Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 12.11.2012 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Antragsgegner (Zulassungsausschuss) den Antrag der Antragstellerin vom 06.09.2012 auf Genehmigung der Anstellung von Prof. Dr. E (im Folgenden Prof. Dr. E.) in dessen Sitzung am 05.12.2012, hilfsweise innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist, zu bescheiden hat.
Die Antragstellerin betreibt ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Mit Anwaltsschreiben vom 06.09.2012 (per Fax eingegangen am 06.09.2012) beantragte sie die Anstellung von Prof. Dr. E., Facharzt für Humangenetik, zum 01.11.2012 mit einer ganzen Arztstelle (31 Wochenstunden) zu genehmigen. Mit Schreiben vom 14.09.2012 wurden dem Antragsgegner ein unterschriebenes Antragsformular, eine Erklärung zum gegenwärtigen Beschäftigungsverhältnis, eine Erklärung über das Nichtvorliegen von Suchterkrankungen, ein mit Datum und Unterschrift versehener Lebenslauf, ein Auszug aus dem Arztregister, ein unterschriebener Anstellungsvertrag sowie je eine Vollmacht der Antragstellerin und des anzustellenden Arztes übersandt. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 21.09.2012 wurden dem Antragsgegner die am 14.09.2012 per Telefax vorab übermittelten Unterlagen im Original per Boten und unter dem 27.09.2012 das Original der Quittung für das beantragte Führungszeugnis übersandt.
Der Antragsgegner nahm den Antrag nicht auf die Tagesordnung der Ausschusssitzung vom 10.10.2012. Dem liegt zugrunde, dass der Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) mit Beschluss vom 06.09.2012, veröffentlicht im Bundesanzeiger am selben Tage, mehrere Arztgruppen, die bislang nicht der Bedarfsplanung unterlagen, darunter auch Fachärzte für Humangenetik, der Bedarfsplanung ab 01.01.2013 unterworfen hat. Zugleich hat der GBA festgelegt, dass Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung oder auf Anstellung bei einem Vertragsarzt oder im MVZ, die nach dem 06.09.2012 gestellt werden, bis zur Regelung der Bedarfsplanung durch die Landesausschüsse im Jahre 2013 nicht beschieden werden.
Die Antragstellerin hat mit Antrag vom 30.10.2012 beim Sozialgericht (SG) Köln um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und vorgetragen: Dass der Antrag nicht bearbeitet werde, sei ihr anlässlich Telefonats am 15.10.2012 mit der Mitarbeiterin des Antragsgegners, N, bekanntgeworden. Diese habe mitgeteilt, dass nur Anträge, die bis zum 06.09.2012 mit allen erforderlichen Unterlagen, insbesondere Lebenslauf des anzustellenden Arztes, Arbeitsvertrag und Arztregistereintrag, vorgelegen hätten, bearbeitet würden. Alle anderen Anträge würden als unvollständig und als nicht innerhalb der Frist gestellt betrachtet und daher nicht bearbeitet. Der Antragsgegner sei daraufhin mit Schreiben vom 18.10.2012 unter Fristsetzung zum 24.10.2012 aufgefordert worden, zu bestätigen, dass der Antrag auf der Sitzung des Antragsgegners am 14.11.2012 beschieden werde. Der Antragsgegner habe hierauf nicht reagiert.
Die Antragstellerin hat beantragt,
im Wege der einstweiligen Anordnung – wegen Eilbedürftigkeit ohne mündliche Verhandlung – den Antragsgegner zu verpflichten, den Antrag vom 06.09.2012 auf Genehmigung der Anstellung von Herrn Prof. Dr. med. E auf der Sitzung des Antragsgegners nunmehr am 05.12.2012- hilfsweise innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist – zu bescheiden.
Der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 1) bis 4), 6) bis 8) haben sich nicht geäußert.
Die Beigeladene zu 5) hat sinngemäß beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Antragsgegner sei aufgrund des Beschlusses des GBA gehindert, den Antrag der Antragstellerin zu bearbeiten, da diesem im Zeitpunkt der Antragstellung nicht alle Anlagen beigefügt gewesen seien.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 12.11.2012 abgelehnt. Der Antrag sei unbegründet, ein Hauptsacheverfahren könne nur Erfolg haben, wenn der Antragsgegner im Sinne des § 88 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sechs Monate untätig geblieben sei. Zudem sei die Weigerung des Antragsgegners, den Antrag zu bearbeiten, nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Schließlich sei nicht ersichtlich, welche erheblichen Nachteile der Antragstellerin bei Nichtbescheidung ihres Antrags drohten.
