Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.05.2013 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die teilweise Rückforderung eines Eingliederungszuschusses (EGZ) in Höhe von 3070,83 Euro.
Die Klägerin – eine GmbH, die durch ihren Geschäftsführer Herrn F G vertreten wird – betreibt in L einen Friseursalon. Dieser Friseursalon befand sich bis Mitte 2010 in einer Passage auf dem P, danach auf der N-straße in L.
Ende Februar 2009 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Gewährung eines EGZ für die Einstellung von Frau H als Friseurgesellin. Hierbei gab die Klägerin an, dass es sich bei Frau H um eine Arbeitnehmerin mit Vermittlungshemmnissen, die nicht behindert ist, handelt. Frau H sollte in Vollzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ab dem 01.03.2009 eingestellt werden. Das regelmäßige Arbeitsentgelt sollte sich monatlich auf 1100,- Euro belaufen.
Mit Bescheid vom 17.03.2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin den EGZ für den Zeitraum vom 01.03.2009 bis zum 28.02.2010 in Höhe von 660,- Euro monatlich. Der Bescheid enthielt u.a. den Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 221 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), dass der EGZ teilweise zurückzuzahlen ist, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderzeitraums oder innerhalb der Nachbeschäftigungszeit beendet wird, es sei denn dass die dort aufgeführten Kündigungsgründe vorliegen.
Ab dem 01.03.2009 stellte die Klägerin sodann Frau H als Friseurin ein. Kurz vor Ablauf des Förderzeitraumes am 05.02.2010 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie das Arbeitsverhältnis mit Frau H aus betriebsbedingten Gründen ohne weitere finanzielle Förderung nicht fortsetzen könne. Die Klägerin gab an, dass Frau H schwerhörig sei und dadurch sowohl ein Sprachproblem als auch ein Kommunikationsproblem habe. Aufgrund dessen habe sie es nicht geschafft, einen eigenen Kundenstamm aufzubauen, so dass der Geschäftsführer der Klägerin bei der Kundenberatung meist helfend zur Seite stehen müsse.
Daraufhin teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 03.03.2010 mit, dass dem Antrag auf Weiterbewilligung des EGZ aufgrund der bereits erreichten Höchstförderdauer nicht entsprochen werden könne.
Mit Schreiben vom 26.02.2010 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit Frau H zum 31.03.2010. Zur Begründung gab die Klägerin an, dass die Kündigung aufgrund der Wirtschaftslage und der Existenzsicherung des Betriebes aus dringenden betrieblichen Erfordernissen zwingend sei.
Nach Anhörung durch ein Schreiben vom 20.05.2010 gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) forderte der Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 29.06.2010 den geleisteten EGZ teilweise in Höhe von 3070,83 Euro mit der Begründung zurück, dass zur Erfüllung der Weiterbeschäftigungszeit noch 11 Monate fehlen und die Klägerin zu einer Kündigung nicht berechtigt gewesen sei.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie an, dass die Kündigung aus betrieblichen Gründen (wirtschaftlicher Zwang) vorgenommen werden musste.
Vom 10.07.2010 bis zum 31.10.2010 stellte die Klägerin Frau H im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses wieder ein. Der monatliche Verdienst belief sich hierbei auf 165 Euro. Seit dem 01.11.2011 beschäftigte die Klägerin Frau H wieder in Vollzeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er an, dass die Klägerin den Eingliederungszuschuss teilweise zurückzuzahlen habe, da sie das Beschäftigungsverhältnis während der Nachbeschäftigungszeit beendet habe und kein Ausnahmefall des § 221 Abs. 2 Satz 2 SGB III vorliege, der die Klägerin zur Kündigung berechtigt und damit keine Rückzahlungsverpflichtung ausgelöst hätte. Weder seien personenbedingte noch betriebsbedingte Kündigungsgründe substantiiert und schlüssig vorgetragen worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.12.2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben.
