NZB als unzulässig verworfen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 09.12.2011 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die rückwirkende Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 (Schwerbehinderung) und die Zahlung von Schadensersatz.
Bei dem am 00.00.1942 geborenen Kläger bestand seit 1982 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20, seit 1985 eine MdE von 30. Mit Bescheid vom 21.07.1995 stellte das Versorgungsamt C bei ihm einen GdB von 30 fest. Dabei wurden folgende Behinderungen berücksichtigt:
1. Verschleiß der Wirbelsäule,
2. Kreislaufstörungen bei vegetativer Fehlsteuerung,
3. seelische Störungen mit Depressionscharakter,
4. Hörminderung.
Auf einen Änderungsantrag vom 25.05.1999 stellte das Versorgungsamt C mit Bescheid vom 19.08.1999 einen GdB von 40 ab 25.05.1999 fest und hob den Bescheid vom 21.07.1995 insoweit auf. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2000 zurückgewiesen. Weitere Änderungsanträge des Klägers lehnte das Versorgungsamt C mit Bescheid vom 17.04.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.06.2000 bzw. mit Bescheid vom 23.02.2001 und Widerspruchsbescheid vom 27.06.2001 ab. Die hiergegen erhobene Klage vor dem Sozialgericht Detmold (S 5 SB 198/01) nahm der Kläger am 22.02.2002 zurück. Er stellte am 26.06.2002 und am 06.08.2004 weitere Änderungsanträge, die ebenfalls abgelehnt wurden (Bescheid vom 10.09.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2002 und Bescheid vom 22.11.2004).
Am 03.03.2005 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz nach T (Mazedonien). Er hat am 06.06.2008 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Mit Beschluss vom 15.07.2009 hat dieses den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Detmold verwiesen. Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass die Entscheidung des Versorgungsamtes über seinen Änderungsantrag vom 25.05.1999 fehlerhaft gewesen sei. Ihm stehe ein GdB von mindestens 50 zu. Er habe sein Arbeitsleben in Deutschland verbracht und sei dort von 1973 bis 1990 bei der Firma X mit Sitz in H beschäftigt gewesen. Er habe schwere körperliche Arbeit als Lagerarbeiter geleistet und hierdurch seinen Körper dauerhaft geschädigt. Nach dem Gesetz über "Arbeitsbeziehungen" bzw. dem "Gesetz über die Obligationen" stehe ihm ein Schadensersatz in Höhe von 10.000,00 EUR bzw. in Höhe von 250.000,00 EUR zu.
Der Beklagte hat hierzu erklärt, das ehemalige Versorgungsamt C habe letztmalig mit Bescheid vom 22.11.2004 über den damaligen Änderungsantrag des Klägers vom 06.08.2004 entschieden habe. Dieser Bescheid sei bindend geworden. Einen weiteren Antrag habe der Kläger weder bei der bis zum 31.12.2007 zuständigen Versorgungsverwaltung noch bei dem ab 01.01.2008 zuständigen Beklagten gestellt. Da der Kläger sich nunmehr nicht mehr im Geltungsbereich des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) aufhalte, seien die Grundvoraussetzungen für einen Anspruch nach § 2 Abs. 2 SGB IX nicht erfüllt.