Diese Entscheidung greift die Antragstellerin fristgerecht mit der Beschwerde an. Sie habe einen gemäß § 95 Abs. 2 Satz 7 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit §§ 18, 32b Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) ordnungsgemäßen Antrag auf Genehmigung der Anstellung von Prof. Dr. E in ihrem MVZ gestellt. Dieser Antrag sei am 06.09.2012 und damit vor dem vom GBA verfügten Moratorium beim Antragsgegner eingegangen. Dieser sei daher verpflichtet, den Antrag zu bescheiden. Seine Auffassung, die weiteren Unterlagen seien ebenfalls bis zum 06.09.2012 einzureichen, ansonsten läge kein vollständiger Antrag vor, sei rechtsirrig. Die bislang durchgehend geübte Verwaltungspraxis, wonach Anlagen zu Anträgen an den Zulassungsausschuss stets nachgereicht werden könnten, begründe einen Vertrauenstatbestand. Ungeachtet dessen folge aus dem Wortlaut des Beschlusses des GBA, dass die Anlagen nicht mit dem Antrag zusammen eingereicht werden müssen, um der für das Entscheidungsmoratorium verfügten Frist zu genügen. Darin sei ausschließlich die Rede von Anträgen, nicht von Anlagen zum Antrag. Der Beschluss nehme in seiner Begründung Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.10.2007 – B 6 KA 45/06 R -. Diese Entscheidung wiederum setze sich mit dem Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 24.03.2003 auseinander, der dem Zulassungsausschuss ebenfalls vorgegeben habe, wie Zulassungsanträge vor und nach seinem Inkrafttreten zu behandeln seien. Im seinerzeitigen Beschluss sei wörtlich die Rede von Zulassungsanträgen, die bis zu seinem Inkrafttreten entsprechend der Ärzte-ZV vollständig und ordnungsgemäß gestellt worden sind oder werden. Da der Beschluss des GBA vom 06.09.2012 eine derartige Formulierung nicht enthalte, sei ihm das vom Antragsgegner unterstellte Postulat, zur Fristwahrung seien dem Antrag die nach der Ärzte-ZV notwendigen Unterlagen innerhalb der Frist beizufügen, gerade nicht zu entnehmen. Dem Wortlaut von § 18 Abs. 2 Ärzte-ZV sei eine Unterscheidung von Antrag und beizufügenden Anlagen nicht zu entnehmen. Die Ärzte-ZV nenne ausdrücklich keinen Zeitpunkt bis zu dem die Anlagen eingereicht werden könnten. Auch wenn die Formulierung in § 18 Abs. 2 Ärzte-ZV laute, "Dem Antrag sind beizufügen …", folge daraus nicht, dass die Anlagen mit dem Antrag eingereicht werden müssten und, sofern der Antrag eine bestimmte Frist zu wahren habe, die spätere Einreichung der Anlagen diese Frist nicht wahre. Es sei immer möglich, die Anlagen auch nach Antragstellung einzureichen. Entscheidend sei, dass diese spätestens in der Sitzung des Zulassungsausschusses vorlägen. Sofern die Unterlagen erst in der Ausschusssitzung vorlägen, sei der Zulassungsausschuss grundsätzlich berechtigt, die Sitzung zu vertagen, um die nachgereichten Unterlagen inhaltlich prüfen zu können; dies sei jedoch nicht bei Unterlagen nötig, die keiner aufwändigen Prüfung bedürften. Umso mehr gelte, dass deutlich vor der Sitzung vorgelegte Anlagen nicht zu einer Verzögerung im Genehmigungsverfahren oder zu einer Verspätung des Antrags führen könnten. Demzufolge handele es bei § 18 Abs. 2 Ärzte-ZV um eine bloße Ordnungsvorschrift, die dem Zulassungsausschuss die Vorbereitung der Ausschusssitzung erleichtere, aber keine Zulässigkeitsvoraussetzung dafür darstelle, dass der Antrag auf die Tagesordnung der Sitzung genommen und in der Sitzung über den Antrag entschieden werde. Der Anspruch auf Entscheidung bestehe unabhängig davon, ob der Antrag zulässig oder vollständig sei. Soweit § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB V darauf verweise, dass mit der Zulassungsbewerbung bzw. dem Antrag auf Genehmigung der Anstellung der Eintrag in das Arztregister nachzuweisen sei, habe das BSG mit Urteil vom 05.05.2010 – B 6 KA 2/09 R – unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung wiederholt, dass § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB V verfassungskonform dahin einschränkend auszulegen sei, dass der Nachweis des Registereintrags auch noch nach der Beantragung der Zulassung erfolgen könne. Soweit einem Zulassungsbewerber die Chance genommen werde, bis zu einem bestimmten Termin wirksam die Zulassung zu beantragen, allein weil er die förmliche Registereintragung nicht nachweisen könne, könne darin ein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) liegen. Die Nichtbescheidung eines ordnungsgemäßen Antrags stelle einen erheblichen Eingriff in die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit dar und verletzte das Willkürverbot (Art. 3 GG). Ungeachtet dessen, ob gesetzliche Vorschriften in die Freiheit der Berufswahl- oder Berufsausübungsfreiheit eingreifen dürfen, führe das schlichte Nichtbescheiden des Antrags auf der Ebene des Verwaltungshandelns ohne entsprechende Rechtsgrundlage zu einem später nicht mehr korrigierbaren Zustand. Dies wiege umso schwerer, als das vom GBA angeordnete Entscheidungsmoratorium rechtswidrig sei, da es einen nicht unerheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit niederlassungs- und anstellungswilliger Ärzte darstelle. Das SG verkenne ferner, dass auch der Anordnungsanspruch gegeben sei. Rechtsirrig nehme das SG an, dass die Antragstellerin zunächst die