Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 05.11.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Eilverfahren, in dem die Antragsteller die Zusicherung zur Übernahme von Kosten der Unterkunft einer neuen Wohnung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) begehrten.
Die 1982 geborene Antragstellerin zu 1) und ihre Tochter, die 2007 geborene Antragstellerin zu 2), stehen bei dem Antragsgegner im Bezug von laufenden Leistungen nach dem SGB II. Sie bewohnten zunächst eine 69 qm große Dreizimmerwohnung in der E-Straße 00 in E zu einem Gesamtmietpreis einschließlich Nebenkosten von 396,60 Euro. Am 04.09.2012 teilte die damals schwangere Antragstellerin zu 1) telefonisch mit, dass sie umziehen wolle und bat um Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Wohnung. Hierzu legte sie eine Vermieterbescheinigung über eine 76,75 qm große Dreizimmerwohnung in der L-straße 00 in E zu einem Gesamtmietpreis einschließlich Nebenkosten von 528,60 Euro monatlich vor. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 05.09.2012 ab, da ausreichender Wohnraum für drei Personen vorliege. Hiergegen erhob die Antragstellerin am 13.09.2012 Widerspruch. Sie sei hochschwanger und der Geburtstermin für Anfang November ausgerechnet. Die Wohnung in der E Straße habe sie bereits gekündigt. Diese Wohnung habe ein Wohn- und ein Schlafzimmer sowie ein Kinderzimmer von nur 5 qm Größe. Ein weiteres Kind könne im Kinderzimmer nicht untergebracht werden, der Umzug sei daher erforderlich.
Am 18.09.2012 haben die Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Duisburg Antrag auf Erlass einer einstweilige Anordnung gestellt und begehrt, den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antrag auf Kostenübernahme zum Umzug zuzustimmen sowie Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen.
Am 25.09.2012 hat der Ermittlungsdienst des Antragsgegners die Wohnung in der E Straße überprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es möglich sei, das sehr große Schlafzimmer (26 qm) in ein Kinderzimmer für zukünftig zwei Kinder umzugestalten. Die Kleiderschränke könnten dort stehen bleiben und die Antragstellerin in das jetzige Kinderzimmer umziehen. Lediglich das Doppelbett würde nicht passen.
Der Antragsgegner hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2012 zurückgewiesen, da der Umzug nicht erforderlich sei. Die derzeitige Wohnung sei auch unter Berücksichtigung der Geburt eines weiteren Kindes als angemessen anzusehen, da sie ggf. mit neuer Raumaufteilung, ausreichend Wohnraum für 3 Personen biete.
Mit Beschluss vom 05.11.2012 hat das SG Duisburg den Eilantrag der Antragsteller zurückgewiesen und die Bewilligung von PKH abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Zunächst sei bereits zweifelhaft, ob die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II überhaupt selbständig gerichtlich eingeklagt werden könne. Es spreche einiges dafür, dass Gegenstand einer Klage oder eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens allein die Gewährung der tatsächlichen Unterkunftskosten der neuen Wohnung sein könne (vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 17.01.2011 – L 6 AS 1914/10 B). Unabhängig davon lägen die Voraussetzungen des § 22 Abs. 4 SGB II nicht vor, weil der gewünschte Umzug nicht erforderlich sei. Es fehle an einem plausiblen, nachvollziehbaren und verständlichen Grund, die derzeitige Wohnung zu verlassen und in die den Antragstellern angebotene Wohnung umzuziehen. Ein wirtschaftlich denkender Nichtleistungsempfänger würde sich bei Abwägung für den Verbleib in der bisherigen Wohnung entscheiden, da beide Wohnungen drei Zimmer hätten, aber für die neue Wohnung ca. 130 Euro mehr zu zahlen sei als für die bisherige. Dies stelle für eine alleinerziehende Mutter im unteren Einkommensbereich eine erhebliche Mehrbelastung dar. Auch unter Berücksichtigung der erwarteten Geburt des zweiten Kindes sei eine Einrichtung der bisherigen Wohnumstände auf die neue Lebenssituation zu erwarten. Im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin zu 1) über ein außerordentlich großes Schlafzimmer verfüge, halte das Gericht es nicht nur für zumutbar, sondern für angemessen, dass das Neugeborene im Säuglingsalter im Schlafzimmer der Mutter schlafe. Letztlich sei auch zu beachten, dass in der bisherigen Wohnung eine andere Raumaufteilung in Betracht komme. Auch der Umstand, dass die Antragsteller die bisherige Wohnung bereits gekündigt hätten, führe nicht dazu, den Umzug als erforderlich anzusehen. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung sei gerade zu prüfen, ob ein wirtschaftlich denkender Nichtleistungsempfänger eine solche Wohnungskündigung vorgenommen hätte oder nicht. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das SG mangels Erfolgsaussichten abgelehnt.
