Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.05.2010 wird zurückgewiesen. Außgerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die Antragstellerin begehrt die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II über die mit dem angefochtenen Beschluss ausgesprochene Leistungsverpflichtung hinaus.
Die Antragstellerin bezog seit 2005 Leistungen nach dem SGB II unter Einschluss von Leistungen für Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II für die Anmietung einer 45 qm großen Unterkunft in einem aus einem Altbau von ca. 25 qm Größe und einem ca. 90 qm großen Anbau bestehendes Anwesen, das zudem vom Vater der Antragstellerin und dem Eigentümer, Herrn D, genutzt wurde und wird.
Im Jahre 2006 erlangte die Antragsgegnerin Kenntnis vom Bestehen einer Sterbegeldversicherung der Antragstellerin zu Gunsten von Herrn D, später auch von einer gemeinsam für die Antragstellerin und Herrn D abgeschlossenen Haftpflichtversicherung.
Die Antragsgegnerin ermittelte zur tatsächlichen Nutzung des Anwesens, gelangte zu der Überzeugung, der Vater der Antragstellerin nutze den 45 qm großen Altbau und die Antragstellerin zusammen mit Herrn D den Anbau im Rahmen einer mit ihm bestehenden Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft.
Mit Bescheid vom 25.09.2009 und Widerspruchsbescheid vom 03.11.2009 lehnte die Beklagte den am 14.08.2009 für den Bewilligungszeitraum ab dem 01.10.2009 gestellten Antrag wegen Zweifeln an der Hilfebedürftigkeit der Klägerin ab.
Am 18.11.2009 hat die Klägerin hiergegen in dem Verfahren S 24 AS 172/09, SG Düsseldorf, Klage erhoben sowie am 17.11.2009 im vorliegenden Rechtsstreit die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und für Kosten der Unterkunft und Heizung mindestens im Zeitraum ab dem 01.10.2009 bis zum 31.03.2010 beantragt.
Das Sozialgericht hat im Erörterungstermin vom 06.01.2010 Herrn D als Zeugen angehört und die Antragsgegnerin mit dem angefochtenen Beschluss vom 19.05.2010 verpflichtet, der Antragstellerin ab dem 17.11.2009 bis einschließlich Mai 2010 die monatliche Regelleistung zu bewilligen. Den darüber hinausgehenden Antrag hat das Sozialgericht abgelehnt. Zwischen der Antragstellerin und Herrn D bestehe keine Einstandsgemeinschaft, von einer Gefährdung ihrer Unterkunft sei jedoch nicht auszugehen.
Gegen den am 19.05.2010 übermittelten Beschluss hat die Antragstellerin am 31.05.2010 Beschwerde eingelegt, mit der sie zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. Die Antragsgegnerin sei zur Leistungserbringung ab dem 01.10.2009 zu verpflichten, weil die Antragstellerin nur bis zum 30.09.2009 Leistungen bezogen habe. Auch stünden der Antragstellerin Leistungen für Unterkunft und Heizung für den gesamten Zeitraum vom 01.10.2009 bis zum 31.05.2010 zu, weil ihre Unterkunft gefährdet sei. Hierzu legt die Antragstellerin ein Schreiben des Herrn D vom 31.05.2010 vor, in dem das mit der Antragstellerin bestehende Mietverhältnis wegen Mietrückstandes fristgerecht zum 31.08.2010 gekündigt wird. Gelegenheit zur Begleichung der Rückstände bestehe für vier Wochen, eine fristlose Kündigung für die Zeit danach behalte sich Herr D vor.
Die Antragsgegnerin weist auf aus ihrer Sicht auch weiterhin vorhandene Hinweise für das Bestehen einer Einstandsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und Herrn D hin, äußert die Vermutung, das bewohnte Anwesen werde von allen drei Bewohnern gemeinsam genutzt und sieht die Unterkunft der Antragstellerin nicht gefährdet.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Weder hinsichtlich des im Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht zurückliegenden Zeitraumes noch hinsichtlich der geltend gemachten Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II ist der für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG erforderliche Anordnungsgrund im Sinne einer Eilbedürftigkeit der gerichtlichen Regelung glaubhaft gemacht.