Sechsmonatsfrist des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG abwarten müsse. Die Ankündigung des Antragsgegners, den Antrag überhaupt nicht zu bearbeiten oder zu bescheiden, konterkariere nicht nur die bisherige Verwaltungspraxis, sondern auch die Planungen der Antragstellerin, noch in diesem Jahr in ihrem MVZ humangenetische Leistungen erbringen zu können. Mit der Weigerung, den Antrag zu bearbeiten, sei eine Entscheidung auf unabsehbare Zeit verschoben, was für die Antragstellerin unzumutbar sei. Sie müsse weder die Sechsmonatsfrist des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG abwarten noch sei ein Anspruch auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch die §§ 96, 97 SGB V ausgeschlossen (wird ausgeführt). Zu befürchten sei, dass ihr Antrag vom 06.09.2012 erst deutlich nach dem 15.02.2013, zu dem der Landesausschuss Feststellungen zur Bedarfsplanung treffen solle, beschieden und auch abgelehnt werde, sofern, wovon auszugehen sei, Zulassungsbeschränkungen für den Bereich der Humangenetik im Zulassungsbezirk Köln angeordnet werden sollten. Ihr könne schlecht angesonnen werden, die Rechtswidrigkeit dieser Anordnung in einem langwierigen Verfahren gerichtlich klären zu lassen, wenn sie rechtzeitig einen Antrag auf Genehmigung der Anstellung gestellt habe, der zudem nach Einreichung sämtlicher Unterlagen auch bescheidungsreif sei. Die Sache ist auch deswegen eilbedürftig, weil sie – die Antragstellerin – die Genehmigung der Anstellung von Prof. Dr. E zum 01.11.2012 beantragt habe. Zu diesem Datum sei vorgesehen, humangenetische Leistungen im MVZ der Antragstellerin zu erbringen. Nach der bisherigen Verwaltungspraxis des Antragsgegners seien Anträge vier Wochen vor der jeweiligen Ausschusssitzung zu stellen. Dem sei vorliegend genügt worden. Mit der fehlenden Möglichkeit, humangenetische Leistungen zu erbringen, gingen ihr – der Antragstellerin – Einnahmen in ganz erheblichem Umfang verloren. Soweit das SG meine, es sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner die Entscheidung über den Antrag verzögere, so spreche schon der von der Verwaltungspraxis des Antragsgegners vollständig abweichende Geschehensablauf eine deutliche Sprache. Schließlich habe die zu 5) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein in ihrem Schriftsatz vom 07.11.2012 dieses Verhalten des Antragsgegners bestätigt und zu rechtfertigen versucht. Eine offenkundige und außerdem zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitige Tatsache könne vom Gericht nicht in Zweifel gezogen werden, insbesondere dann nicht, wenn es seine Entscheidung darauf stütze wolle.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 12.11.2012, Aktenzeichen S 26 KA 27/12 ER, im Wege der einstweiligen Anordnung – wegen Eilbedürftigkeit ohne mündliche Verhandlung – den Antragsgegner zu verpflichten, den Antrag der Antragstellerin vom 06.09.2012 auf Genehmigung der Anstellung von Herrn Prof. Dr. med. E auf der Sitzung des Antragsgegners nunmehr am 05.12.2012 – hilfsweise innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist – zu bescheiden.
Der Antragsgegner verweist darauf, dass zur Zeit noch keine Aussage darüber getroffen werden könne, wann der Antrag verhandelt werde.
Die Beigeladene zu 5) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der Antragsgegner nicht erklärt habe, den Antrag nicht zu bescheiden, vielmehr nur darauf hingewiesen habe, dass zur Zeit noch keine Aussage getroffen werden könne, wann der Antrag verhandelt werde.
Die übrigen Beteiligten haben sich zur Sache nicht geäußert.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den angefochtenen Beschluss rechtsfehlerfrei abgelehnt.
a) Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung nach Maßgabe der in Absatz 1 bzw. Absatz 2 genannten Voraussetzungen treffen. Danach ist zwischen Sicherungs- (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) zu unterscheiden. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist – erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs – einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -; Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.09.2006 – L 10 B 2/06 KA ER -), es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 -). Andererseits müssen die Gerichte unter Umständen wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit Rechtsfragen nicht vertiefend behandeln und ihre Entscheidung maßgeblich auf der Grundlage einer Interessenabwägung treffen können (Senat, Beschluss vom 12.10.2009 – L 11 B 17/09 KA ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 15.11.2006 – L 10 B 14/06 KA ER – und 14.12.2006 – L 10 B 21/06 KA ER -). Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde (vgl. Senat, Beschluss vom 19.03.2012 – L 11 KA 78/11 B ER -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.04.2007 – L 5 KR 518/07 ER-B -).
b) Der mit dem Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gegen den Antragsgegner nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG verfolgte Genehmigungsanspruch findet in den §§ 95, 96 und 97 SGB V keine Rechtsgrundlage (nachfolgend aa)) Der Anspruch lässt sich vorliegend indes – ausnahmsweise – auf Art 19 Abs. 4 GG stützen (nachfolgend bb)).
