Die Rev. d.Bekl. wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.10.2012 geändert. Die 2011 in der Gruppe der Versicherten durchgeführte Wahl zum Verwaltungsrat der Beklagten wird für ungültig erklärt. Die Wahl muss wiederholt werden. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Wahlausschuss der Beklagten die Vorschlagsliste der Klägerin zur Sozialwahl 2011 zu Recht zurückgewiesen hat.
Die Klägerin ist eine Fachgewerkschaft, in der Beschäftigte und frühere Beschäftigte aller Träger der sozialen Sicherung und ihrer Verbände sowie von Einrichtungen, die mit diesen organisatorisch oder finanziell verbunden sind, gewerkschaftlich organisiert sind (§ 1 Abs. 2 der Satzung der Klägerin). Nach § 1 Abs. 3 ihrer Satzung ist sie Mitglied des dbb beamtenbund und tarifunion.
An den Sozialwahlen 2011 beteiligte sich die Klägerin in der Gruppe der Versicherten bei der Beklagten mit einer Vorschlagsliste, die 1.147 Unterschriften umfasste und von denen 1.086 gültig waren. Der Wahlausschuss der Beklagten wies die Vorschlagsliste, die die Klägerin am 07.01.2011 (letzter Tag für die Einreichung von Vorschlagslisten) eingereicht hatte, auf einer Sitzung vom 20.01.2011 zurück. Darüber erteilte die Beklagte der Klägerin unter dem 21.01.2011 einen Bescheid unter Bezugnahme auf die Begründung des Wahlausschusses. Die Vorschlagsliste sei nach § 23 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 Wahlordnung für die Sozialversicherung (SVWO) ungültig, da sie nicht den Anforderungen des § 48 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) entspreche. Zwar erfülle sie das Unterschriftenquorum, jedoch stammten mehr als 25 % der Unterschriften von (aktiv) Beschäftigten der Beklagten. 303 Unterstützerunterschriften stammten nämlich von Mitarbeitern der Beklagten, die gleichzeitig dort versichert und daher nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen seien. Diese 303 Unterschriften hätten somit insgesamt 1.212 Unterschriften erforderlich gemacht. Das ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Gesetzeszweck. Der Mangel der Vorschlagsliste habe auch nicht behoben werden können, da eine Rücknahme der Liste und Neueinreichung sowie eine Nachreichung nicht in Betracht gekommen seien.
Die hiergegen durch die Klägerin mit Schreiben vom 27.01.2011 eingelegte Beschwerde wies der Landeswahlausschuss für die Durchführung der Wahlen in der Sozialversicherung in Nordrhein-Westfalen als Beschwerdewahlausschuss in seiner Sitzung vom 04.02.2011 zurück und erteilte der Klägerin hierüber am 07.02.2011 einen entsprechenden Bescheid. Am 09.02.2011 machte der Wahlausschuss der Beklagten bekannt, dass keine Wahlhandlung stattfinde, da aus der Wählergruppe der Versicherten nur eine Vorschlagsliste, nämlich die gemeinsame Liste der Beigeladenen, zugelassen worden sei. Er stellte zudem fest, dass die in den zugelassenen Vorschlagslisten genannten Bewerber mit Ablauf des 01.06.2011 als zum Mitglied bzw. stellvertretenden Mitglied des Verwaltungsrates der Beklagten gewählt gölten.
Die Klägerin hat hiergegen am 07.03.2011 beim Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben und zugleich um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. In dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin beantragt, der Beklagten aufzugeben, ihre Vorschlagsliste einstweilen zu den Sozialversicherungswahlen 2011 in der Gruppe der Versicherten zuzulassen und die erforderlichen Vorkehrungen für die Durchführung der Wahlhandlung zu treffen. Dieses Begehren hat das SG durch Beschluss vom 28.03.2011 (S 40 KR 225/11 ER) abgelehnt. Die hiergegen einlegte Beschwerde wies der erkennende Senat mit Beschluss vom 19.05.2011 (L 16 KR 196/11 B ER) zurück. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung sei die Nichtzulassung der Vorschlagsliste der Antragstellerin durch den bei der Antragsgegnerin gebildeten Wahlausschuss und die Zurückweisung der dagegen gerichteten Beschwerde durch den Landeswahlausschuss (Beschwerdeausschuss) jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig erfolgt.
Im Klageverfahren hat die Klägerin weiterhin die Auffassung vertreten, dass ihre Vorschlagsliste zu Unrecht nicht zur Wahl zugelassen worden sei. Die Interpretation der Vorschriften durch die Beklagte sei unhaltbar. Es sei darauf abzustellen, dass hier 1.000 gültige Unterschriften vorgelegt worden seien, das Quorum mithin erfüllt sei. Insgesamt hätten 783 Versicherte unterschrieben, die nicht Mitarbeiter der Beklagten gewesen seien. Zur Erfüllung des Quorums von 1.000 Personen hätten noch 217 Unterschriften von Personen, die alle Mitarbeiter der Beklagten hätten sein dürfen, gefehlt, weil diese Anzahl 1/4 des Quorums von 1.000 Personen nicht übersteige. Im Übrigen sei ein wirksames Mitspracherecht der Betroffenen an den sie betreffenden Entscheidungen als organisierte Beteiligung nicht mehr gegeben, wenn der Interpretation der Beklagten gefolgt werde. Schon durch die Wahlzugangskriterien des § 48 SGB IV sei ein wirksames Mitspracherecht erheblich eingeengt. Diese dürften jedoch nicht so ausgelegt werden, dass sie die Möglichkeit wirksamer Mitsprache der Betroffenen unnötig einschränkten. Es sei verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar und ein Verstoß gegen das Demokratiegebot, dass das Recht der Mitarbeiter der Beklagten, die gleichzeitig bei ihr versichert seien, von ihnen für geeignet gehaltene Kandidaten für den Verwaltungsrat zu unterstützen, beschnitten werde, zumal es nicht um den Einfluss dieser Personen im Verwaltungsrat gehe, da diese dafür nicht wählbar seien. Vielmehr seien sie als Versicherte bei der Unterstützung einer Vorschlagsliste selbst betroffen und uneingeschränkt wahlberechtigt. Zudem erfolge die Beschränkung ohne zureichenden Sachgrund, wenn die Befugnis, Kandidaten vorzuschlagen, als Vorstufe des Wahlrechts beschränkt werde. Es sei sinnwidrig, dass ein Mehr an Unterstützerunterschriften den bereits erfüllten Zulassungsanspruch wieder zunichtemache, also zusätzliche Unterschriften ein negatives Stimmgewicht bekämen.
