Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.11.1997 wird zurückgewiesen. Dem Kläger werden Gerichtskosten i.H.v. 1.000,– DM auferlegt. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die teilweise Rücknahme und Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosengeld sowie Arbeitslosenhilfe und eine Erstattungsforderung in Höhe von 7.161,50 DM.
Der 1963 in der Türkei geborene Kläger war bis Ende September 1993 als Schichtleiter beschäftigt. Nach Kündigung seines Arbeitsverhältnisses meldete er sich am 06.10.1993 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, das die Beklagte ihm zunächst ab 24.12.1993 (Bescheid vom 18.02.1994) und sodann ab 06.10.1993 bewilligte (Bescheid vom 05.05.1994). Bis 31.12.1993 erhielt er Arbeitslosengeld in Höhe von 67,50 DM, vom 01.01.1994 bis 30.09.1994 in Höhe von 63,10 DM und vom 01.10.1994 bis 04.10.1994 in Höhe von 64,50 DM kalendertäglich. Ab 05.10.1994 bezog er Arbeitslosenhilfe in Höhe von 56,90 DM kalendertäglich (Bescheide vom 29.09.1994 und 13.01.1995).
Im September 1994 wurde dem Arbeitsamt bekannt, daß sich der Kläger während des Leistungsbezugs im letzten Quartal 1993 und im Jahre 1994 mehrfach in der Türkei aufgehalten haben sollte. Im Rahmen einer ersten Anhörung räumte er ein, vom 01.01. bis 04.01., 13.01. bis 19.01., 06.03. bis 09.03., 18.03. bis 25.03., 23.04. bis 26.04., 04.05. bis 07.05., 15.05. bis 19.05., 27.05. bis 31.05., 09.06. bis 13.06., 26.06. bis 28.06., 13.07. bis 19.07., 25.07. bis 30.07., 07.08. bis 09.08., 02.09. bis 05.09., 12.09. bis 14.09., 29.09. bis 03.10., 23.10. bis 26.10., 04.11 bis 08.11., 19.11. bis 22.11. und 13.12. bis 15.12.1994 in der Türkei gewesen zu sein. Seine Heimatreisen habe er nur an Wochenenden (Freitag bis Montag) unternommen, um dort seine Erkrankung durch eine spezielle Therapie behandeln zu lassen. Er habe nicht gewußt, daß er am Wochenende nicht reisen dürfe. Der vom Senat beigezogene Paß des Klägers enthält demgegenüber in der Zeit vom 06.10.1993 bis 15.12.1994 insgesamt 46 Stempeleinträge über Ein- und Ausreisen in die bzw. aus der Türkei, von denen lediglich eine aus schließlich auf Sonntag und Montag, zwei weitere auf Samstag bis Montag und die übrigen Reisen auf andere Wochentage entfielen. Nach den Eintragungen im Paß war der Kläger während des Leistungsbezugs an 111 Tagen in die Türkei verreist. Nach Vorlage eines ärztlichen Attestes am 18.08.1995 hob das Arbeitsamt die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Bescheid vom 31.10.1995 für die Zeit vom 13.10.1993 bis 24.10.1993, 29.12.1993 bis 04.01.1994, 13.01. bis 19.01., 06.03. bis 09.03., 18.03. bis 25.03., 17.04. bis 18.04., 23.04. bis 26.04., 04.05. bis 07.05., 15.05. bis 19.05., 27.05. bis 31.05., 09.06. bis 13.06., 25.06. bis 28.06., 13.07. bis 18.07., 19.07. bis 01.08., 07.08. bis 09.08., 20.08. bis 23.08., 30.08. bis 02.09., 10.09. bis 14.09., 28.09. bis 03.10.1994 und die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 13.10. bis 29.10., 04.11. bis 08.11., 19.11. bis 22.11. und 13.12. bis 15.12.1994 auf und forderte Leistungen in Höhe von ins gesamt 7.161,50 DM zurück, weil sich der Kläger während der genannten Zeiten in der Türkei aufgehalten und damit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe; diesen Bescheid stützte es auf §§ 48, 50 SGB X. Während des Widerspruchsverfahrens änderte das Arbeitsamt den Aufhebungsbescheid und nahm die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 13.10.1993 bis 24.10.1993, 29.12.1993 bis 04.01.1994, 13.01.1994 bis 19.01.1994 sowie die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 13.10.1994 bis 29.10.1994 und 13.12.1994 bis 15.12.1994 zurück. Bezogen auf diese Zeiten stützte sich das Arbeitsamt nunmehr auf "§§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, 50 SGB X. Den Widerspruch wies das Arbeitsamt mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.1996 zurück.