Der EGZ sei von der Klägerin nicht zurückzuzahlen, da die Kündigung der Frau H aus dringenden betrieblichen Gründen erfolgt sei. Der Friseursalon in der P-passage habe aufgegeben werden müssen, da der Vermieter wegen Schließung der Passage allen Mietern gekündigt habe. Die von der Klägerin auf der N-straße neu angemieteten Räume seien zum einen teurer gewesen und die Klägerin habe zum anderen bereits vor dem Umzug Umsatzeinbußen hinnehmen müssen, da einige Geschäfte in der Passage bereits früher geschlossen haben und somit die Passage von Kunden weniger besucht worden sei. In den Monaten Januar und Februar 2010 habe die Klägerin daher Verluste gemacht. Die Klägerin habe mit einem dauerhaften Verlust gerechnet, so dass die Kündigung gerechtfertigt gewesen sei. Es ergebe sich aus den der Klagebegründung beigefügten betriebswirtschaftlichen Auswertungen, dass sich bereits zum Ausspruch der Kündigung abzeichnete, dass die Klägerin mit einem dauerhaften negativen Betriebsergebnis im Vergleich zum Vorjahr zu rechnen habe. Im Rahmen der von der Klägerin zu treffenden unternehmerischen Entscheidung sei zudem berücksichtigt worden, dass der Umzug in ein anderes Ladenlokal notwendige und kostenintensive Umbaumaßnahmen mit sich bringen würde. Eine Kündigung der einzigen weiteren Mitarbeiterin, die gleichzeitig die Funktion der Betriebsleiterin erfüllte, sei nicht möglich gewesen, da diese als einzige über einen Meistertitel verfügte, welcher für den Betrieb des Friseursalons erforderlich gewesen sei. Erst als diese im Oktober 2010 aus dem Betrieb ausschied und die Klägerin eine Genehmigung zur Führung des Friseursalons ohne Meisterbrief erhielt, habe Frau H zum 01.11.2010 wieder als Vollzeitkraft eingestellt werden können.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 29.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2010 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat der Beklagte auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Im Übrigen ergebe sich auch aus den vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen nicht, dass die Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erfolgt sei. Auch müsse sich die Nachbeschäftigungszeit zwingend unmittelbar an das Beschäftigungsverhältnis anschließen. Andernfalls widerstrebe dies den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 221 SGB III. Es reiche zur Bejahung der Nachbeschäftigungszeit nicht aus, dass die Klägerin Frau H nach einer Unterbrechung wieder eingestellt habe. Die Nachbeschäftigung müsse unmittelbar und binnen 12 Monaten vollzogen werden. Durch die Wiedereinstellung von Frau H ergebe sich zudem, dass die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung fraglich seien. Hierdurch zeige sich auch, dass zusätzlicher Personalbedarf entgegen der Prognoseentscheidung erforderlich gewesen sei. Außerdem hätte die Kostenreduktion möglicherweise auch anderweitig erzielt werden können oder die Klägerin hätte kostengünstiger Umbaumaßnahmen in dem neuen Ladenlokal vornehmen können.
Mit Urteil vom 24.05.2013 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben, die angegriffenen Bescheide aufgehoben und dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt. Der angefochtene Bescheid vom 29.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2010 sei rechtswidrig. Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den EGZ zurückzufordern. Es sei unschädlich, dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis zunächst gekündigt habe, da sie Frau H am 01.11.2010 wieder in Vollzeit eingestellt habe. Frau H sei mindestens bis in das Jahr 2012 beschäftigt gewesen und damit nach Ablauf der Förderzeit in der Gesamtbetrachtung 12 Monate und länger bei der Klägerin beschäftigt gewesen. Die Nachbeschäftigung sei lediglich nicht in 12 aufeinanderfolgenden und direkt an den Förderzeitraum anschließenden Monaten erfolgt. Die Formulierung des § 221 SGB III lasse letztlich offen, ob der Nachbeschäftigungszeitraum zwingend in einem zusammenhängenden und sich direkt an die Förderzeit anschließenden Zeitraum stattfinden müsse oder nicht. Sinn und Zweck der Rückzahlungspflicht des § 221 Abs. 2 SGB III sei die Sicherstellung des Förderungsziels der dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Um den Zweck der dauerhaften Eingliederung des geförderten Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt dauerhaft zu erreichen, soll die missbräuchliche Inanspruchnahme des EGZ verhindert werden. Sinn und Zweck des EGZ, die dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt sei hier erreicht worden, da die Klägerin Frau H nach Kündigung bereit im Juli 2010 im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung wieder eingestellt und zum 01.11.2010 wieder in Vollzeit beschäftigt habe. Auch haben der Kündigung keine missbräuchlichen Motive zugrunde gelegen. Die Motivation der Klägerin zu Kündigung habe lediglich in der betrieblichen Situation gewurzelt.