Gegen den ihnen am 14.11.2012 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 16.11.2012 Beschwerde eingelegt. Der Anspruch auf Zustimmung gem. § 22 Abs. 4 SGB II sei gerichtlich einklagbar (vgl. LSG NRW Beschluss vom 14.06.2011 – L 7 AS 430/11 B). Ein Umzug sei erforderlich, wenn die bisherige Unterkunft den Unterkunftsbedarf nicht mehr ausreichend decke, so zB bei bevorstehender Geburt eines Kindes (LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 24.08.2007 – L 28 B 1389/07 AS ER; LSG Mecklenburg-Vorpommern Beschluss vom 07.05.2009 – L 8 AS 87/08). Dies sei hier der Fall. Für die Auffassung des SG, das Neugeborene könne im Schlafzimmer der Mutter schlafen, gebe es keine Rechtsgrundlage. Auch eine andere Raumaufteilung sei nicht möglich. Weder das Schlafzimmer der Antragstellerin zu 1) noch das Wohnzimmer ließen sich in einem 5 qm Zimmer unterbringen.
Nachdem die Antragsteller mit Zustimmung des Antragsgegners eine Wohnung auf der X-Straße 00in E angemietet haben, ist das Eilverfahren von beiden Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat es das Sozialgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 05.11.2012 abgelehnt, den Antragstellern Prozesskostenhilfe für das vorliegende Klageverfahren zu bewilligen.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73 a Abs.1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung ZPO unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig sowie die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§§ 73a, 121 Abs. 2 ZPO).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rn 7a). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, ist der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (vgl. BSG Beschluss vom 17.02.1998 – B 13 RJ 83/97 R Rn. 26; BVerfG Beschluss vom 14.04.2003 – 1 BvR 1998/02 Rn-11; BVerfG Beschluss vom 29.09.2004 – 1 BvR 1281/04 Rn. 14).
Der zunächst von der Antragstellerin auf eine gesetzlich nicht vorgesehene "Zustimmung zum Umzug" gerichtete und mit Schriftsatz vom 09.10.2012 in eine "Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung L-straße 00" gerichtete Eilantrag hatte zu keinem Zeitpunkt Aussicht auf Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das von Antragstellerseite geltend gemachte Recht (sog. Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit, d.h. die Dringlichkeit, die Angelegenheit sofort vor einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu regeln (sog. Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Glaubhaftmachung bedeutet, dass die tatsächlichen Voraussetzungen eines geltend gemachten Umstands als überwiegend wahrscheinlich dargelegt werden (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B Rn. 5).
Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 Rn. 24 f.). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Bei offenem Ausgang muss eine umfassende Folgenabwägung, die die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einstellt, erfolgen (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 Rn. 26; vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller /Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b Rn. 29a).
Die besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist zu bejahen, wenn dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechten droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 Rn. 28).
Hiervon ausgehend sind vorliegend die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits deshalb nicht erfüllt, weil es an einem Anordnungsgrund fehlt. Zwar besteht für einen Leistungsberechtigten, der eine neue Wohnung anmieten möchte, regelmäßig die Notwendigkeit, eine zügige Entscheidung zu treffen, damit die Wohnung nicht ggf. anderweitig vermietet wird. Dies allein führt jedoch nicht zu einer Eilbedürftigkeit der Entscheidung über die Zusicherung, weil deren Erteilung keine (notwendige) Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrages darstellt. Dem Leistungsberechtigten ist es auch ohne Zusicherung des Leistungsträgers tatsächlich und rechtlich möglich, die von ihm begehrte Wohnung anzumieten. Da der Leistungsberechtigte in seiner Handlungsfreiheit somit vom Verhalten des Antragsgegners unabhängig ist, droht durch die Versagung der Zusicherung als solcher keine Verletzung in eigenen Rechten, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte (LSG NRW Beschluss vom 27.9.2012 – L 12 AS 1350/12 B ER; Beschluss vom 17.01.2011 – L 6 AS 1914/10 B ER; Beschluss vom 03.09.2010 – L 19 AS 1496/10 B; SG Chemnitz Beschluss vom 26.07.2012 – S 14 AS 3078/12 ER: Zusicherung ist vorläufiger Regelung nicht zugänglich; aA LSG NRW Beschluss v. 14.06.2011 – L 7 AS 430/11 B; Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 22 Rn. 133).
