Die Klagen werden abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Überprüfungsverfahren darüber, ob der Beklagte zu Recht zuvor gegenüber der Klägern nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) ergangene bewilligende Verfügungen teilweise aufgehoben und gewährte Leistungen für den Zeitraum vom 01. August 2013 bis zum 31. August 2013 zurückgefordert hat, nachdem sich nach Bekanntgabe der zuvor bekannt gegebenen bewilligenden Verfügungen Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen ergeben hatten.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort unter "I.") bis Seite 2 (dort bis "II.") des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 05. Mai 2015, mit dem dieser auf den Widerspruch der Klägerin vom 26. Mai 2014 seine ablehnende Verfügung vom 24. April 2014 aufhob und seine Teilaufhebungs- und Rückforderungsverfügung vom 24. September 2013 dahingehend ersetzte, als er nunmehr die bewilligende Verfügung vom 11. März 2013 in noch größerem Umfang aufhob und in größerem Umfang Erstattung verlangte als er ursprünglich verfügt hatte. Wegen der Begründung des Beklagten verweist die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 136 Abs 2 S 1 SGG auf die Ausführungen auf Seite 2 (dort ab "II.") bis Seite 7 (dort bis zum Wort "Rechtsbehelfsbelehrung") des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 05. Mai 2015.
Mit Schriftsatz vom 05. Juni 2015 – bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am gleichen Tage – hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben, mit der sie ihr auf Aufhebung der sie belastenden Verfügungen gerichtetes Begehren weiter verfolgt und zusätzlich höhere Leistungen begehrt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Entscheidung des Beklagten sei schon deshalb rechtswidrig, weil im Widerspruchsverfahren eine unzulässige Verböserung erfolgt sei.
Die Klägerin beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
den Beklagten unter Aufhebung der mit dem Bescheid vom 24. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Mai 2015 verlautbarten Verfügung zu verurteilen, seine Teilaufhebungs- und Rückforderungsverfügung vom 24. September 2013 aufzuheben und der Klägerin höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages trägt er zuletzt noch vor, er sei bereit, den Rückforderungsbetrag auf 454,46 Euro zu reduzieren, was der Festsetzung im Teilaufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 14. September 2013 (richtig: 24. September 2013) entspreche.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 22. Januar 2020 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten zuvor mit Verfügung vom 22. Januar 2020 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23), haben keinen Erfolg.
1. Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin auf Aufhebung der Teilaufhebungs- und Rückforderungsverfügung des Beklagten vom 24. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Juni 2015 für den Zeitraum vom 01. August 2013 bis zum 31. August 2013. Richtige Klageart für ein solches Begehren ist hier eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG und § 54 Abs 1 S 1 Regelung 3 SGG iVm § 56 SGG; vgl dazu nur Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 4 AS 22/13 R, RdNr 11 mwN). Dabei begehrt die Klägerin mit der Anfechtungsklage die Aufhebung des – die Überprüfung der Teilaufhebungs- und Rückforderungsverfügung des Beklagten vom 24. September 2013 ablehnenden – Verwaltungsakts vom 24. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Mai 2015. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung eines Verwaltungsaktes durch den Beklagen gerichtet, mit dem dieser die begehrte Aufhebung der gemäß § 77 SGG bindend gewordenen Teilaufhebungs- und Rückforderungsverfügung vom 24. September 2013 (hier in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05. Mai 2015) bewirkt.
2. a) Die so verstandenen Klagen sind statthaft und auch im Übrigen zulässig.
b) Soweit die Klägerin darüber hinaus die Erbringung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im streitigen Zeitraum begehrt, erweist sich dieses – mit einer (insoweit zusätzlichen und die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ergänzenden) Leistungsklage nach Maßgabe von § 54 Abs 4 SGG verfolgte – Begehren mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig, weil insoweit die gemäß § 77 SGG zu beachtende Bindungswirkung der bewilligenden Verfügungen des Beklagten vom 11. März 2013 im Sinne der dortigen Höchstbetragsfestsetzungen, die auch nicht Gegenstand des Überprüfungsverfahrens geworden sind, entgegen steht.