Das Sozialgericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 29.09.2010 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Mit Schreiben vom 07.11.2011 hat es die Beteiligten darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine Teilverweisung des Rechtsstreits hinsichtlich etwaiger Amtshaftungsansprüche nicht in Betracht komme. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Mit Gerichtsbescheid vom 09.12.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da sie nicht binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes erhoben worden sei. Der Kläger wende sich gegen den Bescheid des Versorgungsamtes C vom 21.07.1995. Der hierzu erteilte Widerspruchsbescheid vom 25.04.1996 sei am gleichen Tag als Einschreiben zur Post gegeben worden. Er gelte damit am dritten darauf folgenden Tag, d. h. am 28.04.1996, als zugestellt (§§ 85 Abs. 3 Satz 1, 63 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) a.F. in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz, VwZG). Die Monatsfrist habe daher am 29.04.1996 begonnen und am 28.05.1996 geendet. Die Klage sei jedoch erst am 06.06.2008 bei Gericht eingegangen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei gemäß § 67 Abs. 3 SGG ausgeschlossen. Auch wenn sich die Klage gegen einen anderen Bescheid, insbesondere gegen den zuletzt vom Versorgungsamt C erlassenen Bescheid vom 22.11.2004 richte, sei sie unzulässig, da auch dieser Bescheid bestandskräftig geworden sei, weil die Klagefrist des § 87 SGG nicht eingehalten worden sei. Eine Klage gegen diesen Bescheid müsste zudem auch mangels Durchführung eines Vorverfahrens (§ 78 Abs. 1 SGG) als unzulässig abgewiesen werden. Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. Ein GdB von 50 könne beim Kläger nicht festgestellt werden, da nach § 2 Abs. 2 SGB IX Voraussetzung für die Feststellung der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB IX und damit in der Bundesrepublik Deutschland sei. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger, der nun seit 2005 seinen Wohnsitz in Mazedonien habe, nicht erfüllt. Soweit der Kläger Amtshaftungsansprüche gegen das Versorgungsamt C geltend mache, sei die Klage ebenfalls unbegründet. Für Amtshaftungsansprüche sei der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben (§ 202 SGG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Eine Teilverweisung hinsichtlich der geltend gemachten Amtshaftungsansprüche an das zuständige Landgericht C komme nicht in Betracht, da das GVG keine Teilverweisung vorsehe. Andere sozialrechtliche Ansprüche, über welche die Kammer gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG hätte entscheiden können, seien nicht ersichtlich.
Gegen den am 14.12.2011 an ihn versandten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.02.2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, der tatsächliche Zustand sei nicht zutreffend festgestellt worden und das materielle Recht sei fehlerhaft angewendet worden. Bei ihm habe im Zeitpunkt der Feststellung mit Bescheid vom 21.07.1995 tatsächlich ein GdB von 50 vorgelegen. Wegen dieser falschen Entscheidung sei ihm ein Schaden in Höhe von 850.000,00 EUR entstanden. Auch der Bescheid vom 19.08.1999 sei daher unzutreffend gewesen. Soweit das Sozialgericht die Auffassung vertrete, seine Klage sei verfristet, sei dies nicht zutreffend. Er verlange diesbezüglich eine Überprüfung und begehre, dass seine Schwerbehinderung festgestellt werde und ihm Leistungen ausgezahlt werden.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Detmold vom 09.12.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm rückwirkend ab 1995 einen Grad der Behinderung von mindestens 50 festzustellen und ihm Schadensersatz in Höhe von 850.000,00 EUR zu gewähren.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung macht er geltend, der beanstandete Bescheid des Versorgungsamtes C vom 21.07.1995 sei bindend geworden. In dem damaligen Widerspruchsverfahren sei der Kläger durch den VdK vertreten worden, so dass auch davon auszugehen sei, dass er hinreichend über die Möglichkeit einer Klageerhebung informiert gewesen sei. Gründe für eine Verhinderung seien nicht erkennbar. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs. 3 SGG sei ausgeschlossen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 16.10.2012 und vom 09.11.2012 mitgeteilt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten S 13 SV 11/09 und S 5 SB 158/01 und den Inhalt der beigezogenen SchwbG-Akten. Die Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Berufungsfrist ist gewahrt, weil der Gerichtsbescheid im Ausland zugestellt worden ist und dementsprechend die Dreimonatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG in Verbindung mit § 153 Abs. 1 SGG gilt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 151 Rdnr. 6 m. w. N.).
