Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.10.2012 geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger 15.283,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 28.12.2011 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 15.283,84 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 15.283,84 EUR.
Der Kläger ist Träger des LVR-Klinikums E, in dem der 1961 geborene K C (im Folgenden: C) in der Zeit vom 23.05.2007 bis 07.08.2007 in der Psychiatrie vollstationär behandelt wurde.
C war von 1983 bis zum Ende 1994 und vom 31.01.2008 bis 31.03.2010 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Bezogen auf den Zeitraum vom 01.01.1995 bis 30.01.2008 ist der Versichertenstatus zwischen den Beteiligten nicht geklärt. C war in dieser Zwischenzeit für einige Jahre obdachlos. Aus der JVA E wurde C aus einer Untersuchungshaft wegen räuberischer Erpressung seit 17.03.2007 am 23.05.2007 entlassen. Auf dem Entlassungsschein wurde vermerkt: "o.f.W. oder nicht gemeldet". C wurde durch Beschluss des Amtsgerichts E (98 XVII B 000) vom 22.05.2007 unter gesetzliche Betreuung gestellt. In der Vergangenheit war er wegen einer paranoid-schizophrenen Psychose zweimal (in der Zeit 30.12.2000 bis 02.01.2001 und im Jahr 2003) im Klinikum des Klägers in stationärer Behandlung. Die Kosten trug jeweils der überörtliche Sozialhilfeträger.
Die Aufnahme (geschlossene Unterbringung) in dem Klinikum erfolgte aufgrund Beschlusses des Vormundschaftsgerichts (98 XII B 000) vom 22.05.2007 bis längstens zum 21.08.2007 wegen der Notwendigkeit der Heilbehandlung unter Verweis auf ein Sachverständigengutachten der Oberärztin X vom 18.05.2007.
Das Klinikum stellte unter dem 24.05.2007 einen Kostenübernahme-Antrag gemäß § 25 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) bei der Beigeladenen.
Am 13.06.2007 zeigte C – auf Veranlassung des Klinikums – eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zur Beklagten an. Mit Schreiben vom 15.08.2007 teilte der Betreuer des C mit, vor der Untersuchungshaft habe dieser ca. 10 Jahre als Obdachloser auf der Straße gelebt. Er habe keinerlei Einkommen. Ein Antrag auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sei gestellt worden. Der Antrag sei bisher nicht abschließend bearbeitet worden, weil noch klärungsbedürftige Fragen zurzeit nicht geklärt werden könnten, da sich der Betreute trotz Unterbringungsbeschlusses in die geschlossene Abteilung bis zum 21.08.2007 am 07.08.2007 der weiteren Behandlung entzogen habe. Bisher sei er untergetaucht. Die polizeiliche Fahndung laufe.
Auf Anfrage des Klinikums teilte die JVA E unter dem 17.09.2007 telefonisch mit, Angaben zu einem Wohnort vor der Inhaftierung, Sozialhilfeanträgen sowie einer Krankenkasse seien nicht möglich. Das Bundesamt für Justiz nannte in Schreiben vom 25.09.2008 und 13.11.2008 als Anschrift des C, L-straße 00, E.
Unter dem 02.11.2007 übersandte der gesetzliche Betreuer der Beklagten einen nur unvollständig ausgefüllten Antrag auf Durchführung der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II ruhe. Der Betreute sei weiterhin untergetaucht.
Im Rahmen einer erneuten Aufnahme im Januar 2008 gab C an, er lebe auf der Straße, sei auf Drogenentzug und nehme "Benzos" ein, ansonsten Kokain und Heroin. Seine Unterkunft im S habe er aufgegeben.
Die ARGE E teilte dem Kläger mit Schreiben vom 15.12.2009 mit, C habe in der Zeit vom 23.05.2007 bis 07.08.2007 keine Leistungen nach dem SGB II bezogen. Die derzeitige Adresse laute I-Weg 00 in E.
Mit Schreiben vom 21.12.2011 teilte das Amt für Soziale Sicherung und Integration der Stadt E, der Beigeladenen, mit, ein Leistungsbezug sei – auch für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis 29.02.2008 – nicht feststellbar.
