Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. September 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) bzw. Berufsunfähigkeit (BU) bzw. wegen Erwerbsminderung (EM).
Die 1957 geborene Klägerin war zunächst im erlernten Beruf einer Lebensmittelverkäuferin tätig. 1988 absolvierte sie einen mehrwöchigen Kursus zur Schwesternhelferin und war anschließend als Pflegehilfskraft bei der Nervenklinik L beschäftigt. Es handelte sich um mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mit häufigem Bücken. Seit dem 26.10.1999 ist die Klägerin arbeitsunfähig bzw arbeitslos.
Am 29.6.2000 beantragte die Klägerin Rente wegen EU bzw. BU bzw. wegen EM. Die Beklagte holte Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem, internistischem und orthopädischem Fachgebiet von Dr. G, Dr. I und Dr. I1 ein. Diese Gutachter hielten die Klägerin zusammenfassend noch für in der Lage, vollschichtig alle leichten bis auch mittelschweren Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung zu verrichten; als Pflegehelferin könne sie nicht mehr arbeiten.
Mit Bescheid vom 22.1.2001 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung einer Rente ab, weil die Klägerin noch in der Lage sei, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten und damit weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig sei.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte die Beklagte Befundberichte und ein weiteres neurologisch-psychiatrischen Gutachtens des Dr. X ein. Der hielt die Klägerin noch für in der Lage, mit Einschränkungen als Schwesternhelferin tätig zu sein; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten vollschichtig ausgeübt werden.
Durch Bescheid vom 19.3.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die Klägerin sei nach ihren ärztlichen Feststellungen weder als erwerbsunfähig noch als berufsunfähig noch als voll oder teilweise erwerbsgemindert anzusehen sei. Arbeitsunfähigkeit sei nicht gleichbedeutend mit EM.
Mit der am 19.4.2002 zum Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Die Beklagte verkenne ihren Gesundheitszustand und beurteile ihr Leistungsvermögen falsch. Sie sei nicht mehr in der Lage, in zumutbaren Verweisungsberufen oder sonst auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Die bisherigen Gutachter beurteilten ihr Leistungsvermögen falsch.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.1.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.3.2002 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit,
hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit auf der Grundlage eines Versicherungsfalles vom 29.6.2000 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,
hilfsweise ihr Rente wegen voller,
hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auch wenn die Klägerin nicht mehr als Schwesternhelferin tätig sein könne, sei ihr noch eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar, auf den sie verweisbar sei. Alle Gutachten bestätigten diese Auffassung.
Das SG hat Auskünfte von dem letzten Arbeitgeber eingeholt und Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen.
Sodann hat es Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P, O. In seinem Gutachten vom 28.11.2002 hat Dr. P auf seinem Fachgebiet die Diagnose einer Anpassungs- und Somatisierungsstörung gestellt. Die Klägerin könne noch 6-8 Stunden täglich eine körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung verrichten, ohne ungünstige Bedingungen wie Zwangshaltungen und anderes. Eine wesentliche Einschränkung des geistigen Leistungsvermögens bestehe nicht. In Betracht komme auch noch eine Tätigkeit als Pförtnerin oder Bürohilfskraft.
Auf Antrag der Klägerin hat das SG nach § 109 SGG ein Gutachten des Dr. I2, X, eingeholt. Dieser Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Psychotherapie ist unter dem 3.6.2003 zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin leide seit ihrer Kindheit an einer Persönlichkeitsstörung, die einer hysterischen Neurose zugeordnet werden könne. Auch mit diesem Befund könne die Klägerin noch vollschichtig eine körperlich leichte bis auch mittelschwere Tätigkeit in jeder körperlichen Lage verrichten, ohne ungünstige Bedingungen wie Akkord-, Fließbandarbeit oder besonderen Zeitdruck. In Betracht komme auch noch eine Tätigkeit als Pförtnerin oder Bürohilfskraft. Da die Klägerin bisher psychotherapeutische Behandlung abgelehnt habe, sei es nur deshalb nicht zu einer Besserung gekommen.
Das SG hat noch einen Befundbericht des Orthopäden Dr. S eingeholt, der mitgeteilt hat, er halte die Klägerin noch für fähig, vollschichtig eine körperlich leichte Tätigkeit z. B. als Pförtnerin zu verrichten.
Sodann hat das SG auf weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG – ein orthopädisches Gutachten des Dr. S1, L, eingeholt. Dieser kommt in seinem Gutachten vom 14.6.2004 zur folgender Diagnosestellung:
1. ausgeprägte Adipositas mit erheblichen funktionellen Beschwerden im gesamten Bewegungsapparat
2. Halswirbelsäulen- und Schulter-Nacken-Syndrom mit latenten pseudoradikulären Beschwerden
3. leichte Fehlstatik der gesamten Wirbelsäule mit geringer Lumbalskoliose
4. Coxa valga bds.
5. Acromio-Claviculargelenksarthrose re. stärker als li.
6. beginnende Gonarthrose nach älterem Kniegelenkstrauma li.
7. leichter Spreizfuß bds. mit diskret beginnender Talo-Navicular-Gelenksarthrose.