Gegen das ihm am 31.05.2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27.06.2013 Berufung eingelegt. Die Klägerin sei nicht berechtigt gewesen, dass Arbeitsverhältnis mit Frau H aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen. Dringende betriebliche Erfordernisse hätten nicht vorgelegen. Dies zeige sich insbesondere an der späteren Wiedereinstellung der Frau H. Personen- oder verhaltensbedingte Kündigungsgründe, die eine Kündigung im Nachbeschäftigungszeitraum gerechtfertigt hätten, hätten nicht vorgelegen. Die spätere Wiedereinstellung von Frau H erfülle zudem nicht das Erfordernis der Nachbeschäftigung. Die Nachbeschäftigung müsse sich unmittelbar an den Förderzeitraum anschließen. Es liege eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Eingliederungsgeldes nahe. Bereits der Zweck der Beantragung des Eingliederungsgeldes sei in der wirtschaftlichen Lage des Betriebes begründet gewesen, wie sich aus den fehlgeschlagenen Verhandlungen über eine Verlängerung des Eingliederungsgeldes zeige. Die Wiedereinstellung habe nur der Vermeidung der finanziellen Nachteile, die durch die Rückforderung offenbar geworden seien, gedient.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.05.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere sei die Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen berechtigt gewesen. Maßgeblich sei insbesondere, dass bei einem Kleinbetrieb eine einzige unternehmerische Entscheidung bezüglich der Weiterbeschäftigung eines einzelnen Mitarbeiters ohne Weiteres – und zeitnah – zum wirtschaftlichen Ende des Kleinbetriebes führen könne. Außerdem sei der Sinn und Zweck der Nachbeschäftigung erfüllt. Es sei zu einer dauerhaften Eingliederung von Frau H in den Arbeitsmarkt gekommen. Der Wortlaut des § 221 Abs. 2 SGB III besage gerade nicht, dass es sich hierbei um eine zeitlich fortdauernde Beschäftigung handeln müsse. Es reiche aus, dass die Nach-Beschäftigung nach der ursprünglichen Beschäftigung eintrete.
Der Senat hat den Geschäftsführer im Verhandlungstermin zu der wirtschaftlichen Situation der Klägerin im Jahre 2010 und zu den Gründen der Entlassung von Frau H befragt. Wegen des Ergebnisses dieser Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.05.2014 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Düsseldorf ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 29.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2010.
Der angefochtene Bescheid vom 29.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Beklagte war nicht berechtigt nach § 221 Abs. 2 Satz 1 SGB III in seiner bis zum 20.12.2011 geltenden Fassung den an die Klägerin gezahlten Eingliederungszuschuss (EGZ) teilweise zurückzuverlangen.
1. Der Beklagte war sowohl für die Bewilligung des EGZ als auch für die Entscheidung über seine Rückzahlung nach § 221 SGB III aF zuständig. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in seiner bis zum 31.03.2011 geltenden Fassung kann die Agentur für Arbeit zur Eingliederung Hilfebedürftige in Arbeit u.a. die im fünften Kapitel des SGB III geregelten Leistungen an Arbeitgeber erbringen. Hierzu gehört die von der Klägerin beantragte Bewilligung eines Eingliederungszuschusses gemäß § 217 SGB III zur Eingliederung von Arbeitnehmern mit Vermittlungshemmnissen. Dazu zählt auch die Entscheidung über einen Förderungsausschluss und die Rückzahlung gemäß § 221 SGB III.
2. Dem Beklagten steht kein Anspruch auf teilweise Rückzahlung des für die Arbeitnehmerin Frau H in der Zeit vom 01.03.2009 bis zum 28.02.2010 gezahlten Eingliederungszuschusses zu.
a.) Nach § 221 Abs. 2 Satz 1 SGB III in seiner hier maßgeblichen Fassung, der eine Sondervorschrift zu den §§ 45 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) darstellt, sind Eingliederungszuschüsse teilweise zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes oder einer Nachbeschäftigungszeit beendet wird. Dies gilt nach § 221 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, zu kündigen (Nr.1), eine Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung im Betrieb entgegenstehen, berechtigt war (Nr. 2), die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das Bestreben des Arbeitnehmers hin erfolgt, ohne dass der Arbeitgeber den Grund hierfür zu vertreten hat (Nr. 3), der Arbeitnehmer das Mindestalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht hat (Nr. 4) oder der Eingliederungszuschuss für die Einstellung eines besonders betroffenen schwerbehinderten Menschen geleistet wird (Nr. 5). Die Rückzahlung ist auf die Hälfte des Förderungsbetrages beschränkt und darf den in den letzten zwölf Monaten vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses geleisteten Förderbetrag nicht überschreiten.
