Auf Rev. d.Kl. wird Urteil des LSG aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.07.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Jahre 2004 und 2005 als einmalige Beihilfen die von ihm geleisteten Zuzahlungen im Rahmen seiner Krankenbehandlung zu gewähren.
Der 1960 geborene Kläger ist mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) infiziert und mit allen Indikatorerkrankungen des Aids-Vollbildes erkrankt. Er ist wegen der Folgen der Erkrankung voll erwerbsgemindert und erhält (aktuell bis ins Jahre 2009 befristet) Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung.
Erstmals im Juni 1986 erhielt er Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Auch im Jahre 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger entsprechende Leistungen, wobei neben den Kosten der Unterkunft ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung bis 30.11.2004 in Höhe von 34,77 EUR und für Dezember 2004 in Höhe von 25,56 EUR sowie ein Sonderbedarf wegen aufgrund seiner Erkrankung erhöhter Heizkosten gewährt wurde. Hinsichtlich des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung ist in einem Widerspruchsbescheid vom 31.03.2005 ausgeführt, die Höhe der Leistungen in den Monaten Januar bis November 2004 beruhe auf einem Eingabefehler.
Am 02.03.2004 beantragte der Kläger die Erstattung eines Betrages von 35,52 EUR. Die von ihm zu leistenden Zuzahlungen im Rahmen der Krankenbehandlung für Arzneimittel und die Praxisgebühr seien nicht mehr im Regelsatz der Sozialhilfe enthalten.
Der Kläger hat für den Zeitraum 12.01.2004 bis 14.04.2004 Belege für Zuzahlungen in Höhe von 40,00 EUR (20,00 EUR Praxisgebühr gemäß § 28 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Krankenversicherung (SGB V) und 20,00 EUR Zuzahlungen für Medikamente). vorgelegt.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13.04.2004 mit der Begründung ab, die Zuzahlungen seien entgegen der Auffassung des Klägers im Regelsatz enthalten. Es bleibe keine andere Wahl, als den Antrag abzulehnen.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 24.04.2004. Er führte zur Begründung aus: Durch die Abschaffung der vollständigen Befreiung von Zuzahlungen ergebe sich für ihn eine individuelle Belastungsgrenze von 35,52 EUR. § 38 BSHG sehe nach seiner Änderung eine Übernahme dieser Kosten nicht mehr vor. Der Gesetzgeber habe zur Entlastung keine einmaligen Leistungen vorgesehen oder die Regelsätze erhöht. Vielmehr sei die Verordnung über die Regelsätze insoweit geändert worden, als im Regelsatz Leistungen für die Kosten bei Krankheit enthalten sein sollen. Dies führe zu einem verfassungswidrigen Zustand. Das "physische und soziale Existenzminimum" sei nicht mehr gewahrt. Es sei nicht zu akzeptieren, dass durch Rechtsverordnung geregelt werde, dass aus dem Regelsatz bestimmte weitere Kosten aufzubringen seien. Er sei gezwungen, aus dem als Existenzminimum geltenden Regelsatz die ihm aufgrund der Änderung des SGB V zu tragenden Eigenbeteiligungen bereits im ersten Monat des Jahres aufzubringen. Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift des § 21 Abs. 1a Nr. 7 BSHG sei zu erwägen.
Der Kläger hat ein Schreiben der Innungskrankenkasse Nordrhein vom 02.03.2004 überreicht. Darin ist ausgeführt, die individuelle Belastungsgrenze des Klägers betrage 35,52 EUR pro Kalenderjahr, so dass wegen der bereits erbrachten Zuzahlungen von 40,00 EUR eine Betrag von 4,48 EUR zu erstatten sei.
Mit Bescheid vom 17.09.2004 bewilligte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Rheinprovinz dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.06.2004 in Höhe von 442,34 EUR monatlich.
