Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 28. Februar 2006 geändert. Dem Kläger wird für das Klageverfahren ab 10. Februar 2006 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X, B, bewilligt. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Der Antragsteller hat im erstinstanzlichen Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH) unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt. Einen vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (UdG) des Sozialgerichts (SG) angeforderten Beleg über angegebene Mietzahlungen hat er am 10. Februar 2006 übersandt. Gleichfalls angeforderte Belege über geltend gemachte Unterhaltszahlungen sind trotz formloser Erinnerung, "vorsorglichem" Hinweis des UdG auf § 118 Abs. 2 S. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) und der Bitte die Unterlagen binnen zwei Wochen zu übermitteln, nicht an das SG übersandt worden.
Das SG hat die Bewilligung von PKH mit Beschluss vom 28.02.2006 abgelehnt. Zur Begründung hat es angeführt, dass die Angaben über Unterhaltsleistungen trotz wiederholter Aufforderung unter Hinweis auf § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO nicht glaubhaft gemacht worden seien.
Gegen den ihm am 07.03.2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 07.04.2006 Beschwerde eingelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das SG hat in dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht die Bewilligung von PKH abgelehnt. Es durfte die fehlende Übersendung von Angaben über Unterhaltsleistungen nicht wegen Fristversäumnis gemäß § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO sanktionieren und den PKH-Antrag insgesamt ablehnen.
Die Ablehnung konnte bereits deshalb nicht auf eine Fristversäumnis gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO gestützt werden, weil das SG eine solche Frist nicht wirksam gesetzt hat. Bei der Fristsetzung nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO handelt es sich um eine Anordnung im Sinne einer richterlichen Verfügung, die auch vom Richter verfügt und mit voller Unterschrift unterzeichnet werden muss. Die Ausfertigung muss dies zudem erkennen lassen (LSG NRW, Beschluss vom 09.05.2006, L 1 B 6/06 AL, Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 27. Auflage 2005, § 329 Anm. 14). Hier ist die Fristsetzung nicht durch den Richter, sondern durch den UdG mit dessen Paraphe verfügt worden. Für die Fristsetzung nach § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO ist der Urkundsbeamte funktionell nicht zuständig. Diesbezüglich fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Soweit in der Organisationsordnung für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit des Landes Nordrhein Westfalen (OrgO-SGB) geregelt ist, dass der Richter den Beschäftigten des gehobenen Dienstes im Verfahren über die Prozesskostenhilfe allgemein oder im Einzelfall zur vorbereitenden Bearbeitung die Sachaufklärung nach § 118 Abs. 2 ZPO übertragen kann (in Anlehnung an §§ 20 Nr. 4 Buchst. a, 8 Abs. 4 S. 1 Rechtspflegergesetz), so umfasst dies nicht die Anordnung über die Fristsetzung nach Satz 4 dieser Vorschrift. Diese Anordnung bleibt dem Richter vorbehalten.
Der angefochtene Beschluss ist darüber hinaus auch deshalb rechtswidrig, weil die Fristsetzung des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO dem Bevollmächtigten des Klägers nicht mit der Maßgabe des § 63 SGG zugestellt oder wirksam verkündet, sondern nur mit einfachem Brief, wohl eher gemeint als schlichter Hinweis, übersandt worden ist (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 02.09.2004, L 2 B 38/04 KR ER; LSG NRW, Beschluss vom 09.05.2006, L 1 B 6/06 AL; Düring in Jansen, SGG, 2. Auflage 2005, § 63 Rdnr 2).
Aber auch bei wirksamer Fristsetzung hätte das SG die Bewilligung von PKH nicht ablehnen dürfen. Ein PKH-Gesuch darf nicht allein deshalb insgesamt abgelehnt werden, weil – wie hier – einzelne Angaben fehlen. Vielmehr sind bei fehlenden Belegen zu geltend gemachten Ausgaben nur diese Positionen bei der Prüfung der Bedürftigkeit unberücksichtigt zu lassen (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2003, 1 BvR 901/03 = NVwZ 2004, 334 ff.).
Obwohl sich das SG in der Sache bisher nicht mit dem PKH-Antrag befasst hat, sieht der Senat davon ab, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und zur erneuten Entscheidung an das SG zurückzuweisen. Nach den glaubhaft gemachten Angaben des Antragstellers liegt es auf der Hand, diesem die beantragte PKH ratenfrei zuzubilligen. Der Antragsteller bezieht eine Rente in Höhe von 705,34 Euro. Hiervon sind aufgrund des Freibetrags und der glaubhaft gemachten Angaben 897,05 Euro abzuziehen, so dass kein einzusetzendes Vermögen verbleibt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dies ist der Fall, wenn das Gericht den Standpunkt des Antragstellers für zutreffend oder doch für vertretbar hält. Sind Beweiserhebungen notwendig, so kann die Erfolgsaussicht in der Regel nicht verneint werden (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2005, § 73 a Rn 7a; Beschluss des erkennenden Senats vom 29.08.2005, L 6 B 10/05 SB m.w.N.). Der Antragsteller begehrt in der Hauptsache die Bewilligung einer höheren Pflegestufe. Nach seinem Vorbringen und dem vorgelegten Pflegetagebuch ist der Umfang des Hilfebedarfs weiter aufzuklären, womit das SG auch bereits begonnen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73 a SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 19.07.2006
Zuletzt verändert am: 19.07.2006