Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17.04.2003 wird zurückgewiesen. Dem Kläger werden als Verschuldungskosten anteilige Gerichtshaltungskosten in Höhe von 500,00 Euro auferlegt. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung seiner Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine Regelaltersrente – RAR -.
Der am 00.00.1933 geborene Kläger bezieht anlässlich eines am 17.09.1952 erlittenen Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit – MdE – von inzwischen 50 v.H. Diese belief sich ab dem 01.05.2001 auf monatlich 2.125,76 DM. Den Jahresarbeitsverdienst – JAV – setzte die Bergbau-Berufsgenossenschaft – BBG – aufgrund eines mit dem Kläger vor dem Landessozialgericht Nordrhein Westfalen – LSG NRW – (Az.: L 2 KN 167/00 U) am 07.12.2000 geschlossenen Vergleichs mit 11.558,40 DM fest (Bescheid vom 19.03.2001). Dieser ist nach den jeweiligen Anpassungsgesetzen vervielfältigt worden und belief sich ab dem 01.07.2000 auf 76.527,47 DM und ab dem 01.07.2001 auf 77.989,14 DM (= 39.875,21 Euro).
Antragsgemäß gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 01.11.1998 RAR und rechnete die Verletztenrente bestandskräftig an (Bescheid vom 30.10.1998). Unter Berücksichtigung des Vergleichs vom 07.12.2000 kam es zu einer erneuten Berechnung der RAR des Klägers. Hierbei rechnete die Beklagte ebenfalls die Verletztenrente auf die RAR an (Bescheid vom 04.04.2001). Auch diesem Bescheid hat der Kläger nicht widersprochen.
Mit weiterem Bescheid vom 21.08.2001 berechnete die Beklagte die RAR des Klägers für die Zeit ab dem 01.10.2001 neu und stellte die monatliche RAR mit 4.678,83 DM fest. Diese zahlte sie ihm wegen Anrechnung seiner Verletztenrente monatlich in Höhe von 3.236,15 DM aus (Kürzung der monatlichen Zahlungsansprüche um 1.442,68 DM).
Mit seinem Widerspruch hiergegen wandte sich der Kläger dagegen, dass bei der Ermittlung des Grenzbetrages der JAV zu Grunde gelegt worden sei, der sich aus dem Vergleich vor dem LSG NRW ergebe. Es widerspreche Treu und Glauben, dass er sich nunmehr auf einen JAV festlegen lassen müsse, den er nicht erzielt habe und der auf einer Fiktion beruhe. Vielmehr sei das erst im Bezugsjahr 1963 erzielte sozialversicherungspflichtige Einkommen in Höhe von 16.534,66 DM als Grundlage zur Ermittlung des Grenzbetrages heranzuziehen, der ab dem 01.01.2001 einem JAV von 111.565,95 DM entspreche. Er habe sich auf den Vergleich nur deshalb eingelassen, weil der seinerzeitige Vorsitzende Richter geäußert habe, durch ein vergleichsweises Nachgeben werde die Rentenberechnung nicht geändert.
Den Widerspruch wies die Beklagte zurück; dazu führte sie im Wesentlichen aus, dass der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Ermittlung des Grenzbetrages an den durch den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung festgestellten JAV gebunden sei, da dieser auch der Berechnung der Leistungen aus der Unfallversicherung zu Grunde liege. Für die Zeit ab dem 01.07.2001 sei ihr durch die BBG ein JAV in Höhe von 77.989,14 DM übermittelt worden. Der Grenzbetrag sei nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ermittelt worden und demzufolge nicht zu beanstanden (Widerspruchsbescheid vom 08.01.2002).
Mit Bescheid vom 30.01.2002 stellte die Beklagte die monatliche RAR für die Zeit ab dem 01.04.2002 mit 2.392,24 Euro fest, ermittelte jedoch wegen Anrechnung der Verletztenrente einen Betrag in Höhe von monatlich 1.654,95 Euro (Kürzung der monatlichen Rente um 737,29 Euro). Nach Abzug des Beitragsanteils zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner zahlte die Beklagte ihm monatlich 1.531,67 Euro aus.
