Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2004 geändert; der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den angefochtenen Beitragsbescheid der Antragsgegnerin wird in vollem Umfang abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 2.679,43 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Antragstellerin begehrt die vorläufige Aussetzung der Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 26.02.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2003, mit der diese nach einer Betriebsprüfung Sozialversicherungsbeiträge nebst Säumniszuschlägen nachberechnet hat. Der Hauptanteil der Nachforderung (10.540,91 Euro) entfällt auf Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für einen Angestellten der Antragstellerin, dessen Beschäftigungsverhältnis letztere für versicherungsfrei wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze erachtet und dem sie Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt hat. Die Antragstellerin hat sich zur Begründung ihres Antrages auf ein gegen die Antragsgegnerin in einem anderen Verfahren ergangenes rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts (SG) Aachen vom 10.01.2003 (S 8 RA 94/02) berufen, dass für einen derartigen Fall die Nachforderung der Beiträge als rechtswidrig angesehen hat, weil dies zu einer offenkundigen Störung des versicherungsrechtlichen Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips führe.
Mit Beschluss vom 14.01.2004 hat das SG Düsseldorf die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 26.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2003 bis zur Entscheidung in der Hauptsache angeordnet, soweit Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Arbeitnehmer K T sowie darauf entfallende Säumniszuschläge von der Antragsgegnerin gefordert werden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung zwar erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des SG Aachen bestünden, andererseits aber der Umstand, dass die Antragsgegnerin dieses Urteil nicht angefochten habe, dafür spreche, dass die in der Hauptsache erhobene Klage nicht ohne Zweifel aussichtslos sei und die Erwägungen des SG Aachen einer eingehende Betrachtung im Hauptsacheverfahren bedürften.
Die hiergegen von der Antragsgegnerin am 25.01.2004 eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist zulässig und begründet. Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß § 86 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufschiebende Wirkung. Diese entfällt bei der Anforderung von Beiträgen und den darauf entfallenden Nebenkosten (§ 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG). In letzterem Fall soll die Aussetzung der Vollziehung nach §§ 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat (grundlegend Beschluss vom 18.12.2002 – L 16 B 70/02 KR ER -) liegen ernstliche Zweifel im Sinne des § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG nur dann vor, wenn der Erfolg des Rechtsmittel deutlich wahrscheinlicher ist als ein möglicher Mißerfolg. Andernfalls wäre angesichts der vielfältigen Rechtsprobleme wie auch der Schwierigkeiten einer umfassenden Sachverhaltsklärung in Beitragsangelegenheiten eine Aussetzung der Vollziehung regelmäßig durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der sozialen Versicherung erheblich beeinträchtigen könnte (vgl. ausführlich dazu Beschluss des Senats vom 18.12.2002 – L 16 B 70/02 KR ER -). Eine solche Erfolgsaussicht lässt sich nicht mit den Erwägungen der Antragstellerin und des SG Aachen begründen. Letzteres hat in unzulässiger Weise die Position des Versicherten und des Arbeitgebers gleichgestellt. Wenn Letzterer aufgrund der von ihm zu vertretenden Fehleinschätzung des Versicherungsstatus der Solidargemeinschaft Beitragsmittel vorenthält, ist seine Inanspruchnahme grundsätzlich ungeachtet des Umstandes gerechtfertigt, dass die öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsträger ein konkretes Versicherungsrisiko nicht getragen haben. Dies folgt zum einen daraus, dass ohnehin nicht feststeht, dass der Versicherte Versicherungsschutz in Anspruch genommen hätte, und zum anderen könnte bei gegenteiliger Auffassung die Beitragspflicht ohne Weiteres unterlaufen werden, wenn das Risiko der ordnungsgemäßen Beurteilung des Versicherungsstatus der Solidargemeinschaft aufgebürdet würde. Ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn die zuständige Einzugsstelle Anlass für die Fehlbeurteilung gegeben hat, kann dahinstehen, denn dies hat auch die Antragsstellerin nicht behauptet. Aus der nunmehr vorgelegten Berechnung des Steuerberaters lassen sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides ebenfalls nicht herleiten, weil daraus nicht ersichtlich wird, dass mit der Unterschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht vor Ablauf der beitragsrelevanten Zeiten gerechnet werden konnte. Dies gilt zum Beispiel, weil 1998 zwei Sonderzahlungen vorgesehen waren, so dass schon im Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Fortfalls der ersten Zahlung eine Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr zu erwarten war. Die insoweit verbleibenden Zweifel und noch durchzuführenden Ermittlungen im Hauptsacheverfahren rechtfertigen daher nicht die begehrte Aussetzung der Vollziehung nach § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG.
Da die Antragstellerin auch nicht vorgetragen hat, dass die vorläufige Entrichtung des geforderten Nachzahlungsbetrages sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen würde, sind auch die Voraussetzungen des § 86 a Abs. 3 Satz 2 Zweite Alt. SGG nicht erfüllt. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin war daher der angefochtene Beschluss des SG Düsseldorf zu ändern und der Antrag mit der auf § 197 a Abs. 1 i.V.m. § 154 Abs 1. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beruhenden Kostenentscheidung abzulehnen.
Die Streitwertfestetzung folgt aus §§ 197, 197 a SGG und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur 1/4 des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 07.04.2004
Zuletzt verändert am: 07.04.2004