Es wird festgestellt, dass die Untätigkeitsklage hinsichtlich der behaupteten Antragstellung des Klägers vom 26. Dezember 2014 im sozialgerichtlichen Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 24 AS 1344/16 aufgrund der erklärten Klagerücknahme in der Hauptsache erledigt ist.
Die darüber hinaus erhobenen Feststellungsklagen werden abgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger 1/4 der ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu erstatten; im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um die (vermeintliche) Untätigkeit des Beklagten im Rahmen der Gewährung von (passiven) Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II). Vorab ist streitig, ob die neben einer inzwischen zurückgenommenen Untätigkeitsklage erhobene weitere Untätigkeitsklage ebenfalls zurückgenommen worden ist.
Der im Oktober 1972 geborene Kläger beantragte unter dem 16. April 2014 bei dem Beklagten die Gewährung von (passiven) Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des SGB II. Nachdem der Beklagte die Gewährung von entsprechenden Leistungen mit Bescheid vom 22. April 2015 versagt hatte, erhob der Kläger hiergegen mit Schreiben vom 27. April 2015 Widerspruch.
Mit bei dem Sozialgericht Neuruppin am 19. Juli 2016 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tage hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers Klagen erhoben. Zur Begründung hat sie zunächst im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte habe über den Widerspruch des Klägers vom 27. April 2015 ohne zureichenden Grund nicht innerhalb von drei Monaten entschieden. Zudem habe der Kläger am 26. Dezember 2014 bei dem Beklagten einen weiteren Antrag auf Gewährung von passiven Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des SGB II gestellt, über den der Beklagte nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden habe.
Nachdem der Beklagte über den Widerspruch des Klägers vom 27. April 2015 mit Widerspruchsbescheid vom 06. September 2016 entschieden und ein Kostengrundanerkenntnis abgegeben hatte, hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers auf die gerichtliche Nachfrage vom 19. September 2016, ob sich die Untätigkeitsklage damit erledigt habe, mit Schriftsatz vom 07. Oktober 2016 mitgeteilt, dass das "Verfahren zur Untätigkeit des Beklagten [ ] beendet werden" könne. Zusätzlich sei festzustellen, dass die außergerichtliche Vertretung des Klägers notwendig gewesen sei und der Beklagte die diesbezüglich entstandenen Kosten ebenfalls zu tragen habe.
Mit weiterem Schriftsatz vom 11. November 2016 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers dann mitgeteilt, "dass das Verfahren zur Untätigkeit des Beklagten noch nicht beendet werden" könne, weil der inzwischen ergangene Widerspruchsbescheid nicht die weitere Untätigkeitsklage erfasse. Das Verfahren sei deshalb fortzusetzen, weil der Schriftsatz vom 07. Oktober 2016 keine uneingeschränkte Klagerücknahme enthalte. Die in diesem Schriftsatz angemahnten weiteren erforderlichen Erklärungen zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten und der Feststellung, dass die außergerichtliche Vertretung des Klägers notwendig gewesen sei, habe der Beklagte nicht vorgenommen. Zudem habe der Beklagte mit seinem Widerspruchsbescheid vom 06. September 2016 den Klageantrag wegen der Antragstellung vom 26. Dezember 2014 nicht beschieden, weshalb sich der Beklagte insoweit auch nicht auf Erledigung berufen könne.
Das Gericht hat das als zunächst erledigt ausgetragene Verfahren mit dem gerichtlichen Aktenzeichen S 24 AS 1344/16 hierauf unter dem neuen gerichtlichen Aktenzeichen S 24 AS 2209/16 WA und später unter dem jetzigen gerichtlichen Aktenzeichen S 26 AS 2209/16 WA fortgeführt.
Auf eine entsprechende gerichtliche Nachfrage hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit weiterem Schriftsatz vom 25. Februar 2020 noch ergänzt, dass hinsichtlich der Untätigkeitsklage wegen des Widerspruches des Klägers vom 27. April 2015 bereits mit Schriftsatz vom 07. Oktober 2016 mitgeteilt worden sei, "dass das Verfahren zur Untätigkeit des Beklagten beendet werden" könne, die Erledigungserklärung werde wiederholt. Nicht erledigt habe sich die Untätigkeitsklage wegen der Antragstellung des Klägers vom 26. Dezember 2014, weil der Beklagte hierüber nicht entschieden habe.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß) zuletzt noch,
1. den Beklagten zu verurteilen, den Antrag des Klägers vom 26. Dezember 2014 auf Gewährung von passiven Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des SGB II zu bescheiden,
und
2. festzustellen, dass die anwaltliche Vertretung für den Kläger hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens um den Widerspruch des Klägers vom 27. April 2015 und hinsichtlich des Antrages des Klägers vom 26. Dezember 2014 notwendig und erforderlich war.
