Rev. durch Urteil zurückgewiesen
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14. Februar 2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für einen von der streitgegenständlichen Betriebsprüfung umfassten Teilzeitraum eines dreijährigen Studiums des Beigeladenen zu 1) in einem sog. "dualen Studiengang" an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in C. Bezüglich des zweiten Teilzeitraumes bis zum Abschluss des Studiums des Beigeladenen zu 1) ist das diesbezüglich anhängige Vorverfahren, betreffend die Feststellungen der Beklagten für den Folgezeitraum nach weiterer Betriebsprüfung, ruhend gestellt.
Der am 00.00.1977 geborene Beigeladene zu 1) nahm am 27.09.1999 ein Studium zum Dipl. Informatiker (FH) im sog. "dualen Studiengang Wirtschaftsinformatik" an der FHDW in C auf, das er am 30.09.2002 erfolgreich beendete. Nach der maßgeblichen Studienordnung gliederte sich das Studium der Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaft in insgesamt neun zwölfwöchige Trimester: sechs Trimester Lehrveranstaltungen sowie drei berufspraktische Studientrimester. Außerdem waren drei weitere betriebliche Phasen im Umfang von jeweils maximal zwölf Wochen in den Studienablauf integriert.
In § 7 enthält die Studienordnung folgende Regelung zu den berufspraktischen Studientrimestern:
(1) Von der Fachhochschule wird ein Praktikumsausschuss einberufen. Er ist für die ordnungsgemäße Durchführung der berufspraktischen Studientrimester zuständig.
(2) Während der berufspraktischen Studientrimester werden den Studierenden in geeigneten Betrieben praktische Erfahrungen und Kenntnisse vermittelt. Die Ausbildungsinhalte der berufspraktischen Studientrimester werden im Einzelfall und unter Berücksichtigung der angestrebten Studienschwerpunkte vom Praktikumsbetrieb und den Studierenden vorgeschlagen und vom Praktikumsausschuss auf Übereinstimmung mit den Studieninhalten geprüft. Im Falle einer Ablehnung der Praktikumsinhalte durch den Praktikumsausschuss werden die Inhalte des Praktikums vom Praktikumsausschuss und der Praxisstelle gemeinsam neu festgelegt. Für die Durchführung der berufspraktischen Studientrimester benennt die Fachhochschule jedem bzw. jeder Studierenden einen gemäß § 5 der Prüfungsordnung prüfungsberechtigten Prüfer als Betreuer.
(3) Über die Ausbildungsinhalte und Ausbildungszeiten des berufspraktischen Studientrimesters, in dem keine Projekt- oder Diplomarbeit angefertigt wird, ist ein schriftlicher Bericht zu erstellen, der von der Praxisstelle bestätigt sein muss. Auf dieser Grundlage des Berichtes entscheidet der Betreuer über die erfolgreiche Durchführung des berufspraktischen Studientrimesters.
Nachdem der Beigeladene zu 1) eine Zusage der FHDW erhalten und sich durch den Abschluss eines Studienvertrages zur Zahlung von monatlichen Studiengebühren in Höhe von 1.100 DM verpflichtet hatte, benannte ihm die FHDW Betriebe, bei denen sich der Beigeladene zu 1) um die Durchführung der obligatorischen Praktika bewerben könne, u. a. die Klägerin. Mit dieser schloss er vor Beginn des Studiums einen sog. "Praktikantenvertrag zur Durchführung der betrieblichen Praktikumsphasen des dualen Studiums an der FHDW zum Dipl.-Informatiker". Nach der Präambel sollte ein Arbeitsverhältnis durch den Vertrag nicht begründet werden. Der Vertrag enthält u. a. folgende Regelungen:
1. Ziel
In der Zeit vom 01.10.1999 bis zum 30.09.2002 absolviert der Praktikant in dem Unternehmen sechs Praktika von insgesamt zweiundsiebzig Wochen Dauer. Die Praktika werden in Abstimmung mit der FHDW vom Unternehmen betreut. Beginn und Ende der Einzelpraktika werden gemäß den Vorgaben der FHDW absolviert bzw. schließen sich an die vorlesungsfreien Zeiten an.