Hier wie in der Regel ist ein Anordnungsgrund nicht gegeben, soweit die Antragstellerin Leistungen bei Antragstellung für bereits zurückliegende Zeiträume begehrt (Düring in Jansen, SGG, 3. Auflage, § 86 b Rn 29 m. w. N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage § 86 b Rn 35; Berlit, info-also 2005, 3, 10 ff. ständige Rechtsprechung des LSG NRW z. B. Beschlüsse vom 14.12.2006 – L 9 B 104/06 AS ER -, vom 08.06.2009 – L 12 B 57/09 AS ER -, vom 22.06.2009 – L 19 B 114/09 AS ER -, vom 22.06.2010 – L 19 AS 75/10 B ER -). Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sollen nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, d. h. gegenwärtig noch bestehenden Notlage erforderlich sind. Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistung in der Vergangenheit noch in die Gegenwart fortwirkt und infolgedessen eine aktuelle Notlage besteht, kann von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden. Derartige Folgewirkungen hat die Antragstellerin nicht dargelegt und sie ergeben sich auch nicht nach Aktenlage.
Insbesondere eine Fortwirkung der angeblich bereits in der Vergangenheit vor Antragstellung entstandenen Mietschulden im Sinne der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes kann nicht angenommen werden. Denn noch bei seiner Aussage vor dem Sozialgericht am 06.01.2010 hat der Zeuge D angegeben, obwohl er seit Oktober 2009 von der Antragstellerin keine Miete mehr bekommen habe, habe er nicht gekündigt und beabsichtige dies auch nicht. Wirtschaftlich könne er das verkraften. Der Vater der Antragstellerin gebe ihm zwar dann und wann Geld, schulde ihm jedoch keine feste Miete, ein Mietvertrag existiere nicht.
Hiernach ist die Glaubhaftmachung einer Fortwirkung der vor Antragstellung beim Sozialgericht entstandenen Mietschulden nicht gelungen.
Auch hinsichtlich der nach Antragstellung der Antragstellerin entstandenen Mietschulden ist eine Gefährdung ihrer Unterkunft zur Überzeugung des Senats nicht zu besorgen.
Denn weder sind die auf zahlreiche Indizien und Unstimmigkeiten innerhalb der Angaben der Antragstellerin sowie im Verhältnis zu weiteren Beobachtungen gestützten Zweifel der Antragsgegnerin am Nichtbestehen einer Einstands- und Wirtschaftsgemeinschaft ausgeräumt noch ist ein plausibler Grund dafür ersichtlich, dass der Zeuge D nun, im Gegensatz zu seiner nicht weit zurückliegenden Aussage vor dem Sozialgericht, bestehende Rückstände zum Anlass einer Kündigung nehmen will, zumal er auch vom Vater der Antragstellerin in der Vergangenheit keine regelmäßige Miete gefordert hat. Herrn D mag zwar an einer finanziellen Beteiligung der Mitbewohner seines Anwesens an den hierfür entstehenden Aufwendungen gelegen sein. Aufgrund der nicht ausgeräumten Zweifel und der bisherigen Wohnkonstellation ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Kündigung vom 31.05.2010 ernst gemeint ist.
Offen bleiben kann die Frage, ob die Antragstellerin tatsächlich – entsprechend der Angabe der Antragsgegnerin in der Beschwerdeerwiderung vom 02.07.2010 – eine Rentennachzahlung für die Zeit vom 01.03.2010 bis zum 30.06.2010 erhalten bzw. ob sie diese zur Tilgung bestehender Mietrückstände verwendet hat.
Gleichfalls dahinstehen mag im Hinblick auf die Besonderheiten des vorliegenden Falles, ob vor Erhebung einer Räumungsklage überhaupt eine den Erlass einer Regelungsanordnung rechtfertigende Wohnungsgefährdung vorliegt (verneinend: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.08.2009 – L 18 AS 1308/09 B ER, L 18 AS 1309/09 B PKH unter Bezug auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30.03.2007 – 1 BvR 535/07 -; Beschluss des LSG NRW vom 04.09.2009 – L 12 B 69/09 AS ER -). Nach Erhebung und Zustellung der Räumungsklage verbleiben ohnehin noch zwei Monate Zeit, um den Verlust des Wohnraumes abzuwenden. Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird die auf Mietrückstand gestützte Kündigung nämlich unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546 a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
Denn mit einer Kündigung, gar einer nachfolgenden Räumungsklage ist jedoch im vorliegenden Fall schon im Hinblick auf die Ausführungen des Zeugen D vor dem Sozialgericht zur Überzeugung des Senats nicht zu rechnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung vom § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war nach §§ 73 a SGG, 114 ff. ZPO nicht zu bewilligen, weil es der beabsichtigen Rechtsverfolgung nach Vorstehendem an hinreichender Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO mangelt.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Erstellt am: 20.07.2010
Zuletzt verändert am: 20.07.2010