aa) Diese Vorschriften schließen den begehrten vorläufigen Rechtschutz aus. Der Zulassungsausschuss kann nicht im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet werden, einen Arzt oder ein MVZ vorläufig oder endgültig zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen oder die Anstellung eines Arztes in einem MVZ zu genehmigen. Der Gesetzgeber hat das Zulassungsverfahren in §§ 96, 97 SGB V so ausgestaltet, dass gegen alle Entscheidungen der Zulassungsausschüsse die am Verfahren beteiligten Personen oder Institutionen den Berufungsausschuss anrufen können (§ 96 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Dessen Anrufung hat ausnahmslos aufschiebende Wirkung (§ 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V), weil der Zulassungsausschuss abweichend von der Grundregel des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG gehindert ist, für eine von ihm erteilte Zulassung die sofortige Vollziehung anzuordnen. Dies folgt aus § 97 Abs. 4 SGB V, der diese Entscheidungskompetenz ausschließlich dem Berufungsausschuss zuweist. Weder das Recht zur Anrufung des Berufungsausschusses noch die damit zwingend verbundene aufschiebende Wirkung dürfen durch Entscheidungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch die Sozialgerichte überspielt werden (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 04.09.2002 – L 10 B 2/02 KA ER – und 25.10.2006 – L 10 B 15/06 KA ER -, Frehse in Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 86b Rdn. 24 und § 86a Rdn. 68 m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 10. Auflage, 2012, § 86a Rdn. 23; a.A. Pawlita in juris-PK, SGB V, 1. Auflage, 2008, § 97 Rdn. 41). Den §§ 96, 97 SGB V ist daher zu entnehmen, dass eine Verpflichtung zur Anstellungsgenehmigung frühestens mit der Begründung der Zuständigkeit des Berufungsausschusses durch seine Anrufung, jedenfalls aber nach seiner Entscheidung im Wege der einstweiligen Anordnung durch die Sozialgerichte ausgesprochen werden kann (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.12.2011- L 7 KA 153/11 B ER -). Demzufolge ist der Anstellungsgenehmigungsanspruch auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen den Berufungsausschuss und nicht gegen den Zulassungsausschuss geltend zu machen. Grundsätzlich können nach §§ 96, 97 SGB V nur die Entscheidungen des Berufungsausschusses gerichtlich überprüft werden, sodass alle Rechtsbehelfe, die auf die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gerichtet sind, auch gegen den Berufungsausschuss geltend gemacht werden müssen. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung von Anstellungsgenehmigungen durch sozialgerichtliche Entscheidungen ist damit ausgeschlossen (so zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
bb) Durch diese spezialgesetzliche Beschränkung des vorläufigen Rechtsschutzes durch das SGB V dürfen aber für Zulassungsbewerber keine mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht zu vereinbarenden Rechtsschutzlücken entstehen (hierzu Senat, Beschluss vom 12.05.2010- L 11 KA 9/10 B ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.09.2002- L 10 KA 2/02 ER -). Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Zulassungsausschüsse darf deshalb nicht schlechthin ausgeschlossen werden (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O, unter Bezugnahme auf Senat, Beschluss vom 12.05.2010 – L 11 KA 9/10 B ER – und LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 25.10.2006 – L 10 B 15/06 KA ER -, 18.11.2003- L 11 B 47/03 KA ER – und 04.09.2002 – L 10 B 2/02 KA ER -; vgl. aber SG Marburg, Beschluss vom 28.11. 2007 – S 12 KA 457/07 ER – und LSG Niedersachsen, Beschluss vom 20.09.2005 – L 3 KA 92/05 ER -), weil Zulassungsbewerber ansonsten rechtswidrigen und sogar willkürlichen Verzögerungen einer Entscheidung über ihre Zulassungsanträge ausgesetzt sein könnten, ohne sich hiergegen zur Wehr setzen zu können. Deshalb können Zulassungsbewerber vor einer Entscheidung des Zulassungsausschusses vorläufigen Rechtsschutz dadurch erhalten, dass der Zulassungsauschuss im Wege einstweiliger Anordnung zu einer Entscheidung bis zu einem von den Sozialgerichten zu bestimmenden Zeitpunkt verpflichtet wird. Eine sozialgerichtliche Eilentscheidung ist in diesem Fall auch nicht von dem Ablauf einer Frist von sechs Monaten gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG abhängig, weil § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG nur die Zulässigkeit der Klageerhebung, nicht jedoch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einschränkt (zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.) "Bescheidungserzwingungsentscheidungen" der Sozialgerichte sind deshalb sowohl geeignet als auch ausreichend, um die Zulassungsbewerber vor willkürlichen Entscheidungsverzögerungen durch die Zulassungsausschüsse zu schützen, ohne die oben zitierten Spezialregelungen des SGB V zum vorläufigen Rechtsschutz leer laufen zu lassen (zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
2. Die Antragstellerin hat für den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Genehmigung der Anstellung von Prof. Dr. E. weder einen Anordnungsgrund und noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft machen können. Ein Anordnungsanspruch für eine derartige einstweilige Anordnung ist nur dann gegeben, wenn der Zulassungsausschuss seine Entscheidung nachweislich rechtswidrig verzögert (nachfolgend bb)), und ein Anordnungsgrund nur dann, wenn dem Antragsteller hierdurch ein durch das Hauptsacheverfahren nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehen würde (nachfolgend a)). Beide Voraussetzungen sind nicht gegeben.