Am 29.12.2004 beantragte der Kläger vorab, ihm die im Jahre 2005 nach dem SGB V zu leistenden Zuzahlungen zu erstatten. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.01.2005 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Zuzahlungen seien durch die nach dem SGB XII zu leistenden Regelsätze abgegolten. Zur Begründung seines hiergegen gerichteten Widerspruchs vom 07.02.2005 verwies der Kläger auf die Begründung seines Widerspruchs vom 24.04.2004 und ergänzte: Mit der Schaffung des SGB XII seien einmalige Leistungen nicht mehr möglich. Der Kläger werde gegenüber Sozialhilfeempfängern, die nicht chronisch krank seien, in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 31.03.2005 (für das Jahr 2004) und 23.03.2005 (für das Jahr 2005) wies die Beklagte die Widersprüche des Kläger als unbegründet zurück. Die Widerspruchsbescheide sind dem Kläger am 01.04.2005 (Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005) und 03.04.2005 (Widerspruchsbescheid vom 31.03.2005) zugestellt worden.
Mit seiner am 02.05.2005 beim Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat der Kläger an seiner Auffassung festgehalten, die Belastung mit den Zuzahlungen zur Krankenversorgung stelle einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz dar. Erkrankte Personen würden zusätzlich benachteiligt, ohne dass die geringere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinreichend berücksichtigt werde. Das Existenzminimum sei nicht mehr gewahrt, wenn der Kläger gezwungen sei, die Zuzahlungen aus den Regelsätzen zu leisten. Der Kläger werde aufgrund seiner Erkrankung ungleich behandelt. Betrachte man den Regelsatz als unabdingbar notwendigen Lebensbedarf, so stelle sich der unabdingbare lebensnotwendige Bedarf für denjenigen, der nicht krank sei, wirtschaftlich werthaltiger dar, als für denjenigen, der – chronisch – krank sei. Es finde demzufolge durch die gesetzliche Regelung eine zusätzliche Benachteiligung derjenigen statt, die erkrankt seien. Betrachte man Personen, die nicht im Bezug von Sozialhilfe stünden, möge dies aufgrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse und der Tatsache, dass deren Einkommen über dem Existenzminimum, d.h. über dem Regelsatz, lägen, eine auch von Verfassungs wegen tolerierbare Ungleichbehandlung darstellen. Der Unterschied bestehe bei diesen Personen in deren unterschiedlichem wirtschaftlichen Leistungsvermögen. Anders verhalte es sich jedoch bei denjenigen Personen, die im Leistungsbezug von Sozialhilfe stünden. Diese Personen würden von staatlicher Seite ohne Unterschied gleich behandelt. Somit stelle die Erkrankung des Klägers bzw. eine Erkrankung eines Sozialhilfeempfängers ganz allgemein, durch die Pflicht, die Zuzahlungen nach dem SGB V aufbringen zu müssen, eine Benachteiligung im Verhältnis zu Gesunden in der Weise dar, dass das Existenzminimum um die Zuzahlungen herabgesetzt werde. Dies sei mit Artikel 3 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar.
Auch die Rechtslage seit dem 01.01.2005 sei verfassungswidrig. Zwar sei der Regelsatz erhöht worden, anderseits aber der gesamte Bereich der einmaligen Beihilfen weggefallen. Die Leistungsbezieher müssten demnach aus ihrem sog. Eckregelsatz auch Ansparungen erbringen, um solche Anschaffungen tätigen zu können, die sie bisher vom Träger der Sozialhilfe im Rahmen von einmaligen Beihilfen erhalten hätten. Die Verfassungswidrigkeit des § 48 SGB XII sei zu prüfen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2005 und unter Aufhebung des Bescheides vom 05.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005 zu verurteilen, ihm für das Jahr 2004 eine Betrag von 35,52, EUR sowie für das Jahr 2005 einen Betrag von 41,40 EUR wegen der zu leistenden Zuzahlungen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 14.07.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtenen Bescheide der Beklagten entsprächen der Gesetzeslage. