Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.12.2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit und insofern insbesondere das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen streitig.
Der 1946 in Jugoslawien geborene Kläger arbeitete von 1964 bis Ende 1968 als Hilfsarbeiter bei mehreren Bauunternehmen. Im Jahr 1969 kam er in die Bundesrepublik Deutschland und arbeite nach eigenen Angaben von Juli 1969 bis Dezember 1972 bei einer Firma C als Pflasterer. Im Anschluss daran wechselte zu der B AG in S bis November 1974. Welche Tätigkeiten er dort verrichtete, lässt sich nicht mehr feststellen, da die B AG insoweit die Personalakten vernichtet hat. Anschließend war er von Februar 1975 im Wesentlichen bis September 1985 bei der Firma S in I als Pflasterer tätig. Die von ihm hier verrichtete Tätigkeit erforderte nach Auskunft der Arbeitgeberin eine Anlernzeit von einem Jahr. Eingestuft war der Kläger in Lohngruppe 4 des Tarifvertrages für das Baugewerbe. Im September 1985 wurde er im Deutschen Steinkohlenbergbau angelegt, wo er bis Dezember 1986 als Hauer in der Aus- und Vorrichtung bei der Firma G und L – eingestuft in die Lohngruppe 11 des Tarifvertrages für den rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau – beschäftigt war. Nach einer Arbeitsunfähigkeit auf Grund eines Unfalles (dem Kläger war unter Tage ein Druckluftschlauch gegen den Bauch geschlagen) im Oktober 1986, die am 21.10.1986 beendet war, wurde er arbeitslos und bezog ab März 1987 mit Unterbrechungen Leistungen des Arbeitsamtes, welches ab 08.06.1995 die Leistung von Arbeitslosenhilfe auf Grund der Angabe des Klägers, er könne in Folge Krankheit keinerlei Arbeiten mehr verrichten, einstellte.
Bereits 1988 hatte der Kläger erfolglos die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt. An das Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren (Bescheid vom 27.10.1988, Widerspruchsbescheid vom 16.01.1989) schloss sich ein Rechtsstreit an. Die Klage wurde durch Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.05.1991 (S 25 Kn 46/89) abgewiesen. Auch die nachfolgende Berufung blieb erfolglos und wurde durch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (L 2 Kn 102/91) mit Urteil vom 09.02.1995 zurückgewiesen. Der 2. Senat führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der Kläger sei als angelernter Arbeiter zur Vermeidung seiner Berufs- und erst recht seiner Erwerbsunfähigkeit sozial und medizinisch zumutbar auf eine Pförtnertätigkeit verweisbar. Der Kläger sei auch nicht vermindert bergmännisch berufsfähig. Da er im Westdeutschen Steinkohlenbergbau lediglich 16 Monate zurückgelegt, also die Mindestwartezeit von 60 Monaten nicht erfüllt habe, käme eine Rentengewährung nur dann in Betracht, wenn er in Folge eines Arbeitsunfalles vermindert bergmännisch berufsfähig geworden wäre. Das sei jedoch nicht der Fall. Wie aus den von der Bergbau-Berufsgenossenschaft (BBG) beigezogenen Akte zu entnehmen sei, sei die Arbeitsunfähigkeit auf Grund des am 03.10.1986 erlittenen Unfalles bereits am 21.10.1986 abgeschlossen worden. Rentenleistungen habe der Kläger nicht bezogen und im Übrigen auch nicht beantragt. Aus den Akten der BBG ergäben sich daher keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger seine bergbauliche Tätigkeit wegen irgendwelcher Unfallfolgen habe aufgeben müssen. Auch der Akte der Beklagten ließen sich solche Anhaltspunkte nicht entnehmen. Vielmehr ergebe sich aus den anlässlich des Rentenantrages des Klägers eingeholten Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes I (Dr. N) vom 06.07.1988 und dem orthopädischen Zusatzgutachten von Dr. C vom 26.09.1988, dass der Kläger damals für fähig gehalten worden sei, seine bis zu dem Unfall ausgeübte Tätigkeit als Hauer in der Aus- und Vorrichtung weiterhin auszuüben. Das Bundessozialgericht wies die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision mit Beschluss vom 30.05.1996 zurück (Az.: 8 Bkn 12/95) und vertrat ebenfalls in seiner Entscheidung die Auffassung, der Kläger habe die Qualifikation als Facharbeiter (Hauer) nicht erworben.
