Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.12.2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch, 2. Buch (SGB II) für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 wegen des im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts besuchsweisen Aufenthaltes seines Sohnes bei ihm.
Der Kläger ist Vater des am 00.00.1993 geborenen Kindes D C-L. Die Ehe des Klägers mit Frau F C ist seit dem 30.05.1995 geschieden. Der Kläger ist für den Sohn D C-L nicht sorgeberechtigt. Sorgeberechtigt ist vielmehr allein seine geschiedene Ehefrau.
Am 15.01.2002 schloss er mit seiner geschiedenen Ehefrau vor dem Amtsgericht Neuss – Familiengericht – Az.: 46 F 371/01 – hinsichtlich des Umgangsrechts mit dem Sohn eine Vereinbarung. Nach dieser hat er das Recht des persönlichen Umgangs mit seinem Sohn an jedem zweiten Wochenende in der Zeit von Freitag 18:00 Uhr bis Sonntag 18:00 Uhr sowie an jedem Doppelfeiertag der kirchlichen Hochfeste in der Zeit von 9.00 Uhr bis 18:00 Uhr sowie für die Hälfte der Oster- und Sommerferien.
Mit Bescheid vom 13.12.2004 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 20.12.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 i.H.v. 805,- EUR monatlich. Hierbei berücksichtigte die Beklagte neben den Regelleistungen i.H.v. 345,- EUR Kosten der Unterkunft i.H.v. 460,- EUR. Leistungen für den zeitweiligen Aufenthalt des Sohnes beim Kläger gewährte die Beklagte nicht.
Mit Widerspruchsschreiben vom 06.01.2005 legte der Kläger ausdrücklich gegen den Änderungsbescheid vom 20.12.2004 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass der Aufenthalt seines Sohnes D bei ihm im Rahmen der Leistungsgewährung nicht berücksichtigt werde. Dieser halte sich an 82 Tagen pro Jahr bei ihm auf, was einem Anteil von 22,67 % entspreche. In diesem Fall sei eine zusätzliche anteilige Auszahlung des Regelbetrages für ein Kind bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres angemessen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Weil der Sohn nicht im Haushalt des Klägers lebe, sei er nicht Teil der Bedarfsgemeinschaft. Ebenso scheide ein Mehrbedarf für Alleinerziehende aus, da sich der Sohn überwiegend bei der geschiedenen Frau des Klägers aufhalte.
Am 30.06.2005 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2005 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 für die Besuchstage seines Sohnes zusätzliche Leistungen nach dem SGB II i.H.d. anteiligen Regelleistung eines unter 14-jährigen Kindes zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass das SGB II keine Leistungen für den Aufenthalt des Sohnes bei dem Kläger vorsehe.
Mit Urteil vom 07.12.2005 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Besuchstage seines Sohnes im Zeitraum vom 01.01.05 bis 30.04.05 zusätzliche Leistungen nach dem SGB II in Höhe der anteiligen Regelleistungen eines unter 14- jährigen Kindes zu gewähren.
Diese Entscheidung hat das Sozialgericht auf § 23 Abs. 1 S. 1 SGB II gestützt.
Danach habe der Leistungsträger gemäß § 23 SGB II zusätzliche Leistungen zu erbringen, wenn im Einzelfall ein von der Regelleistung umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen noch auf andere Weise gedeckt werden könne. Die Ausübung des Umgangsrechts sei dem Grunde nach von der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst. Sie unterfalle dem dort genannten Begriff "Beziehungen zur Umwelt", womit die die persönlichen und sozialen Außenkontakte gemeint seien. Ein wesentlicher Außenkontakt sei der zum eigenen Kind. Die durch die Ausübung des Umgangsrechts entstehenden Kosten seien grundsätzlich der Regelleistung zuzurechnen, so dass eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers nach § 73 Sozialgesetzbuch, 12. Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) ausscheide. Die Wahrnehmung des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten Klägers stelle einen unabweisbaren Bedarf im Sinne des § 23 SGB II dar, der auf andere Weise als durch Gewährung von Regelleistungen nicht gedeckt werden könne. es komme eine anteilige Gewährung für die Tage des Aufenthalts des Sohnes in Betracht, wobei als Berechnungsgrundlage die Regelleistungen von Kindern bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres zugrunde gelegt werden könnten.