Der Rückforderungsanspruch wird zeitlich durch den Förderzeitraum und die Nachbeschäftigungszeit begrenzt.
aa.) Die Klägerin hat das Arbeitsverhältnis mit Frau H im Nachbeschäftigungszeitraum zum 31.03.2010 beendet. Die Nachbeschäftigungszeit betrug nach § 221 Abs. 2 S. 5 SGB III vorliegend 12 Monate. Denn diese entspricht dem Förderzeitraum, den der Beklagte im Bewilligungsbescheid vom 17.03.2009 festgelegt hat. Der Förderzeitraum endete nach 12 Monaten am 28.02.2010, so dass sich der Nachbeschäftigungszeitraum auf den Zeitraum vom 01.03.2010 bis zum 28.02.2011 erstreckte.
Soweit das SG angenommen hat, dass der Nachbeschäftigungszeitraum sich nicht unmittelbar an den Förderzeitraum anschließen muss und es nur darauf ankommt, dass überhaupt eine Nachbeschäftigung von insgesamt 12 Monaten erfüllt ist, folgt der Senat dem nicht. Die Nachbeschäftigungszeit muss sich unmittelbar an den Förderzeitraum anschließen, was sich bereits aus dem Wortlaut ergibt.
Die Rückzahlungsregelung soll den Druck auf den Arbeitgeber erhöhen, die vorzeitige Entlassung eines geförderten Arbeitnehmers zu verhindern (Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 02.06.2004 – B 7 AL 56/03 R). Dieses Ziel kann nur bei einer nahtlosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Anschluss an den Förderzeitraum erreicht werden. Möglichst soll das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit Vermittlungshemmnissen kontinuierlich weiterhin für zumindest ein Jahr erhalten bleiben. Diese erforderliche Anknüpfung an das im Förderzeitraum begründete Arbeitsverhältnis liegt nicht mehr vor, wenn nach einer kündigungsbedingten Unterbrechung die Beschäftigung wieder aufgenommen wird. Dann ist vielmehr – wie hier – wieder ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen worden. Zur Bestimmung des Nachbeschäftigungszeitraumes ist nicht auf den Sinn und Zweck der Rückzahlungspflicht abzustellen, sondern vielmehr auf den Sinn und Zweck des Nachbeschäftigungszeitraums. Dieser dient zur sozialen Sicherung des zuvor geförderten Arbeitsverhältnisses (BSG aaO). Für die Richtigkeit dieser Auslegung spricht auch die Verwaltungspraktikabilität. Sofern es dem Arbeitgeber gestattet wäre, die Nachbeschäftigung des geförderten Arbeitnehmers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb des Nachbeschäftigungszeitraumes neu aufleben zu lassen, wäre die Überprüfung, wann und ob eine Nachbeschäftigungszeit erfüllt ist, deutlich erschwert. Der Beklagte wäre in einem solchen Fall verpflichtet, das zuvor geförderte Arbeitsverhältnis laufend auf seinen Fortbestand zu überprüfen.
bb.) Die Klägerin ist vorliegend trotz der Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Nachbeschäftigungszeitraum nicht zur teilweisen Rückzahlung des Eingliederungszuschusses verpflichtet, da ein Ausschlusstatbestand im Sinne von § 221 Abs. 2 Satz 2 SGB III vorliegt.