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzlichen Regelungen bestünden nicht. Die Kammer folge insoweit aufgrund eigener Überzeugungsbildung den vorliegenden Entscheidungen im Einzelnen aufgeführter Verwaltungs- und Sozialgerichte. Insbesondere sei die Menschenwürde nicht betroffen. Es sei nicht ersichtlich, dass dem chronisch kranken Kläger bei Aufbringung eines Betrages von 35,52 EUR bzw. 41,40 EUR jährlich aus dem Regelsatz nicht das verfassungsrechtlich Gebotene zur Bestreitung seines übrigen Lebensunterhalts verbleibe. Auch Leistungen nach dem BSHG bzw. dem SGB XII seien nicht grundsätzlich von Kürzungen ausgeschlossen. Es lasse sich aus dem weiten und unbestimmten Sozialstaatsgrundsatz kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren. Das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum sei abhängig von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen. Der Kläger werde nicht ausgegrenzt, wenn er wie die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung einen Eigenanteil von 2 bzw. 1 % seines Bruttoeinkommens leisten müsse. Auch werde das Lohnabstandsgebot zwischen Hilfeempfängern und Haushalten in unteren Einkommensgruppen beachtet und zugleich sicher gestellt, dass der Empfänger von Sozialhilfe unter Berücksichtigung des ihm auferlegten Eigenanteils ähnlich wie ein Nichthilfeempfänger unterer Lohn- und Einkommensgruppen leben könne. Im Übrigen sei zu beachten, dass bei Sozialhilfeempfängern bei der Berechnung der zu leistenden Zuzahlungen als Bruttoeinnahmen nur der Regelsatz des Haushaltsvorstandes berücksichtigt werde und nicht etwa die gesamte gezahlte Sozialhilfe. Den Beziehern von Sozialhilfe werde durch die gesetzliche Regelung letztlich nur in einem geringen Umfang zugemutet, ihr Einkommen für die medizinische Versorgung einzusetzen. Ein Verstoß gegen Artikel 3 GG sei nicht gegeben. Soweit der Kläger geltend mache, er werde anders behandelt als nicht chronisch kranke Sozialhilfeempfänger, sei darauf hinzuweisen, dass er wegen seiner chronischen Erkrankung lediglich einen Eigenanteil in Höhe von 1 % und nicht, wie andere Sozialhilfeempfänger, von 2 % zu leisten habe.
Das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Gegen das ihm am 26.07.2006 zugestellte Urteil des Sozialgerichts richtet sich die Berufung des Klägers vom 28.08.2006 (einem Montag). Der Kläger hält an seiner Auffassung fest. Es stehe fest, dass das jetzige Sozialhilfeniveau, das Grundlage des Überlebens des Klägers sein solle, nicht ausreiche, um auch nur annähernd darüber hinausgehende Bedarfe, wie sie die Eigenbeteiligungen für Zuzahlungen zur Krankenversorgung darstellten, aufzubringen. Der Betrag, der hierfür aufgebracht müsse, fehle an anderer Stelle für lebensnotwendige andere Anschaffungen. Die Ausführungen des Sozialgerichts etwa zum Lohnabstandsgebot rechtfertigten die Benachteiligung des Klägers nicht. Das Lohnabstandsgebot könne kein auschlaggebendes Kriterium sein, um weitere Einschränkungen der Sozialhilfe zu rechtfertigen. Dies zu Ende gedacht, könne bedeuten, dass bei zunehmenden Lohnsenkungen auch das Sozialhilfeniveau gleichsam zwangsläufig sinken müsse, um dem Lohnabstandsgebot Rechnung zu tragen, und zwar völlig unabhängig von der Frage, wie die Entwicklung der Lebenshaltungskosten verlaufe. Es sei auch zu beachten, dass der Kläger neben den Zuzahlungen wegen seiner Erkrankung weitere finanzielle Belastungen zu tragen habe, etwa dadurch, dass er nicht verschreibungspflichtige Medikamente anschaffen müsse, für die die Krankenkasse nicht mehr aufkomme.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.07.2006 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2005 und unter Aufhebung des Bescheides vom 05.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2005 zu verurteilen, ihm für das Jahr 2004 einen Betrag von 35,52 EUR sowie für das Jahr 2005 einen Betrag von 41,40 EUR wegen der von ihm geleisteten Zuzahlungen im Rahmen der Krankenversorgung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die vom Sozialgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) zu Recht abgelehnt. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der von ihm geleisteten Zuzahlungen als Zuschuss besteht nicht. Der Senat verweist insoweit zunächst auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG).
I. Hinsichtlich der im Jahr 2004 während des Bezuges von Leistungen nach dem BSHG durch den Kläger geleisteten Zuzahlungen fehlt es – wie vom Sozialgericht zutreffend festgestellt – an einer Anspruchsgrundlage. Maßgeblich sind insoweit auch nach Außerkrafttreten des BSHG zum 31.12.2004 die Vorschriften dieses Gesetzes.
Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz-GMG) vom 14.11.2003 (Bundesgesetzblatt I, 2003, Nr. 55, S. 2190ff.) ist die zuvor nach § 61 a.F. SGB V gegebene Möglichkeit der vollständigen Befreiung von der Zuzahlungspflicht abgeschafft worden. Sozialhilfeempfänger haben wie alle sonstigen gesetzlichen Versicherten Zuzahlungen von bis zu 2 % ihres Bruttoeinkommens zu erbringen, chronisch Kranke, zu denen auch der Kläger aufgrund der nachgewiesenen Erkrankungen zu zählen ist, haben Zuzahlungen lediglich bis 1 % ihres Bruttoeinkommens zu erbringen. Speziell für Sozialhilfe beziehende Personen ist der Begriff des Bruttoeinkommens in § 62 Abs. 2 SGB V festgelegt worden, wobei nicht die gesamten Leistungen maßgeblich sind, sondern für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelsatz des Haushaltsvorstandes. Die von der Krankenkasse festgelegten Zuzahlungen sind, obgleich dies vorliegend nicht im Streit steht, daher zutreffend ermittelt worden. Zugleich wurde § 38 Abs. 1 BSHG zum 01.01.2004 dahingehend geändert, dass die Leistungen zur Hilfe bei Krankheit den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu entsprechen haben. § 38 Abs. 2 in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung des BSHG, nach dem die Krankenhilfe der Sozialhilfeträger im Einzelfall den vollen Bedarf des Hilfebedürftigen befriedigen musste, ist ersatzlos gestrichen worden.
Dies führt im Ergebnis zu einer vollkommenen Gleichstellung bei der Leistungsinanspruchnahme von gesetzlich krankenversicherten Hilfeempfängern mit Versicherten ohne Sozialhilfebezug (vgl. etwa Kostorz/Wahrendorf, Hilfe bei Krankheit für Sozialhilfeempfänger, ZfSH/SGB 2004, 387-395). Zugleich hat der Gesetzgeber auch die Verordnung zur Durchführung des § 22 des Bundessozialhilfegesetzes vom 20.07.1962 (Bundesgesetzblatt I, 515 – Regelsatzverordnung) geändert. Mit Artikel 29 des GMG erhielt § 1 Abs. 1 der Regelsatzverordnung die folgende Fassung:
"Die Regelsätze umfassen die laufenden Leistungen für Ernährung, hauswirtschaftlichen Bedarf einschließlich Haushaltsenergie sowie für persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Dazu gehören auch die laufenden Leistungen für die Beschaffung von Wäsche und Hausrat von geringem Anschaffungswert, für die Instandsetzung von Kleidung, Schuhen und Hausrat in kleinerem Umfang, für Körperpflege, für Reinigung sowie die Leistungen für Kosten bei Krankheit, bei vorbeugender und sonstiger Hilfe, soweit sie nicht nach den § 36 bis 38 des Gesetzes übernommen werden."
Dies hat zur Folge, dass sämtliche Zuzahlungen, wie auch im Einzelfall nicht von der Kasse gewährte medizinische Leistungen sowie das komplette Spektrum nicht verordnungsfähiger Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel aus den allgemeinen Regelsätzen bestritten werden müssen (vgl. Kostorz/Wahrendorf, a.a.O.). Daher scheidet auch eine Leistungsbewilligung als Gewährung einmaliger Hilfen zum Lebensunterhalt auf der Grundlage des § 21 Abs. 1a bzw. Abs. 2 BSHG aus. Die Gewährung einmaliger Hilfen zum Lebensunterhalt setzt nämlich voraus, dass der Bedarf nicht mit dem Regelbedarf nach § 2 Abs. 2 Regelsatzverordnung abgegolten ist.