ad a) Anordnungsgrund
aa) Im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG zum einstweiligen Rechtsschutz im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988 – 2 BvR 745/88 – ; Beschluss vom 19.10.1977 – 2 BvR 42/76 -) wurde unter der Geltung des früheren Rechts von den Sozialgerichten ganz überwiegend gefordert, dass dem Antragsteller schwere irreparable und unzumutbare Nachteile drohen. Die Rechtsprechung aus der Zeit vor Inkrafttreten des § 86b Abs. 2 durch das 6. SGGÄndG vom 17.08.2001 (BGBl. I 2144) m.W.v. 02.01.2002 zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anordnungsgrund dargetan ist (Sicherung eines verfassungsrechtlichen Mindeststandard i.S. einer "Existenzgefährdung"), kann nur noch eingeschränkt herangezogen werden (Senat, Beschlüsse vom 23.12.2010 – L 11 KA 54/10 B ER – und 23.11.2007 – L 11 B 11/07 KA ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 22.05.2006 – L 10 B 3/06 KA ER – und 09.07.2004 – L 10 B 6/04 KA ER -; Frehse, a.a.O, § 86b Rdn. 81). Setzt § 86b Abs. 2 i.d.F. des 6. SGGÄndG für den Erlass einer einstweiligen Anordnung seither (nur) voraus, dass ein wesentlicher Nachteil abgewendet werden soll oder die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers wesentlich erschwert werden könnte, so ist dies schon sprachlich weniger als die zuvor geforderten "schweren und unzumutbaren Nachteile" (Frehse in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Auflage, 2006, § 23 Rdn. 126). Demzufolge wird unter Geltung des SGG i.d.F. des 6. SGGÄndG vornehmlich darauf abgestellt, welche Intensität der abzuwehrende Eingriff in geschützte Güter (z.B. Art. 12, 14 GG) hat. Maßstab für die Eingriffsintensität sind vielfach die wirtschaftlichen Folgen in Bezug auf das geschützte Rechtsgut (vgl. Senat, Beschlüsse vom 28.12.2010 – L 11 KA 60/10 B ER -, 06.09.2010- L 11 KA 3/10 B ER -, 27.05.2008 – L 11 B 6/08 KR ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 23.11.2007 – L 10 B 11/07 KA ER – und 12.02.2007 – L 10 B 35/06 KA ER -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009 – L 11 KR 3727/09 ER-B -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.12.2007 – L 5 ER 289/07 KR -). Der unbestimmte Rechtsbegriff "zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint" in§ 86b Abs. 2 Satz 2 erfordert eine Interessenabwägung nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls. Ein Anordnungsgrund ist danach anzunehmen, wenn dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Auflage, 2012, § 940 Rdn. 1; vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Auflage, 2010, § 940 Rdn. 4); dabei sind die öffentlichen Interessen jenen der Verfahrensbeteiligten gegenüberzustellen. Insbesondere sind die Folgen abzuwägen, die mit dem Erlass bzw. dem Nicht-Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden sind. Einzubeziehen sind u.a. die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Intensität einer drohenden (Grund-)Rechtsverletzung und sonstige unbillige Härten der Beteiligten. Die mit jedem Hauptsacheverfahren zwingend verbundenen zeitlichen Nachteile reichen für den Erlass einer Regelungsanordnung nicht aus (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.11.2011 – L 3 KA 104/10 B ER -; Senat, Beschluss vom 25.01.2012 – L 11 KA 77/11 B ER -).
bb) Gemessen an diesen Vorgaben ist der Anordnungsanspruch nicht dargetan.
(1) Soweit die Antragstellerin sich auf wirtschaftliche Beeinträchtigungen bezieht, gilt: Ob die ggf. glaubhaft zu machenden Tatsachenbehauptungen einen Anordnungsgrund ausfüllen, bedarf einer genauen Prüfung. Trägt ein Antragsteller vor, in seiner Existenz gefährdet zu sein, muss er eine entsprechende wirtschaftliche Situation glaubhaft machen und nachvollziehbar darlegen, dass diese – kausal – auf die angegriffene Maßnahme zurückzuführen ist, d.h. die Gründe für die behauptete Existenzgefährdung müssen geklärt sein (Senat, Beschlüsse vom 15.05.1996 – L 11 SKa 21/96 – und 27.11.1991 – L 11 SKa 35/91 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.03.2007 – L 10 B 3/07 KA ER -). Macht ein Antragsteller erhebliche Zahlungsverpflichtungen geltend, fehlt es am Anordnungsgrund, wenn diese nicht kausal durch den Betrieb der Arztpraxis entstanden sind (LSG Niedersachsen, Beschluss vom 16.10.1997 – L 5 Ka 58/97 eR -). In der Regel muss hinzu kommen, dass der Antragsteller glaubhaft macht, personelle und organisatorische Effizienzoptimierungsmaßnahmen ausgeschöpft zu haben (Senat, Beschluss vom 24.06.1997 – L 11 SKa 20/97 -), unmittelbar von Insolvenz bedroht zu sein oder die Schließung oder doch nennenswerte Einschränkung seines Praxisbetriebs befürchten zu müssen (Senat, Beschlüsse vom 21.03.2012 – L 11 KA 82/11 B ER -, 18.07.1997 – L 11 SKa 27/97 – und 22.02.1996 – L 11 SKa 55/95 -; im Ergebnis auch LSG Bayern, Beschlüsse vom 21.11.1995 – L 12 B 211/95 – und 28.09.1994 – L 12 B 189/94 Ka-VR -; einschränkend: LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.10.1999 – L 4 B 60/99 KA ER -).
Wirtschaftliche Beeinträchtigungen, die es glaubhaft erscheinen lassen, dass die Antragstellerin ihren Praxisbetrieb alsbald einstellen wird, sind nicht vorgetragen. Sie macht hierzu lediglich geltend, die fehlende Möglichkeit humangenetische Leistungen zu erbringen, führe dazu, dass ihr in ganz erheblichem Umfang Einnahmen verlorengehen. Dieser Umstand, als zutreffend unterstellt, ist mit der Voraussetzung "Schließung oder doch nennenswerte Einschränkung des Praxisbetriebs" ersichtlich nicht in Einklang zu bringen. Im Übrigen ist diese Behauptung nicht glaubhaft gemacht. Es fehlt jedes Zahlenwerk, das auch nur näherungsweise darlegt, in welchem Umfang a) der Antragstellerin Einnahmen entgehen und b) wie sich dies auf ihre wirtschaftliche Situation auswirkt. Letztlich ist von Bedeutung, dass es um zukünftige Einnahmen geht. Die wirtschaftliche Situation der Antragstellerin ist mithin nicht mit einer solchen zu vergleichen, in der dem jeweiligen Antragsteller ein bisher bestehendes und genutztes Einnahmepotential – aus welchen Gründe auch immer – "wegbricht" und dies ggf. zu einer ökonomisch prekären Situation führt.