Der Beklagte hat beantragt (nach seinem Vorbringen sinngemäß),
die Klagen abzuweisen.
Er meint, die Prozessbevollmächtigte des Klägers habe nicht nur die Untätigkeitsklage hinsichtlich des Widerspruches des Klägers vom 27. April 2015 zurückgenommen, sondern auch die Untätigkeitsklage hinsichtlich der vermeintlichen Antragstellung des Klägers vom 26. Dezember 2014. Schließlich müsse sich die Rechtsfolgen einseitiger Prozesserklärungen derjenige, der sie abgegeben habe, zurechnen lassen, auch wenn sie sich nachträglich als subjektiv nachteilig herausstellten.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 09. Oktober 2019 und mit ergänzender Verfügung vom 10. Dezember 2019 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Prozessakte sowie auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, die vorlagen und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG zuvor mit gerichtlicher Verfügung vom 09. Oktober 2019 und mit ergänzender Verfügung vom 10. Dezember 2019 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur vorherigen Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem vorherigen umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23), haben keinen Erfolg.
1. a) Während sich die mit dem Klageantrag zu 2. erhobenen Klagen als unzulässig erweisen (hierzu unter 3.) und deshalb abzuweisen waren, war die Erledigung der mit dem Klageantrag zu 1. erhobenen Klage festzustellen (hierzu sogleich unter 2.), nachdem über den Inhalt und die Wirksamkeit der Prozesserklärung der Prozessbevollmächtigten des Klägers Streit entstanden ist.
b) Nicht mehr zu entscheiden hatte die Kammer über die hinsichtlich des Widerspruches des Klägers vom 27. April 2015 erhobene (weitere) Untätigkeitsklage, nachdem die Prozessbevollmächtigte des Klägers – zumindest insoweit unbestritten – die damit erhobene Klage zurückgenommen hat; insoweit war lediglich – von Amts wegen – noch darüber zu entscheiden, ob und inwieweit der Beklagte die dem Kläger entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen hat (dazu unter 4.).
2. a) Soweit die Prozessbevollmächtigte des Klägers in sinnentsprechender Auslegung ihres Vorbringens – vgl § 123 SGG – die Fortsetzung des Verfahrens hinsichtlich der von ihr erhobenen Klage betreffend die von dem Kläger behauptete Antragstellung vom 26. Dezember 2014 begehrt, ist über dieses Begehren im Rahmen einer (negativen) Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zu entscheiden. Macht nämlich ein Kläger geltend, die von ihm erhobene Klage sei nicht zurückgenommen worden und der Rechtsstreit sei deshalb nicht in der Hauptsache erledigt, lebt die Rechtshängigkeit des ursprünglichen Verfahrens rückwirkend wieder auf. Das Gericht entscheidet dann entweder durch feststellendes Endurteil dahin, dass die Klage zurückgenommen worden ist und der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, oder – wenn die Klage nicht zurückgenommen worden ist – in der Sache selbst (vgl für die ähnliche Fallgestaltung bei dem Streit um die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs: Bundessozialgericht, Urteil vom 28. November 2002 – B 7 AL 26/02 R, RdNr 20 mwN).
b) Die so verstandene Feststellungsklage ist zulässig, jedoch unbegründet.
aa) Die zunächst unter dem Aktenzeichen S 24 AS 2209/16 hinsichtlich der behaupteten Antragstellung des Klägers vom 26. Dezember 2014 erhobene Klage (nach verständiger Würdigung und sinnentsprechender Auslegung – vgl §123 SGG – des klägerischen Vorbringens als eine Untätigkeitsklage statthaft (vgl § 88 Abs 1 S 1)) ist in der Hauptsache erledigt (§ 102 Abs 1 S 2 SGG).
bb) Die mit Schriftsatz vom 11. November 2016 von der Prozessbevollmächtigten des Klägers abgegebene Prozesserklärung, wonach das Verfahren zur Untätigkeit des Beklagten beendet werden könne, ist als Rücknahme der Klage im Sinne der Regelung des § 102 Abs 1 S 1 SGG auszulegen, was den Rechtsstreit in diesem Umfang erledigt hat (vgl § 102 Abs 1 S 2 SGG).