2. Pflichten des Praktikanten
(1) Der Praktikant verpflichtet sich, die im Rahmen des Praktikums übertragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen und die für das Unternehmen geltenden Ordnungen, insbesondere Arbeitsordnungen und Unfallverhütungsvorschriften, zu beachten …
(4) Im Krankheitsfall ist vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Krankheit eine Arbeitsunfähigkeits-(AU-)Bescheinigung des behandelnden Arztes nachzureichen.
3. Kündigung des Vertrages
Der Praktikantenvertrag kann vorzeitig mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende gekündigt werden. Die Kündigung geschieht durch einseitige schriftliche Erklärung gegenüber dem anderen Vertragspartner, im Falle der Kündigung durch das Unternehmen nach vorheriger Anhörung der FHDW mit dem Ziel, eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit einem anderen geeigneten Unternehmen zu erreichen.
5. Vergütung und Rückzahlungsverpflichtung
(1) Die Praktikantentätigkeit wird mit einem Betrag in Höhe von monatlich 1.100 DM brutto vergütet.
(2) Für die Vorlesungszeit an der FHDW gewährt das Unternehmen ein Stipendium in Höhe von monatlich 1.100 DM brutto.
(3) Wird nach erfolgreichem Studium ein Arbeitsverhältnis zwischen den Vertragsparteien geschlossen, ermäßigt sich die Rückzahlungsverpflichtung für jedes abgelaufene Jahr der Unternehmenszugehörigkeit um 1/3, so dass 3 Jahre nach Ablauf des Studiums das vom Unternehmen gewährte Stipendium abgegolten ist.
(4) Wird das Arbeitsverhältnis vor dem Ende des Abgeltungszeitraumes von dem Praktikanten beendet, bleibt die Rückzahlungsverpflichtung für den noch nicht abgegoltenen Teil des Stipendiums erhalten.
(5) Kommt es nach Ablauf des Studiums auf Wunsch des Unternehmens nicht zu einem Arbeitsverhältnis oder endet der Vertrag vor Ende des Studiums durch Kündigung des Unternehmens, besteht keine Rückzahlungsverpflichtung für das gewährte Stipendium.
Nach dem von dem Beigeladenen zu 1) ausgefüllten Personalfragebogen sollte die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit als Praktikant bei vierzig Wochenstunden liegen. An die FHDW entrichtete der Beigeladene zu 1) während des dreijährigen Studiums Studiengebühren in Höhe von monatlich 1.100 DM, die Klägerin zahlte durchgehend monatlich den selben Betrag an den Beigeladenen zu 1) als Vergütung während der in ihrem Betrieb abgeleisteten sechs Praktika, als Stipendium während der sechs theoretischen Studienabschnitte.
Am 16.08.2001 führte die Beklagte gemäß § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch, betreffend den Prüfzeitraum vom 01.01.1996 bis zum 31.12.2000. Mit Bescheid vom 13.05.2002 stellte die Beklagte nach Anhörung der Klägerin fest, dass das Studium des Beigeladenen zu 1) integrierter Bestandteil eines Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisses sei und die Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung nicht ausschließe. Dafür spreche, dass der Beigeladene zu 1) durchgehend eine Zahlung in Höhe von 1.100 DM erhalten und sich vertraglich gegenüber der Klägerin verpflichtet habe, über einen Zeitraum von drei Jahren nach Beendigung des Studiums für die Klägerin tätig zu werden bzw. die gewährten Zahlungen zu erstatten. Es habe sich bei den Ausbildungszeiten im Betrieb der Klägerin nicht nur um sog. Zwischenpraktika gehandelt, bei denen eine in den Betrieb verlagerte schulische Ausbildung vorliege und die deshalb beitragsfrei seien. Vielmehr absolvierten Studenten der FHDW ihr Studium im Rahmen eines Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhältnisses und seien daher als zur Berufsausbildung Beschäftigte bzw. Arbeitnehmer anzusehen. Zwar sei für das duale Studium ein blockartiger Wechsel zwischen praxisbezogener Ausbildung und Studium typisch. Dennoch erhalte der Student/Praktikant durchgehend eine monatliche Vergütung. Daraus folge die die Sozialversicherungspflicht begründende Bindung an den Arbeitgeber. Für die Zeit vom 01.10.1999 bis zum 31.12.2000 seien 3.666,98 EUR nachzuentrichten.
Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass der Beigeladene zu 1) lediglich eine Vergütung/ein Stipendium in Höhe der von der privaten FHDW geforderten Studiengebühren erhalten habe. Eine monatliche, auch die Vorlesungszeiten umfassende Auszahlung habe die Weiterleitung der Studiengebühren vereinfachen sollen. Da es sich um ein anerkanntes Studium handele und die vorgeschriebenen Betriebspraktika zwingender Bestandteil des Studiums seien, komme eine Versicherungspflicht während des Gesamtzeitraumes nicht in Betracht. Es handele sich gerade nicht um ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis mit integriertem Studium. Weder liege eine anerkannte berufliche Ausbildung vor noch habe vor Aufnahme des Studiums eine Verbindung zum Praktikumsbetrieb bestanden.
Wegen eines anhängigen Parallelverfahrens bei dem erkennenden Senat (Az.: L 16 KR 192/02, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW)) ruhte das Vorverfahren zunächst. Nach Rücknahme der Revision in dem Parallelverfahren (Az. des Bundessozialgerichts (BSG): B 12 KR 33/03 R) durch die dortige beklagte Krankenkasse, die auch die unselbständige Anschlussrevision des dortigen Klägers erledigte, befragte die Beklagte den Beigeladenen zu 1) zu den Einzelheiten des Studiums. Dieser teilte unter dem 22.04.2005 mit, er sei seit Beendigung des Studiums als Angestellter für die Klägerin tätig. Der Praktikumsvertrag sei am 29.08.1999 abgeschlossen worden, die Mitteilung der FHDW, dass er das Studium aufnehmen könne, datiere vom 19.05.1999. Rückzahlungen der Vergütung/des Stipendiums habe er nicht leisten müssen. Wegen der Anschlusstätigkeit sei diese Verpflichtung seit dem 15.11.2005 entfallen. Er habe das Studium durch die von der Klägerin gewährten Zahlungen finanziert, seinen Lebensunterhalt durch Unterhaltszahlungen seiner Eltern. Als Praktikant habe er montags bis freitags gearbeitet, und zwar regelmäßig 40 Wochenstunden. Der das anschließende Arbeitsverhältnis regelnde Vertrag stamme vom 25.09.2002. Danach sei er als Anwendungsentwickler im Bereich Lotus Notes/Dominio Anwendungsentwicklung angestellt worden. Die monatliche Vergütung habe zu Beginn bei 2.800 EUR, nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit bei 2.950 EUR gelegen.
Unter Berücksichtigung der o. g. Angaben wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2005 als unbegründet zurück. Das duale Studium des Beigeladenen zu 1) sei im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung oder eines Arbeitsverhältnisses absolviert worden. Deshalb unterliege dieses der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Beschäftigung, nicht das Studium, habe im Vordergrund gestanden. Dafür spreche insbesondere, dass der Beigeladene zu 1) durchgehend, also auch während der theoretischen Studienabschnitte, eine Vergütung erhalten habe. Stipendien privater Arbeitgeber seien steuerpflichtiger Arbeitslohn und nur dann sozialversicherungsfrei, wenn sie nicht aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gezahlt würden und die Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 Einkommenssteuergesetz (EStG) vorlägen. Danach dürfe der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet werden. Anderenfalls liege beitragspflichtiger Arbeitslohn vor. Der Beigeladene zu 1) habe jedoch die Vergütung nur gegen Arbeitsleistung während der Praktika erhalten.
Mit der am 02.08.2005 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin ergänzend geltend gemacht, der Zeitraum des gesamten dreijährigen Studiums des Beigeladenen zu 1), zumindest aber die Vorlesungszeiten, sei/en sozialversicherungsfrei gewesen. Auch die betrieblichen Praktika, die zwingend vorgeschrieben gewesen seien, habe die Studien- und Prüfungsordnung der FHDW maßgeblich zeitlich und inhaltlich beeinflusst. Es habe insoweit strikte Vorgaben gegeben; anderenfalls wären die Praktika nicht anerkannt worden. Dies mache deutlich, dass das Studium im Vordergrund gestanden habe und der Beigeladene zu 1) seinem gesamten Erscheinungsbild nach als Student anzusehen gewesen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2005 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf den ihrer Auffassung nach zutreffenden angefochtenen Bescheid bezogen. Ergänzend hat sie darauf hingewiesen, dass das Studium integrierter Bestandteil des Arbeitsverhältnisses gewesen sei. Diese Beurteilung entspreche der Einschätzung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum dualen Studium, aber auch dem Urteil des BSG vom 10.12.1998 (Sozialrecht -SozR- 3-2500 § 6 Nr. 16) zum berufsintegrierten Studium mit Teilzeitbeschäftigung während des Semesters und Vollzeitbeschäftigung während Semesterferien, das auf den vorliegenden Fall übertragbar sei. Es sei insbesondere nicht zu erkennen, dass die Durchführung der Praktika in der Hand der FHDW gelegen habe. Zu einem intensiven Kontakt mit dem Betrieb der Klägerin sei es offensichtlich nicht gekommen; insbesondere hätten keine praxisbegleitenden Lehrveranstaltungen stattgefunden.