Mit der am 06.02.2002 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass § 93 Abs. 2 Nr. 2a des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs – SGB VI – gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG – verstoße. Er hat hierzu behauptet, dass eine fiktive Person mit gleicher zu berücksichtigender RAR eine Verletztenrente von 136,36 Euro beziehen könne, die mit dem Grenzbetrag von 2.326,05 Euro identisch sei und deshalb anrechnungsfrei bliebe. Daraus ergebe sich, dass derjenige Versicherte, der einen deutlich schwereren Unfall erlitten habe, gegenüber einem Versicherten, der einen verhältnismäßig leichten Unfall erlitten habe, ohne sachlichen Grund gleichbehandelt werde. Er hat ferner geltend gemacht, dass bei einer Vergleichsperson, die lediglich eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. erhalte, die RAR in einem deutlich geringerem Umfang gemindert werde als bei ihm. Bei der Berechnung der Gesamtrente ergebe sich ein Unterschiedsbetrag von 157,33 Euro. Dies werde jedoch der Genugtuungsfunktion der Verletztenrente nicht gerecht. Die genannte Regelung widerspreche ferner dem Sozialstaatsgebot.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 21. August 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2002 aufzuheben, soweit dort Rentenansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu Unrecht auf die Ansprüche auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat Bezug genommen auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Mit Urteil vom 17.04.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat offen gelassen, ob die Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI in den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG eingreife. Jedenfalls wäre ein derartiger Eingriff verfassungsrechtlich legitimiert. § 93 SGB VI trage der sozialpolitischen Überlegung Rechnung, dass das Renteneinkommen eines Versicherten nicht höher sein soll, als das Nettoerwerbseinkommen bei voller Arbeitsleistung. Bei der Anrechnung der Verletztenrente bleibe in Höhe der Grundrente nach dem Bundsversorgungsgesetz – BVG – ein Freibetrag unberücksichtigt, der dem Ausgleich des auf die Folgen des Arbeitsunfalls bzw. der Berufskrankheit beruhenden immateriellen Schadens des Verletzten diene. Damit trage das Gesetz zukunftsgerichtet dem verfassungsrechtlich zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Schrankenbestimmung des dem Schutz der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) unterfallenden Wert des Rentenversicherungsrechts und einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Bezieher von Verletztenrenten in gebotener Weise Rechnung. Die pauschale Gleichsetzung des Teils der Verletztenrente, der dem Ausgleich immaterieller Schäden diene, mit demjenigen Betrag, der bei gleichem Grad der MdE als Grundrente nach dem BVG geleistet werde, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger im Wesentlichen an seinem erstinstanzlichen Vorbringen festgehalten und außerdem behauptet, dass bei einem Versicherten, dessen JAV 52.514,40 Euro betrage, bei im Übrigen gleichen Daten keine Anrechnung der Verletztenrente erfolge. Der insoweit zufällige – weil fiktiv niedrigere – JAV als Ermittlungsgrundlage für die Verletztenrente dürfe nicht zu seinem Nachteil gereichen und zu einer höheren Minderung seiner RAR führen. Darüber hinaus trägt er vor, dass sich bei einer um 737,29 Euro geringeren RAR eine Ersparnis von 118.675.91 DM ergeben hätte, die er 16 Jahre lang für sich vermögenswirksam hätte anlegen können. Die lange Einzahlung von Rentenbeiträgen führe bei ihm zu einer Benachteiligung im Hinblick auf die vorgenommene Anrechnung. Darin zeige sich die Ungleichbehandlung. Schließlich habe die Verletztenrente eine Lohnersatzfunktion und werde von dem Bezieher als fester Bestandteil des Lebensunterhaltes berücksichtigt. In dem Augenblick, in dem der Bezieher einer Verletztenrente auch Bezieher einer RAR werde, erfolge eine Anrechnung. Dies führe dazu, dass die Anwartschaft auf eine RAR gekürzt werde. Bei ihm belaufe sich die Kürzung auf über 30 %. Umgekehrt bedeute dies, dass von der ursprünglichen Verletztenrente nur noch etwas über 33 % verbleibe. Dies könne nicht im Sinne der vom Gesetzgeber beabsichtigten Regelung sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17. April 2003 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 21. August 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08. Januar 2002 sowie des Bescheides vom 30. Januar 2002 zu verurteilen, die Regelaltersrente ohne Berücksichtigung der Unfallrente an ihn auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Weiterer Einzelheiten wegen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Akten SG Dortmund S 24 BU 107/95 und S 6 KN 29/99 U Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten übereinstimmend damit einverstanden erklärt haben, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -.
Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 30.01.2002 geworden. Abändernde oder ersetzende Bescheide, die nach Erlass des Widerspruchsbescheides, aber vor Erhebung der Klage ergehen, werden nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens; wird dann Klage erhoben, wird auch der "neue" Bescheid Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens (vgl. Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 12.05.1993 – Az.: 7 RAr 56/92). Zwar ist der angefochtene Bescheid nicht durch den Bescheid vom 30.01.2002 ersetzt worden, da sich dieser auf die Zeit ab dem 01.04.2002 bezieht. Der Bescheid vom 30.01.2002 regelt jedoch im Rahmen eines Dauerrechtverhältnisses einen Zeitraum, der sich an den streitigen Zeitraum anschließt. Vor diesem Hintergrund ist § 86 SGG entsprechend anzuwenden (vgl. hierzu Düring in Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 1. Auflage 2003, § 86, Rn. 3, m.w.N.).
Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 21.08.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2002 wie auch der Bescheid vom 30.01.2002 sind rechtmäßig. Der Kläger wird durch sie nicht beschwert, 54 Abs. 2 SGG.
Die Beklagte hat § 93 SBG VI rechnerisch zutreffend angewandt und insoweit den dem Kläger zustehenden Teil der RAR zu Recht auf 3.236,15 DM bzw. 1654,95 Euro festgesetzt. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, weshalb der Senat auf die Ausführungen der Beklagten in Anlage 7 der Bescheide vom 21.08.2001 und vom 30.01.2002 verweist. Der Kläger ist jedoch im Wesentlichen der Auffassung, die Anrechnung der Verletztenrente stelle sich – jedenfalls in der vorgenommenen Höhe – als verfassungswidrig dar.
Nach § 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI wird "beim Zusammentreffen einer eigenen Rente aus der Rentenversicherung mit einer Verletztenrente" die Rente aus der Rentenversicherung insoweit ganz oder teilweise nicht geleistet, als beide Renten zusammen vor Einkommensanrechnung einen bestimmten Betrag – den sog. Grenzbetrag – übersteigen; gleiches gilt gemäß Abs. 1 Nr. 2 beim Zusammentreffen einer Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung und einer entsprechenden Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung. § 93 Abs. 2 SGB VI enthält eine Freibetragsregelung; sie bestimmt in Nr. 2a, welche dem Ausgleich immaterieller Schäden dienenden Anteile der Verletztenrente bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge unberücksichtigt bleiben. Abs. 3 bestimmt in Gestalt des Grenzbetrages, in welchem Umfang nach Abzug des Freibetrages nach § 93 Abs. 2 SGB VI eine Anrechnung der Verletztenrente auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung stattfindet. Dabei sieht Abs. 3 zwei Grenzbeträge vor: den sog. Regelgrenzbetrag und den sog. Mindestgrenzbetrag. Der Regelgrenzbetrag beträgt 70 v.H. eines Zwölftels des für die Rente aus der Unfallversicherung maßgeblichen JAV; er gewährleistet, dass dem Berechtigten auch nach Anrechnung seiner Rente aus der Unfallversicherung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusätzlich zum Freibetrag nach § 93 Abs. 2 SGB VI insgesamt ein Betrag verbleibt, der in etwa dem (fortgeschriebenen/aktualisierten) Nettoverdienst des Versicherten vor Eintritt seines Arbeitsunfalls entspricht. Liegt die monatliche Rente aus der Rentenversicherung über dem Regelgrenzbetrag, ist auf den Mindestgrenzbetrag abzustellen; dieser entspricht dem Wert des Rechts auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Abs. 4 enthält ergänzende Tatbestände, in denen beim Zusammentreffen bestimmter Leistungsansprüche ebenfalls eine Anrechnung nach Maßgabe der Absätze 1 bis 3 vorzunehmen ist. Abs. 5 schließlich führt zwei Fälle auf, in denen die Abs. 1 bis 4 des § 93 SGB VI keine Anwendung finden, d.h. in denen die Zahlung einer Rente aus der Unfallversicherung nicht zu einer Minderung der Rente aus der RV führt.