3. Die gegen die ablehnende Verfügung des Beklagten vom 24. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Mai 2015 erhobene zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die angegriffenen Verfügungen rechtmäßig sind und diese die Klägerin nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten beschweren (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG) Der Beklagte hat es – im Ergebnis und unter Berücksichtigung seiner Erklärung im Klageverfahren, den Rückforderungsbetrag auf den Betrag zu reduzieren wie er mit dem ursprünglichen Teilaufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 24. September 2013 bereits verfügt gewesen war – rechtlich zutreffend abgelehnt, die genannte Teilaufhebungs- und Rückforderungsverfügung vom 24. September 2013 zu Gunsten der Klägerin aufzuheben.
a) Dies folgt allerdings bereits daraus, dass der Beklagte eine inhaltliche Überprüfung der Teilaufhebungs- und Rückforderungsverfügung vom 24. September 2013 schon nicht vorzunehmen hatte. Insoweit mangelte es bereits an einem hinreichend objektiv konkretisierbaren Antrag im Sinne dieser Vorschrift. Nach § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 S 1 SGB X – jeweils in der Fassung, die die genannten Vorschriften vor dem Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums hatten, weil in Rechtsstreitigkeiten über bereits abgeschlossene Bewilligungszeiträume das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist (sog Geltungszeitraumprinzip, vgl dazu nur Bundessozialgericht, Urteil vom 11. Juli 2019 – B 14 AS 44/18 R, RdNr 12 mWN) – ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Nach Maßgabe von § 40 Abs 2 S 1 SGB X – in der Fassung, die die genannte Vorschrift vor dem Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums hatte, weil in Rechtsstreitigkeiten über bereits abgeschlossene Bewilligungszeiträume das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist – sind rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, sie können nach § 40 Abs 2 S 2 SGB X – in der Fassung, die die genannte Vorschrift vor dem Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums hatte, weil in Rechtsstreitigkeiten über bereits abgeschlossene Bewilligungszeiträume das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist – auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
b) Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus. Der Antrag bestimmt jedoch zugleich auch den Umfang des Prüfauftrags der Verwaltung im Hinblick darauf, ob bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Aufgrund oder aus Anlass des Antrags muss sich der Verwaltung im Einzelfall objektiv erschließen, aus welchem Grund – Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhaltsgrundlage – nach Auffassung des Leistungsberechtigten eine Überprüfung erfolgen soll. Dazu muss der Antrag konkretisierbar sein, dh entweder aus dem Antrag selbst – ggf nach Auslegung – oder aus einer Antwort des Leistungsberechtigten aufgrund konkreter Nachfrage des Sozialleistungsträgers muss der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar werden. Ist dies nicht der Fall, ist der Sozialleistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung dieses Antrags abzusehen. Diese Begrenzung des Prüfauftrags der Verwaltung wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer insoweit anschließt, durch den Wortlaut, die Gesetzesbegründung sowie den Sinn und Zweck des § 44 SGB X gestützt (vgl zu den Einzelheiten: Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 4 AS 22/13 R, RdNr 13ff mwN, Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 39/13 R, RdNr 15 sowie Sozialgericht Neuruppin, Urteil vom 28. Juli 2015 – S 26 AS 2020/11, RdNr 15ff mwN).