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick darauf, dass die Antragsteller die Erteilung der Zusicherung begehrten, damit die höheren Kosten der neuen Wohnung nach deren Bezug vom Antragsgegner übernommen würden. Diese höheren Kosten selbst sind nicht Gegenstand des hier anhängigen – auf die Zusicherungserteilung – beschränkten Eilverfahrens. Zwischen der Erteilung der Zusicherung und der Übernahme der Mietaufwendungen für die neue Wohnung besteht auch kein zwingender Zusammenhang im Sinne einer conditio sine qua non. Vielmehr ist es für die Bestimmung der Höhe der (nach erforderlichem Umzug) zu erbringenden Mietkosten im Kern ohne Belang, ob eine Zusicherung vorliegt oder nicht, weil die Zusicherung gem. § 22 Abs. 4 SGB II keine Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme der angemessenen Kosten der neuen Unterkunft ist (BSG Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R Rn. 27 m.w.N.). Ist der Umzug i.S.v. § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II erforderlich und sind die Kosten der neuen Unterkunft angemessen, sind diese Kosten vom Leistungsträger auch dann zu zahlen, wenn eine Zusicherung nicht vorliegt. Das in § 22 Abs. 2 SGB II normierte Zusicherungsverfahren ist für den späteren Leistungsanspruch damit nicht konstitutiv sondern hat allein eine Aufklärungs- und Warnfunktion, deren Ziel es zugunsten des Leistungsberechtigten und der Allgemeinheit ist, den Leistungsberechtigten vor einem unüberlegten Vorgehen zu schützen, also zu verhindern, dass er in eine Notlage gerät, weil er eine neue Wohnung mietet, deren Kosten der Leistungsträger gem. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II nicht übernimmt (BSG Urteil vom 30.08.2010 – B 4 AS 10/10 R Rn. 17). Jedenfalls dann, wenn der Leistungsträger die begehrte Zusicherung verweigert, weil er die neue Wohnung für zu teuer erachtet, obliegt es der Entscheidung des Leistungsberechtigten, ob er – trotz des dadurch erkennbaren Kostenrisikos – dennoch umzieht oder in der "alten" Wohnung verbleibt, bis der Leistungsträger sein "Einverständnis" mit einer begehrten neuen Wohnung erklärt. So haben es die Antragsteller auch im vorliegenden Verfahren gehalten und letztlich eine andere als die zunächst begehrte Wohnung angemietet. Weder ist es Aufgabe des Eilrechtsschutzes, dem Leistungsberechtigten die Entscheidung über den Abschluss des Mietvertrages über eine vom Leistungsträger für zu teuer erachtete Wohnung zu erleichtern noch kann das Eilverfahren hier überhaupt eine echte Hilfestellung leisten. Da im Eilverfahren in aller Regel keine abschließende, sondern lediglich eine summarische Prüfung von Tatbestandsmerkmalen erfolgt, würde diese nur vorläufige Entscheidung das Risiko des Wohnungswechsels für den Leistungsberechtigten nicht beseitigen. Die mit der Zusicherung verfolgte Planungssicherheit dahingehend, ob die neue Wohnung angemessen ist und deren Kosten vom Leistungsträger damit dauerhaft in voller Höhe übernommen werden (vgl. BSG Urteil vom 22.11.2011 – B 4 AS 219/10 R Rn. 19), könnte durch eine – nur vorläufig geltende – Entscheidung im Eilverfahren ohnehin nicht erzielt werden (LSG NRW Beschluss vom 27.9.2012 – L 12 AS 1350/12 B ER; Beschluss vom 17.01.2011 – L 6 AS 1914/10 B ER; Beschluss vom 03.09.2010 – L 19 AS 1496/10 B). Die begehrte Erteilung der Zusicherung ist mangels Beeinträchtigung von Rechten der Antragsteller damit nicht eilbedürftig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 02.04.2013
Zuletzt verändert am: 02.04.2013