzung der Beklagten zu 1) kommt es deshalb auch insoweit nicht an. Im Übrigen wären, wenn entsprechende interne Organisationsregelungen fehlen würden, die Handlungen der Mitarbeiter der Beklagten zu 1) nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht ohnehin dem Vorstand der Beklagten zu 1) zuzurechnen.
bb) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erlass der im Bescheid vom 25.04.2016 festgesetzten Beitragsansprüche und auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte zu 1) i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI über seinen Erlassantrag vom 20.04.2016 erneut ermessensfehlerfrei entscheidet (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG).
(1) Da § 256a SGB V für den nach den obigen Ausführungen freiwillig krankenversicherten Kläger offensichtlich nicht einschlägig ist, kommt als Grundlage für das Begehren des Klägers allein § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 1. Halbsatz SGB IV in Betracht. Danach darf der Versicherungsträger Ansprüche nur erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.
Wie sich aus der Verwendung des Begriffs "dürfen" ergibt, handelt es sich bei der Entscheidung über den Erlass um eine Ermessensentscheidung, die gekoppelt ist mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der Unbilligkeit. Da § 76 Abs. 2 Nr. 3 SGB IV an § 227 AO angelehnt ist, ist zur Auslegung die zu der Vorgängervorschrift von § 227 AO ergangene Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes aus dem Jahr 1971 heranzuziehen (so bereits BSG, 04.03.1999 – B 11/10 AL 5/98 R -, juris Rn. 19; zum Ganzen ausführlich Burkiczak, in: jurisPK-SGB II, § 44 Rn. 16). Danach kann der Begriff der Unbilligkeit nicht losgelöst davon gewürdigt werden, dass er ein Können der Behörde zur Folge hat. Würden die maßgeblichen Umstände des Einzelfalls bereits im Rahmen der Unbilligkeit auf der Tatbestandsseite geprüft, bestünde für Ermessenserwägungen der Behörde letztlich kein Raum mehr. Es ist daher davon auszugehen, dass der Begriff der Unbilligkeit in den Ermessensbereich hineinreicht und zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt (GemSOBG, Beschl. v. 19.10.1971 – GmS-OGB 3/70 -, juris Rn. 26 ff). Ist eine Unbilligkeit anzunehmen, wäre der Erlass zu gewähren, andernfalls abzulehnen (BSG, Urt. v. 09.02.1995 – 7 RAr 78/93 -, juris Rn. 58). Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich somit auf die Frage, ob der Leistungsträger überhaupt von dem ihm eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat, ob er sämtliche relevanten Umstände des Einzelfalles berücksichtigt hat und ob die von ihm erkennbar zugrunde gelegten Erwägungen zur Frage der Unbilligkeit seine Entscheidung tragen (Burkiczak, in: jurisPK-SGB II, § 44 Rn. 16; so auch BSG, Urt. v. 09.02.1995 – 7 RAr 78/93 -, juris Rn. 60 ff.).
Für das Vorliegen von Gründen, die zur Unbilligkeit führen können, kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, d.h. in der Regel den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids an (BSG, Urt. v. 09.02.1995 – 7 RAr 78/93 -, juris Rn. 63).
Darüber hinaus stehen nach Voraussetzungen und Wirkungen Stundung (§ 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV) und Erlass in einer Stufenfolge. Ein Erlass kommt dann nicht in Betracht, wenn eine Stundung ausreicht, um der mit der Einziehung der Forderung verbundenen "Härte" Rechnung zu tragen. Insoweit kommt es nicht auf die Rechtsnatur von § 9 der vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen gestützt auf § 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V erlassenen Beitragsverfahrensgrundsätze an, der eine entsprechende Regelung enthält. Vielmehr folgt das Stufenverhältnis aus grammatischer, systematischer und teleologischer Auslegung des Gesetzes. Während die Stundung (nur) eine erhebliche Härte voraussetzt und die Fälligkeit der Forderung hinausschiebt, verlangt der Erlass Unbilligkeit, was dem in § 59 Abs. 1 Nr. 3 BHO verwendeten Begriff der besonderen Härte entspricht (vgl. BSG, Urt. v. 09.02.1995 – 7 RAr 78/93 -, juris Rn. 59), und bewirkt das Erlöschen der Forderung. Darüber hinaus stehen die in § 76 Abs. 2 SGB IV behandelten Maßnahmen im Spannungsfeld zu der in § 76 Abs. 1 SGB IV geregelten Pflicht, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben. Es entspricht daher dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der sich insoweit auch an den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu orientieren hat, dass der Erlass nur eine subsidiäre Entscheidungsmöglichkeit ist (so ausdrücklich BSG, Urt. v. 09.02.1995 – 7 RAr 78/93 -, juris Rn. 62).