c) Nach dem Wortlaut von § 44 Abs 1 S 1 SGB X soll – was auch für die Fallgestaltungen des § 44 Abs 2 S 1 SGB X und des § 44 Abs 2 S 2 SGB X gilt, weil durch die in § 44 Abs 2 S 1 SGB X enthaltene Wendung "im Übrigen" der Sache nach auf § 44 Abs 1 S 1 SGB X Bezug genommen wird – "im Einzelfall" eine Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes – sei es ein rechtswidriger belastender Verwaltungsakt, mit dem Leistungen ganz oder teilweise abgelehnt worden sind, sei es eine Rückforderungsverfügung (vgl Voelzke/Hahn, SGb 2012, 685, mwN) – erfolgen. Hieraus hat das Bundessozialgericht geschlossen, dass dann, wenn nicht ein einzelner oder mehrere konkrete, ihrer Zahl nach bestimmbare Verfügungssätze von Verwaltungsakten, sondern das Verwaltungshandeln – ohne jede Differenzierung – insgesamt zur Überprüfung durch die Verwaltung gestellt wird, keine Prüfung im Einzelfall begehrt wird. Trotz des Vorliegen eines "Antrags" löst ein solches Begehren bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift noch keine inhaltliche Prüfpflicht des Sozialleistungsträgers aus (Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 4 AS 22/13 R, RdNr 14; Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 39/13 R, RdNr 15 sowie Beschluss vom 14. März 2012 – B 4 AS 239/11 B, RdNr 6; vgl auch Sozialgericht Neuruppin, Urteil vom 28. Juli 2015 – S 26 AS 2020/11, RdNr 16 mwN).
d) Eine Entbindung von der inhaltlichen Prüfung setzt allerdings voraus, dass der Sozialleistungsträger "den Einzelfall" also die konkreten Inhalte eines bestimmten Bescheides, die zur Überprüfung gestellt werden sollen, bei objektiver Betrachtung nicht ermitteln kann. Ein Prüfanliegen "im Einzelfall" ist daher insbesondere zu bejahen, wenn eine bestimmte Fragestellung tatsächlicher oder rechtlicher Natur benannt wird. Auch bei einem Antrag nach § 44 SGB X hat die Verwaltung den Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X zu beachten. Insofern kann es – je nach den konkreten Umständen der Antragstellung – erforderlich sein, dass der Träger auf eine Konkretisierung des Überprüfungsbegehrens durch den Leistungsberechtigten iSd § 21 Abs 2 S 1 SGB X hinwirkt. In welchem Umfang der Leistungsträger seiner Amtsermittlungspflicht nachzukommen hat, beurteilt sich jedoch nach Lage des Einzelfalls. Als Kriterium für den Umfang der Amtsermittlungspflicht des SGB II-Leistungsträgers ist beispielsweise zu berücksichtigen, ob der Leistungsberechtigte (mit juristischem Sachverstand) vertreten oder unvertreten ist oder ob sich aus vorangegangenen Kontakten zwischen ihm und der Verwaltung Anhaltspunkte für das Begehren des Antragstellers ergeben. Auch kann von Bedeutung sein, in welchem Gesamtkontext ein Überprüfungsantrag gestellt wird. Wenn – jedoch wie im vorliegenden Fall – der Rechtsanwalt bereits den Überprüfungsantrag selbst stellt und diesen nicht und den Widerspruch zu spät begründet, ist der Sozialleistungsträger objektiv nicht in der Lage, seinen Prüfauftrag zu bestimmen. In diesem Sinne wird auch in dem Entwurf zur Begründung des § 42 SGB X (heute § 44 SGB X) darauf hingewiesen, Voraussetzung für die Rücknahme solle sein, dass der Behörde im Einzelfall die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bekannt werde (BT-Drucks 8/2034, S 34; vgl auch Sozialgericht Neuruppin, Urteil vom 28. Juli 2015 – S 26 AS 2020/11, RdNr 17 mwN).
