Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 17.07.1997 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1936 geborene Kläger begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr = erhebliche Gehbehinderung) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG).
Mit Bescheid vom 05.08.1994 stellte der Beklagte bei ihm – wie schon zuvor 1985 und 1987 – einen GdB von 40 fest wegen der Gesundheitsstörungen "1. Bluthochdruck, Herzmuskeldurchblutungsstörung, 2. Wirbelsäulenverschleiß, 3. Beginnender Kniegelenksverschleiß beiderseits 4. Diabetes mellitus 5. Lungenemphysem 6. Fettleber."
Am 24.04.1995 beantragte der Kläger, einen höheren Grad der Behinderung (GdB) sowie die Nachteilsausgleiche "G", "B" (Notwendigkeit ständiger Begleitung) und "1. Kl." (Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis für die 2. Klasse) festzustellen. Er könne aus öffentlichen Verkehrsmitteln nur rückwärts aussteigen, weil ihm sein rechtes Bein wegrutsche. Beim Treppensteigen müsse er sich festhalten; er könne nur 500 m gehen. Der Beklagte holte daraufhin Befund- bzw. Behandlungsberichte und eine gutachtliche Stellungnahme ein und wies den Antrag mit Bescheid vom 05.07.1995 als unbegründet zurück, da keine wesentliche Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eingetreten sei.
Auf dessen Widerspruch zog der Beklagte weitere Behandlungsberichte bei und veranlaßte eine Untersuchung des Klägers durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. S … Dieser verneinte das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen; den GdB schätzte er mit insgesamt 50 ein aufgrund der Einzelbewertung:
1. Bluthochdruck, Herzmuskeldurchblutungsstörung (GdB 30)
2. Wirbelsäulenverschleiß (GdB 30)
3. Beginnender Kniegelenksverschleiß (GdB 10)
4. Diabetes mellitus (GdB 10)
5. Lungenemphysem (GdB 10)
6. Fettleber (GdB 10)
7. Vorsteherdrüsenvergrößerung (GdB 10).
Auf den zwischenzeitlich am 23.01.1996 gestellten Änderungsantrag, mit dem der Kläger sein Begehren erneuerte, holte der Beklagte weitere Befundberichte und eine gutachtliche Stellungnahme der Chirurgin S … ein. Darauf und gestützt auf das Gutachten des Dr. S. stellte er mit Abhilfebescheid vom 16.04.1996 unter Übernahme der von Dr. S. vorgeschlagenen Leidensbezeichnung einen GdB von 50 fest; die Feststellung der Nachteilsausgleiche "G" und "B" lehnte er ab.
Auf den Widerspruch des Klägers, er gehe jetzt am Stock, holte der Beklagte einen weiteren Befundbericht sowie eine erneute gutachtliche Stellungnahme ein und wies sodann den Widerspruch mit am 13.08.1996 zur Post gegebenem Widerspruchsbescheid vom 17.07.1996 zurück; die Nachteilsausgleiche "G" und "B" seien nicht festzustellen.
Mit seiner Klage vom 13.09.1996 hat der Kläger zunächst einen höheren GdB sowie die Nachteilsausgleiche "G" und "B" begehrt. Auf grund von ständigen Schmerzen in beiden Knien und Beschwerden im linken Schienbein und dem linken Fuß sowie Kreuzbeschwerden sei er nicht mehr in der Lage, längere Wege zu gehen; insbesondere das Treppensteigen und Laufen auf unebenem Boden bereite ihm Schwierigkeiten.
