Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.8.2009 geändert. Der Streitwert für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Köln wird auf 16.000 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten haben in der Hauptsache im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) darüber gestritten, ob der Beigeladene als Jugendtrainer und Ausbildungskoordinator in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu dem klagenden Sportverein steht. Das Sozialgericht (SG) hat den Streitwert entsprechend dem Auffangstreitwert auf 5.000 EUR festgesetzt (Beschluss v. 18.8.2008). Mit der Beschwerde vertreten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Auffassung, der Streitwert belaufe sich auf 49.221 EUR (vom steuerlichen Berater des Beigeladenen geschätzte mögliche Gesamtkostenbelastung des Klägers durch Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge), hilfsweise auf den von mehreren Landessozialgerichten angenommenen erhöhten Auffangstreitwert für Statusfeststellungsverfahren in Höhe von 18.000 EUR. Die Beklagte hält den Beschluss des SG demgegenüber für sachgerecht. Sie bezieht sich auf neuere Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R, u.a.), wonach bei Statusfeststellungsverfahren der Auffangstreitwert maßgebend sei. Im Übrigen habe der Kläger vorgetragen, dass der Beigeladene monatliche Pauschalvergütung von lediglich 400 EUR bzw. 533 EUR erhalten habe. Dann sei es unsachgemäß, der Berechnung des Streitwertes jetzt Bruttoentgelte von 77.430 EUR zugrunde zu legen.
II.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 31.8.2009, L 8 B 11/09 R, juris).
Die Beschwerde ist zulässig und insoweit begründet, als der Streitwert nicht entsprechend dem Auffangstreitwert auf 5.000 EUR, sondern auf 16.000 EUR festzusetzen ist. Die weitergehende Beschwerde hat dagegen keinen Erfolg.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz [GKG]). Nur wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts, d.h. die Feststellung der Bedeutung der Sache für den Kläger, keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).
Bei einem Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a SGB IV besteht das Interesse des klagenden (möglichen) Arbeitgebers in der Regel im Wesentlichen darin, eine Beitragsbelastung zu vermeiden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 6.11.2007, L 16 B 3/07 R, Breith 2008, 77 ff.; Beschluss v. 27.1.2009, L 16 B 13/08 R, sozialgerichtsbarkeit.de; jeweils mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen). Bietet der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Streitwert ausreichende Anhaltspunkte, die Höhe einer möglichen Beitragsbelastung abzusehen, so ist daher für einen Rückgriff auf einen Auffangstreitwert kein Raum. Für diese Sichtweise spricht nicht zuletzt, dass § 7a SGB IV nicht zur Elementenfeststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung ermächtigt, sondern nur zur Entscheidung über die Versicherungspflicht insgesamt (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen; Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R). Soweit das Bundessozialgericht in diesen wie auch in anderen Entscheidungen den Streitwert auf 5.000 EUR festgesetzt hat, ist der erkennende Senat hieran nicht gebunden. Im Übrigen handelt es sich jeweils um einzelfallbezogene Entscheidungen. So hat das Bundessozialgericht im Urteil v. 4.6.2009 ausgeführt, dass Anhaltspunkte für eine konkrete Bemessung des Streitwerts nach dem Interesse der Revisionsklägerin nicht vorhanden seien. Damit unterscheidet sich der vom Bundesssozialgericht entschiedene Fall wesentlich von dem vorliegenden Fall, in dem solche Anhaltspunkte bestehen.