Die Beigeladenen zu 1), 3) und 4) haben keine eigenen Anträge gestellt. Die Beigeladene zu 2) hat sich der Rechtsauffassung der Beklagten angeschlossen, ebenfalls jedoch ohne einen eigenen Antrag zu stellen.
Mit Urteil vom 14.02.2007 hat das SG den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 13.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2005 aufgehoben. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen darauf abgestellt, es habe im streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende 2000 kein Beschäftigungsverhältnis bestanden. Im Kern fehle es aufgrund der konkreten Ausgestaltung des Praktikumsvertrages an einem synallagmatischen Austausch von Leistungen (Arbeit gegen Geld). Weder liege, bezogen auf die Rechte und Pflichten in den einzelnen Zeitintervallen, ein Beschäftigungsverhältnis vor noch ergebe sich der Charakter des Beschäftigungsverhältnisses aus einer künftigen Bindung an das Unternehmen. Der Beigeladene zu 1) sei seinem Erscheinungsbild nach durchgehend Student gewesen. Er habe sich auch in den fachpraktischen Zeiten ausschließlich an Studieninhalten orientiert, die von der FHDW durch die Studienordnung und die tatsächliche Gestaltung vorgegeben gewesen seien.
Gegen das ihr am 14.03.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.04.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht sie sich auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme auf ihren bisherigen Vortrag.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Köln vom 14.02.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil als zutreffend und trägt ergänzend vor, der Beigeladene zu 1) sei in keiner Weise in den Betrieb eingegliedert gewesen und habe keinen inhaltlichen oder formalen Vorgaben unterlegen. Vielmehr hätten sich die Inhalte der Praktika ausschließlich an den Vorgaben der FHDW orientiert. Ihr Interesse, das Studium des Beigeladenen zu 1) in Form eines dreijährigen Stipendiums zu fördern, habe darin gelegen, nach erfolgreichem Abschluss des Studiums einen Mitarbeiter erhalten zu können, der über Kenntnisse im Bereich "lotus notes" verfügt habe. Solche Kenntnisse seien auf dem freien Arbeitsmarkt in der Regel nicht verfügbar. Auch seien das Leistungsvermögen und das persönliche Verhalten des Beigeladenen zu 1) nach sechs Praktika in ihrem Betrieb bekannt gewesen. Aus diesen Erwägungen könne aber keine Sozialversicherungspflicht des Stipendiums abgeleitet werden.
Der Senat hat eine schriftliche Auskunft der FHDW eingeholt. Unter dem 07.02.2008 hat Prof. Dr. P für die FHDW C mitgeteilt, die im Studienverlauf vorgesehenen berufspraktischen Studientrimester bzw. betrieblichen Praxisphasen seien von den Studierenden in geeigneten Unternehmen zu absolvieren. Die Inhalte würden im Einzelfall und unter Berücksichtigung der angestrebten Studienschwerpunkte vom Praktikumsbetrieb und dem Studierenden vorgeschlagen und vom Praktikumsausschuss der FHDW auf Übereinstimmung mit den Studienzielen geprüft. Es sollten praktische Erfahrungen und Kenntnisse erworben werden können. Die FHDW gehe davon aus, dass der Praktikant im üblichen Umfang laut Tarifvertrag oder ähnlichen vertraglichen Bestimmungen in den Praxisphasen anwesend sei. Die berufspraktischen Studientrimester und die betrieblichen Praxisphasen seien laut Studien- und Prüfungsordnung Teil der Hochschulausbildung.