Der Kläger hat sodann unter Rücknahme der Klage im übrigen beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 05.07.1995 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 16.04.1996 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.1996 zu verurteilen, bei ihm das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "G" festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat ein Gutachten von dem Orthopäden und Chirurgen Dr. W. eingeholt. Dieser hat unter dem 01.02.1997 eine anhaltende Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule (HWS) mit einem GdB von 20, eine anhaltende Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule (LWS) mit häufig rezidivierenden und anhaltenden Nervenreizerscheinungen im Bereich der unteren Gliedmaße ohne motorische Ausfallserscheinungen mit einem GdB von 20, eine schmerzhafte Funktionsbehinderung der Brustwirbelsäule (BWS) mit einem GdB 10, eine Funktionseinschränkung des linken Hüftgelenkes leichten Grades mit einem GdB von 10 und eine Funktionseinschränkung des linken Kniegelenkes mit einem GdB von 10 beschrieben. Den GdB für das Funktionssystem Rumpf hat er mit 30 und für das Funktionssystem untere Gliedmaße mit 10 und den Gesamt-GdB unter Berücksichtigung der übrigen Gesundheitsstörungen mit 50 eingeschätzt. Eine erhebliche Gehbehinderung liege, so der Sachverständige, nicht vor; der Kläger könne 2 km ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren für sich oder andere im Ortsverkehr innerhalb von 45 Minuten zurücklegen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17.07.1997 abgewiesen; der Kläger könne Wegstrecken von 2.000 Metern innerhalb von 30 bis 45 Minuten, die zumutbar seien, zurücklegen.
Gegen das am 18.08.1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.09.1997 Berufung eingelegt und vorgetragen, die erhebliche Gehbehinderung ergebe sich aus dem Zusammenwirken von orthopädischen und internistischen Leiden; deren Zusammenhang habe das SG unzureichend bewertet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom
17.07.1997 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 05.07.1995 und 16.04.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.1996 zu verurteilen, ab April 1995 die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "G" ("erhebliche Gehbehinderung") festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst Befund-/ Behandlungsberichte eingeholt von dem Orthopäden A., dem Chirurgen Dr. M., den Internisten Dres. L. und dem Allgemeinmediziner Dr. M … Ferner wurden Gutachten eingeholt von dem Internisten Dr. Pauleck (17.08.1998) und dem Orthopäden Dr. Dohm (02.11.1998). Dr. P. hat einen Bluthochdruck und eine Herzmuskeldurchblutungsstörung mit einem GdB von 30, eine chronische Emphysembronchitis mit einem GdB von 20, eine Vorsteherdrüsenvergrößerung mit einem GdB von 10, eine Hörminderung beiderseits mit einem GdB von 10 sowie Übergewicht, Fettleber und eine Stoffwechselstörung mit einem GdB von insgesamt ebenfalls 10 beschrieben. Eine erhebliche Gehbehinderung hat er verneint. Dr. D. hat den Gesamt-GdB mit 50 eingeschätzt, wobei er einem chronischen Wirbelsäulen-Syndrom bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der beiden letzten Hals- und Lendenbandscheiben, Bandscheibenvorfall L4/L5 mit zwischenzeitlichen Nervenreizerscheinungen der Beine einen GdB von 30, Beschwerden in den Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenken einen GdB von 10, einer beginnenden Coxarthrose beiderseits zusammen mit beginnender Varus- und Retropatellaarthrose an beiden Kniegelenken, Außenmeniskusläsion am linken Kniegelenk, plantarem Fersensporn links ebenfalls einen GdB von 10 zugemessen hat. Nach seiner Beurteilung besteht eine gewisse ungünstige Überschneidung zwischen Herzerkrankung und den Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet, da durch die zusätzlich bestehende Herzerkrankung die Bewegungsfähigkeit, z.B. beim Treppengehen oder beim schnellen Gehen, zusätzlich beeinträchtigt wird. Der Kläger sei jedoch seit April 1995 weiter hin in der Lage, ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich oder andere ortsübliche Wegstrecken bis 2 km zu Fuß in ca. 30 Minuten zurückzulegen.
Zu den Gutachten hat der Kläger geäußert, bei Dr. P. habe ein Belastungs-EKG nicht durchgeführt werden können, weil er kurz vor der Untersuchung gestürzt sei und Schmerzen insbesondere am linken Bein gehabt habe.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand mündlicher Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch die angefochtene Entscheidung des Beklagten nicht beschwert; denn er hat keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "G".