Der Wahlrechtseingriff sei hier deutlich einschneidender als der unterstellte Einfluss der beim Träger Beschäftigten auf die Gremienzusammensetzung durch Befürwortung einer Vorschlagsliste. Im konkreten Falle wiege der Wahlrechtseingriff besonders schwer, da gar keine Wahlhandlung mehr habe erfolgen können und vielmehr die Folgen einer Friedenswahl eingetreten seien, nämlich die Bestätigung der benannten Bewerber auf der einzigen zugelassenen Liste. Jedenfalls in solchen Fällen sei eine Nichtzulassung nicht hinnehmbar. Ihre Rechtsauffassung werde von dem Bundeswahlbeauftragten für die Sozialversicherungswahlen (Schreiben vom 27.01.2011) geteilt. Im Übrigen habe dieser zu den Sozialwahlen 2011 im Schlussbericht zu dem hiesigen Rechtsstreit Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin vertretene Rechtsansicht der gängigen Praxis der Sozialversicherungsträger entspreche.
Die Klägerin hat beantragt,
die 2011 in der Gruppe der Versicherten durchgeführte Wahl zum Verwaltungsrat der Beklagten für ungültig zu erklären und festzustellen, dass die Wahl unter Berücksichtigung ihrer Vorschlagsliste unverzüglich zu wiederholen ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Bescheide rechtmäßig seien und der geltend gemachte Anspruch nicht bestehe. Der Gesetzgeber habe sich für ein einfach zu ermittelndes Kriterium entschieden. Die Ursache für die Nichteinhaltung der Anforderungen habe hier nicht in der gesetzlichen Regelung gelegen, sondern darin, dass Unterschriftensammler, also Personen im Verantwortungsbereich der Klägerin, dieses nicht beachtet hätten. Laut Gesetzesbegründung solle die Norm verhindern, dass die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane zu stark durch die Bediensteten des Versicherungsträgers beeinflusst werde, da ein solcher Einfluss die Kontrollfunktion der Selbstverwaltungsorgane gegenüber der Verwaltung des Versicherungsträgers beeinträchtigen könnte. Die Friedenswahl sei kein Verstoß gegen das Demokratiegebot, sondern eine gesetzgeberische Vorgabe und auch nicht zu beanstanden, da eine Wahl ohne Wahlhandlung in den Fällen verfassungsgemäß sei, in denen nur eine Vorschlagsliste zur Wahl zugelassen worden sei. Sofern das Gericht wider Erwarten beabsichtigten sollte, der Klage stattzugeben, würde das entsprechende Urteil in die Rechte der Personen eingreifen, die gemäß § 46 Abs. 2 SGB IV in der Gruppe der Versicherten als gewählt gelten. Diese Personen wären zum Verfahren beizuladen. Das gleiche gelte für die Listenträger der einzigen für die Gruppe der Versicherten zugelassenen Vorschlagsliste (DGB und Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmer-Organisationen), in deren Rechte der Erlass eines stattgebenden Urteils ebenfalls eingriffe.
Durch Beschluss vom 20.04.2012 hat das SG den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sowie die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmerorganisationen (ACA), deren Gemeinschaftsliste zugelassen worden war, beigeladen. Die Beigeladenen haben sich dem Vorbringen der Beklagten angeschlossen.
Mit Urteil vom 23.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Die Wahl sei nicht für ungültig zu erklären. Der Wahlausschuss habe die Liste der Klägerin zutreffend als ungültig zurückgewiesen, denn sie erfülle nicht die Voraussetzungen des § 48 SGB IV. Bereits aus dem Wortlaut des Abs. 3 Satz 2 ergebe sich, dass es nicht etwa auf die in Abs. 2 bezeichnete Anzahl von hier konkret 1.000 Unterschriften ankomme, sondern auf die Gesamtzahl der Unterzeichner. Der Gesetzgeber habe vom Wortlaut her eine bewusste Unterscheidung getroffen. Sinn und Zweck der Norm bestätigen zudem die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung. Aus der Gesetzesbegründung (Hinweis auf BT-Drucksache 10/1162, Seite 6 f.) folge, dass der Anteil der Bediensteten an einer Vorschlagsliste unabhängig von dem Mindestquorum des Absatzes 2 nicht größer sein dürfe als 25%.
Die Begrenzung des Anteils der Bediensteten an den Unterzeichnern einer Vorschlagsliste habe den Zweck, einer zu starken Einflussnahme der bei dem Versicherungsträger Beschäftigen auf die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane vorzubeugen. Da die Unterzeichnung einer Vorschlagsliste bereits wahlähnlichen Charakter habe, könne eine solche unerwünschte Einflussnahme durch Beschäftigte wirksam nur dann vermieden werden, wenn der Anteil an den Gesamtunterzeichnern begrenzt werde. Denn auch durch eine überproportionale Unterstützung der Liste durch beim Versicherungsträger Beschäftigte könne deren Einfluss auf die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane ein unerwünschtes Maß erreichen.