Das Klinikum stellte der Beklagten für den stationären Aufenthalt unter dem 22.12.2011 einen Betrag in Höhe von 15.283,84 EUR in Rechnung.
Nachdem die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten unter Hinweis auf das Fehlen einer Mitgliedschaft des C im streitigen Zeitraum abgelehnt hatte, hat der Kläger am 28.12.2011 Klage beim Sozialgericht Köln erhoben.
C sei bei der Beklagten im streitigen Zeitraum gesetzlich pflichtversichert gewesen nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. b) SBG V. Zuvor sei er nicht gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen. Auch habe er keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall gehabt. Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII habe er nicht bezogen. Eines Antrags auf Aufnahme in die Krankenversicherung habe es nicht bedurft. Die erforderliche Anzeige sei gegenüber der Beklagten erfolgt. Sein Wahlrecht habe er mit der Anzeige zur Pflichtversicherung bei der Beklagten eindeutig ausgeübt. Allein der Beklagten, aber nicht dem Kläger sei es möglich, etwa durch Einholung von Erkundigungen bei der Deutschen Rentenversicherung, festzustellen, ob der Versicherte bereits anderweitig gesetzlich krankenversichert gewesen sei. Die letzte bekannte Krankenversicherung, bei der eine Mitgliedschaft bestanden habe, sei bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin gewesen. Wenn ein anderer Krankenversicherer nicht ermittelbar sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die letzte Versicherung vor dem Zustandekommen einer Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V durchgeführt habe. Der Nachweis, dass C in einer anderen gesetzlichen Versicherung versichert gewesen sei, sei durch die Beklagte zu führen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm 15.283,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
C sei im streitigen Zweitraum der Krankenhausbehandlung nicht ihr Mitglied und damit nicht bei ihr gesetzlich krankenversichert gewesen. Der Kläger habe eine Entscheidung der Krankenkasse hinzunehmen. Ihm stehe kein eigenes Überprüfungsrecht zu. Einer Weitergabe des bei ihr geführten Verwaltungsvorgangs an den Kläger werde widersprochen. Der Versicherungsstatus des C sei ungeklärt.
Auf Anforderung des Sozialgerichts hat die Deutsche Rentenversicherung mit Schriftsatz vom 08.05.2012 einen unverschlüsselten Versicherungsverlauf des C übersandt. Für die Zeit vom 15.09.1997 bis 25.12.1998 habe Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug bestanden. Eine Krankenkasse habe nicht ermittelt werden können.
Mit Schriftsatz vom 09.06.2012 hat der seinerzeitige Betreuer des C mitgeteilt, dass er diesen seit November 2007 nicht mehr betreue. Die Betreuungsstelle der Stadt E hat mit Schreiben vom 18.07.2012 mitgeteilt, dass der Aufenthalt gegenwärtig unbekannt sei. Am 09.07.2012 hat sich das Einwohnermeldeamt der Stadt gleichlautend geäußert.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.10.2012 abgewiesen. Eine Zahlungspflicht der Beklagten könne nicht angenommen werden, da insbesondere eine Versicherungspflicht des C im streitigen Zeitraum nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und eine darauf beruhende Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht feststellbar sei. Es sei nicht erwiesen, dass C zum Zeitpunkt seiner stationären Aufnahme am 23.05.2007 als zuletzt gesetzlich krankenversichert anzusehen sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass in der Zwischenzeit nach Beendigung seines gesetzlichen Krankenversicherungsverhältnisses zum 01.01.1995 ein privates Krankenversicherungsverhältnis begründet worden sei. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, sei weiter unklar, ob das letzte gesetzliche Krankenversicherungsverhältnis bei der Beklagten bestanden habe. Nicht auszuschließen sei, dass C zum 01.01.1995 oder später zu einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung gewechselt sei.