Gegen das am 20.01.2006 zugestellte Urteil, dem eine Rechtsmittelbelehrung über die Statthaftigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde beigefügt war, hat die Beklagte am 17.02.2006 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.
Mit Beschluss vom 19.04.2006 hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.12.2005 zugelassen und das Verfahren als Berufungsverfahren fortgeführt.
Mit Beschluss vom 21.09.2006 hat der Senat das Ruhen des Verfahrens angeordnet im Hinblick auf das beim Bundessozialgericht (BSG) anhängigen Revisionsverfahren B 7b AS 14/06 R.
Nach der Entscheidung des BSG vom 07.11.2006 haben die Beteiligten das Verfahren fortgeführt.
Die Beklagte und Berufungsklägerin vertritt die Auffassung, dass der Kläger vorliegend keine Leistungsansprüche nach dem SGB II gegen sie geltend machen könne. Ansprüche könnten sich allenfalls gegen den Sozialhilfeträger aufgrund der Vorschriften des SGB XII ergeben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.12.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält an seiner im Widerspruchs- und erstinstanzlichen Verfahren vertretenen Auffassung fest und beziffert seine Aufwendungen für den streitigen Zeitraum mit insgesamt 144,90.,- EUR.
Der Kläger hat klargestellt, dass er vorliegend keine Fahrtkosten begehre und auch keine zusätzlichen Wohnungskosten geltend mache. Es gehe lediglich um weitere anteilige Regelleistungen für die Aufenthalte des Sohnes an zwei Tagen pro Wochenende ausgehend von einer Regelleistung für den Sohn i.H.v. 207,- EUR monatlich. Mit Schreiben vom 08.08.2007 hat der Kläger die Tage, an denen sich sein Sohn im streitigen Zeitraum bei ihm aufgehalten hat, aufgelistet.
Die geschiedene Ehefrau des Klägers hat im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem Sozialgericht Düsseldorf (S 25 AS 132/07 ER) mit Schreiben vom 31.12.2007 erklärt, dass sich ihr Sohn im Rahmen der 14-tägigen Besuchswochenenden gar nicht bei seinem Vater aufhalte, sondern von diesem bei dessen Eltern abgegeben werde. Auch habe er während der großen Schulferien 2006 und 2007 ganze Wochen bei seinen Großeltern verbracht, weil sein Vater zu irgendwelchen Seminaren gemusst habe bzw. einem Freund geholfen und sich ein zusätzliches Einkommen verdient habe.
Der Senat hat im Hinblick darauf, dass der Sohn des Klägers inzwischen das 15. Lebensjahr vollendet hatte, mit ihm sowie seiner Mutter in der mündlichen Verhandlung vom 18.08.2008 den Sach- und Streitstand erörtert.
Nach Erläuterung der Vorschrift des § 36 Sozialgesetzbuch, 1. Buch (SGB I) hat der Sohn des Klägers erklärt, er genehmige die Antragstellung und die Prozessführung seines Vaters. Seine Mutter hat daraufhin als gesetzliche Vertreterin erklärt, sie genehmige die Erklärung ihres Sohnes nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 18.08.2008 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Akten des Sozialgerichts Düsseldorf – S 25 AS 11/08, S 25 AS 10/08 ER und S 25 AS 11/08 – sowie den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Zu Unrecht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass der Kläger für die Besuchstage seines Sohnes im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 einen Anspruch auf weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe der anteiligen Regelleistung eines unter 14-jährigen Kindes hat. Die Ablehnung höherer Leistungen durch den angefochtenen Bescheid vom 13.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2005 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – ).
1.Der Kläger ist alleiniger Beteiligter (§ 69 Nr. 1 SGG) des Verfahrens, sein minderjähriger, 15 Jahre alter Sohn war nicht als Kläger des Rechtsstreits in das Verfahren einzubeziehen (siehe dazu noch unter 3.).