Zur Überzeugung des SG begegne die gesetzliche Regelung auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die vom Gesetzgeber gewählte Ausdifferenzierung möge eine weitere Beschränkung der Wahlfreiheit darstellen. Sie sei jedoch gerechtfertigt, da ein ausreichender Abstand von Kontrolleuren und Kontrollierten gewährleistet werden müsse. Es sei zwingend erforderlich, dass ein maßgeblicher Einfluss von Mitarbeitern der zu überwachenden Selbstverwaltung auf deren Kontrolle begrenzt werde. Es sei daher auch nicht zu beanstanden, dass hier auf die Gesamtzahl der Unterzeichner abgestellt werde, denn nur anhand dieser Zahl könne der Einfluss der bei der Beklagten beschäftigten Versicherten auf die konkrete Liste nachgewiesen werden. Dieser liege im Streitfall bei über 25 %.
Gegen das ihr am 13.12.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.01.2013 (Montag) Berufung eingelegt. Sie habe die gesetzlichen Erfordernisse des § 48 Abs. 2 und Abs. 3 SGB IV sowohl nach dem Wortlaut der Norm als auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift durch ihre von der Beklagten nicht zugelassene Vorschlagsliste erfüllt. Die entgegenstehende Auslegung des SG widerspreche zudem der Anwendungspraxis anderer Sozialversicherungsträger und der Rechtsansicht des Bundeswahlbeauftragten für die Sozialversicherungswahlen. Das Urteil des SG beruhe auf einer falschen Rechtsanwendung und kollidiere mit dem Verfassungsgebot des Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Im Ergebnis schließe es die Mitglieder der Beklagten von der Mitwirkung bei der Zusammensetzung der Versichertenvertreter im Verwaltungsrat aus. Ihrer Auffassung nach müssten Vorschlagslisten für die Vertreterversammlung der Beklagten nicht von mindestens 1.000 Personen unterzeichnet sein, sondern von 1.000 Personen. Sei diese Zahl erreicht, sei das gesetzliche Quorum erfüllt. Weitere Unterschriften seien möglich, aber nicht mehr erforderlich. Auf sie komme es nicht mehr an. Gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV dürften höchstens 25 %. der Unterzeichner dem Kreis der nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 nicht wählbaren Person angehören. Hieraus folge, dass 750 nicht beim Versicherungsträger Beschäftigte die Vorschlagsliste unterzeichnet haben müssten; auch hier sei eine größere Zahl unschädlich, aber nicht erforderlich. Seien beide Bedingungen gegeben, sei die Zulassungsvoraussetzung abschließend erfüllt. Darauf, wie das Verhältnis der Unterzeichnergruppen im Bereich der über das Minimum hinausgehenden Unterstützer sich verhalte, komme es nicht mehr an.
§ 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV begrenze allein den Einfluss bei der Erreichung des Unterschriftenquorums zur Zulassung einer Vorschlagsliste, nicht jedoch die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane selbst. Deren Zusammensetzung werde vorrangig durch die Wahlentscheidung (aller Wahlberechtigten) und darüber hinaus durch die Inkompatibilitätsregelungen des § 51 SGB IV bestimmt. Der Ausschluss der beim Träger Beschäftigen vom passiven Wahlrecht sei der entscheidende Garant dafür, dass in der Selbstverwaltung keine In-Sich-Kontrolle der Träger erfolge. Bei der Wahlzulassung seien die gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen restriktiv auszulegen, um das Wahlrecht selbst nicht unzulässig einzuschränken. Auch der Wille des Gesetzgebers spreche für ihre Auslegung der Wahlvorschriften. Zutreffend habe das SG dargelegt, dass der Gesetzgeber mit der Begrenzung des Anteils der beim Sozialversicherungsträger Beschäftigten bei den Unterstützerstimmen den Einfluss des Trägers auf die Zusammensetzung der Versichertenvertreter beschränken wollte. Dieser Satz aus der Gesetzesbegründung zu § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV stütze allerdings nicht das Urteil des SG. Tatsächlich legitimiere er nur die Regelung, dass vorliegend nicht mehr als 250 der 1.000 Unterstützerstimmen von Beschäftigen des Sozialversicherungsträgers kommen dürfen. Damit wolle der Gesetzgeber vermeiden, dass Sozialversicherungsträger aus ihrem eigenen Personalbestand die sie kontrollierenden Gremien über Gebühr beeinflussten. Eine solche Konstellation sehe der Gesetzgeber dann nicht mehr als gegeben an, wenn (bei 1.000 erforderlichen Unterstützerstimmen) zumindest 750 von externen Mitgliedern der Versicherung stammten. Sei diese Zahl nicht beim Träger beschäftigter Unterstützer erreicht, könne der bestimmende Einfluss des Trägers nicht mehr unterstellt werden. Damit sei die vom Gesetzgeber gewollte Zwecksetzung erfüllt. Zwar formuliere § 48 Abs. 3 SGB IV als weiteres Erfordernis, dass höchstens 25% der Unterzeichner beim Sozialversicherungsträger beschäftigt sein dürfen; dieses weitere Erfordernis beziehe sich jedoch auf das Quorum des Abs. 2.