(2) Soweit die Antragstellerin vorträgt, ihr sei es nicht zumutbar, weiter auf die Entscheidung des Antragsgegners zu warten, denn es sei vorgesehen gewesen sei, dass Prof. Dr. E. ab dem 01.11.2012 humangenetische Leistungen erbringe, führt dies nicht weiter. Ein Anordnungsgrund besteht dann nicht, wenn behauptete "schwere und nicht anders abwendbare Nachteile" erst als Folge von eigenverantwortlichen Dispositionen der betroffenen Bürger eintreten, die der Auffassung sind, ihre Beurteilung der Anspruchs- und Rechtslage werde sich trotz entgegenstehender gesetzlicher und vertraglicher Regelungen im Ergebnis durchsetzen (Senat, Beschlüsse vom 03.11.2010 – L 11 KA 43/10 B ER – und 30.09.1992 – L 11 S (Ka) 24/92 -; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 03.02.1992 – L 5 Ka 6/92 -; Frehse in Jansen, a.a.O., § 86b Rdn. 94).
(3) Vorsorglich: Auf Patienteninteressen kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Im Rahmen der Prüfung des Anordnungsgrundes geht es allein darum, ob dem jeweiligen Antragsteller ohne die einstweilige Anordnung wesentliche Nachteile drohen, nicht aber darum, ob öffentliche Interessen vorliegen, die die begehrte Regelung erforderlich erscheinen lassen, denn auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren kann sich der Antragsteller nicht zum Sachwalter öffentlicher Interessen machen. Die einstweilige Anordnung ist allein auf die Durchsetzung subjektiver Rechte angelegt (Senat, Beschlüsse vom 03.11.2010 – L 11 KA 43/10 B ER – und 11.02.2008 – L 11 (10) B 17/07 KA ER -). Der Antragsteller kann daher nur eigene Rechte und nur eine eigene Betroffenheit geltend machen (Senat, Beschluss vom 23.12.2010 – L 11 KA 54/10 B ER -;LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 15.11.2006 – L 10 B 14/06 KA ER -; 25.10.2006 – L 10 B 15/06 KA ER -; 09.08.2006 – L 10 B 6/06 KA ER – und 25.05.1999 – L 10 B 3/99 P -).
ad b) Anordnungsanspruch:
Auch der Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht.
aa) Rechtsgrundlage für die Entscheidung über das Begehren der Antragstellerin auf Genehmigung der Anstellung von Prof. Dr. E. ist § 95 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 103 Abs. 1 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen in §§ 16b, 18 und 19 Ärzte-ZV. Danach ist ein Antrag auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen MVZ trotz Erfüllung der materiellen Zulassungsvoraussetzungen abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB V angeordnet waren. Eine Zulassungssperre kann einem Zulassungsbegehren grundsätzlich nur dann entgegengehalten werden, wenn sie bereits bei Stellung des Antrags auf Zulassung angeordnet war (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV). Allerdings kann für besondere Konstellationen ab einem bestimmten Zeitpunkt zunächst eine Entscheidungssperre normiert werden, die so lange gilt, bis der zuständige Landesausschuss die gemäß § 103 Abs. 1 SGB V erforderlichen Feststellungen über das Vorliegen von Überversorgung als Voraussetzung für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen getroffen hat. Zulassungsanträge, die während eines solchen Zeitraums eingereicht werden, sind abzulehnen, falls nach Antragstellung eine Zulassungsbeschränkung angeordnet wird (vgl. Art. 33 § 3 Abs 2 Satz 2 des Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung – Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) – vom 21.12.1992 (BGBl I 1922, 2266 ff.) für die Situation nach Einführung der verschärften Bedarfsplanung zum 01.01.1993 sowie § 95 Abs. 12 Satz 2 SGB V bezüglich der Einbeziehung von Psychotherapeuten in die vertragsärztliche Versorgung zum 01.01.1999; zu Vorstehendem: BSG, Urteile vom 17.10.2007 – B 6 KA 31/07 R – und – B 6 KA 45/06 R -).
bb) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seinem Beschluss vom 06.09.2012 unter I. (2) festgelegt:
"(2) Der Zulassungsausschuss kann über Zulassungsanträge dieser Arztgruppen, die nach dem 6. September 2012 gestellt werden, erst dann entscheiden, wenn der Landesausschuss die Feststellung nach § 103 Absatz 1 Satz 1 SGB V getroffen hat. Der Landesausschuss soll spätestens bis zum 15. Februar 2013 über die Versorgungssituation im Planungsbereich für die Arztgruppen entscheiden. Anträge nach Satz 1 sind wegen Zulassungsbeschränkungen auch dann abzulehnen, wenn diese noch nicht bei Antragstellung angeordnet waren. Die Sätze 1- 3 gelten auch für Anträge auf die Genehmigung von Anstellungen in Medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten."
Diese Zulassungsbeschränkungen stünden der Genehmigung auf Anstellung von Prof. Dr. E. dann nicht entgegen, wenn die Antragstellerin bis zum 06.09.2012 die Genehmigung in einer den Rechtsvorschriften genügenden Weise und damit wirksam (hierzu BSG, Urteil vom 02.10.1996 – B 6 RKa 52/05 -) beantragt hätte.
