Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.09.2013 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird endgültig auf 30.011,12 Euro festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beklagte der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres Vaters Altersrente für den Zeitraum vom 01.07.1997 bis 31.01.2008 zu zahlen hat.
Die Klägerin ist die Tochter und Erbin des am 00.00.1928 in C (Ukraine) geborenen und 1995 in Israel eingewanderten F N (im Folgenden: Versicherter). Der Versicherte beantragte über seinen Bevollmächtigten am 07.11.2002 bei der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Die Beklagte forderte ihn mit Schreiben vom 22.10.2003 unter Beifügung eines Fragebogens auf, nähere Angaben zur behaupteten Ghetto-Beschäftigung zu machen. Am 09.12.2003 nahm der Bevollmächtigte des Versicherten den Rentenantrag zurück. Der Versicherte verstarb am 21.01.2008.
Am 29.12.2009 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin – zunächst im Namen des bereits verstorbenen Versicherten – bei der Beklagten "die Überprüfung des Ablehnungsbescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und die Anerkennung von Beitragszeiten sowie die Rentenzahlung nach dem ZRBG". Mit Schreiben vom 03.05.2010 teilte er mit, die Klägerin wolle das Verfahren als Rechtsnachfolgerin fortführen.
Mangels überprüfbarer Ablehnungsbescheide wertete die Beklagte den Antrag als neuen Rentenantrag und zog Unterlagen der Claims Conference bei. Dort war ein Antrag des Versicherten auf Entschädigung unter Hinweis darauf abgelehnt worden, dass sich der Versicherte nach den Ermittlungen während des Krieges nicht in einem Ghetto, sondern ab dem Jahr 1941 in der Sowjetunion aufgehalten habe. Die Beklagte wies auf diesen Ablehnungsgrund mit Schreiben vom 10.11.2010 hin. Den Rentenantrag lehnte sie mit Bescheid vom 20.05.2011 ab. Bei der Altersrente handele es sich um ein Recht, das nur der Versicherte selbst in Anspruch nehmen könne. Die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs sei höchstpersönlicher Natur und könne auch nicht nachträglich durch die Erben oder Rechtsnachfolger erfolgen. Der Tod des Versicherten sei bereits am 21.01.2008 eingetreten, der Antrag jedoch erst am 29.12.2009 durch die Klägerin gestellt worden, so dass es zu keiner Rentengewährung komme. Den gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch vom 28.06.2011, den die Klägerin nicht begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2013 zurück.
Die Klägerin hat am 13.03.2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Die Beklagte habe die Zahlung einer Rente abgelehnt, weil der Antrag vom 04.11.2002 am 08.12.2003 infolge des Ausschlusses von Ghettotätigkeiten in Transnistrien durch die Beklagte vom Versicherten zurückgezogen worden sei. Die Beklagte habe die Konsequenzen zu tragen, dass sich ihre damalige Auffassung zu den Ghettotätigkeiten als falsch erwiesen habe und dadurch Berechtigte von der rechtzeitigen Antragstellung abgehalten wurden oder hätten werden können. Sie müsse einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gewähren. Im Übrigen könne das Schreiben vom 08.12.2003 nicht als wirksame Antragsrücknahme des israelischen Antrags angesehen werden, weil der Bevollmächtigte des Versicherten die Antragsgleichstellung für israelische Anträge damals nicht gekannt habe. Nach dem Gesetz der Logik könne man nur etwas zurücknehmen, von dem man auch Kenntnis habe.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 aufzuheben und ihr als Rechtsnachfolgerin Altersrente aus der Versicherung von F N vom 01.07.1997 bis zum 31.01.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die getroffene Entscheidung für zutreffend erachtet und die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs lägen nicht vor.
Das SG hat die Klage – nach Einholung des Einverständnisses der Beteiligten zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung – mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 26.09.2013 abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 beschwere die Klägerin nicht nach § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese Bescheide seien rechtmäßig, weil die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch habe, dass ihr als Rechtsnachfolgerin gemäß § 58 Erstes Sozialgesetzbuch (SGB I) i.V.m. §§ 1922 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Altersrente für den Versicherten gewährt werde.