Für ihre vertretene Rechtsansicht spreche auch das Erfordernis, (grund-) rechtsbegrenzende Regelungen restriktiv auszulegen. Für die Vertreterversammlung könnten ausschließlich Personen vorgeschlagen werden, die der Inkompatibilitätsregelung des § 51 SGB IV selbst nicht unterfielen. Die Beschäftigten des Sozialversicherungsträgers besäßen gemäß § 51 Abs. 6 SGB IV kein passives Wahlrecht für die Selbstverwaltungsgremien. Hingegen stehe ihnen, wie allen anderen Mitgliedern der Sozialversicherung auch, das aktive Wahlrecht uneingeschränkt zu. Die Unterzeichnung von Vorschlagslisten sei eine der Sphäre des aktiven Wahlrechts zuzuordnende wahlvorbereitende Handlung. Durch die Anteilsbegrenzung auf 25 % greife der Gesetzgeber einschränkend in das aktive Wahlrecht ein, da er die Rechte der beim Träger beschäftigten Mitglieder gegenüber den übrigen Mitgliedern begrenze. Diese wahlrechtsbeschränkende Maßnahme sei nur in dem Umfang gerechtfertigt, wie sie zur Sicherung eines höherrangigen Zweckes geboten sei. Außerdem sei zu bedenken, dass die beim Sozialversicherungsträger Beschäftigten mittels einer Unterschrift auf einer Vorschlagsliste ohnehin nur sehr begrenzt auf die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane Einfluss nehmen können. Zudem ergebe sich die Notwendigkeit der engen Auslegung des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV daraus, das hier infolge der Nichtzulassung einer Liste keine Wahlhandlung mehr stattgefunden habe. Die Wahlhandlung dürfe nur unterbleiben, wenn das Ergebnis mangels Alternativen auch ohne Wahlhandlung mit Gewissheit feststehe.
Die unzutreffende Interpretation der Beklagten würde bedeuten, dass zusätzliche Unterzeichner die durch Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 festgelegte Mindestzahl der nicht beim Träger Beschäftigen ansteigen ließe und das verbindliche Quorum des § 48 Abs. 2 SGB IV durch eine dynamische Erhöhung aufgehoben würde. Je größer die Anzahl der Unterstützungsunterschriften, desto höher würde das zu erreichende Quorum. Damit würden Listen mit mehr Unterzeichnern gegenüber Listen mit weniger Unterzeichnern benachteiligt. Die Chancengleichheit würde in rechtswidriger Weise verletzt, da die Zulassungshürde des Absatzes 2 umso höher würde, je mehr Unterstützer eine Liste hätte. Zusätzliche Unterschriften bekämen ein negatives Gewicht, was den Kerngedanken des Wahlrechts verletzen würde. Eine solche Auslegung sei weder durch den Wortlaut des Gesetzes geboten noch durch den Zweck der Regelung gerechtfertigt.
Aus Gründen äußerster Vorsicht würden meist mehr Unterschriften gesammelt als nach § 48 Abs. 2 SGB IV erforderlich wären. Daher sei die exzessive Interpretation der Beklagten, die Anteilsbegrenzung auch auf die über das Quorum des Absatzes 2 hinausgehenden Unterstützerunterschriften anzuwenden, im Ergebnis untragbar, weil sie zusätzliche Unterschriften zu einem Risiko werden lasse, obwohl mit ihnen der Gefahr, dass sich unerkannt in der gebotenen Mindestzahl ein zu hoher Anteil von beim Träger Beschäftigen verberge, gerade entgegengewirkt werden solle.
Sie habe bereits ausgeführt, dass ihre Rechtsansicht nicht nur vom Bundeswahlbeauftragten für die Sozialversicherungswahlen geteilt werde, sondern auch der Praxis bei anderen Sozialversicherungsträgern entspreche, beispielhaft sei die Deutsche Rentenversicherung Bund erwähnt. Im Kommentar der Deutschen Rentenversicherung Bund zum SGB IV werde ihre Rechtsauffassung ausdrücklich bestätigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.10.2012 aufzuheben und die 2011 in der Gruppe der Versicherten durchgeführte Wahl zum Verwaltungsrat der Beklagten für ungültig zu erklären und festzustellen, dass die Wahl unter Berücksichtigung ihrer Vorschlagsliste unverzüglich zu wiederholen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Entgegen der Auffassung der Klägerin lasse § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV keine Auslegung des Inhalts zu, dass es auf die Zahl der nach § 48 Abs. 2 SGB IV erforderlichen Unterschriften ankomme. Der Wortlaut des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV sei insoweit eindeutig und nicht auslegungsfähig. Die Gesamtzahl der Unterzeichner könne nur die Gesamtzahl der Personen sein, die tatsächlich (gültige) Unterschriften geleistet hätten. Andernfalls hätte der Gesetzgeber in § 48 Abs. 3 Satz 2 auf das Quorum nach § 48 Abs. 2 SGB IV Bezug genommen. Um das nach § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV erforderliche Verhältnis zwischen Beschäftigten und anderen Wahlberechtigten zu erreichen, wäre es bei 303 Unterschriften von Beschäftigten der Beklagten erforderlich gewesen, mindestens 1.212 Unterschriften einzureichen. Diese Zahl sei mit 1.147 Unterschriften, von den 1.086 gültig gewesen wären, nicht erreicht.
Der Umstand, dass sich über die Mindestzahl nach § 48 Abs. 2 SGB IV hinaus geleistete Unterschriften infolge der Regelung des §§ 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV auch zum Nachteil für den Listenträger auswirken können, könne der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Eine negative Auswirkung auf die Zulassungsfähigkeit einer Liste könnten ausschließlich Unterschriften haben, die aus dem Personenkreis nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV stammen. Dieser Effekt ergebe sich indes zwangsläufig aus dem Gesetzeszweck, einen zu starken Einfluss der Beschäftigten des Versicherungsträgers auf die Liste zu verhindern und sei daher vom Gesetzgeber gewollt.