Soweit der Kläger beanstandet, dass derjenige Versicherte, der bei im Übrigen gleichen Daten eine – zu berücksichtigende – Verletztenrente von 136,36 Euro (dies entspricht nach seinem Vorbringen einer Verletztenrente von 172,88 Euro) beziehe, wegen der damit angeblich verbundenen Anrechnungsfreiheit ihm gegenüber in verfassungswidriger Weise privilegiert werde, übersieht er, dass sich aus seiner Berechnung eine Verletztenrente nach einer MdE von 7,804 v.H. ergibt, solche Renten jedoch nicht festgestellt werden können. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nämlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs – SGB VII -), wobei ferner zu beachten ist, dass ein Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente erst ab einer (Gesamt-) MdE von (insgesamt) 20 v.H. besteht (§ 56 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB VII). Sachverhalte, die nicht existieren (können), sind nicht geeignet, einen Grundrechtsverstoß darzulegen.
Entgegen der Auffassung des Klägers wird dem – durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit verursachten – immateriellen Schaden durch § 93 Abs. 2 Nr. 2a SGB VI hinreichend Rechnung getragen. Zweck der Freibetragsregelung ist es, beim Zusammentreffen der Verletztenrente und der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung den Anteil der Verletztenrente von der Anrechnung auszunehmen, der dem Ausgleich immaterieller Schäden dient. Da sich aus den Verletztenrenten selbst der Anteil des immateriellen Schadens nicht ermitteln lässt, knüpft § 93 Abs. 2 Nr. 2a SGB VI an die Beschädigtengrund- rente des BVG an und sichert auf diese Weise die Gleichbehandlung der unfallverletzten Rentenberechtigten. Bei gleichem MdE-Grad und damit gleichem immateriellen Schaden ("Genugtuungsfunktion") gewährleistet sie einen gleichen Freibetrag. Bei unterschiedlichen MdE-Graden und damit unterschiedlichen immateriellen Schäden erlaubt sie die gebotene sachliche Differenzierung und zwar auch bei gleichem Bruttoverdienst. Sie berücksichtigt damit, dass diese Schäden bei leichten, mittelschweren und schweren Unfällen unterschiedlich zu bemessen sind und mithin die Festsetzung unterschiedlicher Freibeträge erfordern (BSG, Urteile vom 10.04.2003 – Az.: B 4 RA 32/02 R und vom 20.11.2003 – Az.: B 13 RJ 5/03 R). Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass durch § 93 Abs. 2 Nr. 2a SGB VI wesentlich Ungleiches zu Unrecht gleich behandelt wird. Denn in dem vom Kläger gebildeten Beispiel bleibt bei einer MdE von 20 v.H. lediglich ein Betrag von zwei Dritteln der Mindestgrundrente – die gemäß § 31 Abs. 1 nach einer MdE von 30 v.H. geleistet wird (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2003 – Az.: B 4 RA 32/02 R) – unberücksichtigt, wohingegen bei ihm der Betrag, der als Grundrente nach dem BVG geleistet würde, von der Anrechnung ausgenommen wird. Der pauschale Einwand, dass § 93 Abs. 2 Nr. 2a SGB VI der Genugtuungsfunktion der Verletztenrente nicht gerecht werde, reicht nicht aus, um einen Verfassungsverstoß darzulegen. Es ist schließlich zu berücksichtigen, dass Bezieher von Verletztenrenten insofern durch die Anknüpfung an die Beschädigtengrundrente des § 31 BVG privilegiert werden, als diese nicht ausschließlich dem Ausgleich eines immateriellen Schadens dient, sondern darüber hinaus auch materielle Nachteile – beispielsweise behinderungsbedingte Mehraufwendungen – kompensieren soll (Bundesverfassungsgericht – BVerfG, Urteil vom 14.03.2000 – Az.: 1 BvR 284/96, Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 12.06.2003 – Az.: B 9 V 2/02 R).