In einem sich an das Gerichtsverfahren anschließenden Kontoklärungsverfahren gab der Kläger an, in den von der Beklagten als ungeklärt ausgewiesenen Zeiträumen zwischen dem 24.06.1987 und 31.12. 1997 wegen der Folgen des am 03.10.1986 erlittenen Unfalls arbeitsunfähig gewesen zu sein. Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft des Arbeitsamtes I vom 16.04. 1999 ein und lehnte anschließend mit Bescheid vom 18.05.1999 die Anerkennung dieser Zeiten als rentenrechtliche Zeiten ab. Nach Auskunft des Arbeitsamtes I vom 16.04.1999 könnten die Zeiten vom 24.06.1987 bis 04.08.1987 und vom 28.12.1994 bis 09.05.1995 nicht als Anrechnungszeit anerkannt werden, da diese nicht nachgewiesen worden seien. Die Zeiten vom 25.06.1991 bis 02.09.1991 und vom 08.06.1995 bis 31.12. 1997 könnten nicht als Anrechnungszeit anerkannt werden, da der Kläger sich nicht bei einem deutschen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet habe und die Zeiten vom 15.05.1982 bis 29.05.1982 und vom 02.06.1982 bis 17.06.1982 ebenfalls nicht, weil diese Zeiten der Krankheit bzw. der Arbeitslosigkeit nicht einen vollen Kalendermonat umfassten. Des Weiteren könnten die Zeiten vom 28.12.1989 bis 31.12.1989, vom 01.01. 1990 bis 06.04.1990 und vom 02.08.1990 bis 31.10.1990 nicht als Anrechnungszeit anerkannt werden, weil insofern eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen worden sei.
Nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens (Widerspruchsbescheid vom 09.11. 1999) erhob der Kläger am 22.11.1999 beim Sozialgericht Dortmund (S 24 Kn 16/00) Klage, welche er im Erörterungstermin am 28.09.2000 für erledigt erklärte, nachdem sich die Beklagte bereit erklärt hatte, die Klage als Antrag auf Gewährung einer medizinischen Rentenleistung zu sehen.
Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 10.04.2001 die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab und führte zur Begründung aus, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der Kläger habe am 07.06. 1995 den letzten Beitrag zur Rentenversicherung entrichtet. In dem für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum (bis 22.11. 1999 als Tag der Antragstellung) seien nur für 3 Monate Pflichtbeiträge gezahlt worden; Verlängerungstatbestände lägen nicht vor.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, er sei wegen des Arbeitsunfalles vom 03.10.1986 nicht arbeitsfähig gewesen. Die Lücken in seinen Versicherungszeiten seien hierdurch entstanden. Die Beklagte zog daraufhin die von der BBG eingeholten Gutachten des Chirurgen Dr. C1 vom 06.06.2001, des Radiologen Prof. Dr. L vom 06.06.2001 sowie des Internisten PD Dr. M vom 25.02.2002 bei.
Dr. C1 führte aus, der Kläger habe sich im Rahmen des Arbeitsunfalles vom 03.10. 1986 ein stumpfes Bauchtraume zugegezogen. Bei seiner klinischen und auch der röntgenologischen Untersuchung durch Prof. Dr. L hätten sich auf unfallchirurgischem Fachgebiet keine Unfallfolgen ergeben. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit in einem wirtschaftlich messbaren Grade auf unfallchirurgischem Fachgebiet liege nicht vor und habe auch ab Arbeitsfähigkeit (21.10.1986) nicht vorgelegen. Die von dem Kläger beklagten Wirbelsäulenbeschwerden könnten nicht auf das Unfallereignis zurückgeführt werden, zumal aus den Akten hervorgehe, dass am Unfalltag und auch etwa einen Monat später bei röntgenologischen und klinischen Untersuchungen der Wirbelsäule unauffällige Befunde vorgelegen hätten. PD Dr. M sah internistischerseits ebenfalls in den vom Kläger geklagten Beschwerden keine Folgen des Arbeitsunfalles von 1986.
Nach Auswertung dieser Gutachten durch den Sozialmedizinischen Dienst holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. W ein, der keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf seinem Fachgebiet feststellte. Eine körperliche Untersuchung des Klägers sei auf Grund der fehlenden Kooperation nicht möglich gewesen.
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch des Kägers durch Widerspruchsbescheid vom 21.10.2002 zurück und führte zur Begründung aus, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Insbesondere sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht auf Grund eines Tatbestandes eingetreten, durch den von einer vorzeitigen Wartezeiterfüllung ausgegangen werden könne.
