1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 02.04.2003 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwaltes …, … für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I. Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Interesse weiter, die Antragsgegnerin zur Förderung (§ 5 Nr. 2 SGB IX/§ 9 SGB VI)) seiner Teilnahme an einer Ausbildung zum staatlichen geprüften Techniker der Fachrichtung Elektrotechnik zu verpflichten.
Dies hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 02.04.2003 und der Begründung abgelehnt, angesichts bestehender Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers für die angestrebte Ausbildung und seiner Vermittelbarkeit nach deren erfolgreichem Abschluss verstoße das Begehren des Antragstellers gegen das im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich geltende Verbot, die Hauptsache vorweg zu nehmen. Dies gelte umso mehr, als der Antragsteller in einem parallel betriebenen Verfahren (S 25 R 35/01, SG Dortmund) einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit der Behauptung verfolge, er sei zu keinerlei Arbeitsleistungen mehr imstande.
Gegen den am 08.04.2003 zugestellten Beschluss richtet sich die am 02.05.2003 eingegangene Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 05.05.2003, Bl. 39 PA).
Der Antragsteller behauptet, ein bereits 1995 gestellter Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation nach erfolgter medizinischer Rehabilitation sei bislang nicht beschieden, eine berufliche Rehabilitation seit 1995 erforderlich und er für die angestrebte Maßnahme gesundheitlich geeignet. Der bislang geschlossene Vollzug seiner Strafhaft steht einer Teilnahme nunmehr nicht mehr im Wege, da er Freigängerstatus erreicht habe. Das grundgesetzliche Gebot effektiven Rechtsschutzes wie auch sein Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren verböten eine Berufung auf das Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wie auch eine übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Schranken.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 02.04.2003 aufzuheben und die Beklagte durch Einstweilige Anordnung zu verpflichten, ihm Rehabilitationsleistungen für eine 4-semestrige Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker der Fachrichtung Elektrotechnik zu bewilligen, sowie, für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt …, …, beizuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten einschließlich der beigezogenen Akten Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde ist aus den vom Sozialgericht aufgeführten Gründen unbegründet, denen sich der Senat mit der Maßgabe anschließt, dass nunmehr entsprechend der mit der Beschwerde vorgelegten Bescheinigung der JVA … eine Teilnahme des Klägers an einer externen Umschulung im Rahmen des offenen Strafvollzuges immerhin als möglich erscheint.
Die weiteren mit der Beschwerde vorgelegten Schreiben der Antragsgegnerin vom 07.04.2003 und der Bundesanstalt für Arbeit, Landesarbeitsamt Nordrhein-Westfalen vom 14.04.2003 mehren die schon nach den Ausführungen des Sozialgerichts bestehenden Zweifel am objektiven Bedarf wie subjektiven Bedürfnis des Antragstellers an einer Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 SGG. Denn nach eigenem Vortrag geht es ihm nicht mehr um die Teilnahme an der am 01.04.2003 begonnenen Ausbildung im Berufskolleg Westfalen Technikum in …, sondern um eine erst am 01.08.2003 beginnende Maßnahme des … Berufskollegs in … Trifft zudem die weitere Angabe des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 05.05.2003 zu, dass die Antragsgegnerin gleichen Tages mitgeteilt hat, die gesundheitliche Eignung des Antragstellers zu der angestrebten Ausbildung werde bereits geprüft, fehlt es an jeglichem Bedürfnis für einstweiligen Rechtsschutz. Denn dann besteht weder die Gefahr, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) noch die Notwendigkeit einer Regelung zur Abwendung drohender wesentlicher Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG).
Vielmehr wird im Interesse einer sinnvollen Verwendung öffentlicher Mittel zu prüfen und mit den Interessen des Antragstellers an einer beruflichen Wiedereingliederung unter anderem abzuwägen sein, ob in Anbetracht des noch nicht feststehenden Entlassungsdatum beim Antragsteller (Bescheinigung der JVA B … vom 05.05.2003 Bl. 38 PA), der Dauer der in Betracht kommenden Bildungsmaßnahme und des schon jetzt fortgeschrittenen Lebensalters des Antragstellers eine berufliche Wiedereingliederung sinnvollerweise durch eine Umschulung zu fördern ist oder durch andere Leistungen, (§ 33 Abs. 2 SGB IX, § 98 Abs. 2 SGB III), ob der Antragsteller die für einen erfolgreichen Abschluss der angestrebten Maßnahme wie auch für das Anforderungsprofil der in Betracht kommenden Zielberufe notwendige gesundheitliche Eignung (§ 10 SGB III) aufweist und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 11 SGB VI). Dies bedarf – auch hierin stimmt der Senat dem angefochtenen Beschluss zu – besonders sorgfältiger Prüfung in Anbetracht des Umstandes, dass der Antragsteller bereits eine Bildungsmaßnahme in etwa gleichen Inhaltes wie die nun angestrebte aus Gesundheitsgründen abbrechen musste und so ausgelöste Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung nach dem 1995 erlittenen Vorderwandinfarkt mit Ausbildung eines Aneurysma, dem Hinterwandinfarkt 1997 und dem im Oktober 2002 aufgetretenen akuten Coronarsyndrom eher gemehrt bestehen. Die Prüfung dieser, bei Nichterfüllung jeweils anspruchsausschließenden Kriterien muss dem gesetzlich vorgesehenen ordentlichen Verwaltungs- ggfls. folgenden Klageverfahren im Übrigen schon deshalb vorbehalten bleiben, weil der Antragsteller selbst durch sein Verhalten die schon nach dem objektiven Sachverhalt bestehenden Zweifel nährt, indem er im noch anhängigen Rechtsstreit um Zuerkennung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit – S 25 RA 35/01, SG Dortmund – ausdrücklich behauptet hat (Schriftsatz vom 22.04.2002, a.a.O. S. 84) und durch Fortführung des Rechtsstreits weiter aufrecht erhält, zu keiner körperlichen Arbeitsleistung mehr in der Lage zu sein.
Grundrechtspositionen des Antragstellers werden durch den Ausgang des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht berührt, insbesondere wird das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes nicht verletzt. Vielmehr verlangt dieses Gebot gerade die in § 86b Abs. 2 SGG gesetzlich strukturierte Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung auch der Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Orientieren in solchen Fällen die Gerichte ihre Entscheidung an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache, so sind sie gemäß Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz gehalten, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen, die, wenn dazu Anlass besteht, Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen muss (Bundesverfassungs gericht, Beschluss vom 25.07.1996 – 1 BVR 638/96, NVwZ 1997, 479). Im Einzelfall können Fragen des Grundrechtsschutzes, insbesondere wenn eine Lebensgefahr beim Antragsteller zu besorgen ist, den Ausschlag geben (BVerfGE 52, 214, 219 ff., Suizidgefahr bei Zwangsvollstreckung; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22. November 2002 – 1 BVR 1586/02 -, Versorgung mit potentiell lebenserhaltenden Medikamenten). Anhaltspunkte für eine überhaupt vorliegende, geschweige denn ernsthafte Gefahr für Grundrechtspositionen des Antragstellers bietet der hier zu betrachtende Sachverhalt nicht.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da der Rechtsstreit aus den vorstehenden Gründen keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat (§§ 73a SGG, 114 ff. ZPO).
Diese Entscheidung ist nach § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar.
Erstellt am: 13.08.2003
Zuletzt verändert am: 13.08.2003