e) Der Sozialleistungsträger muss also zumindest in die Lage versetzt werden, bestimmen zu können, warum der zur Überprüfung gestellte – hier immerhin konkret bezeichnete – Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Dies war hier bis zur Erteilung des Widerspruchsbescheides nicht der Fall. Denn die Klägerin hat – anwaltlich vertreten – mit Schreiben vom 13. März 2014 lediglich die Überprüfung des Teilaufhebungs- und Rückforderungsbescheides des Beklagten vom 24. September 2013 beantragt, ohne näher darzulegen, aus welchen konkreten Gründen die zu überprüfenden Verwaltungsakte rechtswidrig sein sollen. Auch dem Widerspruchsschreiben der anwaltlich vertretenen Klägerin vom 26. Mai 2014 lassen sich nähere Ausführungen zum Prüfumfang nicht entnehmen, obwohl sich diese mit Blick auf die Begründung des Überprüfungsbescheides vom 24. April 2014, in der insbesondere die fehlende Konkretisierung des Prüfauftrages moniert worden war, geradezu aufdrängte. Insoweit fehlte es bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides am 05. Mai 2015 jedenfalls an einer Konkretisierung des an den Beklagten gerichteten Prüfauftrages, so dass eine Prüfverpflichtung nicht ausgelöst worden ist.
f) Es genügt im Übrigen auch nicht, wenn der Leistungsberechtigte – wie hier – eine Nachbesserung des bis dahin nicht objektiv konkretisierbaren Antrags erst im Klageverfahren vornimmt. Für die Beurteilung, ob die formellen Erfordernisse eines solchen Antrags vorliegen, der überhaupt erst eine Prüfpflicht des Leistungsträgers auslöst, ist auf die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zu diesem Überprüfungsantrag vorgetragenen tatsächlichen und/oder rechtlichen Anhaltspunkte abzustellen (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 4 AS 22/13 R, RdNr 16f sowie Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 39/13 R, RdNr 19f; vgl auch Sozialgericht Neuruppin, Urteil vom 28. Juli 2015 –S 26 AS 2020/11, RdNr 21f mwN).
g) Soweit der 5. Senats des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25. Januar 2011 – B 5 R 47/10 R, RdNr 12) für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Überprüfungsverfahren im Ansatz davon ausgegangen ist, dass dies derjenige der letzten mündlichen Verhandlung sei, handelte es sich bei dieser Entscheidung um eine andere Ausgangslage (so zu Recht Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 4 AS 22/13 R, RdNr 17). In dem dortigen Verfahren war umstritten, ob konkrete "Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden" sind. Ob diese neben der Antragsstellung zu beachtende (weitere) Rücknahmevoraussetzung erfüllt ist, kann sich nach der materiellen Rechtslage richten, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungsentscheidung gilt. Insofern ist neues Recht und auch erstmaliges Vorbringen der Beteiligten im Klageverfahren hierzu nach der Entscheidung des 5. Senats des Bundessozialgerichts zu berücksichtigen, wenn das neue Recht das streitige Rechtsverhältnis nach seinem Geltungswillen "mit Rückwirkung" erfassen soll. Vorliegend fehlt es jedoch bereits an der vorrangig zu prüfenden verfahrensrechtlichen Voraussetzung für ein (Wieder)Aufleben ("Ingangbringen") der Prüfverpflichtung des Sozialleistungsträgers nach § 44 SGB X.
Ohne Bedeutung für die hier behandelte Fallgestaltung des nicht einzelfallbezogenen Antrags ist es, dass nach der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts eine Einschränkung im Verfahren nach § 44 SGB X unter Rückgriff auf § 51 Abs 1 VwVfG vorgenommen werden darf mit der Folge einer gestuften Prüfungsverpflichtung bei einem "unrichtigen Sachverhalt" (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 03. April 2001 – B 4 RA 22/00 R, RdNr 27ff). Nicht einschlägig ist hier auch die Rechtsprechung des 9. Senats des Bundessozialgerichts, der eine Prüfpflicht nur dann annehmen will, wenn Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des der früheren Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts vorhanden sind (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 03. Februar 1988 – 9/9a RV 18/86, RdNr 16ff). Wird das Verwaltungshandeln umfassend zur Überprüfung gestellt, mangelt es bereits an einem konkreten Anlass zum Eintritt in die zuvor aufgezeigten "Prüfstadien". Bereits auf der davor liegenden Stufe fehlt es an Hinweisen, wie sich der Prüfumfang bestimmen soll, wenn – wie hier – keine weiteren Angaben gemacht werden. Gleiches gilt, wenn sich die Rechtswidrigkeit aus einer unrichtigen Anwendung des Rechts ergeben soll. Nach Auffassung des 2. Senats des Bundessozialgerichts soll zwar im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X auch ohne neues Vorbringen des Antragstellers immer eine Prüfverpflichtung bestehen, ob bei Erlass des bindend gewordenen Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt wurde (Bundessozialgericht, Urteil vom 05. September 2006 – B 2 U 24/05 R, RdNr 12). Dies setzt jedoch voraus, dass die Verwaltung überhaupt "einzelfallbezogen" erkennen kann, in welchem Umfang eine Prüfverpflichtung bestehen soll. Ansonsten kann sie bereits den Gegenstand der Prüfung nicht bestimmen und nicht dem Sinn und Zweck des § 44 SGB X entsprechend handeln (vgl hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 4 AS 22/13 R, RdNr 17ff mwN).