Ausweislich des Wortlauts kommt es darauf an, ob der Zulassungsantrag nach dem 06.09.2012 gestellt wird bzw. worden ist. Ausgehend vom nicht bestrittenen Vorbringen der Antragstellerin hat sie ihren Zulassungsantrag per Anwaltsschreiben am 06.09.2012 gestellt. Lediglich diverse Anlagen sind später eingereicht worden (s oben unter I.).
Sprachlich wird zwischen Antrag und Anlagen unterschieden. Ist der Antrag zeitig gestellt worden, kommt es daher grundsätzlich auf die weitergehende Frage, ob und inwieweit der Antrag vollständig war, nicht an. Um Rechte zu wahren, genügt regelmäßig die Antragstellung. Anlagen können auf Aufforderung oder eigenintitiativ nachgereicht werden. Die Funktion des Antrags beschränkt sich insofern auf einen verfahrenseinleitenden Charakter (hierzu § 18 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Auf den Antrag ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen (§ 20 SGB X) und fordert ggf. weitere Unterlagen vom Antragsteller an. Diese Rechtslage bezieht sich vornehmlich auf Anträge, die auf Gewährung von Sozialleistungen (§§ 18 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I); vgl. auch § 1 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz; § 1 Abs. 1 Opferentschädigungsgesetz) gerichtet sind (§ 16 SGB I), aber auch auf sonstige Anträge (z.B. § 5 Abs. 1 VerfO des GBA). Teils wiederum ist vorgeschrieben, dass Anträge schriftlich zu stellen (§§ 18 Abs. 1, 31 Abs. 6 Satz 1 Ärzte-ZV; § 17 Abs. 2 Satz 1 VerfO des GBA zur Einleitung eines Antrags nach § 139b SGB V) und mit einer Begründung zu versehen sind (§ 17 Abs. 2 Satz 2 Ziff. c) i.V.m. Satz 2 VerfO) bzw. ihnen ein Quorum zugundeliegen muss (z.B. Antrag nach§ 152 SGB V). Teils bestimmt das Gesetz, dass den Anträgen bestimmte Unterlagen beizufügen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV, § 31 Abs. 6 Satz 2 Ärzte-ZV) oder Nachweise beizubringen sind (§ 95 Abs. 2 Satz 1 SGB V) bzw. der Antrag die zur Eintragung erforderlichen Angaben enthalten muss (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV). Als weitere Variante kommt in Betracht, dass das Gesetz eine Antragstellung vorschreibt und diese mit der Auflage verknüpft, innerhalb einer bestimmten Frist weitere Voraussetzungen zu erfüllen(§ 95 Abs. 10 Satz 1 und Abs. 11 Satz 1 SGB V), wobei dem Zulassungsausschuss aufgegeben wird, bis zu einem im Gesetz fixierten Datum zu entscheiden (§ 95 Abs. 11 Satz 2 SGB V).
Eine dem Beschluss des GBA vom 06.09.2012 vergleichbare Regelung enthalten § 95 Abs. 12 SGB V:
Der Zulassungsausschuß kann über Zulassungsanträge von Psychotherapeuten und überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte, die nach dem 31. Dezember 1998 gestellt werden, erst dann entscheiden, wenn der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 getroffen hat. Anträge nach Satz 1 sind wegen Zulassungsbeschränkungen auch dann abzulehnen, wenn diese bei Antragstellung noch nicht angeordnet waren.
und Art. 33 § 3 Abs. 2 GSG:
Der Zulassungsausschuß kann über Zulassungsanträge, die nach dem 31. Januar 1993 gestellt werden, erst dann entscheiden, wenn der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen die Feststellung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch getroffen hat. Anträge nach Satz 1 sind wegen Zulassungsbeschränkungen auch dann abzulehnen, wenn diese noch nicht bei Antragstellung angeordnet waren.
Im Zusammenhang hiermit hat das BSG aus übergangsrechtlichen Vorschriften und Einzelentscheidungen den allgemeinen Grundsatz abgeleitet, dass derjenige schutzwürdig ist, der noch fristgerecht seine Zulassung beantragt und auch materiellrechtlich alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, wenn er lediglich noch eine weitere Zeit zur Beschaffung entsprechender Nachweise benötigt. Ein späterer Nachweis ist nur dann möglich, wenn zum Antragszeitpunkt die Voraussetzungen zur Registereintragung bereits vorliegen, die Registereintragung bereits beantragt ist und die Verzögerung bei der Eintragung nicht in die Sphäre des Antragstellers fällt. Dieser muss die Realisierung der förmlichen Eintragung nach Kräften betreiben und darf sie nicht verzögern oder behindern, andernfalls verliert er seinen Zulassungsanspruch (hierzu BSG, Urteil vom 05.05.2010- B 6 KA 2/09 R -; vgl. auch Pawlita in juris-PK, a.a.O., § 95 Rdn. 363). Dies zugrundelegt, wäre zu klären, ob und inwieweit die vom BSG aufgestellten Anforderungen im konkreten Fall erfüllt sind. Hierzu bedarf es ggf. weiterer Ermittlungen und insbesondere der Beiziehung des Verwaltungsvorgangs, der dem Senat nicht vorliegt. Da die Antragstellerin ausdrücklich beantragt hat, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antrag in der Sitzung vom 05.12.2012 zu behandeln, muss auf die Auswertung vorgenannter Akten und ggf. weitere Sachaufklärung, vorbehaltlich dessen, dass ohnehin der Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist, verzichtet werden. Der Inhalt des Verwaltungsvorgangs ist insoweit nicht entscheidungserheblich.