2.Soweit der Kläger anteilige Regelsatzleistungen für die Zeit des Aufenthalts seines Sohnes bei ihm als vermeintlich eigene Ansprüche im eigenen Namen geltend macht, war die Klage abzuweisen, weil der Kläger während der Zeit, in der sich sein Sohn bei ihm aufhält, zwar mit diesem eine zeitweise Bedarfsgemeinschaft bildet, der für diesen Zeitraum bestehende Bedarf des Sohnes jedoch nicht ohne Weiteres vom Kläger geltend gemacht werden kann, weil es sich um einen Individualanspruch des Sohnes handelt (BSG Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 14/06 R = FEVS 58, 289 = NZS 2007, 383 mit Anm. Behrend jurisPR-SozR 9/2007 Anm. 1; LSG NRW Urteil vom 21.04.2008, L 20 AS 112/06). Der Kläger ist für solche Ansprüche des Sohnes nicht aktiv legitimiert. Das BSG hat bereits in seiner Entscheidung vom 07.11.2006 (a.a.O.) klargestellt, dass in Fällen, in denen "Scheidungskinder" das Umgangsrecht bei einem Elternteil wahrnehmen, jedes Mitglied einer (auch zeitweiligen) Bedarfsgemeinschaft ggf. einen eigenen Leistungsanspruch nach dem SGB II hat (siehe dazu auch die Entscheidung des BSG vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R). Dies bedeutet, dass dieser Leistungsanspruch nur vom jeweiligen Anspruchsinhaber selbst im eigenen Namen oder von einem berechtigten Vertreter im Namen des Anspruchsinhabers geltend gemacht werden kann.
Eine Leistungsgewährung nach § 23 SGB II, wie sie das Sozialgericht Düsseldorf befürwortet hat, scheidet ebenfalls aus, da eine Lösung über § 23 SGB II eine Umgehung der vom Gesetzgeber ausgeschlossenen Erhöhung der Regelsätze darstellen würde (vgl. BSG a.a.0. Rdnr. 20 und LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.06.2007, L 8 AS 491/05).
Ein Anspruch aus § 73 SGB XII, der sich ohnehin gegen den Sozialhilfeträger und nicht gegen die vorliegend Beklagte richten würde, ist nach dem Urteil des BSG vom 07.11.2006 ebenfalls nicht in Betracht zu ziehen (BSG, a.a.0., Rdnr. 24). Geltend gemacht werden können allenfalls Fahrkosten des Klägers, die er jedoch gerade nicht beantragt hat.
Auch ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 SGB II ist nicht in Betracht zu ziehen.
Da der Kläger den Sohn nur alle zwei Wochenenden im Monat und in der Hälfte der Schulferien betreut, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Mitwirkung der Kindesmutter im Rahmen der Pflege und Erziehung des Sohnes eine untergeordnete Rolle spielt und der Kläger infolgedessen als allein erziehend angesehen werden könnte (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 21.04.2008 – L 20 AS 112/06 – m.w.N. zur Rechtsprechung).
3.Der Kläger kann den Leistungsanspruch seines noch minderjährigen Sohnes auch nicht als dessen Vertreter in dessen Namen geltend machen. Insoweit fehlt dem Kläger nämlich die erforderliche Vertretungsmacht. 4. Zwar hat der Sohn des Klägers am 27.03.2008 das 15. Lebensjahr vollendet und hätte deshalb zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gemäß § 71 Abs 2 SGG i.V.m. § 36 Abs 1 Satz 1 SGB I die bis dahin vollmachtlose Prozessführung seines Vaters genehmigen können. Denn die fehlende gesetzliche Vertretungsmacht des Klägers hätte hierdurch – auch noch in der Rechtsmittelinstanz – geheilt werden können (BGH Beschluss vom 30.11.1988 – IVa ZB 12/88). Das ist für den Zivilprozess seit dem Urteil des BGH vom 30.01.1964 – VII ZR 5/63 (BGHZ 41, 104, 106) anerkannt. Hergeleitet wird diese Auffassung aus dem Umstand, dass das Gesetz selbst in §§ 551 Nr. 5 und 579 Nr. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) die nachträgliche Genehmigung der Prozessführung durch eine im Verfahren nicht ordnungsmäßig vertretene Partei kennt und ihr die Rechtswirkung beilegt, dass der zugrunde liegende Verfahrensmangel als geheilt anzusehen ist. § 551 ZPO ist kraft der Verweisung in § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden. Der Sohn des Klägers hat die Antragstellung und die Prozessführung des Klägers auch durch entsprechende Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 18.08.2008 genehmigt.