h) Unerheblich für die Bestimmung des Umfangs der Prüfpflicht des Leistungsträgers ist hingegen, dass es sich hier um einen Antrag auf Überprüfung eines Bescheides aus dem Leistungsbereich des SGB II handelt. Die den dortigen Leistungsvoraussetzungen geschuldete Häufigkeit der Änderungen der Leistungshöhe und der damit verbundenen erneuten Bescheiderteilung bilden keinen Anlass von anderen Sozialleistungsbereichen abweichende Maßstäbe für die Voraussetzungen der Überprüfung einer Sozialverwaltungsentscheidung nach § 44 SGB X aufzustellen. § 40 Abs 1 SGB II enthält nur eine Begrenzung hinsichtlich der rückwirkenden Erbringung von SGB II-Leistungen nach § 44 Abs 4 SGB X, nicht jedoch abweichende Grundsätze für die vorangehenden Prüfungsschritte des § 44 SGB X (vgl in diesem Zusammenhang auch Bundessozialgericht, Urteil vom 01. Juni 2010 – B 4 AS 78/09 R, RdNr 12ff).
i) Wenn danach der Beklagte schon nicht verpflichtet gewesen ist, eine inhaltliche Prüfung vorzunehmen, erweist sich eine – wie hier – gleichwohl im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erfolgte inhaltliche Prüfung als rechtswidrig begünstigend, ohne dass damit auch eine Prüfverpflichtung des Gerichts einherginge. Sähe man dies anders, wäre dies mit dem aus Art 20 Abs 2 S 2 des Grundgesetzes folgenden Grundsatz der Gewaltenteilung schon im Ansatz nicht zu vereinbaren, weil ein Gericht letztlich durch eine auf diese Art und Weise übertragene Prüfverpflichtung in den Vollzug von Aufgaben der Exekutive eingebunden wäre (vgl hierzu auch Sozialgericht Neuruppin, Beschluss vom 23. März 2016 – S 35 SF 37/16 RH, RdNr 6 sowie Beschluss vom 28. April 2016 – S 35 SF 53/16 RH, RdNr 6, jeweils mwN).
4. Wenn der Beklagte danach eine materiell-rechtliche Überprüfung der bestandskräftigen Teilaufhebungs- und Rückforderungsverfügung vom 24. September 2013 nicht vorzunehmen hatte und sich deshalb die auf Aufhebung der diesem Begehren der Klägerin entgegen stehenden ablehnenden Verfügung vom 24. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Mai 2015 gerichtete Anfechtungsklage als unbegründet erweist, ist auch die auf Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung der bestandskräftigen Teilaufhebungs- und Rückforderungsverfügung vom 24. September 2013 gerichtete Verpflichtungsklage unbegründet, weil diese ihrerseits eine zulässige und begründete Anfechtungsklage voraussetzt.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten haben, weil die Klägerin mit ihrem Begehren vollumfänglich unterlag.
6. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 183 S 1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung:
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Richter am Sozialgericht
Erstellt am: 15.09.2020
Zuletzt verändert am: 23.12.2024