Den Regelungen des GMG ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bewusst auch Sozialhilfeempfänger nicht von den sich nach Maßgabe des SGB V ergebenden Zuzahlungverpflichtungen ausgenommen hat. Nach der im Gesetzesentwurf zum GMG ausgeführten Begründung (BT-Drs. 14/1525, S. 77) hat der Gesetzgeber, um die soziale Balance sicher zu stellen "für alle Versicherten einschließlich der Sozialhilfeempfänger eine Belastungsgrenze in Höhe von 2 % des Bruttoeinkommens" vorgesehen. Es entsprach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers "Sozialhilfeempfänger, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind", zukünftig mit gesetzlich Krankenversicherten gleich zu behandeln. Weiter ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen (BT-Drs 14/1525 S. 95), dass für bislang vollständig befreite Empfänger auch von Fürsorgeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz als Bruttoeinnahmen für die Bedarfsgemeinschaft der Regelsatz des Haushaltsvorstandes nach der Regelsatzverordnung zu berücksichtigen sein soll.
Durch die gleichzeitige Änderung der Regelsatzverordnung hat der Gesetzgeber hinsichtlich der Zuzahlungen eine faktische Kürzung der Regelsatzleistungen in Kauf genommen oder sogar intendiert.
Diese Konsequenz ist unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber zuzugestehenden Gestaltungsspielraums verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass insbesondere die konkrete Belastung des Klägers mit (auf das Jahr bezogen) einem Betrag von 35,52 EUR (monatlich entspricht dies einer zusätzlichen Belastung von 2,96 EUR) nicht dazu führt, dass das verfassungsrechtlich zu sichernde (physische) Existenzminimum nicht mehr gewahrt war.
In Bezug auf den Kläger ist in Ergänzung der Ausführungen des Sozialgerichts noch darauf hinzuweisen, dass ihm wegen besonderer Bedarfe zusätzliche Leistungen gewährt wurden und der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in den Monaten Januar bis November 2004 in fehlerhafter Weise deutlich zu hoch bemessen dar.
Aber auch losgelöst von der Person des Klägers ist die höchstmögliche Belastung des alleinstehenden Sozialhilfeempfängers angesichts ihrer – auch in Ansehung existenzsichernder Leistungen – relativ geringen wirtschaftlichen Bedeutung vor dem Hintergrund der den Regelungen des GMG zu Grunde liegenden Gesamtkonzeption sowie ihrer absehbar ohnehin eingeschränkten zeitlichen Bedeutung nicht zu beanstanden.
Der Gesetzgeber hat auch nicht durch die Schaffung des § 35 Abs. 3 SGB XII zu erkennen gegeben, dass er selbst die Regelung für verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar hält. Die Regelung des § 35 Abs. 3 SGB XII, wonach der Träger der Sozialhilfe für Leistungsberechtigte nach Abs. 2 Satz 2 die jeweils von ihnen bis zur Belastungsgrenze (§ 62 SGB V) zu leistenden Zuzahlungen in Form eines ergänzenden Darlehens (§ 37) übernimmt, sofern der Leistungsberechtigte nicht widerspricht, trägt dem Umstand Rechnung, dass stationär Untergebrachte, die im Regelfall auch chronisch krank sind, aus den ihnen zur Verfügung stehenden Barbeträgen die ihnen zugemuteten Zuzahlungen zu erbringen hatten, was zugleich dazu führte, dass die eigentlich daraus zu befriedigenden täglichen Bedürfnisse ggf. nicht befriedigt werden konnten. Die Regelung orientierte sich an einer bereits in der Praxis entwickelten Verfahrensweise, die bundesweit umgesetzt werden und gezielt finanzielle Überforderungen von Heimbewohnern vermeiden sollte (vgl. BT-Drs. 15/3977, S. 8). Ein Antrag auf Wiedereinführung der vollständigen Zuzahlungsbefreiung für Versicherte mit geringem Einkommen im Wege einer Härtefallregelung (BT-Drs. 16/6033) wurde vom Bundestag hingegen gerade nicht umgesetzt. Im Ausschuss für Gesundheit erklärten die den Antrag ablehnenden Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU und SPD, mit dem GMG sei eine sozialverträgliche und gerechte Härtefallregelung geschaffen worden. Für alle Personen gelte eine Belastungsobergrenze für Zuzahlungen von 2 %, bei Chronikern von 1 % des Bruttoeinkommens, ab deren Überschreitung eine Befreiung erfolge. Insbesondere seien Kinder weiterhin völlig von Zuzahlungen befreit. Ebenso sei ein zuzahlungsfreier Zugang zu Früherkennungsmaßnahmen gewährleistet (BT-Drs. 16/7435, Seite 4).