Dies folge aus § 35 S. 1 Sechstes Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach bestünde ein Anspruch von Versicherten auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit erfüllt hätten. Ferner bestimme § 19 S. 1 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) i. V. m. § 115 Abs. 1 S. 1 SGB VI, dass eine Altersrente nur auf Antrag hin zu gewähren sei. Dieser Antrag könne wegen der höchstpersönlichen Natur der Rentenleistungsansprüche nur vom Berechtigten selbst, nicht aber von Rechtsnachfolgern gestellt werden. Ausgehend hiervon habe die Beklagte zu Recht den von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin gestellten Rentenantrag abgelehnt. Wegen der höchstpersönlichen Natur des Altersrentenanspruchs sei nicht sie, sondern nur der bereits verstorbene Versicherte antragsberechtigt gewesen. Etwas Anderes folge auch nicht aus dem vom Versicherten selbst gestellten Rentenantrag vom 07.11.2002. Denn diesen Antrag habe der Versicherte über seinen Bevollmächtigten zurückgenommen, noch bevor die Beklagte ihn habe bescheiden können. Mangels Bescheidung scheide auch die von der Klägerin zunächst beantragte Überprüfung früherer Ablehnungsbescheide aus.
Ebenso scheide die Annahme der Klägerin aus, der Versicherte habe nur den in Deutschland gestellten Rentenantrag, nicht aber den zuvor in Israel gestellten zurückgenommen. Für die von der Klägerin angenommene "Aufspaltung" des Rentenverfahrens bestehe kein Raum, vielmehr werde durch einen sowohl in Israel als auch in Deutschland gestellten Rentenantrag nur ein Verwaltungsverfahren eingeleitet. Denn Art. 27 des Deutsch-Israelischen-Sozialversicherungsabkommens besage nur, dass ein Antrag als bei dem zuständigen Träger gestellt gelte, wenn er bei einem für die Annahme des Antrags auf eine entsprechende Leistung zuständigen Versicherungsträger des anderen Vertragsstaates gestellt werde.
Schließlich scheide entgegen der Auffassung der Klägerin ein ererbter Rentenanspruch durch Annahme eines Rentenantrages des Versicherten im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aus. Dem stehe bereits die Vorschrift des § 59 S. 2 SGB I entgegen, woraus folge, dass Ansprüche auf Geldleistungen nur dann auf den Rechtsnachfolger übergingen, wenn über sie zumindest im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten ein Verwaltungsverfahren anhängig sei. Andernfalls würden sie mit dem Tod erlöschen. Hierbei werde auf die im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten tatsächlich bestehende Rechtslage abgestellt und nicht auf eine, die hätte bestehen können oder müssen. Der Gesetzgeber habe einen Anspruchsübergang für den Fall, dass Verfahrensmaßnahmen unterblieben seien, nicht vorgesehen, weswegen es selbst bei Annahme eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht zu einem Anspruchsübergang komme.
