Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25.01.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Unterhaltsgeld, Fahrtkosten und Lehrgangskosten für die Teilnahme des Klägers in der Zeit vom 15.08. bis 11.09.1979 an dem von der Rheinischen Akademie e.V. in L durchgeführten Lehrgang zum geprüften Pharmareferenten. Dabei ist sowohl umstritten, in welcher Form (Verwaltungsakt) die Beklagte ihre Zahlungspflicht anerkannt hat, ob sie tatsächlich gezahlt hat und – wenn nicht -, ob sie sich jedenfalls auf den Eintritt der Verjährung berufen kann.
Der am 00.00.1944 geborene Kläger bezog mit Unterbrechungen seit 1974 vom damaligen Arbeitsamt P zunächst Arbeitslosengeld, später im Anschluss Arbeitslosenhilfe.
Wohl am 15.03.1979 beantragte er die Förderung des am 15.08.1979 beginnenden Lehrgangs zum Pharmareferenten. Das hierfür zuständige Arbeitsamt war das Arbeitsamt in L. Das Arbeitsamt P überwies dem Kläger am 22.08.1979 einen Vorschuss in Höhe von 1.440,00 DM und machte dem Arbeitsamt L hiervon Mitteilung. Der Antrag wurde zuständigkeitshalber nach dort weitergeleitet.
Wohl mit Schreiben vom 11.07.1980 erhob der Kläger vor dem Sozialgericht in Duisburg Untätigkeitsklage gegen die Beklagte (vormals Arbeitsamt L), gerichtet auf Zahlung von Unterhalts- und Schulgeld. Trotz ständiger telefonischer Anmahnungen und schriftlicher Aufforderungen habe er bisher keine Nachricht erhalten. Die Klage wurde unter dem Aktenzeichen S 6 Ar 179/80 eingetragen.
Mit Schriftsatz vom 09.09.1980 teilte die Beklagte mit, sie habe mit Bewilligungsbescheiden vom 10.07.1980 sowohl Unterhaltsgeld als auch die sonstigen Kosten nach § 45 AFG bewilligt. Die sich hieraus ergebenden Zahlungen habe sie am 15.07.1980 zur Zahlung an Rechtsanwalt I S angewiesen. Der Kläger habe damit die ihm für den Besuch der Maßnahme zustehenden Leistungen erhalten. Er möge die Klage nunmehr zurücknehmen.
Mit Verfügung vom 15.09.1980 wurde der Kläger zur Stellungnahme aufgefordert, ob die Klage zurückgenommen werde. Eine Erinnerung folgte mit Verfügung vom 16.10.1980. Eine Reaktion erfolgte daraufhin nicht. Mit Verfügung vom 09.02.1981 wurde die Klage analog § 7 Abs. 3 der damaligen Fassung der Aktenordnung auf andere Weise ausgetragen. Die Verfügung enthält den Vermerk, dass der Rechtsstreit mit vollem Erfolg erledigt wurde. Der Beklagten wurde mitgeteilt, dass die Sache entsprechend § 7 Abs. 3 der Aktenordnung als erledigt angesehen werde, da dem Antrag des Klägers entsprochen wurde und dieser trotz wiederholter Aufforderungen nicht reagiert habe. Nach Ablauf der vermerkten Aufbewahrungsfrist bis 1986 wurde die Akte bis auf den Schriftsatz vom 09.02.1981 ausgesondert.