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, dass er als "Gesamtrente" nur einen seiner Auffassung nach geringfügig höheren Betrag im Vergleich zu einem Versicherten mit einer MdE von 20 v.H. erhält. Wie bereits das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 31.03.1998 – Az.: B 4 RA 49/96 R zutreffend ausgeführt hat, trägt § 93 SGB VI (wie auch die Vorgängerregelung des § 1278 Reichsversicherungsordnung – RVO -) der sozialpolitischen Überlegung Rechnung, dass das Renteneinkommen eines Versicherten – das Lohnersatzfunktion hat – nicht höher sein soll, als das Nettoerwerbseinkommen bei voller Arbeitsleistung. Die Anrechnungsregelung verfolgt somit den (verfassungsgemäßen) Zweck, Nach- teilsüberkompensationen aus der Summierung teilweise zweckähnlicher Versicherungsleistungen aus zwei Zweigen der Sozialversicherungen des Sozialgesetzbuchs – SGB – zu begrenzen (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 30.01.1985 – Az: 1 BvR 1259/84 zu § 55 Angestelltenversicherungsgesetz – AVG-, vom 19.07.1984 – Az: 1 BvR 1614/83 zu § 1278 RVO und vom 19.01.1968 – Az: 1 BvR 696/67 zu § 55 AVG, BSG, Urteil vom 31.03.1998 – Az.: B 4 RA 49/96 R, LSG NRW, Urteil vom 09.05.1997 – Az.: L 14 J 125/96). Es ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit Blick auf den auszugleichenden materiellen Schaden als auch die RAR aus der gesetzlichen Rentenversicherung ein vergleichbares Sicherungsziel verfolgen und somit das Leistungsversprechen der Rentenversicherung durch die Leistung des Unfallversicherungsträgers als erfüllt gelten kann (BSG, Urteil vom 31.03.1998 – Az.: B 4 RA 49/96 R). Die Verletztenrente deckt im Umfang der erfolgten Anrechnung den Bedarf, zu dessen Absicherung das Recht aus der Rentenversicherung erworben und zugesagt wurde. Im Rahmen der Anrechnung können demnach (nur) Rentenanteile aus der Unfallversicherung einbezogen werden, die Lohnersatzfunktion haben. Gemessen daran stellt sich § 93 SGB VI als zulässige nähere Inhaltsbestimmung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 GG dar (hierzu im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 19.07.1984 – Az: 1 BvR 1614/83 zu § 1278 RVO, der keine dem § 93 Abs. 2 Nr. 2a SGB VI entsprechende Freibetragsregelung kannte). Ebenso wenig verstößt die Einbeziehung beider Renten in die Ruhensregelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn das mit Art. 93 SGB VI verfolgte Ziel, Doppelleistungen aus verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung mit gleicher oder ähnlicher Zweckbestimmung zu vermeiden, um auf diese Weise eine Begrenzung von Entgeltersatzleistungen auf das Einkommen aus aktiver Beschäftigung herzustellen, stellt einen sachgerechten Grund dar, den der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen durfte (BVerfG, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt es auch nicht darauf an, dass durch die Anrechnung der Verletztenrente eine Minderung der RAR um 737,29 Euro eingetreten ist, da § 93 SGB VI eine derartige Rechtsfolge gerade herbeiführen soll und sich diese – wie oben gezeigt – als zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums darstellt. Nicht zutreffend ist ferner der Einwand, dass durch die Anrechnung nur noch ein Anteil von 33 % der Verletztenrente verbleibe. Denn diese wird nach wie vor ungekürzt ausgezahlt.