Unabhängig davon habe die Klägerin aber auch nicht die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs substantiiert dargetan. Denn selbst wenn man mit der Klägerin die Frage, ob die restriktive Verwaltungspraxis bei Rentenanträgen nach dem ZRBG für Transnistrien überhaupt als Pflichtverletzung betrachtet werden könne, bejahe, habe die Klägerin nicht ansatzweise dargelegt, dass der verstorbene Versicherte hierdurch von einer Rentenantragstellung tatsächlich abgehalten worden sei. Er habe vielmehr trotz dieser Praxis auch zunächst einen Rentenantrag gestellt.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 09.10.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.11.2013 Berufung eingelegt und ihr bisheriges Begehren weiterverfolgt und vertieft. Die Berufung stütze sich auf einen Herstellungsanspruch, weil der Versicherungsträger grundsätzlich das Risiko für die Richtigkeit seiner Rechtsauffassung trage. Die Unrichtigkeit sei unter Berücksichtigung des grundrechtlichen Vertrauensschutzes aus heutiger Sicht (ex post) und nicht aus der Sicht des Versicherungsträgers bei der Erstellung seiner Richtlinien (ex ante) festzustellen. Der Herstellungsanspruch leite sich unmittelbar aus dem Fehler der Verwaltung her und die durch das Verhalten des Versicherten verursachte Unkenntnis auf seinen Anspruch. Ein Verschulden sei nicht erforderlich. Der Versicherte sei hier seit dem Jahr 2001 vom Korrespondenzbüro des Bevollmächtigten H in Tel-Aviv betreut worden. Über dieses Büro sei dann auch im November 2001 ein Antrag nach dem ZRBG gestellt worden. Auf Grund der Anforderung der Beklagten vom 22.10.2003 sei der Versicherte darüber informiert worden, dass die Verwaltung die Anwendung des ZRBG bei Ghetto-Tätigkeiten in Transnistrien ablehne. Der Versicherte habe im Vertrauen auf die Richtigkeit der Rechtsauffassung der Verwaltung keine Chancen auf eine erfolgreiche Bearbeitung seines Antrags gesehen und die Mitwirkung eingestellt. Nach entsprechender Information des Büros H über die fehlende Mitwirkung habe der Bevollmächtigte den Antrag zurückgezogen. Die Antragsrücknahme sei auf der Basis eines rechtswidrigen Ausschlusses erfolgt und habe nicht den israelischen Rentenantrag umfasst. Nach Bekanntwerden von Anerkennungsleistungen bei einem Ghetto-Aufenthalt in Transnistrien habe der Versicherte das Büro H am 08.01.2008 (wieder) mit der Antragstellung beauftragt. Am 21.01.2008 sei er dann leider verstorben. Die Verwaltung habe durch die von ihr bei verschiedenen Anlässen mitgeteilte restriktive Rechtsauffassung ihre allgemeine Informationspflicht nach § 13 SGB I verletzt. Das BSG habe in einigen Sachverhalten (z.B. Versäumung der Nachentrichtungsfrist) entschieden, dass die Frist verlängert oder es der Rentenversicherung versagt werden müsse, sich auf die Antragsfrist zu berufen. Ebenfalls komme ein "normaler" Herstellungsanspruch unter Anwendung von § 44 Abs. 4 SGB X in Betracht. Der Versicherte habe hier keinen fristgerechten Antrag zum 30.06.2003 stellen können, da er seinen Anspruch nicht habe kennen können. Bei einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gelte der Grundsatz von Treu und Glauben. Auch der Verband der Deutschen Rentenversicherer (VDR) habe damals ausgeführt, dass Personen, die durch ein Verwaltungsverfahren oder erstinstanzliches Urteil falsch aufgeklärt worden seien und im Vertrauen darauf ihr Verfahren nicht weiter betrieben hätten, so behandelt werden müssten, als hätten sie den Antrag rechtzeitig gestellt. Die Beklagte müsse hier auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie den Bestandsschutz und hier insbesondere den Sozialstaatsgrundsatz Antragsverlängerung gewähren. Dem Ausschluss von Ghettobeitragszeiten in Transnistrien habe ein Ermittlungsfehler der Verwaltung verbunden mit einer restriktiven Gesetzesauslegung durch die Rentenversicherungen zugrunde gelegen. Die Kausalität für eine vorgenommene oder unterlassene Disposition des Betroffenen sei unter Umständen schwer nachweisbar. Würde dem Berechtigten aber der volle Beweis aufgebürdet, so wäre der Vertrauensschutz in vielen Fällen entwertet. Hier sei daher mit einer Beweislastumkehr oder dem Beweis des ersten Anscheins zu arbeiten. Stehe fest, dass die Sozialverwaltung rechtswidrig einen fehlerhaften Vertrauenstatbestand gesetzt habe und habe der Berechtigte zulässigerweise darauf vertraut, so sei der Sozialverwaltung das Risiko zuzuordnen, dass sich daraus die tatsächlich entstandenen Nachteile entwickelten.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.09.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Vaters, Herrn F N, Altersrente aus dessen Versicherung ab 01.07.1997 bis zum 31.01.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Klägerin, wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung der Zahlung von Altersrente im Bescheid der Beklagten vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Vaters (§ 58 Abs. 1 S. 1 SGB I i.V. § 1922 Abs. 1 BGB) nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
Gem. § 99 Abs. SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung (hier: der Versicherung des Vaters der Klägerin) von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.
