Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 04.10.2018 wird auf Kosten der Antragstellerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragstellerin zudem die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen hat. Der Streitwert für beide Instanzen wird auf 2.710,88 Euro festgesetzt.
Gründe:
Nachdem die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren den Widerspruchsbescheid vom 24.01.2019 erlassen hat, ist Streitgegenstand der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2019. Die Antragstellerin hat ihren Antrag dementsprechend zutreffend umgestellt (Schriftsatz v. 04.02.2019).
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt, auf die gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen wird. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
Die maßgeblichen Lohntarifverträge für Sicherheitsdienstleistungen (im Folgenden: Tarifverträge) sind hinsichtlich ihres gesamten fachlichen Anwendungsbereichs für allgemeinverbindlich erklärt worden. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen sind nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen worden.
Damit gelten die Tarifverträge in fachlicher Hinsicht für alle Betriebe des Bewachungs- und Sicherheitsgewerbes sowie für alle Betriebe, die Kontroll- und Ordnungsdienste betreiben. Schon vom Wortlaut her ist ihr Anwendungsbereich daher nicht auf Betriebe des Bewachungsgewerbes im Sinne von § 34a Gewerbeordnung beschränkt. Diesem Verständnis entspricht es, dass der Gesetzgeber in § 6 Abs. 5 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) den in § 4 Abs. 1 Nr. 4 AEntG enthaltenen tarifvertragsbezogenen Branchenbegriff "Sicherheitsdienstleistungen" bewusst weit gefasst, nämlich auf Dienstleistungen des Bewachungs- und Sicherheitsgewerbes oder Kontroll- und Ordnungsdienste erstreckt und zur Begründung ausgeführt hat, Sicherheitsdienstleistungen beschränkten sich nicht mehr auf das traditionelle Bewachen von Leben und Eigentum fremder Personen im Sinne des § 34a GewO, sondern umfassten u.a. auch "sonstige sicherheitsrelevante Serviceaufgaben" (BT-Drucks. 16/11669, S. 23 zu Nr. 3). Angesichts dessen bestehen jedenfalls keine überwiegenden Zweifel, dass die Antragstellerin bereits ab dem 01.08.2014 mit der angemeldeten Tätigkeit "Ordnungshelfer bei öffentlichen Veranstaltungen und Sportveranstaltungen" ein Gewerbe betrieben hat, das dem fachlichen Anwendungsbereich der Tarifverträge unterfiel.
Bestehen damit keine überwiegenden Bedenken, dass der fachliche Anwendungsbereich der Tarifverträge eröffnet ist, so gelten diese ausweislich ihres eindeutigen Wortlauts und der Allgemeinverbindlicherklärungen in persönlicher Hinsicht "für alle in diesen Betrieben tätigen gewerblichen Arbeitnehmer". Angesichts dieses umfassend beschriebenen persönlichen Anwendungsbereichs gibt es für die Rechtsauffassung der Antragstellerin, es könne in einem tarifgebundenen Betrieb gewerbliche Arbeitnehmer geben, die nicht der Tarifbindung unterliegen, weil sie keine "Sicherheitsmitarbeiter" seien, keinen Anhalt.
Zudem ist die Lohngruppe B.7 bereits in den Tarifverträgen vom 05.04.2013 und 05.02.2015 mit "Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutzdienst, der den Dienst hauptsächlich in geschlossenen Objektiven auszuführen hat und Sicherheitsmitarbeiter im Pförtnerdienst" sehr weit gefasst. Die Tarifvertragsparteien haben dort den Begriff des "Sicherheitsmitarbeiters" weder einschränkend definiert noch an bestimmte Voraussetzungen wie etwa den Unterrichtungsnachweis (§ 34a Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 GewO) oder eine erfolgreich abgelegte Sachkundeprüfung (§ 34 Abs. 1a Satz 2 GewO) geknüpft. Ein derart eingeschränktes Verständnis des Begriffs "Sicherheitsmitarbeiter" wäre auch mit dem beschriebenen, über § 34a GewO hinausgehenden Anwendungsbereich der Tarifverträge unvereinbar. Besonders deutlich kommt dies im Tarifvertrag vom 16.01.2017 zum Ausdruck, wonach die Lohngruppe B.7 auch "Sicherheitsmitarbeiter im Servicedienst" umfasst. Überall dort wo die Tarifverträge in der Bezeichnung der Tätigkeiten vom Begriff des "Sicherheitsmitarbeiters" abrücken, umschreiben sie demgegenüber qualifizierte und dementsprechend näher konkretisierte Aufgabenbereiche wie z.B. "Mitarbeiter im Sicherheits- und Ordnungsdienst" oder "Mitarbeiter als Kassierer", denen im Übrigen höhere Stundenlöhne zugewiesen sind als dem Sicherheitsmitarbeiter nach Lohngruppe B.7. Es bestehen daher derzeit keine überwiegenden Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin diese Lohngruppe als mit dem niedrigsten Stundenlohn des gesamten Tarifvertragswerks ausgestattet ihrer Beitragsberechnung zugrunde legen durfte.
Dass von der Nachforderung auch nicht gewerbliche Arbeitnehmer erfasst worden sind, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
Nach allem war lediglich die erstinstanzliche Kostenentscheidung zu korrigieren. Da die Antragstellerin nicht zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis zählt, handelt es sich nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG um ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren. Die Kostenentscheidung folgt daher für die erste Instanz aus § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und für das Beschwerdeverfahren aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich für beide Instanzen aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 52, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert (einschließlich Säumniszuschläge) anzusetzen ist (Senat, Beschluss v. 08.10.2010, L 8 R 368/10 ER, juris).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 01.08.2019
Zuletzt verändert am: 01.08.2019