aaa) Klagerücknahme ist die Erklärung des Klägers oder seiner Prozessbevollmächtigten oder seines Prozessbevollmächtigten, er verfolge den geltend gemachten prozessualen Anspruch nicht mehr weiter (vgl zur Berufung: Bundessozialgericht, Beschluss vom 15. August 2018 – B 13 R 66/18 B, RdNr 12 mwN). Ob ein Kläger den mit der Klage geltend gemachten prozessualen Anspruch ganz oder teilweise nicht mehr weiterverfolgt, ist durch Auslegung seiner prozessualen Erklärungen zu ermitteln und dazu sein wirklicher Wille unter Einbeziehung seines bisherigen Vorbringens zu erforschen (vgl zur Berufung: Bundessozialgericht, Beschluss vom 15. August 2018 – B 13 R 66/18 B, RdNr 12 mwN). Zur Auslegung von Prozesserklärungen ist nach dem in § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum Ausdruck gekommenen, auch im öffentlichen Recht und im Prozessrecht geltenden, allgemeinen Rechtsgedanken das wirklich Gewollte, das in der Äußerung erkennbar ist, zu ermitteln. Bei der Auslegung sind zudem das Willkürverbot gemäß Art 3 Abs 1 GG, das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art 19 Abs 4 GG und das Rechtsstaatsprinzip zu beachten. Objektiv willkürlich ist es daher zB, im Widerspruch zu diesen verfassungsrechtlichen Grundgedanken dem Sachvortrag eines Beteiligten entgegen Wortlaut und erkennbarem Sinn eine Bedeutung beizulegen, die zur Feststellung führt, dass der Rechtsstreit durch Klagerücknahme erledigt ist, während bei sachdienlicher Auslegung ohne Weiteres eine Sachentscheidung möglich wäre (vgl hierzu Bundessozialgericht, Beschluss vom 15. August 2018 – B 13 R 66/18 B, RdNr 11 unter Hinweis auf Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06. August 1992 – 2 BvR 89/92, RdNr 20 umwN).
bbb) aaaa) In Anwendung dieser Grundsätze ist die Erklärung der Prozessbevollmächtigten des Klägers nach dem Empfängerhorizont jedenfalls schon deshalb als Rücknahme beider Untätigkeitsklagen auszulegen, weil sie die mit der gerichtlichen Verfügung vom 19. September 2016 formulierte Frage, ob sich die Untätigkeitsklage damit erledigt habe, in diesem Sinne positiv beantwortet hat, ohne dabei zwischen den von ihr erhobenen Untätigkeitsklagen, die sie selbst in ihrer Klageschrift durch unterschiedliche Bezifferung voneinander abgegrenzt hat, zu differenzieren. Dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers aber im Übrigen durchaus zwischen den von ihr einzeln bezifferten Begehren differenzieren wollte, zeigt dann ihr sich unmittelbar anschließender Vortrag, wonach "zusätzlich" – also unabhängig von den "zu beendenden" Untätigkeitsklagen – festzustellen sei, dass die außergerichtliche Vertretung des Klägers notwendig gewesen sei und der Beklagte die diesbezüglich entstandenen Kosten ebenfalls zu tragen habe. Vor diesem Hintergrund vermag die Kammer keine Erklärung dafür zu finden, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers nur eine der beiden Untätigkeitsklagen zurücknehmen, aber die andere weiterverfolgen wollte.
bbbb) Bestätigt wird dieser Befund zudem durch das weitere prozessuale Vorbringen der Prozessbevollmächtigten des Klägers, die in ihrem Schriftsatz vom 25. Februar 2020 mit der gleichen Wortwahl ("[ ] das Verfahren zur Untätigkeit des Beklagten [kann] beendet werden [ ]") die Beendigung der Untätigkeitsklage hinsichtlich des Widerspruches des Klägers vom 27. April 2015 bestätigte und nunmehr erstmals – anders als noch mit dem Schriftsatz vom 07. Oktober 2016 – zwischen beiden Untätigkeitsklagen differenzierte. Damit wird für die Kammer deutlich, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit ihrem Schriftsatz vom 07. Oktober 2016 sämtliche Untätigkeitsklagen zurücknehmen wollte und nunmehr nur der Versuch unternommen werden soll, der eigenen Prozesserklärung nachträglich eine Bedeutung unterzuschieben, die sie nach dem objektiven Erklärungswert nicht hatte. Dabei ist es – entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten des Klägers – im Übrigen auch ohne Belang, dass tatsächlich keine Erledigung eingetreten ist, weil beide Untätigkeitsklagen nach der Klagerücknahmeerklärung in der Hauptsache erledigt sind (vgl § 102 Abs 1 S 2 SGG).
ccc) Im Übrigen ist bei einem von einer Rechtsanwältin oder einer anderen qualifizierten Prozessbevollmächtigten gestellten Antrag oder einer abgegebenen Prozesserklärung in der Regel – und auch hier – anzunehmen, dass diese das Gewollte richtig wiedergibt (vgl hierzu Bundessozialgericht, Beschluss vom 05. Juni 2014 – B 10 ÜG 29/13 B, RdNr 12 mwN), weshalb auch für eine anderweitige (hier verengende) Auslegung oder gar "Umdeutung" kein Raum verbleibt. Insoweit dürfen gerade von professionell vertretenen Klägern konkrete und unmissverständliche Antragstellungen und Prozesserklärungen erwartet werden.