Nicht nachvollziehbar ist ferner die Behauptung des Klägers, dass Versicherte mit einem höheren JAV und entsprechend höherem Grenzbetrag keiner Anrechnung ausgesetzt seien. Dieses Vorbringen vermag bereits deshalb nicht zu überzeugen, weil der Kläger den JAV auf 52.515,40 Euro erhöht hat, ohne jedoch zu berücksichtigen, dass dann auch die Verletztenrente entsprechend ansteigt. Vorliegend ergäbe sich bei einem entsprechenden JAV eine monatliche Verletztenrente von ca. 1.458,00 Euro (zur Berechnung vgl. § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII), wobei der Grenzbetrag bei 3.063,00 Euro läge. Die Summe der Rentenbeträge beliefe sich dann auf etwa 3.413,00 Euro, so dass auch in diesem Fall der Grenzbetrag überschritten und eine Anrechnung vorzunehmen wäre. Mithin ist dieses Berechnungsbeispiel ebenfalls nicht geeignet, eine (verfassungswidrige) Ungleichbehandlung zu stützen.
Soweit der Kläger beanstandet, dass die Beklagte einen zu geringen JAV zu Grunde gelegt habe, ist dem entgegenzuhalten, dass die Festsetzung des JAV der BBG in den dafür vorgesehenen Verfahren obliegt und nicht Gegenstand eines Rechtsstreits sein kann, der die Anrechnung einer Verletztenrente auf die RAR zum Gegenstand hat. Der JAV dient dazu, die Höhe von Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wie z.B. Verletzten- und Hinterbliebenenrenten zu bestimmen (§ 81 SGB VII) und kann nicht isoliert zur Ermittlung eines Grenzbetrages verändert werden. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass der Bescheid der BBG vom 19.03.2001 – der auf der eigenen Willenserklärung des Klägers in dem Termin vor dem LSG NRW vom 07.12.2000 beruht – bestandskräftig ist. Ungeachtet dessen konnte der Senat nicht nachvollziehen, dass der Kläger die aus seiner Sicht nicht vorzunehmende Anrechnung der Verletztenrente bei einem hohen JAV als verfassungswidrig beanstandet, er jedoch gleichfalls einen höheren JAV bei der Ermittlung des für ihn geltenden Grenzbetrages zu Grunde gelegt wissen will. Insofern verhält er sich widersprüchlich.
Schließlich kann der Senat auch einen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) nicht erkennen, das nach der Rechtsprechung des BVerfG ohnehin nicht dazu dienen kann, Einzelregelungen zu modifizieren, deren Anwendung in bestimmten Fällen zu Härten und Unbilligkeiten führen mag (BVerfG, a.a.O.).
Die Entscheidung, dem Kläger Verschuldenskosten aufzuerlegen, beruht auf § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BVerfG zur Missbrauchsgebühr in § 34 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG – (vgl. BVerfG, NJW 1996, 1273, 1274). Die Rechtsprechung des BVerfG ist auch zur Auslegung des § 192 SGG heranzuziehen, denn der Gesetzgeber hat die Konzeption des § 34 Abs. 2 BVerfGG auf § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG übertragen.
Die Voraussetzungen des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG liegen hier vor. Der Kläger ist im vorangegangenen Erörterungstermin unter Erörterung sowohl der Rechtsprechung des BSG als auch des BVerfG darauf hingewiesen worden, dass wegen Aussichtslosigkeit der Berufung die weitere Rechtsverfolgung als missbräuchlich angesehen wird. Die Missbräuchlichkeit ergibt sich hier aus dem Umstand, dass die verfassungsrechtliche Problematik des § 93 SGB VI, aber auch der Vorgängerregelung des § 1278 RVO höchstrichterlich geklärt ist. Sämtlichen Argumenten des Senats hat sich der Kläger verschlossen.
Der Höhe nach hat der Senat einen Betrag von 500,00 Euro für angemessen gehalten (§ 202 SGG i.V.m. § 287 Zivilprozessordnung – ZPO -). Dieser Betrag liegt zwar über dem festzusetzenden Mindestbetrag von 225,00 Euro (§ 192 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 184 Abs. 2 SGG), aber noch deutlich unter den Kosten, die der Landeskasse durch das Verhalten des Klägers tatsächlich entstanden sind.
Die Kostenentscheidung im Übrigen beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Erstellt am: 04.05.2005
Zuletzt verändert am: 04.05.2005