Auch mit diesen Befunden könne die Klägerin noch vollschichtig eine körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung verrichten. In Betracht komme auch noch eine Tätigkeit als Pförtnerin oder Bürohilfskraft, dies auch vollschichtig. Die Klägerin könne auch noch ortsübliche Wegstrecken zu Fuß täglich zurücklegen (in einer Zeit von nicht mehr als 15-20 Minuten für 500 m) und öffentliche Verkehrsmittel benutzen und einen PKW als Fahrer. In der Wegefähigkeit sei sie mithin nicht wesentlich eingeschränkt. Die Beurteilung gelte auch seit Oktober 1999.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16.9.2004 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Die Klägerin sei nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht einmal berufsunfähig im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. Denn sie könne noch vollschichtig eine körperliche leichte bis mittelschwere Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung verrichten, unter Meidung von nur Akkord-. Fließbandarbeit und besonderem Zeitdruck; sie könne damit beispielsweise eine Tätigkeit als Pförtnerin oder sonstige Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den sie verweisbar sei, noch vollschichtig verrichten.
Es lägen mit den Verwaltungsgutachten schon sieben Gutachten vor, die allesamt der Klägerin ungünstig seien. Eine substantiierte Stellungnahme sei zu keinem der eingeholten Gutachten abgegeben worden. Es sei damit nicht ersichtlich, weshalb jetzt noch die Klage weiter aufrecht erhalten werde, da sogar der behandelnde Orthopäde Dr. S bestätigt habe, er halte die Klägerin für noch in der Lage, vollschichtig zumindest eine körperlich leichte Tätigkeit zum Beispiel als Pförtnerin zu verrichten. Auch die behandelnden Ärzte Dr. U und Dr. N hätten sich nur sehr diskret dahingehend geäußert, dass sie die Erwerbsfähigkeit der Klägerin für phasenweise bzw. für deutlich eingeschränkt hielten. Allein auf die Meinung der die Klägerin behandelnden Ärzte könne das Gericht eine Entscheidung nur im Sinne der Klägerin ohnehin nicht stützen, da behandelnde Ärzte in der Regel erfahrungsgemäß auch ihre Patienten unterstützen möchten; insoweit seien die Beschwerden und das Leistungsvermögen der Klägerin zu objektivieren gewesen mit dem Gutachten von Dr. P, der sogar von den von der Klägerin benannten Gutachtern Dr. H2 und Dr. S1 bestätigt worden sei. Dr. I2 und Dr. S1 seien sogar noch über die Beurteilung von Dr. P zu Ungunsten der Klägerin hinausgegangen, denn sie hielten sie sogar noch für in der Lage, auch bis mittelschwere Arbeiten zu verrichten, wie es auch die Vorgutachter der Beklagten getan hätten.
Mit dem beschriebenen vollschichtigen Leistungsvermögen sei die Klägerin nicht berufsunfähig. Sie habe nur einen mehrwöchigen Kurs zur Schwesternhelferin absolviert und dann als Pflegehilfskraft gearbeitet und sich damit von ihren früheren Berufen gelöst. Nach dem Stufenschema des Bundessozialgerichts ist sie daher anzusehen wie eine angelernte Angestellte in der untersten Stufe des Stufenschemas. Die Klägerin müsse sich also auf sämtliche anderen beruflichen Tätigkeiten dieser untersten Berufsstufe verweisen lassen. Beispielsweise käme eine Tätigkeit als Pförtnerin in Betracht, die körperlich sogar nur leichter Art ist und in wechselnder Körperhaltung ausgeübt werde, und die sogar zumutbar wäre für Angestellte mit einer abgeschlossenen Ausbildung bis zu 2 Jahren Dauer (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.05.1996 – L 6 An 80/95 und LSG Bremen, Urteil vom 13.06.1996 L 2 An 9/95). Gerade bei einer Tätigkeit als Pförtnerin könne die Klägerin auch in beliebiger Körperhaltung und ohne besonderen Zeitdruck oder Zwangshaltungen arbeiten. Nach dem Votum der Gutachter bestünden insoweit keine relevanten Einschränkungen.
Die Klägerin sei erst recht nicht erwerbsunfähig oder erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI n.F.
Gegen das am 27.9.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.10.2004 Berufung eingelegt, deren angekündigte Begründung aber nicht folgen lassen. Sie hat am 12.4.2005 einen Bericht des Orthopäden Dr. M vom 7.4.2005 vorgelegt. Danach sei "die Erwerbsfähigkeit mit einer täglichen Tagesarbeitszeitempfehlung von weniger als drei Stunden reduziert."
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.9.2004 aufzuheben und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Die Beklagte hat vielmehr zutreffend die Gewährung einer Rente wegen EU, BU oder EM abgelehnt.
Wegen der Begründung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das SG hat namentlich den Sachverhalt umfassend aufgeklärt und die Beweise richtig gewürdigt. Der von der Klägerin kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegte Bericht des Dr. M vom 7.4.2005, mit dem eine "Tagesarbeitszeitempfehlung" von drei Stunden abgegeben wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sieht man diese Äußerung als Einschätzung des Restleistungsvermögens der Klägerin, so ist diese schon deshalb nicht geeignet, den Senat zu überzeugen, weil Dr. M seine Auffassung nicht begründet und insbesondere auch jede Auseinandersetzung mit den vorliegenden sieben ausführlichen Gutachten vermissen lässt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Erstellt am: 18.01.2012
Zuletzt verändert am: 18.01.2012