Mit Schreiben vom 18.08.2001 hat sich der Kläger im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Dortmund (1 BvL 2/01), betreffend die Nichtberücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt bei der Berechnung von Arbeitslosenhilfe, an das Sozialgericht gewandt. Er bezog sich unter anderem auf eine anhängige Klage auf Unterhaltszahlungen und beantragte das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Mit Schreiben vom 11.09.2001 teilte er das Aktenzeichen S 6 Ar 179/80 mit. Das Gericht nahm das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 14 AL 91/02 wieder auf. Mit Schreiben vom 14.08.2002 teilte der Kläger mit, der damalige Lehrgangsbeginn sei der 15.08.1979 gewesen. Da die Leistungen nicht oder nur unvollständig, dazu noch über ein Jahr später, von der Beklagten erbracht wurden, sei Klage vor dem Sozialgericht in Duisburg erhoben worden. Eine Erledigungserklärung in dieser Angelegenheit liege nicht vor.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 23.08.2004 legte der Kläger Kopien verschiedener Unterlagen aus den Jahren 1979 bis 1981 (Bl. 89 bis 102 der GA) vor, auf die Bezug genommen wird. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 06.01.2005 teilte er mit, die Beklagte habe die beantragten Leistungen auch bewilligt. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus dem Schriftsatz vom 09.09.1980, in dem es ausdrücklich heiße, mit Bewilligungsbescheiden vom 10.07.1980 seien sowohl Unterhaltsgeld als auch die sonstigen Kosten nach § 45 AFG bewilligt worden. Die Bescheide lägen dem Kläger nicht vor. Dies ändere aber nichts daran, dass es sie gebe. Daher sei die vorstehende Klage auf Leistung und nicht auf Verpflichtung zur Bescheidung zu richten. Nicht zutreffend sei die Behauptung, es habe eine Zahlung stattgefunden.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.238,01 EUR zuzüglich Zinsen seit dem 11.09.1979 sowie weitere 1.711,19 EUR seit dem 03.11.1980 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, das unter dem Aktenzeichen S 6 Ar 179/80 (K158/80) geführte Verfahren sei seinerzeit als Untätigkeitsklage registriert worden, die am 09.02.1981 erledigt worden sei. Dem entspreche der Text der in Kopie übermittelten Klageerwiderung vom 09.09.1980. Es seien keine Unterlagen mehr vorhanden, da die Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren nach dem letzten Vorgang verstrichen sei. Auch sei nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist keine Klagehandakte oder isolierte FbW-(früher FuU)Vorgänge mehr vorhanden. Des Weiteren seien nach Ablauf der zehn Jahre umfassenden Aufbewahrungs- frist auch keine "Tagesnachweise", die eine Aufstellung der am jeweiligen Tag vorgenom- menen Zahlungen enthielten, mehr vorhanden. Auch beim früheren Zentralamt der Bundesagentur für Arbeit seien aus den Jahren 1979/1980 keine Daten mehr gespeichert. Zahlungsnachweise seien in Papierform zu den jeweiligen Leistungsakten gegeben worden. Da nach 25 Jahren nunmehr erstmalig konkret FbW-Leistungen geltend gemacht würden, sei eine solche Forderung verwirkt. Selbst wenn jedoch keine Zahlungen erbracht worden sein sollten, was ausdrücklich bestritten werde, sei der Zahlungsanspruch nach § 45 Abs. 1 SGB I verjährt. Da lediglich eine Untätigkeitsklage anhängig gewesen sei, seien die geltend gemachten Beträge nicht beim Sozialgericht seit 1980 rechtshängig.
Das Sozialgericht hat das Verfahren mit Beschluss vom 15.12.2003 mit der Streitsache S 14 AL 319/98 verbunden. Führendes Verfahren war die Sache S 14 AL 91/02. Zum 01.01.2004 ist die Streitsache auf die 27. Kammer des Sozialgerichts Duisburg übergegangen und erhielt das Aktenzeichen S 27 (14) AL 91/02. Mit Beschluss vom 08.04.2004 hat das Gericht die Verfahren wieder getrennt. Die zunächst unter dem Aktenzeichen S 6 Ar 179/80 und unter dem Aktenzeichen S 14 AL 91/02 fortgeführte Sache behielt das Aktenzeichen S 27 (14) AL 91/02. Ferner hat das Sozialgericht die noch vorhandenen Vorgänge des Arbeitsamtes Oberhausen beigezogen.
Mit Urteil vom 25.01.2006 hat das Sozialgericht festgestellt, dass die ursprünglich erhobene Untätigkeitsklage erledigt sei. Es hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten, die dem Kläger aufgrund der Untätigkeitsklage entstanden sind, auferlegt. Im Übrigen hat es die auf Zahlung gerichtete Klage abgewiesen und ausgesprochen, dass insoweit Kosten nicht zu erstatten seien. Zur Begründung hat das Sozialgericht wörtlich ausgeführt:
"Die ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 6 Ar 179/80 erhobene Untätigkeitsklage ist erledigt. Die Beklagte hat dem damaligen Begehren des Klägers, das auf Bescheidung gerichtet war, mit Bewilligungsbescheiden vom 10.07.1880 entsprochen. Nach § 88 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG – war dieses Verfahren deshalb für erledigt zu erklären.
Die erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23.08.2004 geltend gemachte Klageänderung, gerichtet auf Zahlung, ist nach § 99 Sozialgerichtsgesetz zulässig. Nach Absatz 1 und Absatz 2 dieser Vorschrift ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Einwilligung der Beteiligung in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.
Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beklagte hat sich auf die geänderte Klage eingelassen, so dass über eine Sachdienlichkeit der Änderung nicht mehr zu entscheiden ist.