cc) Im Übrigen hat die Antragstellerin unzweifelhaft einen Anspruch auf Bescheidung ihres Antrags (vgl. auch Schallen, Ärzte-ZV, 7. Auflage, 2009, § 18 Rdn. 30). Allerdings ist dem Antragsgegner nicht vorgegeben, den Antrag binnen einer bestimmten Frist oder bis zu einem Termin zu bescheiden. Rechtswidriges Hinauszögern kann ggf. zu zivilrechtlichen Sekundäransprüchen führen. Indessen hat der Antragsgegner ausweislich des vom Bevollmächtigten der Antragstellerin gefertigten Eidesstattlichen Versicherung vom 20.11.2012 sich nicht geweigert, den Antrag zu bescheiden. Entgegen dem Antrags- und Beschwerdevorbringen hat der Antragsgegner nicht angekündigt, den Antrag überhaupt nicht zu bearbeiten oder zu bescheiden (so Beschwerdeschrift Seite 9), vielmehr heißt es in der Eidesstattlichen Versicherung vom 20.11.2012:
"Frau N teilte mir dazu im erstgenannten Telefonat mit, dass Anträge denen nicht bis zum 06.09.2012 alle Unterlagen beigefügt waren, vom Zulassungsausschuss bis auf Weiteres nicht bearbeitet würden."
Die Formulierung "Bis auf Weiteres" verdeutlicht eine zeitliche Verzögerung und keinesfalls die Weigerung, den Antrag überhaupt zu bearbeiten. Die zeitliche Verzögerung ist grundsätzlich legitim. Kein Antragsteller hat einen Anspruch darauf, dass sein Antrag bereits in der dem Antragseingang folgenden oder nächtsfolgenden Sitzung beschieden wird, es sei denn, der Gesetzgeber ordnet an, dass binnen einer Frist zu bescheiden ist (z.B. § 95 Abs. 11 Satz 2 SGB V; vgl. auch § 18 Abs. 3a SGB XI in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG) vom 23.04.2012, BT-Drs. 17/6369). Das ist vorliegend nicht der Fall, so dass es dem Antragsgegner freisteht, die Anträge nach von ihm festgelegten Kriterien in die Ausschusssitzung einzubringen. Dem entspricht der Erklärung des Antragsgegners im Schriftsatz vom 04.12.2012:
"Hiermit teile ich Ihnen mit, dass von meiner Seite aus lediglich mitgeteilt wurde, dass über den Antrag in der nächsten Sitzung des Zulassungsausschusses- Kammer I – nicht entschieden wird, da der Antrag am 06.09.2012 nicht vollständig beim Zulassungsausschuss vorlag.
Des Weiteren teilte ich mit, dass wir zur Zeit noch keine Aussage darüber treffen können, wann der v. g. Antrag verhandelt werden kann, da wir noch keine Informationen darüber haben, wie das weitere Vorgehen sei. Sobald wir aber nähere Informationen erhalten, würden wir uns unaufgefordert mit den jeweiligen Ansprechpartnern in Verbindung setzen."
Ausgehend hiervon hat die Antragstellerin nicht glaubhaft, dass der Antragsgegner sich rechtswidrig weigert, den Antrag zu bescheiden.
3. Selbst wenn der Senat annähme, dass die Antragstellerin einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hätte, könnte dies ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen, was sich wie folgt ergibt: Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System dergestalt, dass sich die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (Anordnungsgrund) verringern und umgekehrt (Senat, Beschluss vom 16.05.2011- L 11 KA 132/10 B ER -; LSG Hessen, Beschluss vom 18.03.2011 – L 7 AS 687/10 B ER -). Je schwerer die mit der Versagung des begehrten Rechtsschutzes verbundenen Belastungen des Betroffenen wiegen, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (Senat, Beschluss vom 04.10.2011 – L 11 KA 50/11 B ER -; LSG Bayern, Beschluss vom 18.11.2010 – L 3 U 191/10 B ER -). Ist ein Anordnungsgrund nicht dargetan, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG auch dann nicht in Betracht, wenn der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen wird (zur abweichenden Rechtslage nach Maßgabe des § 86b Abs. 1 SGG vgl. Senat, Beschluss vom 03.02.2010 – L 11 KA 80/09 ER -). Anderenfalls würden die den Anordnungsgrund bezeichnenden Tatbestandsmerkmale des § 86b Abs. 2 SGG ("vereitelt" bzw. "wesentlich erschwert" und "zur Abwendung wesentlicher Nachteile") gesetzwidrig hinweg interpretiert (Senat, Beschluss vom 16.05.2011 – L 11 KA 132/10 B ER -). Hieraus folgt, dass eine Rechtsverletzung, wenn sie denn vorläge, allein keinen Anordnungsgrund begründet (Senat, Beschlüsse vom 11.12.1996 – L 11 SKa 81/96 – und 26.05.1997 – L 11 SKa 22/97 -). Anderenfalls würde jedes nicht rechtmäßige Handeln einer Behörde einen Anordnungsgrund erfüllen, mithin zu einer konturenlosen Ausuferung des vorläufigen Rechtsschutzes führen (Senat, Beschlüsse vom 23.12.2010 – L 11 KA 54/10 B ER – und 12.10.2009 – L 11 B 17/09 KA ER -; Frehse in Jansen, a.a.O., § 86b Rdn. 94).
Nach alledem kann die Beschwerde keinen Erfolg haben.
III.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Erstellt am: 17.04.2013
Zuletzt verändert am: 17.04.2013