Der Senat geht damit für die Festsetzung des Streitwerts in Statusfeststellungsverfahren im Regelfall von folgenden Grundsätzen aus: Maßgebend ist die mögliche Höhe des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28d SGB IV). Heranzuziehen ist das gesamte mögliche Arbeitsentgelt i.S.v. § 14 SGB IV, soweit es sich aus dem Akteninhalt ergibt, allerdings begrenzt auf die Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze (vgl. §§ 341 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, 181 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch). Bei Entgelten oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]) bleiben gegebenenfalls bestehende Ansprüche auf Beitragszuschuss (§§ 257 SGB V, 61 Elftes Buch Sozialgesetzbuch) außer Betracht. Fallen danach Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung an, so ist das Interesse des möglichen Arbeitgebers an der Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen im Rahmen des nach § 52 Abs. 1 GKG auszuübenden Ermessens auf 20 % bzw. 40 % des Arbeitsentgelts zu schätzen, je nachdem, ob bzw. inwieweit er in der Lage ist, den Arbeitnehmeranteil im Wege des Beitragsabzugs (§ 28g SGB IV) einzubehalten. Der maßgebliche Zeitraum richtet sich bei längerfristigen Arbeitsbeziehungen in der Regel nach deren (absehbarer) Dauer, allerdings begrenzt auf einen Zeitraum von drei Jahren (Rechtsgedanke des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG). Maßgebend ist die bisherige Praxis des Vertragsverhältnisses, gegebenenfalls eine vorausschauende Betrachtung seiner weiteren Umsetzung. Ob und inwieweit diese Grundsätze auf unständige Beschäftigungsverhältnisse zu übertragen sind, lässt der Senat dabei ausdrücklich offen.
Die beschriebene Verfahrensweise ermöglicht in der Regel eine noch mit zumutbarem Aufwand zu handhabende und transparente Berechnung des Streitwertes. Soweit sich einzelne Berechnungselemente nicht oder nicht mit zumutbarem Aufwand aus dem Akteninhalt feststellen lassen, gilt ein Auffangstreitwert von 18.000 EUR (vgl. hierzu auch Bayerisches LSG, Beschluss v. 23.3.2009, L 5 B 815/07 KR).
Auf dieser Grundlage ergibt sich hier Folgendes:
Nach der in der Verwaltungsakte enthaltenen Aufstellung des vereidigten Buchprüfers und Steuerberaters Bertram hat der Kläger an den Beigeladenen im Laufe des Jahres 2007 rund 15.000 EUR gezahlt. Diese Zahlungen sind als mögliches Arbeitsentgelt in vollem Umfang zu berücksichtigen, und zwar auch, soweit sie – wie aus den vorliegenden Rechnungen des Beigeladenen erkennbar – "Fahrtkosten" beinhalten. Denn es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich dabei um eine beitragsfreie Reisekostenerstattung für eine Auswärtstätigkeit, d.h. eine vorübergehende berufliche Tätigkeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitsstätten des Beigeladenen (vgl. z.B. Ziff. 9.4. Abs. 2 Satz 1 Lohnsteuerrichtlinien 2009), handelt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass im Falle einer Heranziehung des Klägers zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen auch diese Leistungen mitberücksichtigt würden. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Bedenken, entsprechend der "Kostenberechnung" v. 3.6.2008 auf der Basis tatsächlicher Zahlungen für das Jahr 2006 von 10.000 EUR und für das Jahr 2008 (und etwaige Folgejahre) ebenfalls von 15.000 EUR auszugehen. Weitergehende Kosten, insbesondere unter Berücksichtigung der von den Klägerbevollmächtigten mit eingerechneten etwaigen Lohnsteuerbelastung, kommen dagegen nicht in Betracht.
Ausgehend von einem möglichen Arbeitsentgelt von 40.000 EUR für drei Jahre ist die mögliche Beitragsbelastung des Klägers mit 40 % dieses Arbeitsentgelts anzusetzen. Denn die Beklagte hat in dem angegriffenen Bescheid v. 21.4.2008 festgestellt, dass die Voraussetzungen eines späteren Beginns der Versicherungspflicht nicht vorlägen. Zudem war bei Klageerhebung am 27.2.2009 eine rückwirkende Veranlagung noch jederzeit möglich, ein Beitragsabzug nach § 28g Satz 2 SGB IV jedoch für die Zeit bis zum 31.12.2008 praktisch ausgeschlossen.
Hieraus errechnet sich der festgesetzte Streitwert von 16.000 EUR
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 22.12.2009
Zuletzt verändert am: 22.12.2009