cc) Die Prozessbevollmächtigte des Klägers kann diese Erklärung auch nicht entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums – etwa mit Blick auf die Reichweite der abgegebenen Prozesserklärungen – oder Drohung (§§ 119, 123 BGB) anfechten oder widerrufen. Sie ist eine gestaltende Prozesshandlung, auf die die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über Nichtigkeit, Widerruf und Anfechtung nicht anwendbar sind. Hinsichtlich ihrer Voraussetzungen und Formerfordernisse unterliegt sie dem Prozessrecht und nicht dem materiellen Recht. Gründe für eine Irrtumsanfechtung sind im Übrigen auch nicht nachvollziehbar dargetan.
dd) Auch Restitutionsgründe im Sinne des § 179 Abs 1 SGG iVm § 580 Nr 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) bis § 580 Nr 8 ZPO sind weder vorgetragen worden noch erkennbar. Anhaltspunkte für das Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen des § 580 ZPO liegen nicht vor. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist schließlich auch nicht gemäß § 179 Abs 2 SGG statthaft. Es ist kein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat.
ee) Wenn nach alledem der Rechtsstreit – auch – hinsichtlich der behaupteten Antragstellung des Klägers bei dem Beklagten vom 26. Dezember 2014 wegen der Klagerücknahmeerklärung der Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Hauptsache erledigt ist (vgl § 102 Abs 1 S 2 SGG), hatte die Kammer nicht mehr darüber zu entscheiden, ob die Untätigkeitsklage zulässig und begründet gewesen wäre. Denn die Befugnisse des gesetzlichen Richters zu einer Entscheidung in der Sache reichen nur so weit, wie die Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, wozu auch gehört, dass der Rechtsstreit – anders als hier – nicht in der Hauptsache erledigt ist.
2. Soweit die Prozessbevollmächtigte des Klägers darüber hinaus die Feststellung begehrt, dass die anwaltliche Vertretung für den Kläger hinsichtlich des Widerspruches vom 27. April 2015 und hinsichtlich des behaupteten Antrages vom 26. Dezember 2014 notwendig und erforderlich gewesen sei und der Beklagte auch die entsprechenden Kosten zu tragen habe, erweisen sich diese als Feststellungsklagen (vgl § 55 Abs 1 Nr 1 SGG iVm § 56 SGG) zu verstehenden Begehren als unzulässig. Denn der Zulässigkeit dieser Feststellungsbegehren steht jedenfalls der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Über diese Fragen ist nämlich nach Maßgabe von § 63 Abs 1 S 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) und § 63 Abs 2 SGB X ausschließlich zunächst durch den Beklagten in den entsprechenden Widerspruchsverfahren zu entscheiden, deren ordnungsgemäße Durchführung ihrerseits Sachurteilsvoraussetzung für die vorrangigen und überdies hier gar nicht erhobenen Anfechtungsklagen ist (vgl § 78 Abs 1 S 1 SGG und § 78 Abs 3 SGG), die abhängig von dem Begehren gegebenenfalls mit Verpflichtungs- und/oder Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG, § 54 Abs 1 S 1 Regelung 3 SGG, § 54 Abs 4 SGG, § 56 SGG) zu kombinieren wären.
Hinzu kommt im Übrigen auch, dass der Zulässigkeit der Feststellungsklage hinsichtlich des Widerspruches des Klägers vom 27. April 2015 schließlich auch die Bindungswirkung (vgl § 77 SGG) des hierauf ergangenen Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 06. September 2016 entgegen steht, der angesichts des zwischen den gleichen Beteiligten ergangenen klageabweisenden und zwischenzeitlich rechtskräftig gewordenen Gerichtsbescheides der erkennenden Kammer vom 10. Dezember 2019 – S 26 AS 1803/16 – bindend entschieden hat, dass Kosten des Vorverfahrens nicht zu erstatten seien, weshalb der Feststellungsantrag insoweit auch aus diesem Grunde ins Leere geht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei unter Berücksichtigung des von dem Beklagten abgegebenen Kostengrundanerkenntnisses und des Anteils von Obsiegen und Unterliegen des Klägers der Billigkeit, dass der Beklagte dem Kläger ein Viertel der ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu erstatten hat, wobei insbesondere Kosten etwaiger Widerspruchsverfahren keine Kosten im Sinne des § 193 Abs 1 S 1 SGG sind, weil die ordnungsgemäße Durchführung eines Vorverfahrens – wie bereits dargelegt – keine Sachurteilsvoraussetzung der hier allein erhobenen Untätigkeits- und Feststellungsklagen ist.
5. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung
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Richter am Sozialgericht
Erstellt am: 15.07.2020
Zuletzt verändert am: 23.12.2024