Soweit der seinerzeitige Betreuer des C unter dem 15.08.2007 angegeben habe, dieser sei nach Informationen des Betreuungsbüros bisher nicht krankenversichert gewesen, seien diese Angaben nicht glaubhaft. Denn tatsächlich sei C bis 1994 insgesamt über zehn Jahre bei der Beklagten krankenversichert gewesen. Die Ausführungen des ehemaligen Betreuers seien daher nicht stichhaltig. Dies werde dadurch unterstrichen, dass der Betreuer in der gegenüber der Beklagten erfolgten Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vom 02.11.2007 angegeben habe, eine Beantwortung der für die Prüfung der Versicherungspflicht wesentlichen Fragen könne weitgehend nicht erfolgen. Die Versicherungspflicht entstehe kraft Gesetzes bei einer bestimmten Krankenkasse mit dem Eintritt der Voraussetzungen, ohne dass es eines Antrags oder einer Anzeige bedürfe. Auch nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins sei nicht anzunehmen, dass C zuletzt bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert gewesen sei. Es sei nicht fernab jeder Lebensrealität, dass C im Zeitraum vom 01.01.1995 bis 30.01.2008 bei einer anderen Krankenversicherung gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen sei. Die Vermutung, dass in dieser Zeit keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfalle bestanden habe, dränge sich nicht auf. Seien nach Ausschöpfen aller Ermittlungsmöglichkeiten die Tatsachen, die die Versicherungspflicht begründen könnten, nicht erwiesen, gehe dies nach den geltenden Grundsätzen der objektiven Beweis- bzw. Feststellungslast zu Lasten des Klägers. Die objektive Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V treffe den Kläger; denn das Bestehen eines Versicherungsverhältnis habe zur Folge, dass die Beklagte zur Vergütung des streitgegenständlichen Krankenhausaufenthaltes des im Krankenhaus des Klägers behandelten C verpflichtet sei. Das Krankenhaus sei gehalten gewesen, alle in Betracht kommenden Quellen zu nutzen, um den die Versicherungspflicht begründenden Sachverhalt aufzuklären. Als Quellen seien in erster Linie C selbst und seine Angehörigen bzw. sein Betreuer in Betracht gekommen. Die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers lägen nicht vor.
Gegen das ihm am 23.11.2012 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 17.12.2012. Das Urteil verstoße gegen geltende Grundsätze der Beweis- und Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren. Aufgrund besonderer Beweisschwierigkeiten sei hier eine Modifizierung der Darlegungslast der Beklagten geboten. Diese könne erfolgen, wenn die beweisbelastete Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs stehe und keine näheren Kenntnisse der maßgebenden Tatsachen besitze. Er habe alle verfügbaren Beweismittel herangezogen, könne aber nicht alle Krankenkassen anschreiben; dies schon aus datenschutzrechtlichen Gründen. Eine Einwilligung des C liege nicht vor. Die Beklagte treffe der Untersuchungsgrundsatz. Vor Kostenzusagen müssten Erkundigungen eingeholt und ein Datenaustausch veranlasst werden. Bleibe am Ende der Ermittlungen Ungewissheit über anspruchsbegründende Tatsachen, so gehe dies letztlich zu Lasten der Krankenkasse. Die Beklagte hätte nicht untätig bleiben dürfen, sondern bei anderen Kassen die fehlenden Angaben einholen müssen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 12.02.2004 – B 13 RJ 58/03 R). Anderweitiger Versicherungsschutz des C sei höchst spekulativ; das Sozialgericht hätte der Beklagten ein substantiiertes Bestreiten aufgeben müssen. Die Auffassung des SG Aachen zur Beweislastverteilung sei entgegen dem Sozialgericht nur kongruent zur gesetzgeberischen Absicht, dass niemand in Deutschland ohne Schutz im Krankheitsfall sein solle. Wenn die Umstände gegen eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall sprächen, reiche es nicht aus, sich darauf zurückzuziehen, es sei nicht abschließend belegt, dass eine solche nicht bestanden habe. C sei krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, seine Angelegenheiten zu überblicken und zu regeln. Es fehle jeder Anhaltspunkt für eine anderweitige Absicherung des C (Hinweis auf LSG NRW, Urteil vom 28.04.2011 – L 20 SO 78/10, juris).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.10.2012 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm 15.283,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts für richtig. Sie weist darauf hin, dass sie keine Kostenzusage abgegeben habe (Hinweis auf BSG, Urteil vom 12.06.2003 – B 3 KR 19/07 R).