Ergänzend hat der Senat den Beigeladenen zu 1) umfassend zu den Umständen des Studiums und des Inhalts der Praktika im Betrieb der Klägerin befragt. Dieser hat angegeben, während zweier Trimester, in denen er seine Projekt- bzw. Diplomarbeit habe anfertigen müssen, sei er ausschließlich mit der Lösung der von der FHDW gestellten Aufgabe beschäftigt gewesen. Auch während der übrigen fachpraktischen Trimester habe er sich mit der Vertiefung der Studieninhalte und mit dem Erwerb von Kenntnissen befasst, nicht mit der Mitarbeit an konkreten Projekten, die für die Klägerin verwertbar gewesen seien. Er habe keinen Weisungen und keinen Vorgaben der Klägerin unterlegen. Bezüglich der Arbeits- und Anwesenheitszeiten habe er sich – ohne entsprechende Vorgaben der Klägerin – an die betrieblichen Gegebenheiten angepasst, wobei es auch für die fest angestellten Anwendungsprogrammierer keine festen Vorgaben bezüglich ihrer Anwesenheit im Betrieb der Klägerin gegeben habe. Zu den Betreuern der FHDW habe während der Praktika durchgehend Kontakt bestanden. Die Klägerin habe sich zu keinem Zeitpunkt über den konkreten Studienverlauf und -erfolg informiert oder nachgefragt, ob er den Anforderungen des Studiums entspreche. Während der fachtheoretischen Abschnitte habe keinerlei Kontakt zur Klägerin bestanden. Aus seiner Sicht sei das nach dem Studium gezahlte Gehalt im Hinblick auf das zuvor geleistete Stipendium nicht geringer als üblich ausgefallen.
Der Senat hat außerdem den damaligen Leiter der Abteilung "Systemintegration" der Klägerin, N L, als Zeugen vernommen. Dieser hat angegeben, der Beigeladene zu 1) sei erst nach Abschluss seines Studiums in konkrete Projekte der Klägerin einbezogen worden. Als Studierenden hätten ihm zum einen entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten gefehlt, zum anderen sei dessen Mitarbeit an Kundenaufträgen aber auch wegen der im Verhältnis zu den Laufzeiten solcher Projekte sehr kurzen Praktikumsabschnitte von nur drei Monaten ausgeschlossen gewesen. Der Beigeladene zu 1) habe sich während der Praktika vielmehr mit dem Erwerb von Wissen beschäftigt; für die Klägerin verwertbare Tätigkeiten habe er in dieser Zeit nicht erbracht. In den beiden Semestern, in denen er die Projekt- bzw. Diplomarbeit habe anfertigen müssen, sei er ohnehin mit diesen Aufgaben vollständig ausgelastet gewesen. Eine zeitliche und organisatorische Einbindung in den Betrieb der Klägerin habe er während der Praktika des Beigeladenen zu 1) nicht feststellen können. In welchem Umfang Kontakt zur FHDW bestanden habe, sei ihm, dem Zeugen, nicht mehr in Erinnerung.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozess- sowie der Verwaltungsakte Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht und mit bereits eingehender Begründung durch Urteil vom 14.02.2007 den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 13.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2005 aufgehoben; denn diese sind rechtswidrig.
Rechtsgrundlage für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides ist § 28p Abs. 1 S.1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre. Die Träger der Rentenversicherung erlassen nach S. 5 der Vorschrift im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Aufgrund des rechtlichen Rahmens und der konkreten tatsächlichen Gestaltung hat der Beigeladene zu 1) während der Theorie- und Praxisphasen nicht der Sozialversicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und im Arbeitsförderungsrecht nach § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) unterlegen. Er ist während der fachtheoretischen und -praktischen Studientrimester im hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht Beschäftigter im Sinne des § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) gewesen; denn es fehlt an der Ausübung nicht selbständiger Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV) bzw. an dem diesem gleichgestellten Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung (§ 7 Abs. 2 SGB IV). Vielmehr hat Beitragsfreiheit von Studenten in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 5 Abs. 3 SGB VI und im Arbeitsförderungsrecht nach § 27 Abs. 4 Nr. 2 SGB III bestanden.