Im Klageverfahren hat der Kläger sein Rentenbegehren weiter verfolgt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, seit dem Arbeitsunfall arbeitsunfähig zu sein.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.04.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages hat sich die Beklagte auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid bezogen.
Das Sozialgericht hat zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts ein Gutachten der Chirurgin Dr. E sowie ein Zusatzgutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. U eingeholt.
In seinem Gutachten vom 04.08.2003 hat Dr. U aufgrund der ambulanten Untersuchung des Klägers am 04.07.2003 neben einem chronischen Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen sowie eine Neurasthenie festgestellt. Insgesamt seien hartnäckige konsequente Klagsamkeitsausformungen bildbeherrschend, bei einem seit Jahren fixierten Hineinleben in und Identifikation mit dem Status eines vermeintlich Vollinvaliden. Gegen dieses Krankheitsbewusstsein habe der Kläger immer weniger inneren Widerstand aufgebracht, zumal er in Art eines sekundären Krankheitsgewinnes rezeptive Tendenzen, Zuwendung, ansprüchliche Wehleidigkeit zu Hause leidvoll grämlich auszuleben vermöge. Der Kläger habe sich mittlerweile seit mehr als 15 Jahren mit zunehmend gröberen Formen demonstrativ simulativer Tendenzen in einen psychogenen Krankenstatus hineinbegeben. Mittlerweile sei der Schicksalsweg schon auf Grund der wiederkehrenden streitigen Auseinandersetzungen um Entschädigungszahlungen weitgehend gebahnt mit Verlust von motivationaler Leistungsorientierung. Neurologische oder psychiatrische Funktionseinschränkungen, welche zumindest gelegentlich mittelschwere oder Durchführung leichter Arbeiten verunmöglichen würden, lägen nicht vor. Arbeiten wechselnd im Gehen, Stehen und Sitzen mit Heben und Tragen von Lasten von kurzfristig 10 – 15 Kg seien zumutbar. Zu vermeiden sei häufiger Publikumsverkehr sowie besonderer Arbeitsdruck. Unter diesen Umständen könne der Kläger die der Art nach zumutbaren Arbeiten auch in zeitlicher Hinsicht vollschichtig ausüben.
In ihrem chirurgischem Gutachten vom 18.09.2003 hat die Sachverständige Dr. E im Wesentlichen wiederkehrende Wirbelsäulensyndrome, ein Schmerzsyndrom und Gelenkleiden sowie außer den von Dr. U festgestellten seelischen Leiden als Nebenleiden Magendarmveränderungen, Herz-Kreislauf-Störungen und eine leichte Übergewichtigkeit festgestellt. Entsprechend der Aktenlage sei es anlässlich des Arbeitsunfalles vom 03.10.1986 zu einem stumpfen Bauchtrauma gekommen, weitere Gesundheitsstörungen seien nicht abzuleiten. Bei der chirurgischen Begutachtung hätten sich keinerlei Gesundheitsstörungen gefunden, die mittelbar oder unmittelbar auf das Ereignis vom 03.10.1986 zurückgeführt werden könnten. Dementsprechend sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit resultierend aus dem genannten Arbeitsunfall nicht in Ansatz zu bringen. Zusammenfassend schließe sie ebenfalls ständig mittelschwere und schwere Tätigkeiten aus. Insbesondere sollten Tätigkeiten vermieden werden, die mit einer überwiegend einseitigen Körperhaltung, häufigem Bücken, Heben und Tragen schwerer Lasten sowie ständig knieenden und hockenden Zwangspositionen verbunden seien. Auch seien Tätigkeiten mit ständigen Überkopfarbeiten, Arbeiten in Armvorhaltepositionen und mit der Notwendigkeit des Besteigens von Leitern und Gerüsten oder auch der Notwendigkeit des Bedienens schwergängiger Hebel- und Steuereinrichtungen nicht mehr möglich.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.12.2003 zurückgewiesen. Der Kläger sei nicht erwerbsunfähig, sondern könne unter Berücksichtigung seiner Gesundheitseinschränkungen noch vollschichtig als Hilfsarbeiter im Büro arbeiten. Der Kläger hätte auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente für Bergleute, da er die Allgemeine Wartezeit in der knappschaftlichen Rentenversicherung nicht erfüllt hätte. Aus den eingeholten Sachverständigengutachten ergäbe sich, dass die Folgen des Arbeitsunfalles vom 03.10. 1986 nicht mitursächlich für die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne der Rentenversicherung seien.