§ 48 Abs. 3 SGB IV begründe eine vom Quorum nach § 48 Abs. 2 SGB IV unabhängige, zusätzliche Zulassungsvoraussetzung. Diese Voraussetzung könne dazu führen, dass die Gesamtzahl der erforderlichen Unterschriften das Quorum nach § 48 Abs. 2 SGB IV übersteige, und zwar immer dann, wenn mehr als 250 Unterschriften von Beschäftigen des Versicherungsträgers eingeholt werden. Hierdurch werde das Quorum nach § 48 Abs. 2 SGB IV jedoch nicht berührt. Vielmehr seien die in diesem Fall über das Quorum hinaus einzureichenden Unterschriften allein zu Erfüllung der 25 %-Quote nach § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV erforderlich. Der genannte Zweck der Vorschrift ergebe sich ausdrücklich aus der Gesetzesbegründung zu § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV. Das SG habe die Gesetzesbegründung im angefochtenen Urteil wörtlich zitiert. Der Gesetzesbegründung sei nicht andeutungsweise zu entnehmen, dass sich die 25 %-Grenze auf das Quorum nach § 48 Abs. 2 SGB IV beziehen solle.
Entgegen der von der Klägerin dargelegten Ansicht könne es für den Regelungsgehalt des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV auch nicht darauf ankommen, ob es infolge der Zulassung oder Nichtzulassung anderer Listen zu einer Wahl mit Wahlhandlung, zu einer Wahl ohne Wahlhandlung oder mangels einer zugelassenen Liste gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB IV zu einer Berufung der Verwaltungsratsmitglieder durch die Aufsichtsbehörde komme. Die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen seien entweder erfüllt oder nicht erfüllt, unabhängig davon, ob neben der betreffenden Liste keine Liste, eine Liste oder mehrere Listen zuzulassen seien. Für eine unterschiedliche Anwendung der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen, die auf die Herbeiführung eines bestimmten Ergebnisses gerichtet sei, biete das Gesetz keine Stütze.
Der Gesetzgeber sei auch nach Auffassung der Klägerin verfassungsrechtlich dazu berechtigt gewesen, den Einfluss der Beschäftigten des Versicherungsträgers auf die Vorschlagsliste durch eine auf die Unterzeichner der Liste bezogene 25 %-Quote zu begrenzen. Dann könne es indes dem Gesetzgeber und den Gerichten auch nicht verwehrt sein, bei der Prüfung der Einhaltung der Quote nach § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV auf den Anteil der Unterschriften der Beschäftigten an der Gesamtzahl der tatsächlich geleisteten (gültigen) Unterschriften abzustellen. Denn wenn es für die Bestimmung des Ausmaßes des Einflusses der Beschäftigten auf deren prozentualen Anteil an den Unterzeichnern ankomme, dann entspreche es nicht nur dem Gesetzeswortlaut ("Gesamtzahl"), sondern auch dem Gesetzeszweck, den Einfluss der Beschäftigten auf die Liste unter Berücksichtigung aller Unterschriften zu ermitteln und nicht eine Anzahl von Unterschriften "unter den Tisch fallen zu lassen". Nur anhand der Gesamtzahl der Unterschriften könne eine realistische Einschätzung des Einflusses der Beschäftigten im Verhältnis zum Einfluss der übrigen Unterzeichner gewonnen werden. Soweit die Klägerin meine, die Wahlberechtigung werde dadurch dem Zufall unterworfen, weise sie darauf hin, dass die Klägerin es selbst in der Hand gehabt habe, die vom SG zutreffend dargelegten Anforderungen zu erfüllen und nur durch Versäumnisse ihrer Unterschriftensammler die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen verfehlt habe.
Hinsichtlich der Berufung der Klägerin auf den Schlussbericht des Bundeswahlbeauftragten zu den Sozialversicherungswahlen 2011 sei zunächst festzuhalten, dass sich die Zulassungsvoraussetzungen für eine Vorschlagsliste allein aus dem Gesetz ergäben und nicht aus einer gesetzwidrigen Rechtsauffassung der Wahlorgane anderer Versicherungsträger. Es sei darauf hinzuweisen, dass der Bundeswahlbeauftragte in seinem Schlussbericht selbst eine gesetzliche "Novellierung" (sowie eine Absenkung der Quote auf 10 %) gefordert habe, da "der Gesetzestext an dieser Stelle nicht mit der notwendigen Klarheit formuliert sei" (Seite 179 des Schlussberichts). Dies zeige, dass der Bundeswahlbeauftragte selbst erhebliche Zweifel daran habe, dass seine Rechtsauffassung mit dem geltenden Recht vereinbar sei. Zudem mache die Forderung des Bundeswahlbeauftragten, die Quote auf 10 % abzusenken, deutlich, dass er rechtspolitisch der geltenden gesetzlichen Regelung kritisch gegenüberstehe, so dass seine Ausführungen zum Regelungsgehalt des § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV zurückhaltend zu bewerten seien. Da die von der Klägerin zitierte Fundstelle im Kommentar der Deutschen Rentenversicherung Bund zu § 48 SGB IV keine Begründung enthalte, sei eine Stellungnahme hierzu entbehrlich.
Sonstige Zurückweisungsgründe hätten hingegen nicht vorgelegen. Einziger Grund für die Zurückweisung der Vorschlagsliste der Klägerin sei die Frage gewesen, ob eine zu große Zahl von Beschäftigten die Vorschlagsliste unterschrieben habe. Soweit ein Kandidat hätte gestrichen werden müssen, hätte dies die Gültigkeit der Liste nicht berührt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Streitakte des SG Dortmund (S 40 KR 225/11 ER; L 16 KR 196/11 B ER) sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hat zu Unrecht mit Urteil vom 23.10.2012 die Klage abgewiesen.
I. Die Klage ist als sog. Wahlanfechtungsklage zulässig. Offenbleiben kann, ob es sich um eine Klage besonderer Art (so BSGE 23, 92, 93) oder um eine Feststellungsklage im Sinne von § 55 SGG handelt (zum Meinungsstand siehe Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 55 Rn. 24 mit weiteren Nachweisen). Denn hinsichtlich der Klagefrist, der Klagebefugnis und eines Vorverfahrens (vgl. hierzu § 57 Abs. 2 und 3 SGB IV) greifen jedenfalls besondere Grundsätze ein (BSG, Urteil vom 14.10.1992, 14a/6 RKa 58/91).