Es ist demnach keineswegs so, dass die Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V "ohne Weiteres als Begründung für das Verlangen einer entsprechenden Anhebung von Regelsatz und Barbetrag dienen" kann (so aber Armborst in LPK-SGB XII, 8. Auflage 2008, § 35 Rn. 14). Denn der Gesetzgeber vermutet gerade nicht, dass alle stationär Untergebrachten nicht in der Lage sind, mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Barbetrag, der dem Regelsatzanteil zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse entspricht, den unabweisbaren Bedarf zu decken. Vielmehr hat der Gesetzgeber nur den Bedenken Rechnung getragen, dass bei Heimbewohnern vielfach die gesamten für das Jahr zu erbringenden Zuzahlungen bereits im ersten Monat eines Jahres anfallen und dann aus dem lediglich geringen Barbetrag zu erbringen wären.
Mit der Gewährung eines ergänzenden Darlehens nach § 37 SGB XII setzt der Gesetzgeber hingegen voraus, dass die Zuzahlungen zu den Krankheitskosten einen von den Regelsätzen umfassten und nach den Umständen unabweisbar gebotenen Bedarf darstellen, der im Einzelfall auf keine andere Weise gedeckt werden kann (so Armborst, a.a.O.). Dies ergibt sich bereits aus der skizzierten Änderung der Regelsatzverordnung, die hinreichend deutlich macht, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Regelsätze auch Zuzahlungen zu den Krankheitskosten erfassen.
Im Ergebnis vermag sich der Senat den geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. für den Zeitraum 01.07.2004 bis 31.12.2004 etwa Kostorz/Wahrendorf, a.a.O.; vgl. etwa auch Bieritz-Harder/Birk in LPK-SGB XII, a.a.O., § 48 Rn. 31 m.w.N.) ebenso wie das Sozialgericht unter dem Gesichtspunkt einer verfassungswidrig nicht ausreichenden Bemessung der Regelsätze nicht anzuschließen, auch wenn die seit 2004 neuen Belastungen für den Bereich der Gesundheitspflege in den regelsatzrelevanten Abteilungen in § 2 Abs. 2 der Regelsatzverordnung möglicherweise nicht hinreichend berücksichtigt wurden (Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, 7. Auflage 2005, § 48 Rn. 30).
Auch vermag der Senat einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG nicht zu erkennen. Dieser ist insbesondere nicht in einer Schlechterstellung chronisch Kranker, die zwangsläufig mehr für ihre Gesundheit aufbringen müssen, im Vergleich zu denjenigen, die keine oder nur geringe Mittel aufzuwenden haben und die deshalb andere Bedarfe nicht in gleicher Weise zu decken vermögen, zu sehen. Art 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Eine Gruppe von Normadressaten darf grundsätzlich nicht anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass diese die ungleiche Behandlung rechtfertigen. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber allerdings grundsätzlich berechtigt, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Er darf danach bei der Ordnung von Massenerscheinungen – wie sie besonders im Bereich der Sozialversicherung auftreten – typisierende Regelungen treffen, wenn die damit verbundenen Härten nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. zu alledem in Bezug auf die typisierenden (Zuzahlungs-) Regelung des § 62 SGB V zuletzt BSG, Urteil vom 22.04.2008 – B 1 KR 20/07 R mit Nachweisen zur Rechtsprechung des BVerfG).
Dabei kann zur Überzeugung des Senats letztlich dahinstehen, ob der Kläger im Rahmen seiner Argumentation die zu vergleichenden Gruppen der Normadressaten zutreffend bestimmt hat. Denn im Verhältnis zu nicht chronisch kranken Hilfebedürftigen erfolgt eine Ungleichbehandlung schon deshalb nicht, weil der Gesetzgeber im Rahmen einer typisierenden Regelung abgestufte Zuzahlungsregelungen getroffen hat. Jedenfalls sind besondere Härten aufgrund der ihm aufgebürdeten Zuzahlungen für den Kläger nicht ersichtlich.