(1) Die Klägerin war aus dringenden betrieblichen Erfordernissen zur Kündigung, die einer Weiterbeschäftigung von Frau H im Betrieb entgegenstehen, berechtigt. Bei der Prüfung, ob dringende betriebliche Gründe für eine Kündigung vorlagen, sind die im Arbeitsrecht zu den genannten Kündigungsgründen entwickelten Kriterien zur Auslegung der Kündigungsgründe nach § 221 Abs. 2 Satz 2 SGB III heranzuziehen (Brandts in Niesel/Brand, SGB III 5. Auflage, § 221 Rd. 14). Hierbei geht es nicht um eine generelle Anwendbarkeit der Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) im Rahmen der Prüfung des § 221 Abs. 2 SGB III. Dies hätte nämlich zur Folge, dass bei Nichtanwendbarkeit von § 1 Abs. 2 KSchG wegen des Eingreifens der Kleinbetriebsklausel nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG eine Lücke wegen der dann maßgeblichen Kündigungsgründe bestünde. Die Vorschrift des § 221 Abs. 2 Satz 2 SGB III knüpft nicht an die Kündigungsgründe nach § 1 Abs. 2 KSchG an, sondern greift nur die dort geregelten Kündigungsgründe ihrem Wortlaut nach auf. Das KSchG selbst findet in § 221 Abs. 2 Satz 2 SGB III keine Erwähnung (vgl. Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt Urteil vom 11.05.2011 – L 5 AS 62/08). Es geht daher allein um die inhaltlichen Anforderungen an bestehende Kündigungsgründe. Nur wenn diese vorliegen, wird ein Ausschluss der teilweisen Rückzahlungspflicht des Eingliederungszuschusses § 221 Abs. 2 Satz 1 SGB III trotz Fehlschlagens des Eingliederungszwecks ausgelöst (vgl. Brandts, aaO, § 221 Rd 15; LSG Sachsen-Anhalt aaO).
Auch die Privilegierung der Kleinbetriebe nach dem KSchG ist daher nicht auf die Anwendung des § 221 Abs. 2 Satz 2 SGB III zu übertragen. Andernfalls wäre ein Kleinbetrieb – wie hier – bereits dann nicht zur Rückzahlung der erhaltenen Sozialsubvention verpflichtet, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht gegen Treu und Glauben nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verstößt (LSG Sachsen-Anhalt aaO). Dies ergibt sich vor allem aus der unterschiedlichen Schutzrichtung der beiden Gesetze. Zweck der Kleinbetriebsklausel des § 23 KSchG ist es, den besonderen Verhältnissen in Kleinbetrieben Rechnung zu tragen. Diese Verhältnisse sind gekennzeichnet durch die persönlichen Beziehungen des Inhabers zu seinen wenigen Arbeitnehmern sowie die geringere wirtschaftliche Belastbarkeit. In einem kleinen Betrieb hängt der wirtschaftliche Erfolg von der Leistungsfähigkeit und der Persönlichkeit jedes einzelnen Arbeitnehmers ab. Der Ausfall eines Mitarbeiters lässt sich schwerer ausgleichen als in einem großen Betrieb.
Mit den Regelungen des SGB III wird allerdings ein anderer Schutzweck verfolgt. Die Leistungen dienen der Arbeitsförderung. Das Entstehen von Arbeitslosigkeit soll vermieden oder deren Dauer verkürzt werden. Der einzelne Arbeitnehmer soll möglichst dauerhaft in den Arbeitsmarkt integriert werden. Leistungen nach dem SGB III dienen grundsätzlich nicht der Unternehmensförderung.
Diese Grundsätze gelten ebenso für den Eingliederungszuschuss. Soweit es aber um die Rückabwicklung desselben geht, ist kein Grund erkennbar, wieso Kleinbetriebe oder größere Unternehmen anders behandelt werden sollten. Bei einer Rückforderung sind beide gleichermaßen betroffen. Auch steht es beiden frei, überhaupt eine staatliche Förderung in Anspruch zu nehmen oder gar davon Abstand zu nehmen und dann einen Arbeitnehmer zu den geltenden Kündigungsbedingungen zu beschäftigen. Der Eintritt des Rückforderungsfalls ist Bestandteil der freien Unternehmerentscheidung bei der Einstellung von Arbeitnehmern in subventionierte Arbeitsverhältnisse. Eine Ausnahme von der Rückzahlbarkeit ist daher nur bei Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen des § 221 Abs. 2 SGB III geboten (so auch LSG Sachsen-Anhalt aaO).