1. Die Klage ist auf Ungültigkeitserklärung der Wahl gerichtet (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 55 Rn. 23). Anfechtungsgegenstand ist allein die Wahl selbst, wie sich aus dem Wortlaut des § 57 Abs. 2 SGB IV ergibt. Danach können die in § 48 Abs. 1 SGB IV genannten Personen und Vereinigungen, der Bundeswahlbeauftragte und der zuständige Landeswahlbeauftragte die Wahl durch Klage gegen den Versicherungsträger anfechten. Hierzu zählt auch die Klägerin.
2. Das Beschwerdeverfahren ist ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die negative Voraussetzung des § 57 Abs. 4 SGB IV, wonach die Klage unzulässig ist, wenn Rechtsbehelfe gegen belastende Entscheidungen des Wahlausschusses nicht eingelegt worden sind, ist nicht gegeben. Die Klagefrist gemäß § 57 Abs. 3 SGB IV wurde eingehalten.
3. Neben dem durch Beschluss des SG vom 20.04.2012 beigeladenen DGB sowie der ACA, deren Gemeinschaftsliste zugelassen worden war, war eine weitere Beiladung, auch nicht der gemäß § 46 Abs. 2 SGB IV in der Gruppe der Versicherten als gewählt geltenden Personen, erforderlich. Im Anfechtungsverfahren, das die Wahl insgesamt betrifft, sind die einzelnen Gewählten nicht notwendig beizuladen (BSG, Urteil vom 23.09.1982, 8 RK 19/82). Dies folgt aus den Besonderheiten des Wahlanfechtungsverfahrens. Im Verfahren wird nicht über das mit der Wahl zusammenhängende Verwaltungshandeln, sondern nur über die Wahl selbst entschieden. Dies zeigt sich u.a. daran, dass die Wahlanfechtung gegen den Versicherungsträger und nicht beispielsweise gegen den Rechtsträger des Organs, das im Wahlverfahren eine Entscheidung trifft, zu richten ist (Woltjen in jurisPK-SGB IV, 2. Auflage 2011, § 48 SGB IV Rn. 24).
II. Die Klage ist auch begründet. Zu Unrecht ist die Vorschlagsliste der Klägerin nach § 23 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 Wahlordnung für die Sozialversicherung (SVWO) zurückgewiesen worden. Die Vorschlagsliste der Klägerin ist gültig; sie entspricht den gesetzlichen Anforderungen. Sie ist von der nach § 48 Abs. 2 bis 5 SGB IV erforderlichen Zahl von Wahlberechtigten unterzeichnet worden (dazu 1.) Weitere Zurückweisungsgründe sind ebenfalls nicht gegeben (dazu 2.).
Unerheblich ist allerdings in diesem Zusammenhang, dass es infolge der Nichtzulassung der Liste der Klägerin nicht zu einer Wahl mit Wahlhandlung gekommen ist. Ob die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen vorliegen, ist unabhängig davon zu beurteilen, ob neben der betreffenden Liste keine Liste, eine Liste oder mehrere Listen zuzulassen sind. Für eine unterschiedliche Anwendung der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen, die auf die Herbeiführung eines bestimmten Ergebnisses gerichtet ist, bietet das Gesetz keine Stütze.
1. § 48 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV sieht vor, dass Gewerkschaften das Recht haben, Vorschlagslisten einzureichen. Waren sie, wie die Klägerin, bisher nicht mit einer eigenen Vorschlagsliste oder über eine Gemeinschaftsliste in dem Verwaltungsrat der Beklagten vertreten, muss ihre Vorschlagsliste bei einem Versicherungsträger mit 1.000.001 bis 3.000.000 Versicherten, wie bei der Beklagten, von 1.000 Personen unterzeichnet sein (§ 48 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 SGB IV). Berechtigt zur Unterzeichnung einer Vorschlagsliste sind Personen, die am Tag der Wahlausschreibung die Voraussetzungen des Wahlrechts nach § 50 SGB IV und der Wählbarkeit nach § 51 Absatz 1 Satz 2 SGB IV erfüllen. Einschränkend sieht § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV vor, dass von der Gesamtzahl der Unterzeichner höchstens 25 vom Hundert dem Personenkreis angehören dürfen, der gemäß § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV nicht wählbar ist. Dabei handelt es sich um Personen, die als Beamter, Angestellter oder Arbeiter bei dem Versicherungsträger, als leitender Beamter oder Angestellter bei einer Behörde, die Aufsichtsrechte gegenüber dem Versicherungsträger haben, oder als anderer Beamter oder Angestellter bei einer solchen Behörde im Fachgebiet Sozialversicherung beschäftigt sind oder regelmäßig für den Versicherungsträger oder im Rahmen eines mit ihm abgeschlossenen Vertrages freiberuflich oder in Geschäftsstellen der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in knappschaftlich versicherten Betrieben tätig sind.
Der Wahlausschuss der Beklagten entscheidet unter anderem über die Zulassung der Vorschlagslisten (§ 23 Abs. 1 SVWO). Ungültig ist eine Vorschlagsliste gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 6, die nicht von der nach § 48 Abs. 2 bis 5 SGB IV erforderlichen Zahl von Wahlberechtigten unterzeichnet ist. Der Wahlausschuss hat Vorschlagslisten zurückzuweisen, die ungültig sind oder Mängel aufweisen, die innerhalb der Mängelbeseitigungsfrist oder der eingeräumten Nachfrist nicht behoben worden sind.