Das Begehren des Klägers ist dahin auszulegen, dass er die rückwirkende Feststellung eines GdB von mindestens 50 begehrt. Unklar ist, ob er sich diesbezüglich bereits gegen den Feststellungsbescheid vom 21.07.1995 oder erst gegen den aufgrund des Änderungsantrags vom 25.05.1999 ergangenen Bescheid vom 19.08.1999 wendet. Dies kann aber im Ergebnis dahinstehen, weil die Klage gegen beide Bescheide – und auch gegen die späteren Änderungsbescheide – bereits wegen Fristablauf nach § 87 SGG unzulässig ist. Die Feststellungsbescheide sind damit bestandskräftig geworden und diese Bestandskraft (§ 77 SGG) steht einer rückwirkenden Feststellung eines höheren GdB entgegen, so dass es nicht darauf ankommt, ob die damaligen Feststellungen inhaltlich zutreffend waren oder nicht. Eine Überprüfung, ob eine rückwirkende Aufhebung und Abänderung der bestandskräftigen Feststellungsbescheide nach § 44 Abs. 2 SGB X (vgl. diesbezüglich BSG, Urteil vom 29.05.1991, 9a/9 RVs 11/89) möglich ist, kann mangels Durchführung des Vorverfahrens (§ 78 SGG) nicht erfolgen, weil der Beklagte einen diesbezüglichen Bescheid bisher nicht erlassen hat. Im Übrigen erfordert eine rückwirkende Feststellung nach § 44 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), dass der betreffende GdB im begehrten Feststellungszeitpunkt offensichtlich vorgelegen haben muss (vgl. BSG, Urteil 07.04.2011, B 9 SB 3/10 R m.w.N.). Konkrete Anhaltspunkte für einen bereits 1995 vorliegenden GdB von 50 sind aber nicht ersichtlich. Der GdB von 40 ist vielmehr auf der Grundlage vielfacher Änderungsanträge mehrfach überprüft worden, ohne dass eine Erhöhung auf 50 festgestellt worden ist.
Soweit der Kläger darüber hinaus die Zahlung von Schadensersatz begehrt, weist das Sozialgericht zutreffend darauf hin, dass eine diesbezügliche Anspruchsgrundlage nicht besteht. Weder eine Pflichtverletzung des Versorgungsamtes noch ein konkret entstandener Schaden sind ersichtlich. Für einen Anspruch auf Amtshaftung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz (GG) ist im Übrigen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Eine Prüfung des Amtshaftungsanspruchs durch den Senat ist hier auch nicht nach § 202 SGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 5 GVG möglich. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Griffe diese Bindungswirkung hier ein, so würde diese auch dann gelten, wenn das Klagebegehren auf Amtshaftung gerichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2010 – B 13 R 63/10 B). Eine Entscheidung in der Hauptsache im Sinne von § 17 a Abs. 5 GVG trifft die Vorinstanz allerdings dann nicht, wenn sie die Klage wegen fehlender Rechtswegzuständigkeit als unzulässig ansieht (vgl. BSG, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. Das Sozialgericht hat einen möglichen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen Amtshaftung nicht geprüft, sondern den Kläger insoweit auf den ordentlichen Gerichtsweg verwiesen, ohne die Klage an das Landgericht zu verweisen, weil nach Auffassung des Sozialgerichts eine diesbezügliche Teilverweisung nicht möglich ist. Da der Kläger seine Klage nicht allein auf Amtshaftung, sondern auch auf sozialrechtliche Ansprüche gestützt hat, war diese Auffassung zutreffend. Eine diesbezügliche Teilverweisung ist nach herrschender Ansicht – der sich der Senat anschließt – nicht zulässig (vgl. BSG, a.a.O. m. w. N.). Das GVG kennt keine Teilverweisung und eine Verweisung des gesamten Streitstandes steht der Grundsatz entgegen, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist (BSG, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Erstellt am: 17.12.2013
Zuletzt verändert am: 17.12.2013