Gemäß § 60 Abs. 1 SchwbG ist derjenige in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, der infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder in folge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Eine übliche Wegstrecke ist eine solche von 2 km, die bei normalem Gehtempo (ca. 4 km/h) in etwa 30 Minuten zurückgelegt wird (Urteil des BSG vom 10.12.1987, Breithaupt 1988, 667). Nach den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP), denen im Inter esse einer objektiven und objektivierbaren Bewertung und einer am Gleichheitsgebot orientierten Gleichbehandlung normähnliche Wirkung beizumessen ist (z.B. BSG SozR 3-3870 § 3 SchwbG Nr. 5, § 4 SchwbG Nr. 1, 6, 10), sind die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und / oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB um wenigstens 50 bedingen. Dar über hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenkes, Versteifung des Knie- oder Fuß gelenkes in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlußkrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen.
Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger nach der Beurteilung aller drei gehörten Sachverständigen nicht vor. Aufgrund der bei dem Kläger bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ist seine Bewegungsfähigkeit nicht ebensoweit herabgesetzt wie bei dem in den AHP (beispielhaft) genannten Personenkreis der erheblich Gehbehinderten.
Bei dem Kläger bestehen zunächst an den unteren Gliedmaßen keine Gesundheitsstörungen, die sich auf die Gehfähigkeit besonders aus wirken, wie z.B. eine Versteifung des Hüftgelenkes, Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung oder arterielle Verschlußkrankheiten mit einem GdB von 40. Es liegen lediglich beginnende degenerative Veränderungen der Hüftgelenke, der Kniegelenke, ein Fersensporn und eine mäßige Zehenheberschwäche links vor, die nur in ihrer Gesamtheit einen GdB um 10 bedingen und auf die Gehfähigkeit ohne wesentlichen Einfluß sind.
Die – im wesentlichen durch die Adipositas – geringfügig herabgesetzte Beugefähigkeit der Hüftgelenke auf 120° mit endgradiger Einschränkung der Innendrehfähigkeit (so insbesondere Dr. Dohm) bedingt keinen GdB. Ein GdB von 10 kommt nämlich erst in Betracht bei einer Einschränkung der Beugung auf 90° bei entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit (AHP Nr. 26.18, S. 150). Die Beweglichkeit der Kniegelenke ist mit Bewegungsmaßen von 0-0-120° (Dr. W.) bzw. 0-0-150° (Dr. D.) ebenfalls nicht so eingeschränkt, daß dafür ein GdB anzusetzen ist. Die AHP Nr. 26.18., S. 151, sehen einen GdB von 0-10 erst bei Bewegungseinschränkungen auf 0-0-90° vor. Der an der linken Ferse bestehende Fersensporn führt bis auf Beschwerden beim Hüpfen zu keinen wesentlichen, insbesondere zu keinen sich auf die Gehfähigkeit aus wirkenden Beeinträchtigungen, so daß auch insoweit kein GdB in Ansatz zu bringen ist. Stärkergradige Nervenschädigungen bestehen an den Beinen ebenfalls nicht. Die von Dr. P. beschriebene Zehenheberschwäche links ist nur mäßig ausgeprägt und rechtfertigt entsprechend dem Vorschlag der Sachverständigen Dres. Dr. D. und W … nur im Zusammenwirken mit den geringgradigen Funktionsbeeinträchtigungen an Hüft- und Kniegelenken und den geringen Beschwerden aufgrund des Fersensporns einen GdB von 10 für die Beeinträchtigungen an den unteren Gliedmaßen in ihrer Gesamtheit.
