Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.09.1998 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Rentenleistungen, welche diese aufgrund von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen von der Rente des Klägers in der Zeit seit 01.07.1995 einbehalten und an die Beigeladenen überwiesen hat.
Der Kläger, bei dem das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie das Vorliegen des Merkzeichens "RF" anerkannte (Bescheid vom 18.07.1991), bezieht von der Beklagten seit dem 01.05.1986 eine Altersrente und von der Beigeladenen zu 3. eine Versorgungsrente. Er hat drei Kinder, die sich auch in der Zeit ab April 1995 weiterhin in Ausbildung befanden.
Das Amtsgericht Bochum erließ einen der Beklagten am 21.03.1995 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 07.03.1995, durch den es wegen einer Forderung der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen den Kläger in Höhe von insgesamt 5.718,50 DM die fälligen, künftigen Rentenbeträge der Rentenleistungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 3) zugunsten der Beigeladenen zu 1) und 2) pfändete, wobei Kinderzuschüsse außer Betracht bleiben sollten. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ordnete die Zusammenrechnung der Renten an. Der pfändbare Betrag sollte der von der Beklagten gezahlten Rente entnommen werden. Wegen einer weiteren Forderung in Höhe von 1.400,77 DM erließ das Amtsgericht Bochum einen weiteren inhaltsgleichen, der Beklagten am 10.04.1995 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschuss vom 29.03.1995 zugunsten der Beigeladenen zu 1) und 2). Hinsichtlich des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 07.03.1995 erklärte die Beklagten mit Schreiben vom 10.04.1995 gegenüber den Beigeladenen zu 1) und 2), sie erkenne die Forderung an und sei zur Zahlung bereit. Nach Mitteilung der Beigeladenen zu 3) über die Höhe der von dort gezahlten Rente werde sie angeben, ob pfändbare Beträge zur Verfügung stünden. Unter Bezugnahme auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 29.03.1995 erkannte sie diese Forderung ebenfalls an und führte aus, es bestünden bereits vorrangig zu erfüllende Forderungen. Sofern in Zukunft pfändbare Beträge zur Verfügung stünden, erfolge eine Benachrichtigung der Beigeladenen zu 1) und 2). Die Beigeladene zu 3) gab mit Schreiben an die Beigeladenen zu 1) und 2) vom 04.04.1995 und 11.05.1995 ebenfalls Drittschuldner erklärungen ab.
Mit Schreiben vom 08.06.1995 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Rente sei nach der Rentenanpassungsverordnung für das Jahr 1995 angepasst worden. Ab 01.07.1995 betrage der monatliche Rentenzahlbetrag 2.192,88 DM. Bei diesem Zahlbetrag ergebe sich unter Berücksichtigung der Zusammenrechnung mit weiteren Einkünften nach der Anlage zu § 850c ZPO ein pfändbarer Betrag von 246,30 DM. Dieser Betrag werde zur Tilgung der Forderung an die Gläubiger überwiesen.
Mit einer am 20.06.1995 bei dem Sozialgericht (SG) Dortmund eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, wegen seiner anerkannten Behinderungen und seinem Krebsleiden sei er auf eine Haushaltshilfe angewiesen. Diese zusätzlichen Kosten habe die Beklagte bei der Pfändung nicht berücksichtigt. Im Übrigen seien ihm die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse nicht zugestellt worden.
Mit Urteil vom 08.09.1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Klage sei unzulässig, da es an der Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Vorverfahren mangele. Das Gericht habe keinerlei Veranlassung, Gelegenheit zum Nachholen des Vorverfahrens zu geben. Der Kläger habe mit seinem gleichfalls gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Ausdruck gebracht habe, dass er seine am 20.06.1995 erhobene Klage nicht gleichzeitig als Widerspruch angesehen haben möchte.
Gegen das ihm am 18.09.1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.09.1998 Berufung eingelegt. Das Verfahren ist mit Beschluss vom 27.11.1998 zunächst zwecks Nachholung des Vorverfahrens ausgesetzt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.1999 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen und ausgeführt, die Mitteilung über die Anpassung der Rente nach der Rentenanpassungsverordnung 1995 vom 08.06.1995 sei nicht zu beanstanden, da sie der Sach- und Rechtslage entspreche. Der dem Kläger ab 01.07.1995 zu zahlende Rentenbetrag sei zutreffend berechnet worden. Im Übrigen könnten Einwendungen gegen die Pfändung nicht bei der Beklagten, sondern nur beim Vollstreckungsgericht bzw. bei der Vollstreckungsstelle erhoben werden.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe nicht erklärt, welche vorrangigen Forderungen sie bis einschließlich Juli 1998 getilgt und an wen sie die gepfändeten Beträge gezahlt habe.
Dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass er beantragt, die Beklagte – ggf. unter Aufhebung entgegenstehender Bescheide – zu verurteilen, ihm die Altersrente für die Zeit ab 01.07.1995 in voller Höhe auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Im Laufe des sozialgerichtlichen Klageverfahrens teilte die Beklagte dem Kläger anlässlich der Rentenanpassung zum 01.07.1996 mit Schreiben vom 03.05.1996 mit, der pfändbare Betrag betrage weiterhin 246,30 DM. Mit der Mitteilung im Zusammenhang mit der Rentenanpassungsverordnung 1997 vom 29.05.1997 führte die Beklagte aus, es ergebe sich ein pfändbarer Betrag in Höhe von 240,30 DM. Daher verbleibe ein Zahlbetrag in Höhe von 1.999,08 DM monatlich. Mit Schreiben vom 10.07.1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, ab 01.07.1998 werde ein pfandfreier Betrag von 2.084,90 DM überwiesen. Sie fügte einen Berechnungsbogen bei, der unter Berücksichtigung der ab 01.07.1998 angepassten Renten der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 3) einen pfändbaren Betrag von 270,30 DM aufwies. Mit ihrer Mitteilung vom 04.08.1999 gab die Beklagte gegenüber dem Kläger an, seine Rente sei nach der maßgebenden Rentenanpassungsverordnung 1999 angepasst worden. Unter Berücksichtigung des pfändbaren Betrages von 300,30 DM verbleibe ein Zahlbetrag in Höhe von 2.093,20 DM. Für den Rentenbewilligungszeitraum nach der Rentenanpassung zum 01.07.2000 erhielt der Kläger eine Nachricht der Beklagten vom 13.09.2000, nach deren Inhalt unter Berücksichtigung eines pfändbaren Betrages in Höhe von 304,30 DM an ihn ab 01.07.2000 ein Zahlbetrag in Höhe von 2.115,01 DM geleistet werde.
Für die Zeit ab Juni 1998 beruhten die Einbehaltungen der Rentenleistungen durch die Beklagte auf weiteren, der Beklagten als Drittschuldnerin zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vom 20.11.1995 (Forderung i.H.v. 701,00 DM) und vom 16.11.1995 (Restforderung aus verschiedenen Vollstreckungstiteln i.H.v. 11.341,82 DM mit weiteren Forderungen). Danach wurden die fälligen, künftigen Rentenbeträge und die Versorgungsrente der Beigeladenen zu 3) zugunsten der Beigeladenen zu 1), 2) und 4) gepfändet. Nach den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen sind die beiden Renten zur Berechnung pfändbarer Beträge zusammenzuziehen, wobei der pfändbare Betrag der Rente der Beklagten entnommen werden soll.
Wegen der weiteren Einzeiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Rentenakten, der vom SG Dortmund beigezogenen Verfahren S 4 RA 254/00 und S 4 RA 291/00 und der Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz des Nichterscheinens des Klägers sowie der Beigeladenen verhandeln und entscheiden, da diese mit den Ladungen auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -; §§ 126, 153 Abs. 1 SGG).
Es kann dahingestellt bleiben, ob die von dem Kläger ursprünglich erhobene allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG entsprechend der im Urteil des Sozialgerichts vertretenen Ansicht unzulässig war. Hinsichtlich eines die Auszahlung von Teilbeträgen der Rente begehrenden Pfändungsgläubiger geht das Bundessozialgericht (BSG) davon aus, dass es vor Erhebung der Klage keines Vorverfahrens bedürfe. Das Rentenstammrecht sei durch Verwaltungsakt festgestellt. Die jeweils monatlich fällig werdenden Rentenauszahlungsansprüche seien auch im Verhältnis des Versicherungsträgers zum Versicherten nicht durch Verwaltungsakte zu regel. Schließlich sei die Höhe des pfändbaren Betrages bereits im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bestimmt (vgl. BSG SozR 3 – 1200 § 52 Nr. 1; BSG SozR 1200 § 54 Nrn. 5, 13). Da das Vorverfahren hinsichtlich des als Verwaltungsakt nach § 31 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) angesehenen Schreibens vom 08.06.1995 inzwischen nachgeholt worden ist, ist jedenfalls auch die Zulässigkeit einer Anfechtungs- und Leistungklage nach § 54 Abs. 4 SGG gegeben (vgl. für einen vergleichbaren Sachverhalt BSG SozR 3 – 1200 § 54 Nr 1). Folglich sind die weiteren, ebenfalls als Bescheide anzusehenden Mitteilungen vom 03.05.1996, 29.05.1997, 10.07.1998, 04.08.1999 und 13.09.2000 in entsprechender Anwendung des § 96 SGG unabhängig von der Zulässigkeit der ursprünglich erhobenen Klage in das gerichtliche Verfahren einbezogen, da sie das streitige Rechtsverhältnis für einen sich anschließenden, weiteren Zeitraum regeln (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 4. Auflage 1991, § 96 Rdnrn. 2, 5).