Am 06.12.1996 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, daß er sich krankheitsbedingt in der Türkei aufgehalten habe.
Durch Urteil vom 11.11.1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Während der Türkeiaufenthalte sei der Kläger für das Arbeitsamt nicht erreichbar gewesen. Er habe deshalb nicht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden. Ohne Bedeutung sei, ob er sich wegen seiner Erkrankung in seiner Heimat aufgehalten habe, da auch krankheitsbedingte Ortsabwesenheiten genehmigungspflichtig seien.
Gegen das dem Kläger am 16.12.1997 zugestellte Urteil hat er am 15.01.1998 Berufung eingelegt: Bei seiner Arbeitslosmeldung habe er eine Mitarbeiterin des Arbeitsamtes über seine Erkrankung in formiert und darauf hingewiesen, daß er zu therapeutischen Zwecken öfter an Wochenenden in seine Heimat reisen müsse. Die Mitarbeiterin habe geäußert, daß sie hiergegen nichts einzuwenden habe. Nach Vorlage des erbetenen ärztlichen Attests habe sie ihm bedeutet, daß er die jeweiligen Reisetermine vor Antritt nicht mitteilen müsse. Er sei ausschließlich an Wochenenden verreist. Bei Meldeterminen sei sein Paß immer kontrolliert worden, aus dem die Aufenthalte in der Türkei erkennbar gewesen seien. Seine Abwesenheiten seien auch bei diesen Meldekontrollen niemals beanstandet worden.
Im Erörterungstermin am 25.06.1998 hat der Kläger erklärt, er habe Mitarbeiter des Arbeitsamtes vor Antritt einer jeden Reise in die Türkei informiert. Sämtliche Reisen seien ihm gestattet worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.11.1997 zu ändern und den Bescheid vom 31.10.1995 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.1996 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Bescheide für rechtmäßig. Den Vermerken über die persönlichen Vorsprachen des Klägers am 06.10. und 03.11. könne nicht entnommen werden, daß die krankheitsbedingte häufige Ortsabwesenheit Gesprächsinhalt der Beratung gewesen sei. Das ärztliche Attest habe der Kläger erstmals am 18.08.1995 – während der Anhörung – vorgelegt. Dieses sei auch erst am 27.04.1995 ausgestellt worden.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat die Zeugin F., die bei der Arbeitslosmeldung des Klägers in der Arbeitslosenannahme- und beratungsstelle tätig war, vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Leistungsakte der Be klagten und der Akte der Staatsanwaltschaft Köln Bezug genommen, die beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Beklagte hat die Bewilligung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe mit Recht teilweise zurückgenommen, bzw. aufgehoben und die überzahlten Leistungen zurückgefordert.
Zur Begründung im einzelnen:
1.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Leistungsbewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 13.10.1993 bis 24.10.1993, 29.12.1993 bis 4.01.1994, 13.01.1994 bis 19.01.1994 und die Rücknahme der Arbeitslosenhilfebewilligung für die Zeit vom 13.12.1994 bis 15.12.1994 ist hier § 45 SGB X. Nach dieser Vorschrift darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs. 1). Er darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Abs. 2 Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Abs. 1 Satz 2). Auf Vertrauen kann der Begünstigte sich nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf An gaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahr lässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Satz 3 Nr. 2).