II. Auch für das Jahr 2005 kommt aus im Wesentlichen entsprechenden Überlegungen ein Anspruch auf Erstattung der erfolgten Zuzahlungen nicht in Betracht. Auch insoweit sind die Krankheitskosten von den Regelsätzen erfasst. Die Möglichkeit einer weitergehenden Gewährung besteht nicht.
Der Senat hat sich für das Regelungssystem der Grundsicherung für Arbeitsuchende der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. etwa Urteil vom 23.11.2006 – B 11b AS 1/06 R) zur Verfassungsgemäßheit der Regelleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) angeschlossen (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 19.05.2008 – L 20 AS 48/06). Die der Höhe nach identischen Regelsätze nach dem SGB XII sind ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII die Möglichkeit der abweichenden Festlegung der Bedarfe besteht. Hierzu bedarf es vorliegend angesichts des Streitgegenstandes (Erstattung der Zuzahlungen) keiner weiteren Ausführungen. Etwaigen Besonderheiten wegen erhöhter, d.h. unabweisbar der Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweichenden Ausgaben wegen der Erkrankung (nicht verschreibungspflichtige Medikamente etc.) des Klägers wäre ggf. nach substantiierter Darlegung in einem gesonderten Verfahren nachzugehen.
Der Gesetzgeber hat das von ihm sicherzustellende sog. soziokulturelle Existenzminimum (vgl. hierzu Martinez Soria, Das Recht auf Sicherung des Existenzminimums, JZ 2005, 644, 647 ff.; Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 20 Rn. 8, 9, 21 und insbes. 47 – 51; Münder in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 1 Rn. 5), insbesondere einen Schutz der Leistungsempfänger vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung, hinreichend berücksichtigt, indem er Erwägungen aus der nach dem BSHG gewährten Sozialhilfe aufgegriffen und präzisiert hat. Dabei hat er eine geeignete Art der Bedarfsermittlung gewählt und deren Ergebnis in nicht zu beanstandender und in einer für Massenverfahren zulässigen typisierenden Form in die Bemessung der Regelleistungen einfließen lassen; mit dem Rückgriff auf eine statistisch valide Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und unter Anwendung des sog. Statistikmodells beruht die Regelleistung auf ausreichenden Erfahrungswerten unter Zugrundelegung vertretbarer Wertungen (siehe insoweit zur – bislang nur zum Steuer- bzw. Kindergeldrecht vorliegenden – Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Fragen der bedarfsgerechten Bestimmung des Existenzminimums Wallerath, Zur Dogmatik eines Rechts auf Sicherung des Existenzminimums, JZ 2008, 157, 165 f.).
Der Senat sieht sich in seiner Auffassung durch die jüngste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 22.04.2008 – B 1 KR 10/07 R) bestätigt. In Bezug auf die nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung von einem Empfänger von Leistungen nach dem SGB II zu tragenden Zuzahlungen hat das BSG ausgeführt (siehe Medieninformation 17/08 vom 22.04.2008, abrufbar unter www.bundessozialgericht.de):
"Die Ausgestaltung der Zuzahlungspflicht und der Sozialleistungen für Leistungsbezieher nach dem SGB II zielt nicht auf die denkbar untersten verfassungsrechtlichen Grenzen ab, das physische Existenzminimum, sondern geht darüber hinaus. Das Regelungsgeflecht knüpft an die frühere Bemessung der Regelsätze nach dem Bundessozialhilfegesetz als einer eindeutig verfassungsrechtlich gesicherten Grundlage an und bezieht auch die Gewährung eines soziokulturellen Leistungsanteils mit ein. Der Gesetzgeber durfte wegen der neuen Koordinierung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe durch das SGB II zudem Erkenntnisse und Erfahrungen sammeln. Er hat vertretbar die Werte der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe von 1998 hochgerechnet."
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht ersichtlich. Hinsichtlich der für das Jahr 2004 geltend gemachten Ansprüche fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung, da die entscheidungserheblichen Rechtsfragen das zum 31.12.2004 außer Kraft getretene BSHG betreffen und – auch nach Anhörung der Beteiligten – keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine namhafte Anzahl von ähnlich gelagerten Rechtsstreitigkeiten existiert. Für das Jahr 2005 sieht der Senat die Rechtslage als geklärt an.
Erstellt am: 04.04.2011
Zuletzt verändert am: 04.04.2011