Die Klägerin hat – unabhängig von weiteren Anspruchsvoraussetzungen der Regelaltersrente gem. § 35 SGB VI i.V.m. ZRBG – bereits deshalb keinen Anspruch auf Zahlung von Altersrente aus der Versicherung ihres Vaters, weil es an einer wirksamen Antragstellung des Vaters gem. § 115 Abs. 1 S. 1 SGB VI fehlt. Der über den Bevollmächtigten im November 2002 gestellte Antrag kann keine Berücksichtigung finden, da er zurückgenommen worden ist (hierzu 1.). Ebenso scheidet die Fiktion eines Antrags mittels des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aus (hierzu 2.)
1.) Der vom Versicherten selbst (über seinen Bevollmächtigten) im November 2002 gestellte Rentenantrag hat das Leistungsverfahren zwar zunächst gem. §§ 19 S. 1 SGB IV, 115 Abs. 1 S. 1 SGB VI in Gang gesetzt. Diesen Antrag hat der Bevollmächtigte des Versicherten aber am 09.12.2003 zurückgenommen (vgl. zur Wirksamkeit der Rücknahme von Anträgen vor Bescheiderlass zB BSG Urt. v. 09.08.1995 – 13 RJ 43/94 – juris Rn. 23 mwN; vgl. auch Kühn in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 115 Rn. 19 f.).
Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Rücknahme umfasse nicht den "zuvor in Israel" gestellten Antrag, ist dieses Vorbringen bereits dem Wortlaut nach nicht nachvollziehbar. Nach Aktenlage ist nicht ersichtlich und im Übrigen von der Klägerin auch sonst nicht vorgetragen, dass der Versicherte nicht nur in Deutschland, sondern ausdrücklich auch in Israel einen (weiteren) Antrag auf Gewährung einer deutschen Altersrente gestellt hat. Im Übrigen würde die Rücknahmeerklärung jedoch auch einen solchen Rentenantrag mit erfassen, weil beiden Anträgen (dann) ein identischer Gegenstand zugrunde liegt, der sich nicht aufspalten lässt (vgl. hierzu LSG NRW Urt. v. 25.10.2013 – L 14 R 250/13 – juris Rn. 36 ff. mwN zur BSG-Rechtsprechung). Entsprechendes gilt auch, wenn man das Vorbringen der Klägerin so versteht, der im November 2002 in Deutschland gestellte Antrag sei gleichzeitig gem. Art. 27 des Deutsch-Israelischen Sozialversicherungsabkommens (DISVA) als in Israel gestellter Antrag auf deutsche Rente anzusehen und ihr Vater habe lediglich den ausdrücklichen Antrag hier, nicht aber den – fingierten – Antrag in Israel zurückgenommen. Auch dies würde eine (unzulässige) Aufspaltung einer einheitlichen Sache bedeuten (vgl. hierzu auch LSG NRW a.a.O. – juris Rn. 39). Darüber hinaus würde eine derartige Auslegung den Sinn der Antragsfiktion des Art. 27 DISVA verkennen, der darin besteht, die Antragstellung zu vereinfachen, nicht hingegen darin, zwei gleichartige Anträge nebeneinander und mit ggf. unterschiedlichem Schicksal zu konstruieren.
Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin am 29.12.2009 einen "Antrag auf Überprüfung gem. § 44 SGB X" gestellt hat, konnte dieser Antrag mangels eines überprüfbaren (Vor-)Bescheides keine Wirkung entfalten. Auch bei der – von der Beklagten vorgenommenen – Umdeutung in einen Erstantrag ließ sich ein auf Rentenleistung für den Versicherten gerichtetes Verfahren nicht (mehr) wirksam in Gang setzen. Altersrenten werden gem. § 102 Abs. 5 SGB VI (lediglich) bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Berechtigte verstorben ist. Hier wäre eine Rentenzahlung aufgrund des Todes des Versicherten im Januar 2008 entsprechend lediglich bis Ende diesen Monats in Betracht gekommen, somit nicht mehr zum Zeitpunkt der (erneuten) Antragstellung knapp zwei Jahre später.