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Klägers an.
Der Senat hat den seinerzeitigen Betreuer des C, C1, erneut, wiederum erfolglos, zum Aufenthaltsort des C befragt. Die Stadt E, Einwohnermeldeamt, hat am 04.02.2013 mitgeteilt, C sei nicht zu ermitteln. Der Kläger hat den Kostenübernahmeantrag gemäß § 25 SGB XII vom 24.05.2007 übersandt. Das Sozialamt habe sich seinerzeit telefonisch gemeldet und mitgeteilt, C müsse über die Krankenkasse versichert werden.
Der Senat hat die Stadt E nach § 75 Abs. 2 SGG notwendig beigeladen (Beschluss vom 09.12.2013). Eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten, der Behandlungsakte des Klinikums sowie der vom Senat beigezogenen Akten des Amtsgerichts E – Betreuungsgericht (98 XVII 000/80 B, zuvor: 98 XVII B 000) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143 ff. SGG), auch im Übrigen zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht mit dem mit der Berufung angefochtenen Urteil einen Anspruch des Klägers gegen die beklagte Krankenkasse auf Vergütung der Behandlung des C im vom Kläger betriebenen LVR-Klinikum E in der Zeit vom 23.05.2007 bis 07.08.2007 verneint und die Klage abgewiesen.
Der Kläger verfolgt den geltend gemachten Vergütungsanspruch gegen die Beklagte zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG; denn es handelt sich bei der Zahlungsklage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog. Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. zuletzt zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung BSG, Urteil vom 27.11.2014 – B 3 KR 12/13 R = SozR 4-2500 § 129a Nr. 1, Rn. 11; BSG, Urteil vom 17.12.2013 – B 1 KR 52/12 R = BSGE 115, 87-95, Rn. = SozR 4-2500 § 109 Nr. 36, Rn. 8).
Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs für die stationären Behandlung ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V (i.d.F. des Fallpauschalengesetzes (FPG) vom 23.04.2002, BGBl. I, 1412) i.V.m. § 7 Abs. 1 KHEntgG (i.d.F. des 2. Fallpauschalenänderungsgesetzes vom 15.12.2004, BGBl. I 3429) sowie der zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V. und den Krankenkassen bzw. ihren Verbänden geschlossene Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 06.12.1996 sowie die Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2007.
Nach § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V) durchgeführt wird und i.S. des § 39 Abs. 1 S 2 SGB V erforderlich ist. Der sich aus § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V ergebenden Behandlungspflicht des Krankenhauses steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 KHG in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenhausträger und Krankenkasse festgelegt wird.
Die Erforderlichkeit der stationären Behandlung des C für die Zeit des stationären Aufenthalts im LVR-Klinikum ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Sie ergibt sich auch zur Überzeugung des Senats zum einen aus dem (Unterbringungs-)Beschluss des Vormundschaftsgerichts (98 XII B 2547) vom 22.05.2007 wegen der Notwendigkeit der Heilbehandlung und insbesondere den Ausführungen der Sachverständigen X in ihrem auf Veranlassung des Landgerichts E (im Verfahren 1 KLs 00/2007) erstatteten und vom Vormundschaftsgericht beigezogenen Gutachten vom 18.05.2007. Die vom Kläger vorgelegte Behandlungsdokumentation enthalten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die stationäre Krankenhausbehandlung des C in der Zeit vom 27.10. bis 19.11.2007 nicht indiziert gewesen sein könnte, sondern belegen hingegen die Erforderlichkeit der stationären Behandlung.