Das SG hat zutreffend festgestellt, dass die praktische Ausbildung, die der Beigeladenen zu 1) absolviert hat, in der Studienordnung der FHDW vorgeschrieben ist (§ 5 Abs. 4, § 7 der Studienordnung) und damit auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage beruht. Nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 1232 Nr. 26; SozR 3-2500 § 5 Nr. 15) sind Praktika nur dann Teile des Studiums und damit Unterrichtsveranstaltungen, wenn das maßgebende Hochschul- oder Fachhochschulrecht die Praktika ausdrücklich als Teile des Studiums bezeichnet und deren Durchführung in der Hand der Hochschule liegt oder wenn die Praktika durch Hochschulrecht bzw. durch die Hochschule selbst geregelt und gelenkt werden, etwa von der Hochschule praxisbegleitende Lehrveranstaltungen angeboten werden, die Ausbildungsstellen der Anerkennung durch die Hochschule bedürfen. Dies ist vorliegend entgegen der Auffassung der Beklagten der Fall. Die rechtlichen Vorgaben bestimmen in § 7 Abs. 2 der Studienordnung der FHDW, dass die Ausbildungsinhalte der Praxisquartale im Einzelfall und unter Berücksichtigung der angestrebten Studienschwerpunkte vom Praxisbetrieb und den Studierenden vorgeschlagen und vom Praxisausschuss auf Übereinstimmung mit den Studienzielen geprüft werden; im Falle einer Ablehnung der Inhalte der Praxisphase durch den Praxisausschuss werden die Inhalte der Praxisphase vom Praxisausschuss und der Praxisstelle gemeinsam neu festgelegt. Der Beigeladene zu 1) sowie die Klägerin haben zu der tatsächlichen Ausgestaltung übereinstimmend und glaubhaft ausgeführt, der Inhalt der Ausbildung des Beigeladenen zu 1) in den Praxisquartalen sei vorab jeweils mit der FHDW abgestimmt worden und der Betrieb, vor allem aber der Beigeladene zu 1) selbst hätten während der Praxisphasen zu Mitarbeitern der FHDW oder deren Praxisausschuss bzw. zum Betreuer Kontakt gehabt. Rahmenvereinbarungen oder ein Kooperationsvertrag zwischen der FHDW und der Klägerin haben zwar nicht bestanden. Vor dem Senat haben jedoch sowohl die Vertreterin der Klägerin als auch der Beigeladene zu 1) erklärt, die FHDW habe auf die Gestaltung und Abwicklung der Praktika Einfluss genommen. Während zweier Trimester sei der Beigeladene zu 1) ausschließlich mit der Anfertigung der vorgegebenen Arbeiten befasst gewesen, ansonsten habe er die Ausbildungsinhalte vorab mit der FHDW abstimmen und diese genehmigen lassen müssen. Die Aufgaben habe ausschließlich der Beigeladene zu 1) selbst, orientiert an den Vorgaben der FHDW, ausgesucht. Aus den vorstehend dargelegten tatsächlichen Verhältnissen, die sich grundlegend von dem im Jahre 2003 von dem erkenndenden Senat entschiedenen Fall (Urt. vom 26.06.2003, Az.: L 16 KR 192/02, Neue Zeitschrift für Sozialrecht (NZS) 2004, 146) unterscheiden, wird deutlich, dass im hier zu beurteilenden Fall des Beigeladenen zu 1) eine Regelung und Lenkung der praktischen Ausbildung seitens der FHDW erfolgt ist. Die Ausgestaltung der Praxisphasen ist den Vorgaben der Studienordnung unterordnet gewesen. Während der Praxisphasen ist der Beigeladene zu 1) auch seinem Erscheinungsbild nach Student gewesen, eine Voraussetzung, die nach ständiger Rechtsprechung (siehe insbesondere BSG SozR 3-2200 § 172 Nr. 2; zur Rechtsentwicklung und "Erscheinungsbild-Theorie" siehe die Anmerkung zu diesem Urteil: Trenk-Hinterberger, Die Sozialgerichtsbarkeit (SGb) 1993, 371) zu dem Merkmal einer hochschulrechtlichen förmlichen Einschreibung hinzutreten muss. In den Praxisphasen ist das Erscheinungsbild des Beigeladenen zu 1) ausschließlich durch das Studium geprägt gewesen, dieses war als Hauptsache anzusehen. Der Beigeladene zu 1) hat dem Unternehmen nicht nur in den Trimestern, in denen er die Projekt- bzw. Diplomarbeit anzufertigen hatte, sondern auch in den übrigen vier Trimestern für betriebliche Belange nicht zur Verfügung gestanden. Er war weder in den Betrieb eingebunden und noch