Nach Maßgabe dieser gesetzlichen Bestimmungen ist die Vorschlagsliste der Klägerin zu Unrecht zurückgewiesen worden. Ausgehend von den von der Beklagten im Schriftsatz vom 22.03.2013 nochmals genannten Zahlen, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln bestand, hatten die Vorschlagsliste 1.147 Personen unterzeichnet. Von den 1.086 gültigen Unterschriften stammten 303 von bei der Beklagten beschäftigten oder für sie tätigen Personen, die gemäß § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV nicht wählbar sind. Damit war die Vorschlagsliste der Klägerin von der Mindestzahl von 1000 der nach § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB IV unterzeichnungsberechtigten Personen unterstützt worden. Zugleich stammten (mindestens) 750 Unterschriften von Personen, deren passives Wahlrecht nicht wegen ihrer Nähe zum Versicherungsträger nach § 51 Abs. 6 Nr. 5, 6 SGB IV ausgeschlossen ist. Die Liste weist somit sowohl die erforderliche Gesamtzahl von Unterschriften als auch einer ausreichenden Anzahl von wählbaren Unterzeichnern auf. Auch wenn die Vorschlagsliste mehr als 1.000 Unterschriften aufweist, war zu ihrer Gültigkeit im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 6 SVWO in Verbindung mit § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV nicht notwendig, dass der Gesamtzahl der Unterzeichner höchstens 25 % der nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV nicht wählbaren Personen angehören. Ausreichend für die Gültigkeit der Vorschlagsliste ist, dass von 1.000 gültigen Unterschriften von Unterstützern 750 von nicht beim Versicherungsträger oder der Aufsichtsbehörde Beschäftigten stammen müssen. Sobald diese Voraussetzungen gegeben sind, ist die Zulassungsvoraussetzung erfüllt.
Nach Auffassung des Senats ist bei der Gesamtzahl der Unterzeichner im Sinne von § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV auf die Gesamtzahl der für die Erfüllung des Quorums in Abs. 2 entscheidenden Anzahl der Unterstützerunterschriften und nicht auf die Gesamtzahl der eingereichten Unterstützerunterschriften abzustellen (a.A. Baier in Krauskopf, Soz. Krankenversicherung, Soz. Pflegeversicherung, § 48 SGB IV Rn. 10). Zwar ist der Wortlaut des § 48 Abs. 3 SGB IV, der von der "Gesamtzahl der Unterzeichner" spricht, nicht eindeutig, wie schon der Bundeswahlbeauftragte (vgl. S. 179 des Abschlussberichtes) festgestellt hat. Der Wortlaut steht jedoch der vom Senat vertretenen Auffassung nicht entgegen.
Mit dem so genannten Unterschriftenquorum soll gewährleistet werden, dass ausschließlich ernsthafte und nicht von vornherein aussichtslose Vorschlagslisten eingereicht werden (Woltjen, a.a.O. Rn. 38). Dadurch wird der Rückhalt in der jeweiligen Gruppe dokumentiert, die gleichzeitig die Aussicht auf Überwindung der 5%-Sperrklausel des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB IV beinhaltet (KassKomm/Maier, § 48 SGB IV, Rn. 11). Dieser Zweck legitimiert verfassungsrechtlich die in einem Unterschriftenquorum für Wahlvorschläge liegende Ausnahme von der Gleichheit der Wahl, die sich auch auf das Wahlvorschlagsrecht bezieht (vgl. BVerfGE 60, 162, 167 f m. Nachw. der st. Rspr. des BVerfG). Die für politische Wahlen entwickelten Grundsätze gelten auch für die Wahlen im Bereich der Sozialversicherung (BVerfGE 30, 227, 246). Beschränkungen des Wahlvorschlagsrechts sind sachlich nur insoweit gerechtfertigt, wie dies zur Erreichung des Zwecks, den Wahlakt auf ernsthafte Bewerber zu beschränken, gerechtfertigt ist.
Insoweit sieht der Gesetzgeber die Unterstützung von 1.000 Personen bei einem Versicherungsträger der Größe der Beklagten als ausreichend an. Soweit daneben durch § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV bestimmt wird, dass höchstens 25 % der Unterschriften von Personen, deren Wählbarkeit nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV ausgeschlossen ist, stammen, soll damit einer zu großen Einflussnahme der beim Versicherungsträger Beschäftigten vorgebeugt werden (BT-Drucks. 10/1162, S. 6). Diese Begründung knüpft offensichtlich an die Begründung zu der damals gleichzeitig eingeführten Bestimmung des § 48a Abs. 3 SGB IV an, die Arbeitnehmervereinigungen, in denen Bedienstete des Versicherungsträgers eine zu große Rolle spielen, von der Vorschlagsberechtigung grundsätzlich ausschließt (siehe zu § 48a Abs. 3 SGB IV BT-Drucks. 10/1162, S. 7). Davon abgesehen, dass der Ausschluss der Wählbarkeit, auf den in § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV abgestellt wird, nicht nur Beschäftigte des Versicherungsträgers betrifft, so dass die zitierte Begründung ungenau ist und offenbleibt, warum eine Unterstützung durch die anderen in Nr. 5 und 6 genannten Personenkreise "schädlich" sein soll, kann der vom Gesetzgeber erfolgte Zweck nicht das von der Beklagten vertretene Abstellen auf die tatsächliche Gesamtzahl der Unterstützter rechtfertigen. Wenn das Quorum das Ziel hat, nur ernsthafte Wahlvorschläge zu lassen und der Gesetzgeber insoweit die Unterstützung von mindestens 750 "externen" Personen unter den insgesamt 1.000 Unterstützern als ausreichendes Indiz für die Ernsthaftigkeit des Wahlvorschlags ansieht, gibt es keinen sachlichen Grund, einen Wahlvorschlag zurückzuweisen, der von einer solchen Anzahl externer Personen unterstützt wird, weil ihn zugleich mehr als 250 nicht passiv Wahlberechtigte unterstützen.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der in der Gesetzesbegründung genannte Zweck ohnehin eher durch andere Bestimmungen gewährleistet wird. § 48 Abs. 3 Satz 2 SGB IV begrenzt allein den Einfluss bei der Erreichung des Unterschriftenquorums zur Zulassung einer Vorschlagsliste, hat jedoch keine Bedeutung für die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane selbst. Die Zusammensetzung der Gremien wird vorrangig durch die Wahlentscheidung aller Wahlberechtigten und darüber hinaus durch die Inkompatibilitätsregelungen des § 51 SGB IV bestimmt. Die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane und ihre Freiheit vor Einflussnahmen wird nicht durch § 48 Abs. 3 SGB IV, sondern maßgeblich durch § 48 Buchst. a Abs. 3 SGB IV und § 51 Abs. 6 Nr. 5 Buchst. a SGB IV sichergestellt. Danach sind zum einen Arbeitnehmervereinigungen, die von Bediensteten des Versicherungsträgers dominiert werden, grundsätzlich von der Vorschlagsberechtigung ausgeschlossen, zum anderen sind die Beschäftigten des Versicherungsträgers nicht wählbar, so dass die Kontrolle im Selbstverwaltungsorgan ausschließlich von Nichtbeschäftigten des Versicherungsträgers ausgeübt wird. Die genannten Bestimmungen sind der entscheidende Garant dafür, dass in der Selbstverwaltung keine In-Sich-Kontrolle der Träger erfolgt. Der in der Gesetzesbegründung angegebene Zweck bezüglich der Begrenzung des Anteils der Bediensteten an den Unterzeichnern einer Vorschlagsliste, nämlich einer zu starken Einflussnahme der bei dem Versicherungsträger Beschäftigten auf die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane vorzubeugen, spielt ersichtlich keine entscheidende Rolle.