Der Sohn des Klägers ist im Prozess prozessfähig, weil er nach § 36 Abs. 1 SGB I handlungsfähig ist. § 71 Abs. 2 SGG erweitert die Prozessfähigkeit für diejenigen Minderjährigen, denen wie hier nach öffentlichem Recht Handlungsfähigkeit zugebilligt wird. Sie können Sozialleistungen selbst im Prozess verfolgen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 71 Rn. 5a).
Allerdings gilt die Handlungsfähigkeit des § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB I nicht uneingeschränkt, sondern kann gemäß § 36 Abs. II Satz 1 SGB I vom gesetzlichen Vertreter durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger eingeschränkt werden. Vorliegend hat die geschiedene Ehefrau des Klägers als (alleinige) gesetzliche Vertreterin des Sohnes die Handlungsfähigkeit des Sohnes zur Genehmigung der Prozessführung des Klägers durch die zu Protokoll erklärte Verweigerung der Genehmigung eingeschränkt mit der Folge, dass dieser die Prozessführung des Klägers nicht wirksam genehmigen konnte.
Da die Ehefrau des Klägers die Prozessführung des Klägers auch zuvor nicht genehmigt hat, kann dieser seinen Sohn im vorliegenden Verfahren nicht wirksam vertreten. Denn eine eigene Vertretungsmacht und damit die Berechtigung, die Leistungsansprüche des Sohnes in dessen Namen geltend zu machen, steht dem Kläger nicht zu.
Grundsätzlich steht, sofern durch das Familiengericht nicht etwas anderes bestimmt oder einer der im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vorgesehenen Ausnahmetatbestände vorliegt, in Ausübung der elterlichen Sorge (§ 1626 BGB) die Vertretung eines nicht geschäftsfähigen Kindes den Eltern gemeinschaftlich zu (§ 1629 Abs. 1 S. 1, 2 BGB). Nach § 1629 Abs. 1 Satz 3 BGB vertritt ein Elternteil das Kind allein, soweit er die gesetzliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 BGB übertragen ist. Vorliegend übt die Ehefrau des Klägers die gesetzliche Sorge für den Sohn allein aus.
Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 21.04.2008 – L 20 AS 112/06 – entschieden hat, helfen auch öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht über diese Vertretungsregel hinweg.
§ 38 S. 1 SGB II berechtigt den Kläger nicht, als Vertreter seines Sohnes dessen Ansprüche einzuklagen.
Soweit Anhaltspunkte nicht entgegenstehen, wird nach dieser Norm vermutet, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige, also der Kläger, auch für den mit ihm in einer (zeitweiligen) Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn Leistungen nach dem SGB II beantragen kann. Ein solcher Antrag ist in der Bitte des Klägers um Erhöhung seiner Leistungen zu sehen. Die Vermutungsregelung des § 38 S.1 SGB II berechtigt allerdings nur zur Antragstellung beim Leistungsträger, sie ermächtigt nicht zur Klageerhebung (Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 38 Rn. 24).
Anders als in dem vom Senat mit dem genannten Urteil vom 21.04.2008 entschiedenen Fall, in dem das Sorgerecht gemeinsam ausgeübt wurde, kann in dem Fall, dass das Sorgerecht nur einem Elternteil zusteht, die Vertretungsmacht des nicht sorgeberechtigten Elternteils auch nicht über eine im Licht des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG zu erfolgende Auslegung der zivilrechtlichen Bestimmungen über die Ausübung der elterlichen Sorge begründet werden, die es bei nicht mehr zusammenlebenden Eltern dem umgangsberechtigten und zugleich nach dem SGB II oder SGB XII hilfebedürftigen Elternteil auch bei entgegenstehendem Willen des anderen Elternteils für die Zeiten der Wahrnehmung des Umgangsrechts ermöglicht, Ansprüche seiner minderjährigen, nicht selbst prozessfähigen Kinder nach dem SGB II oder SGB XII im Zusammenhang mit der mit ihm gebildeten zeitweisen Bedarfsgemeinschaft in alleiniger Vertretung der Kinder vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit geltend zu machen.