(2) Eine betriebsbedingte Kündigung kommt in Betracht, wenn wegen außerbetrieblicher Gründe (zB Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) oder innerbetrieblicher Gründe (zB gestaltende Maßnahmen wie die Unternehmerentscheidung über Rationalisierungsmaßnahmen) das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers entfallen ist (Bundesarbeitsgericht (BAG) AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Nur die dringenden betrieblichen Erfordernisse sind geeignet, eine Kündigung zu rechtfertigen. Diese Dringlichkeit liegt vor, wenn die betriebsbedingte Kündigung die notwendige Folge der betrieblichen Erfordernisse ist (BAG NZA 1990, 734,735) und dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Arbeitsbedingungen nicht möglich ist. Das Bedürfnis an der Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers muss im Interesse des Betriebes notwendig und unvermeidbar weggefallen sein. Meist treffen inner- und außerbetriebliche Umstände zusammen. Den Hauptfall eines betrieblichen Erfordernisses bildet der Wegfall eines Beschäftigungsbedarfs. Sein Abbau zielt auf Entlastung des Betriebes von Kosten für eine nicht benötigte Gegenleistung, da für den Arbeitnehmer keine Arbeit vorhanden ist. Die Entlastung von solchen Kosten stellt daher stets ein betriebliches Erfordernis dar und in aller Regel auch ein dringendes (Henssler-Willemsen-Kalb /Quecker, 3. Auflage § 1 KSchG Rd. 262). Die unternehmerische Entscheidung hinsichtlich des Personalabbaus ist nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 12.04.2002 AP 120 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).
Die Klägerin hat sowohl dringende innerbetriebliche als auch außerbetriebliche Gründe für die Kündigung dargelegt und nachgewiesen.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie seit Monaten einen erheblichen Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, da die Passage, in der sich der Friseursalon befand, geschlossen werden sollte und bereits einige umliegende Geschäfte ihren Betrieb eingestellt hatten. Dadurch sei die Passage weniger frequentiert worden und der Friseursalon auch weniger aufgesucht worden. Diesen Umsatzrückgang hat die Klägerin auch durch Vorlage betriebswirtschaftlicher Auswertungen nachgewiesen. In den Monaten Januar 2010 hatte die Klägerin einen Umsatzrückgang von 2217,32 Euro und im Februar 2010 von monatlich 1497,23 Euro. Dabei belief sich der Gesamtumsatz im Januar 2010 auf 5415,85 Euro und im Februar auf 5512,91 Euro.
Aufgrund der mangelnden Kundenbesuche hat sich nach dem Vortrag der Klägerin die Personalkapazität größer als erforderlich erwiesen, so dass die Personalkosten von der gekündigten Arbeitnehmerin Frau H als untragbar erwiesen haben. Bei der Auswahl des zu kündigenden Mitarbeiters war zur Überzeugung des Senats die Entscheidung Frau H zu kündigen weder unsachlich noch willkürlich, da die einzige weitere Mitarbeiterin über einen Meistertitel verfügte und der Friseursalon ohne Meister nicht betrieben werden durfte.
Zwar hat der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass er an die Möglichkeit einer Arbeitszeitreduzierung von Frau H nicht gedacht hat, allerdings hat er gleichzeitig glaubhaft dargelegt, dass er zunächst versucht hat, durch gezielte Werbemaßnahmen sowie das Anbieten von kostengünstigen Dienstleistungen und Kostenreduzierung hinsichtlich der Arbeits- sowie der Raumkosten gegenüber seinem damaligen Vermieter, die Situation für den Betrieb zu verbessern. Zur Überzeugung des Senats hat der Geschäftsführer der Klägerin hierbei deutlich gemacht, dass auch diese Maßnahmen nicht zu einer wirtschaftlichen Verbesserung der Klägerin geführt haben.
Sofern der Beklagte vorträgt, dass die Klägerin statt einer Kündigung von Frau H die Umbaumaßnahmen für das neue Ladenlokal hätte günstiger gestalten müssen, führt dies zu keiner anderen Entscheidung. Zum einen hat die Klägerin zur Vermeidung doppelter Mietzahlungen nur einen Monat für die Renovierung des neuen Friseursalons benötigt und das alte Ladenlokal nur eine Woche vor Eröffnung des neuen Ladenlokals geschlossen. Hierdurch hat die Klägerin die Kosten gering gehalten. Zudem hat der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er für die Renovierung ein Darlehen in Höhe von 5000,- Euro aufnehmen musste. Damit standen der Klägerin auch keine eigenen finanziellen Mittel mehr zur Verfügung, die sie zur fortdauernden Beschäftigung von Frau H hätten einsetzen können. Nach dem glaubhaften Vortrag der Klägerin waren der Umzug in ein neues Ladenlokal und der damit einhergehenden Kosten unumgänglich.