Die Bestimmung des § 45 SGB X kommt bezogen auf die genannten Zeiten zur Anwendung, weil die Arbeitslosengeldbewilligungsbescheide vom 18.02.1994 und 05.05.1994 sowie die Arbeitslosenhilfebewilligungsbescheide vom 29.09.1994 und 13.01.1995 rechtswidrig begünstigende Verwaltungsakte sind. Rechtswidrig sind diese Verwaltungsakte, weil der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung der Leistungen nicht erfüllte.
Nach §§ 100 Abs. 1 und 134 Abs. 1 Ziffer 1 AFG setzt der Anspruch auf Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe u.a. voraus, daß der Arbeitslose der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Nach § 103 Abs. 1 Satz 1 AFG in der hier maßgeblichen bis zum 31.12.1997 gültigen Fassung steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine längere als kurzzeitige zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf (Nr. 1), zur Aufnahme solcher Beschäftigungen und zur Teilnahme an Maßnahmen beruflicher Bildung bereit ist (Nr. 2) und das Arbeitsamt täglich aufsuchen kann und für das Arbeitsamt erreichbar ist (Nr. 3). Hinsichtlich der zuletzt genannten Voraussetzung hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung in § 103 Abs. 5 AFG in § 1 Satz 1 Aufenthaltsanordnung vom 03.10.1979 (ANBA 1979, 1388) bestimmt, daß das Arbeitsamt den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Brief post unter der von ihm genannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift erreichen können muß. Das bedeutet, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits mehrfach entschieden hat, daß der Arbeitslose unter der von ihm angegebenen Wohnanschrift täglich zumindest während der üblichen Zeiten des Eingangs der Briefpost auch tatsächlich angetroffen werden kann (BSGE, 58, 104; 66, 103, 105).
Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger während der genannten Zeiten nicht. Denn er hat sich nicht unter der dem Arbeitsamt bei seiner Arbeitslosmeldung bezeichneten Anschrift " …" sondern in seiner Heimat in der Türkei aufgehalten. Dies belegen die Eintragungen der türkischen Grenzbehörden jedenfalls für die Zeit vom 13.10. bis 24.10.1993, 29.12.1993 bis 04.01.1994, 13.01. bis 19.01. und 13.12. bis 14.12.1994. Bezogen auf den 15.12.1994 hat der Kläger seinen Aufenthalt in der Türkei in dem von der Beklagten durchgeführten Anhörungsverfahren selbst eingeräumt.
Unerheblich ist, wenn der Kläger, wie er vorträgt, jeweils in die Türkei gefahren ist, um dort seine Erkrankung behandeln zu lassen. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte für solche Fälle eine Ausnahme von § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG zulassen muß, wenn durch eine von vornherein bestimmte Abwesenheit die Vermittlung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird. Denn eine solche Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn die Abwesenheit dem Arbeitsamt vor deren Beginn angezeigt und von dem zuständigen Arbeitsvermittler genehmigt wird. Dies ist hier zur Überzeugung des Senats nicht geschehen. Die Behauptung des Klägers, seine Auslandsaufenthalte seien von Mitarbeitern des Arbeitsamtes genehmigt worden, hält der Senat für widerlegt. Seine Angaben hierzu sind bereits nicht in sich schlüssig und widerspruchsfrei. So hat er sich zunächst darauf berufen, bei seiner Arbeitslosmeldung am 06.10.1993 seien ihm seine Türkeiaufenthalte an Wochenenden (Freitag bis Montag) generell gestattet worden. In dem am 25.06.1998 durchgeführten Erörterungstermin hat er hingegen behauptet, er habe jede Reise vor Antritt beim Arbeitsamt angezeigt. Daß die zuletzt genannte Behauptung des Klägers nicht der Wahrheit entspricht, belegen die in der Leistungsakte der Beklagten noch vorhandenen Beratungsvermerke vom 03.11.1993, 04.02.1994, 21.06.1994, 20.09.1994, 22.09.1994 und 04.11.1994, denen nicht einmal zu entnehmen