Denn anders als in dem mit Urteil vom 21.04.2008 – L 20 AS 112/06 – entschiedenen Fall fehlt vorliegend der zivilrechtliche Anknüpfungspunkt, der im Licht des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG eine Vertretungsmacht des nicht sorgeberechtigten Elternteil ermöglichen könnte. Für den nicht sorgeberechtigten Elternteil findet § 1687 BGB nicht unmittelbar, sondern nur über § 1687a BGB Anwendung.
§ 1687a BGB lautet:
"Für jeden Elternteil, der nicht Inhaber der elterlichen Sorge ist und bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder eines sonstigen Inhabers der Sorge oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung aufhält, gilt § 1687 Abs. 1 Satz 4 und 5 und Abs. 2 entsprechend".
§ 1687a verweist lediglich auf § 1687 Abs. 1 Sätze 4 und 5 und Abs. 2, nicht jedoch auf § 1687 Abs. 1 Satz 2, der dem Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens verleiht. Allein aus § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die Berechtigung des umgangsberechtigten, aber nicht allein sorgeberechtigten und zugleich nach dem SGB II hilfebedürftigen Elternteil auch bei entgegenstehendem Willen des anderen Elternteils für die Zeiten der Wahrnehmung des Umgangsrechts herleiten lassen, Ansprüche seiner minderjährigen, nicht selbst prozessfähigen Kinder nach dem SGB II im Zusammenhang mit der mit ihm gebildeten zeitweisen Bedarfsgemeinschaft in alleiniger Vertretung der Kinder vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit geltend zu machen.
Entgegen der insofern in dem Urteil vom 21.04.2008 fehlerhaften Formulierung, "aus § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB folge die Berechtigung des nicht allein sorgeberechtigten Elternteils, Ansprüche der Kinder nach dem SGB II für die Zeit der (zeitweisen) Bedarfsgemeinschaft im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrecht als Angelegenheit des täglichen Lebens und der tatsächlichen Betreuung unmittelbar gerichtlich geltend zu machen", ergibt sich diese Berechtigung allein aus § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB, auf dessen Wortlaut das Urteil vom 21.04.2008 in seinen tragenden Entscheidungsgründen auch abstellt.
Demgegenüber lässt sich ein solches Recht aus (§ 1687a BGB i.V.m.) § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB nicht herleiten. Denn § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB begründet nur die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. Diese Befugnis beschränkt sich auf die Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung, also Ernährung, Bettruhe, Fernsehkonsum etc. (BT-Drs. 13/4899, S. 108), begründet aber kein Vertretungsrecht (ganz h.M.: vgl. Palandt / Diederichsen, 67. Auflage, § 1687 Rn. 13; Prütting / Ziegler, 3. Auflage, § 1687, Rn. 11; Schwab, Elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung der Eltern – Die Neuregelung des Kindschaftsrechtsreformgesetzes – Regensburg 1998)
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, weil der Streitsache grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Bisher sind noch keine höchstrichterlichen Entscheidungen dazu ergangen, welche genauen Konsequenzen aus der Figur der zeitweiligen Bedarfsgemeinschaft hinsichtlich der hier auch streitbefangenen Regelleistungen zu ziehen sind. Die Entscheidung hat darüber hinaus Bedeutung in Abgrenzung und in Klarstellung zu der Entscheidung des erkennenden Senat vom 21.04.2008 – L 20 AS 112/06 – in der ebenfalls die Revision zugelassen und inzwischen unter dem Aktenzeichen B 14 AS 54/08 R ein Revisionsverfahren anhängig ist.
Erstellt am: 05.11.2008
Zuletzt verändert am: 05.11.2008