war er während der gesamten Praxisquartale weisungsgebunden. Auch hat er nicht an für die Klägerin verwertbaren Projekten mitgearbeitet. Wenn er nicht ohnehin durch die Anfertigung von Projekt- und Diplomarbeit aus den betrieblichen Abläufen herausgezogen war, hat er nach eigenen Angaben an der Erweiterung seiner Kenntnisse auf bestimmten Gebieten gearbeitet, die allenfalls in der Zukunft für die Klägerin verwertbar gewesen sind. Er hat nicht einmal an Kundenbesuchen teilgenommen. Diese Feststellungen des Senats fußen auf den übereinstimmenden Darlegungen der Klägerin, des Beigeladenen zu 1) sowie des Zeugen N. Der Senat sieht es aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse als festgestellt an, dass der Beigeladene zu 1) während der gesamten Praxisphasen nicht abhängig beschäftigt gewesen ist. Die gezahlte Vergütung hat ihrem Sinn und Zweck nach viel eher einem Stipendium entsprochen. Das BSG hat insoweit erst jüngst (Urt. vom 23.01.2008, Az.: B 10 LW 1/07 R, www.juris.de, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4) entschieden, dass ein Stipendium kein dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen vergleichbares und damit kein sozialversicherungspflichtiges Einkommen darstellt. Dieser Einschätzung schließt sich der erkennende Senat vollinhaltlich an. Damit geht auch die Rückzahlungsverpflichtung konform, die der Beigeladenen zu 1) hätte erfüllen müssen, wenn er nicht über zumindest drei Jahre im Anschluss an das Studium bei der Klägerin tätig gewesen und dieser Umstand auf seinem Verschulden beruht hätte.
Ebenso wie vorliegend die absolvierten Praktikumsphasen Teil einer Hochschulausbildung sind, haben in den theoretischen Studienblöcken die Voraussetzungen für eine Versicherungs- und Beitragspflicht des Beigeladenen zu 1) nicht vorgelegen. Zwar ist der Beklagten einzuräumen, dass der Praktikantenvertrag eine Vergütung auch für die Studienquartale umfasst, die in dem Praktikantenvertrag als Stipendium bezeichnet wird. Dennoch begründet dieser Vertrag für die reinen Studienphasen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) nicht gegenseitige Rechte und Pflichten, wie sie in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bestehen. Der Verpflichtung des Unternehmens zur Zahlung einer durchgehenden Vergütung stehen keine entsprechenden Pflichten des Studenten gegenüber. Der Beigeladene zu 1) hat auch tatsächlich während der Studienzeit nicht der Weisungsbefugnis des Betriebes unterlegen; die Klägerin hat nicht einmal nach dem Verlauf bzw. Erfolg des Studiums gefragt. Gegen eine Einordnung als abhängige Beschäftigung spricht auch der Terminus technicus "Stipendium", der deutlich macht, dass der Betrieb zwar das Studium finanziell – faktisch durch Übernahme der Studiengebühren – unterstützen, sich in dessen Belange aber nicht einmischen wollte und dies auch nicht getan hat. Schließlich spricht gegen eine Einbettung des Studiums in ein Arbeitsverhältnis des Beigeladenen zu 1) zu der Klägerin, dass der Zeitpunkt der Immatrikulierung wesentlich früher lag als die erste Praxisphase und der dieser vorausgehende Abschluss des Praktikantenvertrages. Der Beigeladene zu 1) hat angegeben, dass ihm die Liste mit potentiellen Praktikumsbetrieben erst nach der Einschreibung bei der FHDW ausgehändigt worden sei. Dem Studium hat damit gerade nicht ein die gesamte Ausbildung erfassender betrieblicher Ausbildungsvertrag zugrunde gelegen, der neben der Ausbildungsvergütung andere betriebliche Leistungen zubilligt hat. Aus diesem Grund hat es sich hier auch nicht um einen "praxisbezogenen (berufsintegrierten) Studiengang" im Sinne der Einschätzung der Spitzenverbände gehandelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der hier vorzunehmenden Abgrenzung zum Studenten, Praktikanten und Beschäftigten im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Erstellt am: 17.02.2010
Zuletzt verändert am: 17.02.2010