(2) Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung der Beklagten zu 1), den Erlass der für den Zeitraum vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 festgesetzten Beitragsforderungen abzulehnen, bezogen auf den für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids nicht zu beanstanden.
Die Beklagte zu 1) hat spätestens im Widerspruchsbescheid für sich und gemäß § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI auch für die Beklagte zu 2) (siehe dazu oben aa) (1) (a) (bb)) ihr Ermessen tatsächlich ausgeübt.
Es liegt auch kein Ermessensfehlgebrauch vor. Die von der Beklagten zu 1) erkennbar zugrunde gelegten Erwägungen, mit denen sie eine Unbilligkeit verneint hat, tragen bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids ihre i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI auch für die Beklagte zu 2) wirkende Entscheidung.
Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids waren die Rechtsbehelfsverfahren des Klägers gegen die Sanktionsbescheide des Jobcenters C noch nicht abgeschlossen. Dementsprechend stand zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids noch gar nicht endgültig fest, ob der Kläger der Forderung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung rechtlich und wirtschaftlich endgültig ausgesetzt bleiben wird. Insoweit wird auf die Ausführungen zu b) Bezug genommen. In Anbetracht dessen war es nicht nur sachgerecht, sondern im Hinblick auf den von der Beklagten zu 1) zu berücksichtigenden Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sogar geboten, von der Maßnahme eines Erlasses, die zum endgültigen Erlöschen der Forderung geführt hätte, abzusehen. Schließlich hätte sich die Beklagte zu 1) damit für den Fall, dass es bei den Versicherungsverhältnissen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 188 Abs. 4 SGB V und § 20 Abs. 3 SGB XI letztlich verbleiben sollte, von vornherein der Möglichkeit begeben, die Beiträge als ergänzende Sachleistungen gemäß § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II aus den Mitteln des Jobcenters C zu erhalten (siehe dazu oben b)). Den Interessen des Klägers, von einer sofortigen Einziehung der Beitragsforderungen verschont zu bleiben, hat die Beklagte zu 1) mit der ausgesprochenen zinslosen Stundung verknüpft mit der Zusage, nach Abschluss der sozialgerichtlichen Verfahren gegen die Sanktionsbescheide des Jobcenters C erneut über einen möglichen Erlass der Beitragsforderungen zu entscheiden, hinreichend Rechnung getragen. Die im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids unstreitige fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers rechtfertigte für sich genommen den Erlass nicht (BSG, Urt. v. 09.02.1995 – 7 RAr 78/93 -, juris Rn. 64).
Die erfolgte zinslose Stundung war auch deshalb das Mittel der Wahl, weil im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids wesentliche Gesichtspunkte für die Beurteilung von Unbilligkeit im Sinne von § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB IV nicht feststanden. Dies gilt zunächst für die vom Kläger selbst angeführten Gründe, die angeblich zur sachlichen Unbilligkeit führen sollen. Wie unter b) bereits ausgeführt, war im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids und ist selbst heute noch nicht klar, ob es tatsächlich zu der vom Kläger gerügten Situation kommt, dass ein Bedürftiger wegen des vollständigen Wegfalls des Arbeitslosengeldes II infolge einer Sanktion Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung schuldet, ohne über die entsprechenden finanziellen Mittel zu verfügen. Darüber hinaus könnte eine möglicherweise rechtswidrige Versagung von ergänzenden Leistungen nach § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II durch das Jobcenter C im Rahmen der Prüfung einer sachlichen Unbilligkeit zu berücksichtigen sein. Hierzu wäre die Beklagte zu 1) erst nach Abschluss der sozialgerichtlichen Verfahren gegen die Sanktionsbescheide des Jobcenters C in der Lage. Schließlich wäre für das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit auch das gesamte Verhalten des Klägers, das zur Verhängung der Sanktion durch das Jobcenter C geführt hat, sowie ein etwaiger Verzicht des Klägers auf ergänzende Sachleistungen, wie Lebensmittelgutscheine, zu würdigen. Wer sich aufgrund freier Willensentscheidung unsolidarisch verhält und seinen Obliegenheiten, durch Erwerbstätigkeit seinen Lebensunterhalt, soweit möglich, selbst sicherzustellen, nicht nachkommt, dürfte kaum Solidarität in Gestalt des Erlasses rechtmäßiger Beiträge beanspruchen können (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v 17.03.2016 – L 16 KR 301/15 -, juris Rn. 27). Auch insoweit muss der Ausgang der sozialgerichtlichen Verfahren gegen das Jobcenter C abgewartet werden.