Bei dem Kläger bestehen auch keine sich auf die Gehfähigkeit aus wirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und / oder der Lendenwirbelsäule, die für sich einen GdB um wenigstens 50 bedingen. Insoweit ist nur ein GdB von um 30 in Ansatz zu bringen. So wohl Dr. D. als auch Dr. W. beschreiben einen Wirbelsäulenschaden mit einem GdB von 30 und die bereits o.a. Gesundheitsstörungen an dem Funktionssystem "untere Gliedmaßen" mit einem GdB von 10. In dem GdB für den Wirbelsäulenschaden sind zudem die nicht unerheblichen HWS-Schädigungen enthalten, die keine Auswirkungen auf die Gehfähigkeit haben und unter Zugrundelegung der o.a. Vorgaben der AHP bei der Beurteilung der Gehfähigkeit nicht zu berücksichtigen sind. Vorliegend bedarf es keiner Festlegung, ob die allein zu berücksichtigenden LWS-Schäden mit einem GdB von 20 (so Dr. W.) oder einem GdB von 30 zu bewerten sind. Denn selbst wenn insoweit ein GdB von 30 in Ansatz gebracht wird, ergibt sich zusammen mit den geringgradigen Beeinträchtigungen an den unteren Gliedmaßen kein höherer GdB als 30. Ein höherer GdB als 30 allein für den LWS-Schaden kommt auf keinen Fall in Betracht; bereits dieser GdB ist nur angemessen bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (AHP Nr. 26.18, S. 140), die bei dem Kläger allenfalls in Ansätzen vorliegen. Insbesondere bestehen keine stärkergradigen Ausfallserscheinungen oder ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom. Dieser bei nur gering eingeschränkter Entfaltbarkeit der LWS (Schober 10/14) und bei fast erhaltener Drehbeweglichkeit (30-0-30°) bereits mit 30 dem Kläger günstig bemessene und nur aufgrund zeitweiser Nervenreizerscheinungen zu rechtfertigende GdB ist aufgrund der Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen nicht zu erhöhen. Ein besonderer Ausnahmefall, wie er in den AHP Nr. 19 Abs. 4, S. 35, beschrieben wird, liegt nicht vor. Unabhängig davon, daß die mäßige Zehenheberschwäche Folge der LWS-Schädigung ist und bereits von dem dafür anzusetzenden GdB von 30 umfaßt wird, liegen an den unteren Gliedmaßen nur äußerst geringgradige Beeinträchtigungen vor, die mit den AHP nicht zu einer Erhöhung des Gesamtausmaßes der Beeinträchtigung führen können.
Chronische Bronchitis und Bluthochdruck bzw. Herzmuskeldurchblutungsstörung führen nach der Beurteilung des Dr. P. nicht für sich allein und nach der des Dr. D. auch nicht in der Kombination mit den Gesundheitsstörungen auf orthopädischen Gebiet zu einer erheblichen Gehbehinderung. Bronchitis, Bluthochdruck bzw. Herzmuskeldurchblutungsstörung wirken sich vielmehr auf die Gehfähigkeit des Klägers bei ortsüblichen Wegstrecken nicht aus.
