Auf die Beschwerden des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.04.2008 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sowie der Klage gegen den Bescheid vom 28.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2008 wird angeordnet, soweit hiermit die bewilligten Leistungen für den Zeitraum bis zum 01.12.2007 aufgehoben worden sind. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Dem Antragsteller wird für das Ausgangsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt E aus M gewährt. Außergerichtliche Kosten sind auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerden des Antragstellers sind zulässig. Soweit sich die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Sozialgericht (SG) richtet, ist sie nur im geringen Umfang begründet. Soweit sich die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Ausgangsverfahren richtet, ist sie begründet.
Zu Unrecht hat das SG den Antrag des Antragstellers nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in vollem Umfang abgelehnt. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage, wie vorliegend, keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Die Erfolgsaussicht des Antrags beurteilt sich nach dem Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Abwägung der Folgen bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache von Bedeutung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Aufl., § 86b Rn. 12c ff.). Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.07.2006 – L 20 B 144/06 AS ER -).
Die hiernach anzustellende Interessenabwägung geht in geringem Umfang zu Lasten der Antragsgegnerin aus. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 28.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2008. Der Bewilligungsbescheid vom 05.09.2007 hätte mit Wirkung für die Zukunft frühestens ab dem 02.12.2007 aufgehoben werden dürfen, da der Aufhebungsbescheid vom 28.11.2007 am 28.11.2007 zur Post gegeben worden ist. Aufhebung für die Zukunft i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bedeutet Aufhebung für die Zeit nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 6. Auflage 2008, § 48 Rn. 18). Nach der Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt der mit einfachem Brief übermittelte Verwaltungsakt mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (vgl. von Wulffen, a.a.O., § 37 Rn. 12).
Eine andere Beurteilung ist auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren gerechtfertigt. Zwar soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Unabhängig davon, ob eine Bösgläubigkeit des Antragstellers gegeben war, war eine Aufhebung vom Zeitpunkt der Änderung von der Antragsgegnerin nicht beabsichtigt. Aus dem Bescheid vom 28.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2008 ergibt sich eindeutig, dass der Bewilligungsbescheid vom 05.09.2007 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden sollte. Auf eine Aufhebung zum Zeitpunkt der Änderung wegen Bösgläubigkeit wird die angefochtene Verwaltungsentscheidung nicht gestützt; eine diesbezügliche Anhörung liegt nach Aktenlage ebenfalls nicht vor.
Über den 01.12.2007 hinaus hat das SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Ab dem 02.12.2007 ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung nicht zu beanstanden. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Beschluss vom 04.04.2008 verwiesen, die sich der Senat nach Prüfung zu eigen macht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Ab dem 01.03.2008 (neuer Bewilligungsabschnitt) liegen die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen währen, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 -1 BvR 569/05-NVwZ 2005, Seite 927).
Ein Anordnungsanspruch ist nicht gegeben. Ungeachtet dessen, dass der Antragsteller erst am 02.07.2008 bei der Antragsgegnerin wieder vorgesprochen hat, besteht für die begehrten Leistungen ab dem 01.03.2008 keine Anspruchsgrundlage. Aufgrund der bis zum 30.06.2008 fortgeführten Ausbildung gehört der Antragsteller, wie das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II.
Zudem ist ein Anordnungsgrund nicht mehr gegeben, weil der Antragsteller aufgrund des Abbruchs der Ausbildung zum 30.06.2008 ab dem 02.07.2008 wieder Leistungen bezieht (Bescheid vom 17.07.2008).
Die Beschwerde ist hinsichtlich der begehrten Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ausgangsverfahren erfolgreich, denn eine hinreichende Erfolgsaussicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren liegt, wenn auch nur im geringen Umfang, vor.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe für das Ausgangsverfahren richtet, werden die Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO); im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Antragsteller nur in einem geringen Umfang obsiegt hat, der kostenrechtlich nicht ins Gewicht fällt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 02.09.2008
Zuletzt verändert am: 02.09.2008