Streitgegenstand der Anfechtungs- und Leistungsklage ist da mit in gleicher Weise wie bei dem Vorliegen einer Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG das Begehren des Klägers auf Auszahlung der seit dem 01.07.1995 an die Beigeladenen gezahlten Rentenanteile.
Als Bescheide sind die Mitteilungen jedoch nicht rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Die Beklagte ist durch die ihr zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Bochum gehindert, dem Kläger die von seiner Rente seit dem 01.07.1995 einbehaltenen Beträge auszuzahlen.
Nach § 54 Abs. 4 des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB I) können Ansprüche auf laufende Leistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, soweit sie nicht nach § 54 Abs. 3 SGB I unpfändbar sind. Unpfändbar sind Ansprüche auf Erziehungsgeld und vergleichbare Leistungen der Länder (Nr. 1), Mutterschaftsgeld (Nr. 2) sowie Geldleistungen, die dafür bestimmt sind, den durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwand auszugleichen (Nr. 3). Hierunter fallen die von dem Kläger bezogenen Renten nicht.
§ 54 SGB I nimmt ohne ausdrückliche Nennung auf die Vorschriften der §§ 850 ff. ZPO über die Pfändung von Arbeitseinkommen Bezug, wobei für alle gerichtlichen Handlungen, welche die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrente zum Gegenstand haben, nach § 828 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) eine ausschließliche funktionelle Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts besteht, bei dem der Kläger seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (§ 828 Abs. 2 ZPO). Dies ist das Amtsgerichts Bochum. Inhalt, Wirksamkeit und Umfang der Pfändung wegen zivilrechtlicher Forderungen bestimmen sich nach den §§ 828 ff. ZPO.
Soweit – wie hier – wirksame und zugestellte Entscheidungen des zuständigen Vollstreckungsgerichts vorliegen, ist der Drittschuldner bis zur Änderung bzw. Aufhebung der Entscheidung an diese rechtsgestaltenden Hoheitsakte gebunden. Insofern unterscheidet sich die Stellung der Beklagten als Drittschuldnerin in nichts von derjenigen anderer Drittschuldner (BSG SozR 3-1200 § 54 Nr. 1). Mit der Zustellung der Beschlüsse an die Beklagte sowie an die Beigeladene zu 3) war die Pfändung der Renten als bewirkt anzusehen (§ 829 Abs. 3 ZPO), wobei die Wirksamkeit der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse nicht davon abhängt, dass sie dem Schuldner zustellt wurden (Thomas-Putzo, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 21. Aufl. 1998, § 829 Rdnr. 25). Die Bindung der Beklagten an die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse hat zur Folge, dass ihr eine eigene Regelungskompetenz nur insoweit verbleibt, als ihr aufgegeben wurde, den pfändbaren Betrag nach Zusammenrechnung der von ihr und der Beigeladenen zu 3) jeweils bewilligten Renten unter Berücksichtigung der Unterhaltspflichten des Klägers aus der Anlage zu § 850 c Abs. 3 ZPO zu entnehmen. Soweit das Vollstreckungsgericht anordnete, die Kinderzuschüsse seien außer Betracht zu lassen, hat die Beklagte sich an diese Vorgabe gehalten. Bei dem Kläger trat an die Stelle des nach altem Recht zu zahlenden Kinderzuschusses ein Anspruch auf Kindergeld. Mehr als sich an die konkreten DM-Beträge der gesetzlichen Anlage zu § 850 c Abs. 3 ZPO zu halten, kann und darf die Beklagte als Drittschuldner nicht. Das SG hat den Kläger bereits mit dem ausführlichen Aufklärungsschreiben vom 30.01.1997 daraufhingewiesen, dass sein Einwand, seine schwere Erkrankung verursache zusätzliche Kosten, gemäß § 805 f Abs. 1 b ZPO bei dem Amtsgericht Bochum geltend zu machen ist.
Die Beklagte hat den jeweils pfändbaren Betrag nach der Anlage 2 zu § 850 c Abs. 3 ZPO zutreffend ermittelt und ist dabei durchgängig von einer Unterhaltspflicht des Klägers für drei Personen ausgegangen. Die von dem Kläger wiederholt beanstandete unterschiedliche Behandlungsweise der Pfändungsgläubiger beruht allein darauf, dass frühere Pfändungsverfügungen keine Anordnung der Zusammenrechnung der beiden Renten enthielten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Erstellt am: 11.08.2003
Zuletzt verändert am: 11.08.2003