Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine auf Entschädigung gerichtete Klage nach §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Sie macht eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens S 27 AS 5224/11 Sozialgericht (SG) Dortmund geltend.
In diesem Rechtsstreit hat die Klägerin am 02.12.2011 Klage gegen das JobCenter N Kreis im Wesentlichen mit dem Begehren erhoben, bei den ihr und dem mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden S für die Zeit vom 01.02.2011 bis 31.07.2011 gewährten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – einen Freibetrag i.H.v. 30,00 EUR monatlich zu berücksichtigen.
Am 09.11.2012 hat die Klägerin die Dauer des Verfahrens gerügt; am 20.06.2013 hat sie die vorliegende Klage erhoben, mit der sie eine Entschädigung von 1.200,00 EUR pro Jahr begehrt.
II.
Der Senat ist gemäß § 202 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m § 201 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GVG, beide eingefügt durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl. I S 2302) und zuletzt geändert durch das Gesetz über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06.12.2011 (BGBl. I S. 2554), zuständig. Das streitgegenständliche Verfahren S 27 AS 5224/11 SG Dortmund wird im Bezirk des LSG Nordrhein-Westfalen durchgeführt.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, weil der von ihr erhobenen Entschädigungsklage keine Aussicht auf Erfolg zuzumessen ist (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Satz 1 Zivilprozessordnung).
Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG hat derjenige Anspruch auf angemessene Entschädigung, der infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG).
Die Entschädigungsklage kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Klägerin die Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG zu Unzeit erhoben hat.
Nach § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG kann die Verzögerungsrüge erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird. Die Verzögerungsrüge ist materielle Anspruchsvoraussetzung für den Entschädigungsanspruch (BSG, Beschluss vom 27.06.2013 – B 10 ÜG 9/13 B -). Wird die Rüge zur Unzeit erhoben, ist der Anspruch nicht begründet und die Klage abzuweisen. Die Gesetzesbegründung formuliert, dass die Rüge "ins Leere" gehe (BT-Drs. 17/3802 S. 20). Sie ist damit endgültig unwirksam und wird auch dann nicht wirksam, wenn später tatsächlich eine unangemessene Verfahrensdauer eintritt.
Ein solcher Fall liegt hier vor.
Die Klägerin geht bereits vom Ansatz her fehl, wenn sie zur Begründung ihrer Klage und auch ihrer Rüge letztlich allein auf die Laufzeit des Ausgangsverfahrens abstellt. Der bloße Hinweis eines nach seiner Auffassung Betroffenen auf eine lange Laufzeit des Rechtsstreits trägt nämlich weder eine Verzögerungsrüge noch eine Entschädigungsklage. Die Zugrundelegung fester Zeitvorgaben ist mit § 198 GVG nicht vereinbar. Die Vorschrift lässt es grundsätzlich nicht zu, für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer von bestimmten Orientierungs- oder Richtwerten für die Laufzeit gerichtlicher Verfahren auszugehen, und zwar unabhängig davon, ob diese auf eigener Annahme oder auf statistisch ermittelten durchschnittlichen Verfahrenslaufzeiten beruhen (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.07.2013 – 5 C 27/12 -; Oberlandesgericht (OLG) Köln; Urteil vom 21.03.2013 – 7 SchH 5/12 -). Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut, nach der sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer "nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter" richtet.
Die Angemessenheit einer Verfahrensdauer und damit auch der Zeitpunkt, zu dem eine Verzögerungsrüge zu Recht erhoben wird, richten sich mithin nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei obliegt es zunächst dem nach seiner Auffassung Betroffenen vorzutragen, worin die unangemessene Dauer des Verfahrens liegen (OLG Köln, Urteil vom 21.03.2013 a.a.O.) bzw. die Besorgnis begründet gewesen sein soll, dass das Verfahren nicht einer angemessenen Zeit abgeschlossen sein wird. Dazu verhält sich das Vorbringen der Klägerin mit Ausnahme des unbeachtlichen Hinweises auf die Laufzeit des Verfahrens indes nicht; Anhaltspunkte für eine solche Besorgnis sieht aber auch der Senat nicht:
Ihr Klagebegehren hat die Klägerin, die ihren Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 17.08.2011 nicht begründet hat,
– erstmals im gerichtlichen Verfahren am 29.12.2011 zum Ausdruck gebracht,
– dann aber nach wechselseitigen Schriftsätzen am 13.08.2012 inhaltlich modifiziert,
– um sodann nach Erwiderung des Beklagten (Schriftsatz vom 05.09.2012) und – Hinweis des SG vom 23.10.2012, dass die Klage wenig Aussicht auf Erfolg haben dürfte, sofern nicht Fehler in der Berechnung des Beklagten im Schriftsatz vom 05.09.2012 aufgezeigt würden,
– die Verzögerung des Verfahrens zu rügen (Rüge vom 09.11.2012).
Angesichts dieses Sachverhalts bestand am 09.11.2012 "bei vernünftiger Betrachtung" (Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Verfahren, § 198 GVG, Rdn. 187) nicht einmal im Ansatz ein Anhaltspunkt für eine Besorgnis, dass das GerichtsVerfahren nicht in den Umständen des Einzelfalls angemessener Zeit abgeschlossen werde würde.
Darauf, dass darüber hinaus auch keine i.S.d. § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG entschädigungspflichtige überlange Verfahrensdauer bestand, kommt es angesichts dessen nicht mehr an. III.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 09.01.2014
Zuletzt verändert am: 09.01.2014