Im Berufungsverfahren macht der Kläger im Wesentlichen geltend, aus dem Gutachten von Dr. U ergebe sich, dass er sich in einem psychogenen Krankheitsstatus befinde, in Folge dessen er nicht mehr die Kraft habe, den Willen zur Erwerbsarbeit aufzubringen. Er sei daher erwerbsunfähig. Da die Neurose schon seit Jahren bestehe, dürften die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sein.
Der Kläger, der im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und auch nicht vertreten gewesen ist, beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.12.2003 zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme von Dr. U eingeholt. Dieser hat unter dem 15.11.2004 ausgeführt, der Kläger könne sich aus der Vorstellung, nicht mehr arbeiten zu können, nicht mehr lösen, da kein Willle vorhanden sei, sich wieder einem leistungsorientierten Leben zuzuwenden. Das Verhalten des Klägers sei durch ausgeprägte selbstsüchtige, passiv rezeptive, ansprüchliche Tendenzen gekennzeichnet. Über Jahre habe er sich bewusstseinsnah in einen eingebildeten, appelativ hilfsbedürftigen Krankheitsstatus hineinbegeben. Allein auf Grund der Zeitdauer streitiger Auseinandersetzungen, sei es zur innerpsychischen Stabilisierung des Krankheitsbewusstsein mit unvermeidlichem Verlust von Leistungsorietierung gekommen.
Weiterer Einzelheiten wegen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der beigezogenen Gerichtsakten des Sozialgerichts Dortmund (S 25 Kn 46/89 / L 2 Kn 102/91, S 24 KN 208 U / L 2 KN 94/04 U und S 24 Kn 16/00) sowie der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil er sowie sein Bevollmächtigter mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 153 Abs.1, 124 Abs.1, 126 Sozialgerichtsgesetz – SGG – ).
Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 10.04.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2002 ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs.2 SGG in seinen Rechten.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit. Dieser vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist nach den Vorschriften des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu beurteilen, weil der Kläger auch Leistungen für die Zeit vor dem 01.01.2001 begehrt und den – von den Beteiligten zur Erledigung des Rechtsstreits S 24 Kn 16/00 zugrunde gelegten – Antrag bereits vor diesem Zeitpunkt am 22.11.1999 gestellt hat (vgl. §§ 300 Abs.2, 302 b Abs.1 SGB VI).
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. ist berufsunfähig der Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2).
Nach § 44 Abs. 2 SGB VI a.F. sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt; erwerbsunfähig sind auch Versicherte nach § 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F.).
Der Leistungsfall der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ist bis zur Rechtsänderung am 01.01.2001 nicht eingetreten.
Auch nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme war der Kläger zumindest bis 31.12.2000 unter Berücksichtigung der von Dr. E im Wesentlichen diagnostizierten wiederkehrenden Wirbelsäulensyndrome, des Schmerzsyndroms und Gelenkleidens sowie der von Dr. U diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung, Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen sowie Neurasthenie in der Lage, vollschichtig und regelmäßig zumindest leichte körperliche Tätigkeiten wechselnd im Gehen, Stehen und Sitzen unter Vermeidung von überwiegend einseitigen Körperhaltungen, häufigem Bücken sowie Arbeiten in ständig knienden und hockenden Zwangspositionen, ohne ständige Überkopfarbeiten, Arbeiten in Armvorhaltepositionen und ohne die Notwendigkeit des Besteigens von Leitern und Gerüsten und der Notwendigkeit des Bedienens schwergängiger Hebel- und Steuereinrichtungen zu verrichten.
Auch unter Berücksichtigung dieser Gesundheitseinschränkungen konnte der Kläger zumindest noch bis 31.12.2000 zum Ausschluß seiner Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sozial und medizinisch zumutbar auf die Tätigkeit einer Bürohilfskraft verwiesen werden. Der Senat weist insoweit zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Dortmund, die er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs.2 SGG), hin.
Der Eintritt von Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit lässt sich auch nach dem Ergebnis der von Amts wegen im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme bis zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens der §§ 43, 44 SGB VI a.F. nicht feststellen.