Für sich allein könnte nur ein Herzschaden mit einer Leistungsbeeinträchtigung der Gruppe 3, also einer Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung wie Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, Beschwerden und Auftreten pathologischer Meßdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt, das Merkzeichen "G" rechtfertigen. Eine Einschränkung der Lungenfunktion würde nur zu dem Merkzeichen "G" führen, wenn bei gleicher Belastung eine das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bestehen würde (AHP Nr. 26.8, S. 83, bzw. Nr. 26.9, S. 87). Solche Einschränkungen liegen bei dem Kläger nach der Beurteilung des Dr. P. nicht vor. Der Kläger konnte sich zwar am Untersuchungstage nach seinen Angaben wegen einer kurz zuvor erlittenen Sturzverletzung keiner Belastungsergometrie unterziehen. Diese Untersuchung ist aber für die zu treffenden Feststellungen auch nicht erforderlich, da bereits nach den Angaben des Klägers gegenüber allen drei Sachverständigen eine Einschränkung seiner Gehfähigkeit nur wegen der Beschwerden an Knie gelenken und Wirbelsäule, nicht aber wegen Herzbeschwerden oder einer Beeinträchtigung der Lungenfunktion bestehen soll. Der Kläger hat trotz eingehender Befragung durch die Sachverständigen keine solcher Beeinträchtigungen angegeben. Nur gegenüber Dr. S. hat er über Luftnot bei Nebel und bei Belastungen wie z.B. beim Treppensteigen nach der 2. Etage geklagt. Er hat damit aber weder eine andauernde (sondern nur gelegentliche, nämlich bei Nebel bestehende) noch eine Beeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (= Atemnot bereits beim Treppensteigen bis zu einem Stockwerk) angegeben. Dementsprechend fanden sich schließlich auch bei der klinischen und elektrokardiographischen Untersuchung durch Dr. P. keine Zeichen für eine bedeutsame Einschränkung der Herz- bzw. Lungenfunktion. Die Herzleistung zeigte sich vielmehr weitgehend kompensiert. Dieses Ergebnis entspricht auch der Beurteilung der behandelnden Dres. L., die nur eine beginnende KHK diagnostiziert haben, und dem Ergebnis der Belastungsergometrie durch Dr. S … Durch diesen konnte der Kläger nämlich zumindest mit 50 Watt (= alltägliche leichte Belastung) belastet werden, bevor er die Untersuchung wegen Kniebeschwerden beendete; eindeutige herz- oder lungenbedingte Beschwerden bzw. pathologische Meßdaten traten dabei nicht auf. Durch die Angaben des Klägers wird schließlich auch die Einschätzung des Dr. D. bestätigt, daß er nicht durch die Kombination von orthopädischen Gesundheitsstörungen und internistischen Leiden in seiner Gehfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist. Nur bei stärkeren Belastungen wie schnellem Gehen und Treppensteigen ist von einer ungünstigen Wechselwirkung und damit von einer zusätzlichen Einschränkung auszugehen, nicht aber bei erheblich geringeren Belastungen wie dem Zurücklegen eines ortsüblichen Weges bei durchschnittlicher Fußgängergeschwindigkeit.
Dementsprechend haben die Sachverständigen Dr. D. und P. den Kläger für fähig gehalten, ortsübliche Wegstrecken von 2 km zu Fuß innerhalb der normalen Wegzeit von 30 Minuten zurückzulegen. Soweit Dr. W. den Kläger in der Lage gesehen hat, solche Wegstrecken innerhalb von 45 Minuten zurückzulegen, kann sich daraus ggf. eine über die übliche hinausgehende, nämlich bis zu 15 Minuten längere Wegzeit ergeben. Eine solche behinderungsbedingte Verlängerung der Wegzeit ist aber nicht nur deshalb nicht festzustellen, weil mit einer solchen Beurteilung die Beurteilungsgrenzen von Sachverständigen ohnehin überschritten werden, sondern auch wegen der entgegenstehenden Beurteilungen der Dres. Dr. D. und Pauleck. Zudem bestehen bei dem Kläger nach Beurteilung aller Sachverständigen keine funktionellen Beeinträchtigungen wie bei dem beispielhaft in den AHP genannten Personenkreis der erheblich Gehbehinderten. Im übrigen ist auch bei einer Wegzeit von bis zu 45 Minuten allenfalls von einer Beeinträchtigung, nicht aber von einer erheblichen Beeinträchtigung der Gehfähigkeit auszugehen. Eine – wie die insoweit unterschiedliche Auffassung der Sachverständigen zeigt – noch innerhalb der Schwankungsbreite liegende Abweichung von der Norm vermag schon nach dem Wortsinn den Begriff der "erheblichen Gehbehinderung" nicht auszufüllen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Anlaß, die Revision zuzulassen, bestand nicht.
Erstellt am: 19.08.2003
Zuletzt verändert am: 19.08.2003