Der Erforderlichkeit steht zudem weder der Umstand entgegen, dass C sich der Behandlung eigenmächtig entzog, noch der Umstand der Aufnahme aufgrund richterlicher Anordnung der Unterbringung. Ungeachtet der Tatsache, dass diese gerade zur Sicherung der Durchführung der Krankenhausbehandlung angeordnet wurde, liegt Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB V auch vor, wenn die Krankenhauseinweisung aufgrund eines Unterbringungsbeschlusses zur Feststellung des Gesundheitszustandes erfolgt (Sächsisches LSG, Urteil vom 09.06.2004 – L 1 KR 55/03; vgl. auch BSG, Urteil vom 13.05.2004 – B 3 KR 18/03 R, juris).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hält der Senat es auch für erwiesen, dass C im Zeitraum seiner Behandlung im LVR-Klinikum E gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung und Mitglied der Beklagten gewesen ist. Dabei ist das Sozialgericht zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Beweislosigkeit hinsichtlich des Versicherungsstatus des C nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast (vgl. dazu Kolmetz in Jansen, SGG, 4. Aufl., § 103 Rn. 3 mit Rechtsprechungsnachweisen) letztlich zu Lasten des Klägers ginge, weil es sich insoweit um ein anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal handelt. Eine solche Beweislosigkeit ist aber in Anbetracht der Gesamtumstände nicht gegeben.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind seit dem 01.04.2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchst a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehören zu den in § 5 Abs. 5 SGB V genannten hauptberuflich Selbstständigen oder zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchst b).
Eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall ist auszuschließen. Ein (potentieller) Anspruch auf Krankenhilfe nach dem Fünften Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialhilfe (SGB XII) ist von vornherein kein "anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V, der eine abschließende Konkretisierung des Merkmals der "anderweitigen Absicherung" in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für den Bereich des SGB XII darstellt (BSG, Urteile vom 27.01.2010 – B 12 KR 2/09 R Rn. 16 und vom 6.10.2010 – B 12 KR 25/09 R Rn. 13 ff., juris; BSG, Urteil vom 21.12.2011 – B 12 KR 13/10 R, SozR 4-2500 § 5 Nr. 15) und Hilfe zur Krankheit nach dem 5. Kapitel des SGB XII gerade nicht nennt.
C war zur Überzeugung des Senats auch "zuletzt" gesetzlich krankenversichert. Die Krankenversicherungspflicht von Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben (sog Auffangpflichtversicherung) und "zuletzt" gesetzlich krankenversichert waren, besteht nämlich auch dann, wenn diese Absicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung der (fraglichen) Auffangpflichtversicherung nicht unmittelbar voranging, sondern zwischenzeitlich eine anderweitige Absicherung gegen Krankheit außerhalb der privaten Krankenversicherung erfolgte (hier: ggf. Hilfe bei Krankheit der Sozialhilfe und Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz – zu alledem: BSG, Urteil vom 21.12.2011 – B 12 KR 13/10 R, SozR 4-2500 § 5 Nr. 15, Rn. 17).
Es fehlt zudem jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass C seit Ende 1994 (bis zum Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V), dem Zeitpunkt der letzten, dem Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung entnehmbaren Zeitpunkt einer gesetzlichen (Pflicht-) Krankenversicherung bei der Beklagten, in irgendeiner Weise privaten oder gesetzlichen Krankenversicherungsschutz erlangt haben könnte. Vielmehr sprechen alle vorhandenen und verfügbaren Erkenntnisse dagegen und lassen zur Überzeugung des Senats bei realitätsnaher Betrachtung ohne jeden greifbaren Anhaltspunkt für ein anderes Geschehen keinen vernünftigen Zweifel daran zu, dass es sich bei der gesetzlichen Pflichtversicherung bei der Beklagten um die letzte Krankenversicherung des C handelte. Der Senat hat zunächst keinerlei Grund, die Angaben des gesetzlichen Betreuers in Zweifel zu ziehen, dass dieser (naturgemäß lediglich bezogen auf die Zeit seit Einrichtung der Betreuung und der im Kontakt mit dem Betreuten gewonnenen Erkenntnisse) keinerlei Kenntnis von einer gesetzlichen oder privaten Versicherung des Betreuten hatte. Die Auffassung des Sozialgerichts, die Angaben des Betreuers seien nicht glaubhaft, vermag der Senat nicht zu teilen. Sie verkennt den Erklärungsgehalt der Angaben des erst Ende Mai bestellten Betreuers. Zudem lässt sich dem Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung zur Überzeugung des Senats jedenfalls entnehmen, dass eine – zwischenzeitliche – versicherungspflichtige Versicherung in der Krankenversicherung ausscheidet. Ein realistisches Szenario, wie C zu einem solchen Versicherungsschutz gelangt sein könnte, vermag auch die Beklagte nicht zu schildern. Angesichts der aktenkundigen Lebenssituation des C, insbesondere des nachgewiesenen prekären Gesundheitszustandes und seiner schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. die Ausführungen des LSG NRW, Urteil vom 18.04.2011 – L 20 SO 78/10, Rn. 52, juris, zu einem vergleichbaren Sachverhalt), erscheint die Annahme eines solchen Versicherungsschutzes dem Senat derart fernliegend, dass entgegen dem Sozialgericht nicht von einer Beweislosigkeit auszugehen ist.