Zwar geht der Senat im Anschluss an Dr. U davon aus, dass der über Jahre (nach den Feststellungen aller Sachverständigen in diesem wie in vorausgegangenen Verfahren) simulierende und aggravierende Kläger sich inzwischen in einen massiv psychogen ausgestalteten Krankheitszustand mit der Vorstellung, nicht mehr arbeiten zu können, hineingelebt hat, der nicht durch entsprechenden Willensentschluß behebbar ist. Der Sachverständige führt insofern in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.11.2004 aufgrund seiner am 04.07.2003 durchgeführten Untersuchung des Klägers aus, der Kläger könne sich aus der Vorstellung, nicht mehr arbeiten zu können, nicht mehr lösen, da kein Willle vorhanden sei, sich wieder einem leistungsorientierten Leben zuzuwenden. Es ist daher im Anschluß an die Feststellungen von Dr. U davon auszugehen, dass der Kläger nicht mehr die Kraft hat, den Willen zur Erwerbsarbeit aufzubringen, was rechtlich als eine Krankheit zu werten ist. Denn als solche wird es nach der Rechtsprechung angesehen, wenn die Fähigkeit zur Verrichtung von Erwerbsarbeit durch eine vom Normalen abweichende seelische Verfassung gemindert oder aufgehoben ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 07.04.1964 – 4 RJ 283/60). Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Rentengewährung zu versagen ist, wenn ein Versicherter – wie vorliegend – nur ursprünglich zum Zwecke der Rentengewährung Störungen vorgetäuscht hat, sein Verhalten dann aber im Laufe der Zeit der willkürlichen (bewußten) Einwirkung entglitten und nun aus eigener Kraft nicht mehr abzustellen ist (ebenfalls offen gelassen im Urteil des BSG vom 01.07.1964 – 11/1 RA 158/61 – in SozR § 1246 Nr. 39), da der Senat keine Anhaltspunkte dafür hat, dass dieser Zustand bereits bis spätestens 31.12.2000 eingetreten ist.
Dr. U vermochte nicht näher zu präzisieren, wann das willentliche Hineinleben in die Rolle des vermeintlich Vollinvaliden zu einer psychischen – nicht mit Willensanstrengung behebbaren – jegliche Erwerbstätigkeit ausschließenden Erkrankung geworden ist. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist daher vom Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. U (04.07.2003) auszugehen ist, da es keine Feststellung eines Arztes zu einem früheren Zeitpunkt des Eintritts dieses Gesundheitszustandes gibt. Soweit der Kläger – ohne weitere Begründung und Beweisangebot – geltend macht, bereits seit Jahren unter der Neurose zu leiden, belegt dies nicht einen früheren Zeitpunkt des "Leistungsfalls". Die "Simulationsnähe" zahlreicher Neurosen, insbesondere im vorliegenden Fall, erfordert bei der Feststellung anspruchsbegründender Tatbestandsmerkmale einen strengen Maßstab. Für ihr Vorhandensein, also für das tatsächliche Vorliegen von seelischen (seelisch bedingten) Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit, trifft den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast. Es geht demnach zu seinen Lasten, wenn das Gericht trotz sorgfältiger Ermittlungen und bei gebotener kritischer Würdigung der Verfahrensergebnisse Vortäuschung der Störungen, Überwindbarkeit der Störungen oder Unerheblichkeit der Störungen – vorliegend zumindest bis zum Untersuchungszeitpunkt durch Dr. U – für die Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit nicht ausschließen kann (vgl. Urteile des Bundessozialgerichts vom 07.04.1964 – 4 RJ 283/60 und vom 01.07.1964 – 11/1 RA 158/61 – in SozR § 1246 Nr. 38 und 39).
2. Selbst wenn der Senat im Anschluss an das Urteil des BSG vom 17.02.2005 (B 13 RJ 31/04 R) davon ausginge, dass der Antrag des Klägers in ergänzender Auslegung auch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsfähigkeit gerichtet ist, würde auch dies nicht zu einem Rentenanspruch des Klägers führen.
Selbst ausgehend von einem am 04.07.2003 eingetretenen Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung i.S.d. § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI in der seit 01.01.2001 anwendbaren Fassung, besteht kein Rentenanspruch, da der Kläger insofern die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Neben dem Eintritt der vollen Erwerbsminderung (§ 43 Abs.2 Satz 1 Nr.1 i.V.m. Abs.2 Satz 2 und 3 SGB VI) und der hier gegebenen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§ 43 Abs.2 Nr.3 i.V.m. § 50 Abs.1 Nr.2 SGB VI) müssen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung belegt sein (§ 43 Abs.2 Nr.2 SGB VI). Ausgehend von einem am 04.07.2003 eingetreten Leistungsfall hat der Kläger, der den letzten Beitrag zur Rentenversicherung am 07.06.1995 entrichtet hat, in dem Fünf-Jahreszeitraum (05.07.1998 bis 04.07.2003) keinen Monat mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Tätigkeit belegt.