3. Die auf Niederschlagung der Beitragsforderungen und hilfsweise auf erneute Bescheidung des entsprechenden Antrags des Klägers gerichtete Klage ist ebenfalls unzulässig und darüber hinaus auch unbegründet.
a) Die Klage ist unzulässig.
aa) Als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., Abs. 4 SGG oder kombinierte Anfechtung und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. und 2. Alt. SGG ist die Klage nicht statthaft, weil sie sich nicht gegen einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X richtet. Die im Schreiben vom 25.04.2016 enthaltene Ablehnung des Antrags des Klägers auf Niederschlagung ist kein Verwaltungsakt in diesem Sinne.
Bei der Niederschlagung (z.B. nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB IV) handelt es sich nach allgemeiner Meinung um ein allein verwaltungsinterne Maßnahme, die den Bestand und die Durchsetzbarkeit des Anspruchs nicht berührt (vgl. statt vieler von Boetticher, in: jurisPK-SGB IV, § 76 Rn. 21, 34; Burkiczak, in: jurisPK-SGB II, § 44 Rn. 27 m.w.N.). Dementsprechend ist auch die Ablehnung einer Niederschlagung als actus contrarius nicht auf Außenwirkung gerichtet und erfüllt dementsprechend die Voraussetzungen von § 31 Satz 1 SGB X nicht (so BSG, Urt. v. 29.10.1991 – 13/5 RJ 36/90 -, juris Rn. 20 m.w.N.).
Die Beklagte zu 1) hat die Niederschlagung auch nicht der Form nach durch Verwaltungsakt abgelehnt. Wie bereits unter 2. a) ausgeführt, stellt das Schreiben vom 25.04.2016 nicht bereits nach seinem äußeren Anschein einen Verwaltungsakt dar. Schließlich hat auch der Widerspruchsbescheid die Ablehnung der Niederschlagung nicht in einen Verwaltungsakt umgestaltet. Vielmehr hat der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1) in der Widerspruchsbegründung ausdrücklich ausgeführt, dass es sich bei der Niederschlagung um eine rein verwaltungsinterne Maßnahme handelt.
bb) Es kommt in Ansehung der Niederschlagung auch keine isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid vom 21.07.2016 in Betracht. Der Kläger hat – von seinen abwegigen Ausführungen zur funktionellen Zuständigkeit abgesehen (siehe dazu oben 2. c) aa) (2)) – keine zusätzliche selbstständige Beschwer des Widerspruchsbescheids (§ 79 Abs. 2 Satz 1 VwGO analog) insoweit geltend gemacht. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1) den Widerspruch gegen die Ablehnung der Niederschlagung nicht fälschlicherweise als unbegründet zurückgewiesen. Wie bereits ausgeführt, wird im Widerspruchsbescheid die Niederschlagung ausdrücklich als rein verwaltungsinterne Maßnahme eingestuft und gerade deshalb ein Anspruch des Klägers hierauf abgelehnt. Der Tenor des Widerspruchsbescheids ist zudem offen formuliert und zwingt nicht zu dem Schluss, dass der Widerspruch insgesamt als zulässig, aber unbegründet angesehen wird.
cc) Die Klage ist auch nicht als allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Insoweit fehlt dem Kläger die auch für eine allgemeine Leistungsklage erforderliche Klagebefugnis entsprechend § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Eine Verletzung von subjektiven Rechten des Klägers durch die Ablehnung der Niederschlagung ist unter keinem denkbaren Gesichtspunkt möglich. Als rein verwaltungsinterne Maßnahme berührt die Niederschlagung die Rechtsstellung des Schuldners nicht unmittelbar. Auch nach dem Wortlaut des § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB IV ist eine auf den Schutz subjektiver Rechte des Klägers ausgerichtete Zielrichtung des Gesetzes nicht erkennbar. Vielmehr hängt die Niederschlagung ausschließlich davon ab, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird oder die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen. Belange des Schuldners sind demnach bei der Maßnahme der Niederschlagung irrelevant (von Boetticher, in: jurisPK-SGB IV, § 76 Rn. 35). Im Falle einer Niederschlagung wird der Schuldner dementsprechend nur reflexartig begünstigt. Ein subjektives Recht auf Niederschlagung kann ihm jedoch nach dem Gesetz nicht erwachsen.
b) Die Klage ist darüber hinaus auch unbegründet.
Abgesehen davon, dass der Kläger nach den vorstehenden Ausführungen durch die Ablehnung einer Niederschlagung nicht in seinen Rechten verletzt und damit auch nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert sein kann, war die Ablehnung der Niederschlagung offensichtlich nicht ermessensfehlerhaft. Insoweit gelten die Ausführungen zu 2. c) bb) (2) entsprechend.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Erstellt am: 12.11.2018
Zuletzt verändert am: 12.11.2018