ist, daß er bis Anfang November 1994 mit Mitarbeitern des Arbeitsamtes überhaupt über seine Türkeiaufenthalte gesprochen hat. Der Senat hält es für nahezu ausgeschlossen, daß die jeweils an den Gesprächen beteiligten Mitarbeiter es bei allen sechs Beratungsgesprächen vergessen haben, einen derart für den Leistungsanspruch erheblichen Gesprächsinhalt zu dokumentieren. Im übrigen hätte der Kläger – wie die Zeugin F. in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet hat – auch entsprechend der üblichen Bearbeitungspraxis bei der Beklagten – vor Antritt einer jeden Reise schriftliche Urlaubsanträge stellen müssen, die sodann vom zuständigen Arbeitsvermittler nach Ausschluß der Vermittlungsbeeinträchtigung zu genehmigen gewesen wären. Schriftliche Urlaubsanträge, geschweige denn Genehmigungen finden sich in der Leistungsakte der Beklagten aber nicht. Schließlich hat auch die Zeugin F., die bei der Arbeitslosmeldung des Klägers am 06.10.1993 in der Arbeitslosenannahme- und Beratungsstelle tätig war, nicht bestätigen können, daß sie entsprechend den Behauptungen des Klägers generell oder im Einzelfall Ortsabwesenheiten zu therapeutischen Zwecken an Wochen enden gestattet hat. Hinzu kommt, daß der Kläger entgegen seiner Behauptungen auch nicht ausschließlich an Wochenenden in seine Heimat verreist war.
Die Beklagte hat die Bewilligung der Leistungen auch zu Recht mit Wirkung für die Vergangenheit teilweise zurückgenommen. Der Kläger kann sich nicht auf Vertrauen berufen. Die Voraussetzungen der hier in Betracht kommenden Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X liegen vor. Der Kläger war bereits zu Beginn seiner Arbeitslosmeldung verpflichtet, die Beklagte darüber zu unterrichten, daß er beabsichtigte, in unregelmäßigen Abständen in die Türkei zu reisen. Dies ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben hat, die für die Leistungen erheblich sind. Dieser Verpflichtung ist der Kläger – wie bereits dargelegt- nicht nachgekommen. Diese Mitteilungspflicht hat er zumindest grob fahrlässig verletzt. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn der Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB X). Dabei ist, wie das Bundessozialgericht (BSG) mehrfach klargestellt hat, nicht ein objektiver, sondern ein subjektiver Maßstab anzulegen (vgl. BSG, zuletzt Urteil vom 24.04.1997 – 11 RAr 89/96; SozR 1300 § 48 Nr. 22, SozR 3-4100 § 103 Nr. 16, Urteile vom 28.11.1996 – 7 RAr 30/95 und vom 06.03.1997 – 7 RAr 40/96). Der Senat ist auch nach dem in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger gewonnenen Eindruck davon überzeugt, daß dieser aufgrund seiner individuellen Gegebenheiten leicht hätte erkennen können, daß er die Beklagte über die beabsichtigten nicht im einzelnen feststehenden Ortsabwesenheiten unterrichten muß. Dies gilt insbesondere deshalb, weil er bei seiner Antragstellung das Merkblatt für Arbeitslose Stand April 1993 in deutscher und türkischer Sprache erhalten hat. Dort ist nachvollziehbar dargelegt, daß Auslandsaufenthalte dem Arbeitsamt angezeigt werden müssen und für nicht angezeigte Auslandsaufenthalte ein Leistungsanspruch nicht besteht. Der Senat ist auch überzeugt, daß der in Worten und in der Rechtsvertretung sehr gewandte Kläger den Inhalt des Merkblattes für Arbeitslose auch ohne weiteres bereits bei einmaligem Durchlesen hätte verstehen können.
Der Annahme der groben Fahrlässigkeit steht auch nicht die von dem Kläger behauptete anders lautende Beratung der Zeugin F. bei der Arbeitslosmeldung entgegen. Denn die Zeugin hat die Auslandsaufenthalte nicht genehmigt.
Die Entscheidung über die Zurücknahme der Bewilligung der Leistungen ist auch nicht wegen Fehlens einer Ermessensentscheidung der Beklagten rechtswidrig. Nach § 152 Abs. 2 AFG ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen vorliegen.