Die Voraussetzungen für eine Verlängerung des Fünf-Jahreszeitraums gemäß 43 Abs.4 SGB VI (Anrechnungs- und Rentenbezugszeiten, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gemäß § 57 SGB VI bzw. Pflege gemäß §249 b SGB VI, Anrechnungszeiten bei mangelnder Unterbrechung sowie Zeiten einer schulischen Ausbildung) oder § 241 SGB VI – letzteres würde voraussetzen, dass der Leistungsfall vor dem 01.01.1984 eingetreten ist – liegen nicht vor. Entgegen der Auffassung des Klägers sind insbesondere die Voraussetzungen des § 43 Abs.4 i.V.m. § 58 Abs.1 Nr.1 SGB VI nicht erfüllt. Danach verlängert sich der nach § 43 Abs.2 Nr.2 SGB VI maßgebliche Zeitraum unter bestimmten – näher ausgeführten Voraussetzungen – um Anrechnungszeiten im Sinn des § 58 Abs.1 Satz 1 Nr.1 bis 3 SGB VI, wozu grundsätzlich auch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit gehören können. Der Senat hat indessen keine Anhaltspunkte für eine Arbeitsunfähigkeit vor dem Untersuchungszeitpunkt durch Dr. U. Insofern nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen zum fehlenden Nachweis eines früheren Leistungsfalls, die auch im Zusammenhang mit der vom Kläger geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit zum Tragen kommt.
Auch die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 43 Abs.4 SGB VI, die grundsätzlich für Versicherte (wie den Kläger), die im Zeitpunkt des Arbeitsunfalles versicherungspflichtig waren oder in den letzten zwei Jahren vor dem Arbeitsunfall mindestens ein Jahr mit Pflichtbeiträgen belegt haben (§ 53 Abs.1 Satz 2 SGB VI), Anwendung findet, liegen nicht vor. Danach ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren nicht erforderlich, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Grund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Das ist gem. § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI der Fall, wenn Versicherte wegen eines Arbeitsunfalles vermindert erwerbsfähig geworden (oder gestorben) sind. Die schädigenden Tatbestände des Abs. 1 Satz 1 müssen mit dem Eintritt der Erwerbsminderung dem Wortlaut nach in einem ursächlichen Zusammenhang stehen ("wegen"). In der Rentenversicherung gilt insofern der selbe rechtliche Kausalbegriff wie auch in der Unfallversicherung (vgl. BSG in SozR 2200 § 1251 Nr. 69). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung ist als ursächlich die Bedingung anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehungen zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. Kassler Kommentar zu § 53 SGB VI Rdn. 6).
Nach Überzeugung des Senats ist der Kläger nicht in diesem Sinn "wegen" des im Oktober 1986 erlittenen Arbeitsunfalls vermindert erwerbsfähig im Sinne des § 43 SGB VI geworden, sondern er hat sich – wie ausgeführt – über Jahre bewusstseinsnah in einen eingebildeten, appelativ hilfsbedürftigen Krankenstatus hineinbegeben. Allein auf Grund der Zeitdauer streitiger Auseinandersetzungen ist es zur innerpsychischen Stabilisierung des Krankheitsbewusstseins mit unvermeidlichem Verlust von Leistungsorientierung gekommen. Den weiteren Ausführungen von Dr. U folgend handelt es sich bei dem Kläger im Grunde um einen Menschen, der mit seiner kompletten Lebensgestaltung, inneren Konflikthaftigkeiten, Bedrängnissen, Enttäuschungen nicht fertig geworden, nun seit Jahren in eine Krankenrolle hineingewachsen ist. Anders als im Fall einer posttraumatischen Belastungsreaktion, für deren Vorliegen keine Anhaltspunkte vorliegen, ist die Ursache im eigenverantwortlichen Verhalten des über Jahre bewusstseinsnah aggravierenden und simulierenden Klägers zu sehen. Der Arbeitsunfall war nicht Ursache der mittlerweile eingetretenen Erwerbsunfähigkeit, sondern lediglich Anlass für den Kläger, sich willentlich in eine Krankenrolle hinzubegeben. Das Landessozialgericht hat dementsprechend bereits in seinem -das vorhergehende Rentenverfahren des Klägers betreffende – Urteil vom 09.02. 1995 (L 2 Kn 102/91) rechtskräftig festgestellt, dass der Zustand der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit jedenfalls zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 09.02. 1995 noch nicht bestand.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 27.04.2006
Zuletzt verändert am: 27.04.2006