Die vom Senat im Berufungsverfahren gewonnenen (weiteren) Erkenntnisse runden dabei das sich aus dem Akteninhalt bereits ergebende Gesamtbild noch ab. Die (aktenkundigen) stationären Aufenthalte des C zum Jahreswechsel 2000/2001 und im Jahr 2003 sind durch den überörtlichen Sozialhilfeträger finanziert worden; eine Krankenversicherung zu diesen Zeitpunkten erscheint mithin fernliegend. Die (erst vom Senat beigezogenen) Akten des Betreuungsgerichts belegen, dass C nach seinen Angaben im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren am 18.03.2007 bereits seit elf Jahren auf der Straße lebte. Eine Berufsausbildung habe er nicht durchlaufen und sei seit Jahren nur noch seinem Heroin- und Alkoholkonsum gefolgt. Die Ausführungen der Sachverständigen Dr. X im Gutachten vom 18.05.2007 lassen zudem den Rückschluss auf Verfolgungs- und Wahnvorstellungen zu, die bereits in der Vergangenheit stationäre Behandlungen erforderlich machten. Vor dem Hintergrund einer dem Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung zu entnehmenden Zeit der Arbeitslosigkeit (ohne die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung begründenden Leistungsbezug!) vom 15.09.1997 bis 25.12.1998 bleibt – beim Fehlen auch nur des kleinsten Indizes für eine solche andere Sachverhaltsgestaltung – kein vernünftiger Ansatz für die Annahme einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung oder gar einer privaten Krankenversicherung.
Es bedarf vorliegend keiner weiteren rechtlichen Überlegungen dazu, wie in Fällen zu verfahren ist, in denen einem Krankenhaus der Vorwurf gemacht werden könnte, Beweisschwierigkeiten durch die eigene Untätigkeit hinsichtlich einer Beweissicherung bzw. "Ermittlung des Sachverhalts" verursacht zu haben. Soweit das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung ausführt, das Krankenhaus sei gehalten gewesen, alle in Betracht kommenden Quellen zu nutzen, um den die Versicherungspflicht begründenden Sachverhalt aufzuklären – als Quellen seien in erster Linie C selbst und seine Angehörigen bzw. sein Betreuer in Betracht gekommen – vermag der Senat den damit gemachten impliziten Vorwurf nicht nachzuvollziehen. In der Behandlungsakte ist dokumentiert, dass seitens des Krankenhauses versucht worden ist, von C verwertbare Erklärungen zu erlangen. Das Krankenhaus hat zudem Kontakt mit den für existenzsichernde Leistungen zuständigen Leistungsträgern aufgenommen. Der Betreuer konnte für die Zeit vor seiner Bestellung keine belastbaren Angaben machen. Angehörige haben C während des Aufenthalts nicht besucht; den Betreuungsakten ist zu entnehmen, dass er jahrelang keinen Kontakt mehr zu diesen hatte.
Einwände gegen die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Rechnung vom 22.12.2011 macht die Beklagte nicht geltend, Fehler sind auch für den Senat nicht ersichtlich.
Der Zinsanspruch der Beklagten ergibt sich aus § 15 Abs. 1 S. 4 des nordrhein-westfälischen Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 S. 1 und § 47 Abs. 1 GKG.
Erstellt am: 16.07.2015
Zuletzt verändert am: 16.07.2015