2.
Allerdings rechtfertigt sich die Zurücknahme der Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 13.10.1994 bis 29.10.1994 nicht nach der von der Beklagten in ihrem Änderungsbescheid vom 13.05.1996 allein als Rechtsgrundlage herangezogenen Vorschrift des § 45 SGB X. Der Bescheid vom 29.09.1994, mit dem die Beklagte dem Kläger ab 05.10.1994 Arbeitslosenhilfe bewilligt hat, war bezogen auf die genannte Zeit nicht bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig und durfte daher nicht zurückgenommen werden. Gleichwohl muß die Entscheidung der Beklagten insoweit nicht aufgehoben werden, denn der Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X kann in einem rechtmäßigen Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X umgedeutet werden. Die Voraussetzungen für die Aufhebung eines rechtmäßig begünstigenden Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit liegen für diese Zeit ebenso wie für die Zeiten vom 06.03. bis 09.03., 18.03. bis 25.03., 17.04. bis 18.04., 23.04. bis 26.04., 04.05. bis 07.05., 15.05. bis 19.05., 27.05. bis 31.05., 09.06. bis 13.06., 25.06. bis 28.06., 13.07. bis 18.07., 19.07. bis 01.08., 07.09. bis 09.08., 20.08. bis 23.08., 30.08. bis 02.09., 10.09. bis 14.09., 28.09. bis 03.10. und 04.11. bis 08.11.1994 vor.
Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (Satz 1). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2).
Bei der Bewilligung des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung. Die erforderliche wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die bei Erlaß der Bewilligung vorgelegen haben, liegt hier darin, daß der Kläger während der genannten Zeiten der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden hat. Mit Ausnahme der Zeiten vom 05.06. bis 08.06., 31.07. bis 01.08. und 13.10. bis 20.1994 sind diese Aufenthalte des Klägers in der Türkei durch die Eintragungen der Grenzbehörden im Paß oder seine Einlassungen belegt. Im Anhörungsverfahren hat der Kläger die nicht durch Eintragung im Paß bestätigten Auslandsaufenthalte vom 06.03. bis 19.03., 12.06. bis 13.06., 28.06. und 19.07., vom 26.07. bis 30.07. sowie vom 04.11. bis 08.11.1994 eingeräumt.
Auch in der Zeit vom 05.06. bis 08.06., 31.07. bis 01.08. und vom 13.10. bis 22.10.1994 stand der Kläger der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Eine Ortsabwesenheit durch Auslandsaufenthalt hat sich zwar für diese Zeiten durch Eintragungen im Paß oder die Ausführungen des Klägers im Anhörungsverfahren nicht bestätigen lassen, so daß der Senat davon ausgeht, daß der Kläger sich während der genannten Zeiten unter der von ihm bei der jeweiligen Antragstellung angegebenen Adresse N … aufgehalten hat. Dennoch ist Verfügbarkeit im Sinne von § 103 Abs. 1 Ziffer 3 AFG auch für diese Zeiten zu verneinen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG U. v. 03.03.1993 – 11 RAr 43/91 -) wird die Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter nicht nur durch tatsächliche Abwesenheit sondern auch dann beeinträchtigt, wenn Tage der Anwesenheit mit solchen der Abwesenheit wechseln und vorausschauend nicht feststeht, an welchen Tagen der Arbeitslose erreichbar ist und an welchen nicht. In diesen Fällen soll nach der genannten Rechtsprechung sogar der Schluß auf durchgehende fehlende Verfügbarkeit gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitslose mehrtägig und zeitlich völlig unregelmäßig nicht erreichbar ist und wenn für das Arbeitsamt nicht erkennbar ist, an welchen Wochentagen der Betreffende überhaupt erreichbar ist und deshalb auch keine organisatorische Vorsorge für eventuelle Vermittlungsversuche treffen kann.