Die Ausführungen der Beklagten, dass eine negative Auswirkung auf die Zulassungsfähigkeit einer Liste ausschließlich die Unterschriften haben, die aus dem Personenkreis nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV stammen, und sich dieser Effekt zwangsläufig aus dem Gesetzeszweck, einen zu starken Einfluss der Beschäftigen des Versicherungsträgers auf die Liste zu verhindern, ergebe, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die maßgebliche Kontrolle der Selbstverwaltungsorgane wird, wie oben bereits ausgeführt, durch andere Regelungen gewährleistet. Die Auffassung der Beklagten würde auch bedeuten, dass die Obergrenze von 25 % der vom passiven Wahlrecht ausgeschlossenen Personen auf die Gesamtzahl der Unterzeichner der Vorschlagsliste auch jenseits des Quorums des Abs. 2 anzuwenden ist. Dadurch würde das verbindliche Quorum des § 48 Abs. 2 SGB IV durch eine dynamische Erhöhung ersetzt. Je größer die Anzahl der Unterschriften der von § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV erfassten Personen wäre, desto höher würde das zu erreichende Quorum, weil für jeden der ausgeschlossenen Personen mindestens drei weitere Personen unterschreiben müssten. Zusätzliche Unterschriften der in § 48 Abs. 2 Satz 3 SGB IV genannten Personenkreise bekämen ein negatives Stimmengewicht bis hin zu der Konsequenz, dass eine einzige über das Quorum hinaus gegebene Unterschrift mehr als 1.000 andere Unterschriften zur Bedeutungslosigkeit entwerten können.
Gegen die Auffassung der Beklagten spricht des Weiteren auch, dass die vorschlagsberechtigte Organisation die tatsächlichen Verhältnisse verschleiern kann. Auch wenn die Vorschlagsliste insgesamt von mehr als 25 % nicht wählbarer Personen unterstützt worden wäre, hätte der Listenführer die Möglichkeit, vor Einreichung des Wahlvorschlags durch Zurückhaltung von Unterschriften von "schädlichen" Personen deren Anteil an der Gesamtzahl der Unterzeichner auf nicht mehr als 25 % zu begrenzen und damit – sofern die Mindestzahl an Unterzeichnern erreicht wird – die Gültigkeit einer Vorschlagsliste herbeizuführen. Somit könnte ohnehin der Gesetzeszweck, einer zu großen Einflussnahme von Bediensteten auf die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane vorzubeugen, nicht erreicht werden, weil dem Wahlausschuss des Versicherungsträgers nicht bekannt wäre, dass tatsächlich die Zahl der "schädlichen" Unterstützer der Liste mehr als 25 % der Gesamtzahl beträgt. Wenn somit die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen in die Hand der vorschlagsberechtigten Organisation gelegt würde, die damit je nach "Geschick" die Zulassung ihrer Liste erreichen könnte, spricht dies gegen die Auslegung der Beklagten, da Wahlvorschriften eindeutig und manipulationssicher auszulegen sind.
2. Sonstige Zurückweisungsgründe, bei denen die Vorschlagsliste gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 SVWO ungültig ist, sind nicht gegeben. Danach ist eine Vorschlagsliste auch ungültig, die nicht innerhalb der Einreichungsfrist bei der Stelle, bei der die Vorschlagslisten einzureichen sind, eingeht (Nr. 1), die unter einer Bedingung eingereicht worden ist (Nr. 2), deren Listenträger bereits eine Vorschlagsliste eingereicht und diese nicht zurückgenommen hat (Nr. 3), die nicht die Form des § 15 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 wahrt (Nr. 4) oder deren Listenträger nicht das Recht hat, Vorschlagslisten einzureichen, oder deren Listenträger die Feststellung seiner Vorschlagsberechtigung entgegen den §§ 48b und 48c SGB IV nicht rechtzeitig beantragt haben (Nr. 5). Die Tatbestandsvoraussetzungen der Nr. 1 bis 5 liegen auch nach den Ausführungen der Beklagten nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 2 sowie § 47 Abs. 1 GKG.
Der Senat misst dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung bei und hat dementsprechend die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 27.10.2015
Zuletzt verändert am: 27.10.2015