2.) Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich ein anderes Ergebnis auch nicht über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herleiten. Dieses von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ergänzend zu den gesetzlich geregelten Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut greift – im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs – ein, wenn ein Sozialleistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegenden Pflicht, insbesondere zur Beratung und Betreuung (vgl. §§ 14, 15 SGB I), nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Folgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (vgl. zB BSG Urt. v. 23.10.2014 – B 11 AL 7/14 R – juris Rn. 35; Urt. v. 05.03.2014 – B 12 R 1/12 R – juris Rn. 24; Urt. v. 19.12.2013 – B 2 U 14/12 R – juris Rn. 23; Urt. v. 19.12.2013 – B 2 U 17/12 R – juris Rn. 37).
Zur Überzeugung des Senats liegt bereits eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vor. Auf die umfangreichen Ausführungen im Urteil des LSG NRW vom 25.10.2013 zum Verfahren L 14 R 250/13, an dem der Bevollmächtigte der Klägerin ebenfalls beteiligt war, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Diese macht der Senat sich nach Überprüfung zu eigen.
Darüber hinaus fehlt es auch an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der von der Klägerin angenommenen Pflichtverletzung der Beklagten und den nachteiligen Folgen für den Versicherten bzw. für sie als dessen Rechtsnachfolgerin.
Zunächst ist zu beachten, dass der Versicherte – wie vom SG zutreffend herausgestellt – durch die (behaupteten Fehl-)Informationen der Beklagten nicht von einer Antragstellung abgehalten worden ist, da er ja tatsächlich im November 2002 einen Leistungsantrag gestellt hat.
Auch die Rücknahme des Rentenantrags im Dezember 2003 durch den Bevollmächtigten – nicht den Versicherten persönlich – ist erkennbar nicht auf eine behauptete Pflichtverletzung der Beklagten zurückzuführen. Der Bevollmächtigte hat selbst mitgeteilt, dass Grund für die Rücknahme die Tatsache war, dass der Versicherte die Mitwirkung am Verfahren eingestellt hatte.
Ein Kausalzusammenhang zwischen der von der Klägerin geltend gemachten Pflichtverletzung der Beklagten und den Nachteilen (kein Rentenanspruch), die der Versicherte – und hiervon abgeleitet sie – durch die fehlende Fortführung des ursprünglichen Antragsverfahrens erlitten hat, kommt damit überhaupt nur dann in Betracht, wenn der Versicherte die Mitwirkung aufgrund dieser Pflichtverletzung eingestellt hat. Hierfür fehlt es zur Überzeugung des Senats an jeglichen konkreten, dies belegenden Anhaltspunkten.
Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin zur Begründung deren Begehrens behauptet, der Versicherte habe im Vertrauen auf die Richtigkeit der Rechtsauffassung der Verwaltung keine Chancen auf eine erfolgreiche Bearbeitung des Antrags gesehen, handelt es sich um eine reine Mutmaßung ohne sachliche Stütze. Eigene Äußerungen des Versicherten sind nicht vorhanden und von der Klägerin zu keiner Zeit im Verfahren auch nur angeführt worden. Sonstige Umstände, die die Behauptung stützen könnten, sind weder erkennbar noch überhaupt vorgetragen. Zu keinem Zeitpunkt vor der Rücknahme des Antrags hat das Verhalten der Beklagten im konkreten Fall darauf deuten lassen, das Antragsverfahren sei aussichtslos. Im Gegenteil ist der Versicherte von der Beklagten mit Schreiben vom 22.10.2003 gebeten worden, konkrete Erklärungen abzugeben, um sein Begehren überprüfen zu können. Fordert eine Behörde Unterlagen an, so lässt dies aus objektiver Sicht zunächst durchaus Raum für die Annahme, der Antrag könne nach Prüfung positiv beschieden werden. Letztlich bewegt sich die Frage, aus welchen Gründen der Versicherte im Jahr 2003 die Mitwirkung am Verfahren eingestellt hat, im Bereich purer Spekulation. Die Gründe dafür, warum Versicherte nicht (mehr) an einem Verfahren mitwirken, sind ausgesprochen zahlreich. In einer großen Vielzahl von Fällen sind allein persönliche Umstände maßgeblich. Ohne konkrete Anhaltspunkte kann nicht einer der möglichen Gründe – hier eine behauptete durch die Beklagte begründete (Fehl-)Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Antrags – als tatsächlich maßgebliche Ursache angenommen werden. Dies gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als bereits ein Ghettoaufenthalt des Versicherten nicht belegt ist. Nach den im Verfahren der Claims Conference eingeholten Unterlagen des Roten Kreuzes haben sich der Versicherte und seine Familie 1941 bis 1944 nicht in einem Ghetto, sondern nach Flucht in der Sowjetunion aufgehalten. Hierauf ist der Versicherte auch in der ablehnenden Entscheidung der Claims Conference hingewiesen worden. Es erscheint daher durchaus naheliegender, dass die fehlende weitere Mitwirkung des Versicherten im Rentenverfahren der Beklagten auf den Umstand fehlender Verfolgteneigenschaft zurückzuführen ist.