Die geänderte Klage ist jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Nach § 45 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – SGB I – verjähren Ansprüche auf Sozialleistungen in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind (Abs. 1). Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches sinngemäß (Abs. 2). Die Verjährung wird auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch (Abs. 3).
Die Beklagte hat mit Bescheiden vom 10.07.1980 über den Antrag des Klägers auf Forderung der Maßnahme entschieden. Die Bescheide sind dem Kläger spätestens mit Verfügung des Gerichtes vom 15.09.1980 bekannt gegeben worden. Der Lauf der Verjährungsfrist begann damit am 01.01.1981 und endete mit dem 01.01.1985.
Die Verjährung war auch nicht nach § 45 Abs. 2 oder 3 SGB I gehemmt oder unterbrochen.
Unabhängig von der Frage, ob das Weglegen der Akten (Gerichtsakten) in entsprechender Anwendung von § 7 Abs. 3 der Aktenordnung in der damals geltenden Fassung bewirkt, dass die Rechtshängigkeit entfällt, war anhängig allein eine Untätigkeitsklage, gerichtet auf Bescheidung. Mit Erlass der entsprechenden Bewilligungsbescheide war das Verfahren gemäß § 88 Abs. 1 SGG in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Hauptsache einer Untätigkeitsklage ist das Begehren nach § 88, also die Bescheidung, und nicht der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch (Zeihe, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 88 Randziffer 8). Aus einer Gesamtschau mit §§ 54 und 113 ergibt sich, dass die Un- tätigkeitsklage nur auf Verurteilung der Behörde zum Erlass eines Verwaltungsaktes, nicht aber einer Leistung gerichtet sein kann. Die Klage ist also nicht auf Erlass eines Verwaltungsaktes mit bestimmtem Inhalt, sondern auf bloße Bescheidung gerichtet (Henning, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 88 Randziffer 3).
Daraus folgt, dass nicht allein wegen der fehlenden formalen Erledigterklärung in dem Verfahren S 6 Ar 179/90 der Zahlunganspruch automatisch Gegenstand der Untätigkeitsklage geworden ist. Hierzu bedurfte es eines erneuten Tätigwerdens des Klägers. Der Kläger hat sich hingegen erst im Jahr 2001 an das Gericht gewandt und seinen Klageantrag in Bezug auf die Zahlung erst im Jahr 2004 spezifiziert. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde die – geänderte – Leistungsklage rechtshängig, so dass innerhalb der Verjährungsfristen keine Hemmung oder Unterbrechung eingetreten ist.
Weitere Tatbestände, durch die die Verjährung nach § 45 Abs. 2 oder 3 SGB I gehemmt oder unterbrochen sein könnte, sind nicht ersichtlich."
Gegen dieses ihm am 08.02.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.03.2006 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass eine 30-jährige Verjährungsfrist gelte. Zwar verjährten Ansprüche nach § 25 SGB I grundsätzlich in 4 Jahren, in Absatz 2 der Vorschrift werde jedoch auf die Vorschriften des BGB verwiesen. Es sei strittig, ob bei bestandskräftig festgestellten Ansprüchen ebenfalls die 4-jährige Verjährungsfrist oder eine Frist von 30 Jahren gelte. Die Auffassung des Sozialgerichts werde geteilt von Timme in LPK-SGB I § 45 Randziffer 5. Richtig sei jedoch die Auffassung, dass rechtskräftig festgestellte Ansprüche des Sozialleistungsberechtigten gegenüber dem Leistungsträger nach § 218 Abs. 1 BGB in 30 Jahren verjährten. Hierbei sei die Vorschrift des BGB in der Fassung zu berücksichtigen, die zu dem Zeitpunkt gegolten habe, als das Verfahren fortgesetzt worden sei. Der Kläger verweist zur Stützung seiner Auffassung auf Mrozynski, SGB I § 45 Randziffer 12 und auf Pickel, Lehrbuch des Sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens, 2. Auflage, Seite 377. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Problem liege, soweit ersichtlich, nicht vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 25.01.2006 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie beruft sich erneut auf den Eintritt der Verjährung für den Fall, dass von einer Nichtzahlung seitens der Beklagten ausgegangen werde. Die Verjährungsfrist betrage, wie vom Sozialgericht zutreffend erkannt, lediglich 4 Jahre.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Akten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Zahlungsklage des Klägers mit zutreffender Begründung unter Hinweis auf den Eintritt der Verjährung abgelehnt. Der Senat hat dem Urteil des Sozialgerichts nichts hinzuzufügen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Bezüglich des Sachverhalts geht der Senat davon aus, dass viel dafür spricht, dass die Beklagte seinerzeit im Jahre 1980 ihre Leistungspflicht bescheidmäßig festgestellt hat, obwohl beide Seiten dies nicht mehr nachweisen können. Wahrscheinlich ist ferner, dass die Beklagte den bescheidmäßig festgesetzten Betrag, der dem im Klageantrag formulierten Betrag entsprechen mag, an den damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers ausgezahlt hat, dieser die Überweisungssumme – aus welchen Gründen auch immer – nicht an den Kläger weitergeleitet hat. Auch dies lässt sich letztlich mit Sicherheit nicht mehr feststellen. Dem braucht im Einzelnen aber nicht näher nachgegangen zu werden, denn selbst wenn man unterstellt, dass die Beklagte die vom Kläger geforderte Summe tatsächlich im Jahr 1980 bescheidmäßig festgestellt und diesen Betrag bisher nicht mit befreiender Wirkung an den Kläger oder einen Bevollmächtigten ausgezahlt haben sollte, so ist die Zahlungsklage unbegründet, weil sich die Beklagte dann jedenfalls auf den Eintritt der Verjährung berufen kann und die Erhebung dieser Einrede auch nicht rechtsmißbräuchlich ist.
Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass durch die Erhebung einer Untätigkeitsklage bei später ergehendem Verwaltungsakt dieser nicht Gegenstand des Klageverfahrens wird. Der Senat nimmt Bezug auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil und stellt nochmals klar, dass durch den Prozess vor dem SG Duisburg S 6 Ar 179/80 und die dort abgegebenen Erklärungen eine Hemmung des bescheidmäßig festgesetzten Zahlunganspruchs durch Rechtshängigkeit nicht eingetreten ist.
Entscheidend war somit, wie auch von der Berufung allein noch geltend gemacht wird, ob der im Jahre 1980 bescheidmäßig festgestellte Anspruch auf Zahlung von – unterstellt – 2.949,20 EUR verjährt ist oder nicht. Mit dem Sozialgericht vertritt der Senat die Auffassung, dass der Zahlungsanspruch auch bei bescheidmäßig festgestellten Ansprüchen spätestens am 01.01.1985 verjährt ist.
Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren nach § 45 Abs. 1 SGB I in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind. Dies gilt auch für einen rechtskräftig oder bestandskräftig festgestellten Anspruch, der nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB erst in 30 Jahren verjähren würde. Die einheitliche 4-jährige Verjährungsfrist nach § 45 Abs. 1 SGB I ist jedoch wegen der besonderen Bedürfnisse des Sozialrechts auch für den vorliegenden Fall anzuwenden (vgl. BSG vom 22.06.1994 – 10 RKG 32/93 -; LSG Rheinland-Pfalz vom 16.05.1997 – L 6 J 262/96 -; Mrozynski, Kommentar zum SGB I, 3. Auflage 2003, § 45 Randnr. 13; Timme in LPK-SGB I, § 45 Randnr. 5; Seewaldt in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 45 Randnr. 11). Dieser als herrschende Meinung zu bezeichnende Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Gegenmeinung, die eine 30-jährige Verjährungsfrist nach BGB für geboten erachtet (wie der Kläger – soweit erkennbar – nur Pickel in Lehrbuch des sozialgerichtlichen Verwaltungsverfahrens, 2. Auflage, Seite 377), verkennt die Besonderheiten des Sozialrechts. Der Kläger verkennt in seiner Berufungsbegründungsschrift vom 08.03.2006, dass die von ihm zitierte Kommentierung von Mrozynski genau den gegenteiligen Standpunkt vertritt und es entgegen seiner Auffassung durchaus höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Fragenkreis gibt, der sich der Senat anschließt.
Die Beklagte ist auch berechtigt, die Einrede der Verjährung gegenüber dem – unterstellten – Anspruch des Klägers zu erheben. Ob die Beklagte die Verjährungseinrede erheben will, steht grundsätzlich in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Die Verjährungseinrede ist nur dann unzulässig, wenn der Versicherungsträger selbst unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat oder verursacht hat, dass der Kläger den Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht hat oder sich auf sonstige Weise zu eigenem vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt (vgl. zu allem BSG vom 29.07.2003 – B 12 AL 1/02 R m.w.N. und zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 05.07.2006 – L 12 AL 256/05 -). Hier ist nicht erkennbar, dass die Beklagte durch ihr eigenes Verhalten, den Kläger an der rechtzeitigen Geltendmachung seines Anspruchs gehindert haben könnte. Dann aber konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung des BSG ab, sondern macht sie im Gegenteil zur Grundlage seiner eigenen Entscheidung.
Erstellt am: 29.01.2007
Zuletzt verändert am: 29.01.2007