Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 04.05.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin, der das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 05.06.2007 nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Denn das SG hat den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
1.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
2.
Die Antragstellerin begehrt, die Antragsgegnerin einstweilen zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren. Einen Anordnungsanspruch hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht.
Denn die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die begehrten Leistungen erfüllt sind. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II nur Personen, die insbesondere hilfebedürftig sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann (§ 9 Abs. 1 SGB II).
Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie hilfebedürftig in diesem Sinne ist. Denn sie bildet nach derzeitiger Beurteilung mit Herrn C X eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II. Liegt eine Bedarfsgemeinschaft vor, sind bei der Prüfung des Hilfebedarfs auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
a)
Von dem Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft ist hier aufgrund der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II auszugehen. Danach wird der eine Bedarfsgemeinschaft kennzeichnende wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, insbesondere vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben. Diese Vermutung ist eine gesetzliche Tatsachenvermutung, die im Ergebnis die Beweislast umkehrt (BT-Drucks. 16/1410, S. 19). Will der Arbeitsuchende diese gesetzliche Vermutung widerlegen, muss er einen Vollbeweis (bzw. hier die Glaubhaftmachung) dahingehend erbringen, dass entweder die von der Vermutungsregelung vorausgesetzten Hinweistatsachen nicht vorliegen oder aber andere Hinweistatsachen gegeben sind, die die Vermutung entkräften, es sei der wechselseitige Wille vorhanden, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
Die Voraussetzungen der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II sind erfüllt. Denn die Antragstellerin lebt länger als ein Jahr mit Herrn X zusammen.
b)
Der Vortrag der Antragstellerin ist nicht geeignet, die durch § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II ausgelöste Vermutung zu widerlegen. Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass die Antragstellerin und Herr X in so enger räumlicher Gemeinschaft zusammenleben, dass eine Wohngemeinschaft – also eine reine Zweckgemeinschaft – praktisch ausgeschlossen ist.
Der Vortrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren, wonach sich Herr Wilhelms mittlerweile so gut wie gar nicht mehr in der gemeinsamen Wohnung aufhalte, ist nicht glaubhaft. Denn ihm steht der Bericht des Außendienstes der Antragsgegnerin entgegen, der im Einvernehmen mit der Antragstellerin am 03.07.2007 einen Hausbesuch in der Wohnung der Antragstellerin durchführte. Nach den dortigen Feststellungen verfügt das Schlafzimmer über ein beidseitig bezogenes Doppelbett; im Kleiderschrank im Schlafzimmer bewahren die Antragstellerin und Herr X ihre Garderobe gemeinsam auf. Der Vortrag der Antragstellerin, Herr X schlafe im Wohnzimmer auf einem Sofa, erscheint vor diesem Hintergrund nicht glaubhaft. Der Außendienst hat zudem festgestellt, dass Bettzeug im Wohnzimmer nicht aufbewahrt worden ist. Auf den Hinweis der Antragstellerin, das Bettzeug befinde sich im Keller, hat der Außendienst der Antragsgegnerin dort nur ein unbezogenes Oberbett vorgefunden; ein Kopfkissen fehlte ebenso wie ein Bettlaken.
Die Antragstellerin ist diesen Ausführungen des Außendienstes nicht entgegengetreten. Der Aufforderung des Senats, hierzu Stellung zu nehmen, ist sie trotz Erinnerung nicht nachgekommen.
3.
Da einstweilen von dem Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und Herrn X auszugehen ist, ist das Einkommen von Herrn X bei der Prüfung der Bedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).
Das Einkommen von Herrn Wilhelms übersteigt den Bedarf der aus der Antragstellerin und Herrn Wilhelms bestehenden Bedarfsgemeinschaft.
a)
Der Bedarf errechnet sich aus der gemäß § 20 Abs. 3 SGB II reduzierten Regelleistung von 311 Euro (jetzt 312 Euro), zusammen also 622 (bzw. 624) Euro. Hinzu kommen die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Wenn man die tatsächlichen Aufwendungen von der Antragstellerin und Herrn X als angemessen unterstellt und damit in voller Höhe berücksichtigt (315 Euro Kaltmiete, 45 Euro Heizung, 40 Euro Nebenkosten monatlich), beträgt der monatliche Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft 1.022 (bzw. 1024) Euro monatlich.
b)
Das zu berücksichtigende Einkommen von Herrn X übertrifft diesen Gesamtbedarf. Nach der von der Antragstellerin vorgelegten Gehaltsmitteilung von Herrn X vom 01.03.2007 verfügt dieser über ein monatliches Brutto-Einkommen von 2.147,60 Euro, das Netto-Einkommen beträgt monatlich 1.374,50 Euro. Das zu berücksichtigende Einkommen von Herrn X beträgt monatlich 1.094,50 Euro. Denn von seinem Netto-Einkommen von 1.374,05 Euro sind gemäß § 30 Satz 1 SGB II 180 Euro abzusetzen (20 vom Hundert von 700 Euro zuzüglich 10 vom Hundert von 400 Euro = 180 Euro). Des Weiteren ist ein Grundfreibetrag von 100 Euro monatlich von dem Einkommen von Herrn X gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 – 5 SGB II (vgl. zur Berechnung Birk in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 30 Rn. 8) abzusetzen. Das zu berücksichtigende Einkommen von Herrn X beträgt damit 1.094,50 Euro monatlich (1.374,50 Euro abzüglich 280 Euro).
4.
Der Senat weist die Antragstellerin abschließend darauf hin, dass bei einem Auszug von Herrn X, der nach ihren Angaben zum 01.01.2008 erfolgen soll, eine erneute Überprüfung ihrer Leistungsberechtigung erforderlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist endgültig und kann mit der Beschwerde nicht angegriffen werden (§177 SGG).
Erstellt am: 25.09.2007
Zuletzt verändert am: 25.09.2007