Im Übrigen scheint auch die Klägerin selbst davon auszugehen, dass der erforderliche Kausalzusammenhang im Falle ihres Vaters nicht (positiv) festgestellt werden könne. So hat sie mehrfach betont, es genüge, wenn der Versicherte von der Antragstellung abgehalten worden sei oder "hätte abgehalten werden können". In die gleiche Richtung ist ihr Vortrag zu verstehen, die Kausalität "sei unter Umständen schwer nachweisbar". Soweit sie anschließend versucht, das Fehlen des Beweises zu ihren Gunsten über das Rechtsinstitut des Anscheinsbeweises bzw. eine Beweislastumkehr zu ersetzen, missachtet sie die tatsächlichen Umstände im hier vorliegenden Einzelfall und verkennt im Übrigen die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Ein Anscheinsbeweis kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es – wie ausgeführt – eine Vielzahl von Gründen gibt, aus denen ein Versicherter die Mitwirkung an einem Verfahren einstellt; dass dies grundsätzlich und üblicherweise einer Fehlinformation des Versicherungsträgers geschuldet ist, trifft gerade nicht zu.
Eine Umkehr der Beweislast widerspräche zudem dem Schutzziel des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Dieser dient gerade dazu, (nur) denjenigen Versicherten, der aufgrund einer Pflichtverletzung der Behörde eine Disposition trifft oder unterlässt, zu schützen. Nicht schutzwürdig ist hingegen ein Versicherter, der die entscheidende Bedingung für seinen sozialrechtlichen Nachteil selbst setzt (vgl. BSG Urt. v. 06.03.2003 – B 4 RA 38/02 R – juris Rn. 54). Entsprechend kommt eine Begründung von Ansprüchen über den – außerhalb von gesetzlichen Normen stehenden – sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nur in Betracht, wenn eine Pflichtverletzung der Behörde auch wesentliche, d.h. mindestens gleichwertige Bedingung für den Eintritt des Rechtsverlusts war (BSG a.a.O.; Urt. v. 22.10.1996 – 13 RJ 23/95 – juris Rn. 34). Raum für eine Beweislastumkehr besteht hier nicht.
Schließlich ist auch nicht erwiesen, dass die Rücknahme des ursprünglichen Rentenantrags nachteilige Folgen für den Versicherten bzw. dessen Tochter als seine Rechtsnachfolgerin hatte. Da nach Aktenlage, insbesondere den Ermittlungen der Claims Conference, denen der Versicherte bzw. die Klägerin nicht widersprochen haben, ein Verfolgtenschicksal iSd ZRBG nicht bestanden haben dürfte, hätte dem Versicherten der geltend gemachte Anspruch auch bei Weiterführung des Antragsverfahrens voraussichtlich nicht zugesprochen werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert für die Gerichtsgebühren wird gem. § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) endgültig auf 30.011,12 Euro festgesetzt. Die Bestimmung des Streitwerts folgt dem Wert des begehrten Anspruchs auf Rentenzahlung entsprechend der Probeberechnung der Beklagten vom 30.10.2013.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.
Erstellt am: 09.03.2015
Zuletzt verändert am: 09.03.2015