So liegt der Fall hier. Während des nur kurzen Zeitraums von 15 Monaten hat der Kläger insgesamt 25 dem Arbeitsamt vorher nicht gemeldete Reisen unternommen, die nicht nur mit nicht exakt vorher feststehenden Reiseankunfts- und Rückkehrzeiten sondern auch mit dem Überwinden weiter Entfernungen und mit Grenzüberschreitungen verbunden waren. Diese Reisen fanden nicht, wie der Kläger behauptet, jeweils nur an Wochenenden statt. Sie verteilten sich vielmehr auf alle möglichen Wochen tage und waren von unterschiedlicher Dauer. So war der Kläger u.a. je einmal zusammenhängend an 12, 8, 6 und 2 Tagen, und mindestens je viermal zusammenhängend an 7, 5, 4 und 3 Tagen verreist. Hieraus ergibt sich, daß der Kläger über einen Zeitraum von 15 Monaten hinweg unregelmäßig und deshalb für das zu ständige Arbeitsamt nicht mehr vorhersehbar und für mögliche Vermittlungsbemühungen einplanbar gewesen ist. Durch diese Um stände waren die den Kläger betreffenden eventuellen Vermittlungsversuche des Arbeitsamtes entscheidend eingeschränkt, so daß eine unverzügliche Vermittlung kaum in Betracht gekommen wäre.
Auch die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X sind gegeben, da der Kläger, worauf der Senat bereits hingewiesen hat, das Arbeitsamt über die Ortsabwesenheiten zumindest grob fahrlässig nicht unter richtet hat.
Soweit ein Verwaltungsakt nach § 45 SGB X zurückgenommen bzw. nach § 48 SGB X aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Mit Recht fordert die Beklagte daher die gezahlten 7.161,50 DM.
Dem Kläger war nach Auffassung des Senats ein Anteil an den Gerichtskosten in Höhe von 1.000,– DM aufzuerlegen, weil er dem Ge richt durch Mutwillen (§ 192 SGG) diese Kosten verursacht hat. Mutwillen liegt vor, wenn ein Beteiligter die Rechtsverfolgung weiter betreibt, obwohl diese objektiv aussichtslos ist, er dies subjektiv weiß und entgegen dieser besseren Einsicht von einer weiteren Prozeßführung nicht Abstand nimmt (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterung, 6. Auflage 1998, § 192 Randziffer 3 m.w.N.). Dies ist der Fall, wenn jemand trotz entsprechender Einsicht und mehrfacher Belehrung des Gerichts in eindeutigen Fällen die Verfolgung fortsetzt (Meyer-Ladewig, a.a.O.).
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung mehrfach darauf hingewiesen, daß die Rechtsverfolgung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aussichtslos ist. Nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Gesamteindruck hat der Kläger erkannt und ein gesehen, daß die weitere Rechtsverfolgung im Berufungsverfahren ohne Aussicht auf Erfolg ist. Gleichwohl hat er, ohne in der Sache hierfür Gründe anführen zu können, auf einer Entscheidung durch Urteil ausdrücklich bestanden. Wer aber zu erkennen gibt, daß er weiß, daß er eine positive Entscheidung nicht erhalten kann und trotzdem auf einem Urteil besteht, handelt mutwillig (Meyer-Ladewig a.a.O. Randziffer 4 m.w.N.).
Durch sein mutwilliges Verhalten hat der Kläger dem Gericht jeden falls diejenigen Kosten verursacht, die durch das Absetzen des schriftlichen Urteils entstehen. Die Höhe der Kosten kann in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO geschätzt werden (Peters/ Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Auflage Stand Juli 1991, § 192 Anm. 4 f.). Für das Absetzen des schriftlichen Urteils sind als Zeitaufwand mindestens vier Richterarbeitsstunden anzusetzen, die in der Berufungsinstanz nach vorsichtigen Schätzungen unter Mitberücksichtigung der ebenfalls anfallenden Gerichtshaltungskosten (Geschäftsstelle, Servicekraft) etwa 1.000,– DM kosten dürften. Damit liegt der dem Kläger auferlegte Anteil noch unterhalb der von ihm tatsächlich verursachten Kosten.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 14.08.2003
Zuletzt verändert am: 14.08.2003