Der Umstand, dass die Klägerin Frau H im Juli 2010 im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses wieder eingestellt hat, ändert nichts an der Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung. Für die Beurteilung der Rechtswirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung ist gemäß § 130 BGB auf den Zeitpunkt ihres Zugangs beim Empfänger abzustellen (BAG Urteil vom 27.11.2003 – 2 AZR 48/03). Zudem ist der Beendigungsgrund zukunftsbezogen, das heißt er muss einer künftigen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses entgegenstehen (BAG Urteil vom 19.06.1991 – 2 AZR 127/91). Sowohl im Zeitpunkt der Kündigung als auch hinsichtlich einer Prognoseentscheidung wegen des Umzugs des Friseursalons und der damit einhergehenden höheren Miete sowie der Renovierungskosten hatte die Klägerin dargelegt, dass sie schlechte Umsätze zu verzeichnen bzw. zu erwarten hatte.
Ein milderes Mittel als die Kündigung war hier nicht zu erkennen. Eine reduzierte Weiterbeschäftigung von Frau H stellte sich erst nach vollzogenem Umzug in die neuen Betriebsräume als realistische Alternative dar. Die Klägerin hatte vor Ausspruch der Kündigung ohne nachhaltigen Erfolg versucht, durch gezielte Maßnahmen (Werbung, Anbietung von kostengünstigen Dienstleistungen, Senkung der Raumkosten) den betrieblichen Missstand zu verbessern. Hinzu kommt, dass die Klägerin nur zwei Mitarbeiterinnen beschäftigte und bereits die Personalkosten für die gekündigte Arbeitnehmerin zu einem untragbaren Kostenfaktor für die Klägerin geführt hatten. So ist der Vortrag für den Senat durchaus nachvollziehbar, dass eine unternehmerische Entscheidung hinsichtlich der Weiterbeschäftigung von Frau H möglicherweise zum Ende des Kleinbetriebes hätte führen können. Die Kündigungsentscheidung ist daher nicht willkürlich. Die Klägerin hat glaubhaft vorgetragen, dass sie Frau H unter anderen finanziellen Gegebenheiten weiterhin beschäftigt hätte und stets beabsichtigt habe, sofern es der Klägerin finanziell besser gehen sollte, diese wieder einzustellen. Die erneute Beschäftigung von Frau H ab dem 01.07.2010 bis in das Jahr 2013 bekräftigt die Richtigkeit des klägerischen Vortrages. Zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahre 2013 führte zudem eine arbeitnehmerseitige Entscheidung, da Frau H nach C umziehen wollte.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein endgültiger Streitwert war hier nicht festzusetzen. Sowohl der Beklagte als auch die Klägerin sind kostenrechtlich privilegiert. Auch Arbeitgeber, die Eingliederungszuschüsse erhalten, sind kostenrechtlich nach § 183 SGG privilegiert (BSG Beschluss vom 22.09.2004 – B 11 AL 33/03 R; LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 11.05.2011 aaO). Denn nach der Rechtsprechung des BSG ergibt sich aus dem Wortlaut des § 183 SGG, der Systematik sowie auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift über die Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens, dass die Arbeitgeber bei Streitigkeiten über Eingliederungszuschüsse nach den §§ 217 ff SGB III als Leistungsempfänger zu demjenigen Personenkreis gehören, für den Gerichtskostenfreiheit besteht. Diese Leistungen zielen nicht auf eine Bereicherung des Arbeitgebers ab, sondern sie dienen der Eingliederung von förderungsbedürftigen Arbeitnehmern durch den Ausgleich von Minderleistungen. Dementsprechend soll der Eingliederungszuschuss den Arbeitgeber gerade nicht durch eine Senkung seiner Lohnkosten im Verhältnis zu Wettbewerbern begünstigen und soll auch nicht seine Lasten, die durch eine Einarbeitung ohnehin entstehen, auf die Versichertengemeinschaft abwälzen. Entspricht es jedoch der Ausgestaltung der Eingliederungszuschüsse, lediglich Minderleistungen von förderungsbedürftigen Arbeitnehmern auszugleichen, um deren Einstellung zu fördern, so erscheint es auch gerechtfertigt, Arbeitgeber im Zusammenhang mit Streitigkeiten über die Gewährung oder Rückzahlung derartiger Zuschüsse nicht mit Gerichtskosten zu belasten.
III. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 24.09.2014
Zuletzt verändert am: 24.09.2014